26. November 2020


Sie, 49, hat Torschlusspanik

Leserin K. schreibt

(meine Kommentare im Fragetext kursiv)

Ich bin 49 und befasse mich - leider - erst seit Kurzem mit Geldanlagemöglichkeiten. Seit rund 10 Tagen beschäftige ich mich recht intensiv mit dem Thema Rürup-Rente und allem was dazu gehört. Hintergrund ist, dass ich noch keine private Altersvorsorge habe und die zu erwartende Rente überschaubar ist. Dazu kommt, dass ich Anfang des Jahres (nach einem zweiten Burnout) meinen Job aufgegeben habe und dafür eine Abfindung bekommen habe und daher die Einzahlung auch sehr viel Sinn macht. Leider eilt jetzt die Zeit, aber vorher hab ich es wegen meiner Erkrankung nicht geschafft.

Meine Erkenntnisse bis jetzt

  1. Was mich am meisten geschockt hat: Auch bei den Honorarberatern gibt es himmelweite Unterschiede. Hier muss man echt verdammt aufpassen und dran bleiben. Obwohl einem schon fast die Laune vergeht, sobald man die Angebote mit rund 40 Seiten Vertragsanhang in der Hand hat. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Berater, der es völlig übertrieben hat, nach außen eine sehr informative und sachlich gehaltene Webseite hat und auch sehr kompetent am Telefon war und ist sogar Versicherungsgutachter! Aber nicht nur, dass er mal eben die Prozentzahlen an mehreren Stellschrauben hochgeschraubt hat. Er wollte sogar ein vierfach höheres Honorar dafür.
  2. Raisin/Weltsparen ist gar nicht unbedingt der günstigste Anbieter – sofern ich das richtig gerechnet habe. Wobei Raisin das Thema erfrischend anders und einfach erklärt und mit nur rund zehn Seiten Vertrag auskommt, den man sogar versteht, wenn man nicht im Thema drin ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich hab für mich 2 Anbieter gefunden, die (für mich) günstiger sind und die es schon länger gibt. Leider sind beide noch nicht online und einer der beiden hat auch nur eine recht überschaubare Anzahl an Fonds.

Meine Fragen:

Welchen Anbieter würdest Du wählen?
Ich tendiere gerade zu Volksbund Wohl. Der Nachteil ist hier, dass die "alten" Versicherungen noch die für die Kunden guten Alt-Verträge mit hohen Zinsen bedienen müssen und die Gefahr besteht, dass sie etwas ausbluten und dann keine Überschussbeteiligung mehr da ist – aber es gibt eh keine 110%ige Absicherung, wie es kommt. Mich würde aber dennoch Deine Meinung interessieren.

Die noch wichtigere Frage: Welche ETF-Fonds würdest Du in meinem Fall wählen? Ich muss noch im Dezember 2020 beginnen und die Fonds stehen ja gerade ziemlich hoch und es ist (aus meiner Sicht) in den nächsten Jahren nach dem Corona-Crash und den Langzeitfolgen mit einem Einbrechen der Kurse zu rechnen. Mein Zeithorizont sind 19 Jahre. Ich würde natürlich möglichst gerne das Geld vermehren und bin durch Rürup nicht so flexibel und will nicht so große Ausschläge nach unten haben, damit ich nicht so viel "aufholen" muss.
Welche Portfolio-Kombination findest Du vor dem Hintergrund am sinnvollsten? Oder würdest Du erst einmal zu Beginn - wegen der aktuellen Wirtschaftssituation - auf einen großen Anleihenteil gehen? Ich kann dann zu einem späteren Zeitpunkt - wenn sich die Märkte wieder erholt haben - den Aktienanteil vergrößern.
Meine Überlegungen bislang mit dem Wissensstand einiger Artikel, die ich von Dir und anderen gelesen hab und einiger Youtube-Videos sind folgende:

Anmerkung Finanzwesir: Jetzt stellt Leserin K. jede Menge Depots vor, die sich letztlich nicht unterscheiden.

  • Es sind entweder die Kompetenz suggerierenden Wuseldepots mit 385 ETFs, die sich aber auf 70 % Industrieländer plus 30 % Schwellenländer zusammenkürzen lassen. Ja, und manchmal sind sogar 5 % Small Caps inklusive.
  • Die anderen Depots sind übersichtlicher. Da liefern sich dann 70 % Vanguard All World und 60 % MSCI ACWI ein Duell auf Leben und Tod.

Deshalb habe ich das gekürzt.

K.s momentaner Stand der Dinge

Vorschlag 3 (das war eins dieser geilen Nachkommastellendepots) finde ich ganz gut, weil man dann die regionalen Schwerpunkte leichter anpassen kann. Beispielsweise, wenn sich der asiatische Raum besser entwickelt, kann man den Anteil hochschrauben. Das Ganze eventuell ergänzt um Small Caps und Anleihen und vielleicht kein Japan.
Ich habe mir auf my.etf verschiedene Portfolios angeschaut und habe mir diese Kriterien überlegt:

  • gute Rendite in den letzten Jahren. Gut bedeutet: Mehr als fünf Prozent Rendite,
  • in 2018 kein so großer Einbruch,
  • im März 2020 kein so großer Einbruch. Mehr als 10 Prozent, aber keine 15 Prozent.

Sind diese Kriterien überhaupt sinnvoll?

Auf jeden Fall finde ich das Thema echt spannend. Und wenn ich den Vertrag mit der Rürup-Rente gemacht habe, das sollte bis Anfang bis Mitte nächster Woche geschehen (K.s Mail ist vom 25.11.; "nächste Woche" bedeutet in diesem Zusammenhang: 30.11.-04.12.2020), damit das noch in den Dezember reingeht. Danach kümmere ich mich um die weitere Diversifizierung meiner Ersparnisse (wird ja auch Zeit). Hierfür lese ich aber erst mal Dein Buch und das vom Kommer.

Der Finanzwesir sagt nein!

Das kann nur im Desaster enden. K. hat ihre Mail an mich am 25. November geschrieben. Gut 10 Tage vorher hat sie angefangen sich mit Rürup zu beschäftigen, das war dann vermutlich das Wochenende vom 14./15. November. Abschließen will sie bis zum 2. oder 3. Dezember.
Von null auf Rürup in 17 Tagen. Das ist keine gute Idee. Ich sage: Was am Volkstrauertag (15.11.) begann, wird im Desaster enden.
Das hat nichts mit Rürup zu tun. Ich bin auch dagegen, wenn es heißt

  • Dieses Haus muss bis Jahresende gekauft werden.
  • Dieser Containerfonds muss jetzt und sofort und in dieser Filiale gezeichnet werden.
  • Sofortheirat: Dieser Mann muss sofort in den Hafen der Ehe.

K. muss aufpassen, dass es ihr nicht wie Lisa und Michael geht: Nachdem die horizontale Begeisterung auf Wolke 7 vorbei ist, ist Lisa sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher.
Merke: Einen Michael wird man leichter los als einen Rürup.

Die Entscheidung für Rürup ist erstens langfristig und zweitens schwerwiegend. So etwas boxt man nicht in einer Goldhamsterschwangerschaft (rund 16 Tage) durch.

Was tun?

In dieser Reihenfolge!

Wie geht es im Leben weiter?

49, zweiter Burnout, überschaubare gesetzliche Rente. Lebenserwartung: 20 bis 30 Jahre, vielleicht auch 40 Jahre. In Jahreszahlen ausgedrückt: 2040, 2050, 2060. Wenn K. ganz sicher gehen will: Bis 2071, dann würde sie 100 Jahre alt werden.
Meine Vermutung: Rente und Abfindung reichen nicht bis dahin. Also muss K. Geld verdienen. Aber nicht so, wie sie es bisher gemacht hat. Zwei Burnouts sind genug. Mein Vorschlag ist, nach den Begriffen "passion economy" und "creator economy" zu googeln und sich die Bücher des Ehepaars Conta Gromberg zum Thema Solopreneur zu besorgen.
Und nein, es geht nicht darum, dass "wir uns dann alle gegenseitig die Haare schneiden". Es geht darum, eine Nische zu finden, in der man selbstbestimmt so viel Geld verdient, dass es reicht (nicht arm sterben).
Das Spektrum reicht von

  • Ravelery, einer Strick-Community. Wie wird hier Geld verdient? Designerinnen entwerfen Stickmuster und verkaufen die Anleitung dann an die Mitglieder. Von Strickerinnen für Strickerinnen und man weiß, dass man Qualität bekommt.

bis zu

  • Tailwind: Ein Programmierer setzt sich mit seinem Design-Kumpel zusammen, um die Frage zu klären, die jeden Developer quält, der seine eigene App gestaltet: "Warum sieht das so scheiße aus?" Die Antwort verkaufen die beiden für 149 Dollar, und die Geschäfte laufen gut.

Es geht nicht darum, "was mit online zu machen". Es geht darum, etwas zu finden, was man wirklich gut kann und gerne macht und für das es einen Markt gibt. Das Internet sorgt dafür, dass dieser Markt national oder sogar international ist. Und dann reichen 0,00001 % des Marktes, um nicht arm zu sterben.
Dann werden Aussagen wie

"Mein Zeithorizont sind 19 Jahre."

hinfällig. In 19 Jahren ist K. 68. Meine Vermutung: Dann startet die gesetzliche Rente. Das typische Angestelltendenken

  1. Ich arbeite bis zum Tag X abhängig beschäftigt. Der Lohn ist meine einzige Einnahmequelle.
  2. X plus eins: Ich bin Rentnerin. Die Rente ist meine einzige Einnahmequelle.

funktioniert nicht mehr in dieser VUCA-Welt. Jetzt heißt es, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Oder wie wir Börsianer sagen: Optionalität muss her.

Ein weiterer Feind von K. ist der "Eskalations-Fehler". Das lineare Fortschreiben der Gegenwart in die Zukunft. Deshalb haben die Futuristen des viktorianischen Zeitalters fliegende Kutschen gezeichnet.
Ab 2035 sind die ganzen geburtenstarken Jahrgänge voll in Rente. Und das soll keine Brüche im Rentensystem verursachen?

Aber das braucht doch Zeit. Ja, und wenn die Geldanlage 49 Jahre lang nicht sooo wichtig war, dann muss man das jetzt nicht übers Knie brechen.
Wie soll das Leben nach dem zweiten Burnout weitergehen? Das ist die zentrale Frage. Danach muss sich die Geldanlage richten.

Kassensturz

  1. Was ist eigentlich da? Was heißt "überschaubare Rente" konkret? 239,45 €, 622 € (Rentendurchschnitt Westfrau) oder 928 € (Rentendurchschnitt Ostfrau). Was gibt es noch für Assets? Gibt es etwas zu erben?
  2. Ausgaben: Wie hoch sind die Fixkosten, wie hoch die variablen Kosten? Was lässt sich einsparen, wo tun sich neue Ausgaben auf?
  3. Einnahmen minus Ausgaben: Wie hoch ist die Lücke? Wie lange reichen die Reserven?

Welche Rente kann K. erwarten?

Nehmen wir die 4%-Regel als Pi-mal-Daumen-Abschätzung für ein ewiges Depot. Dann kann K. pro 100.000 € Abfindung mit 4.000 € jährlich rechnen. Mit Kapitalverzehr ein paar Euro mehr. Mit den ganzen Rürup-Kosten ein paar Euro weniger.
Ein Monatsbruttogehalt Abfindung pro Beschäftigungsjahr - das scheint aktuell realistisch zu sein. Das durchschnittliche Monatsbrutto für Frauen in Vollzeit liegt laut Statista bei 3.559 €.
Macht bei zehnjähriger Betriebszugehörigkeit 35.600 € brutto. Das ist alles noch zu versteuern.
Meine ganz grobe Schätzung: Wir reden hier von 20.000 € bis 80.000 € nach Steuern. Die 4%-Regel macht daraus: 800 € bis 3.200 € jährliches Zusatzeinkommen.
Selbst wenn wir das verdoppeln: 7.500 € jährlich bedeutet 625 € monatlich. Das mag die Miete sein, aber der Kühlschrank ist dann noch leer.
Mit anderen Worten: Egal, wie K. es dreht und wendet. Es reicht nicht.

Warum Rürup?

Wieso eigentlich Rürup? Ich habe mal gegoogelt und diesen Satz gefunden

"Das Wichtigste in Kürze: Selbständige können mit der Rürup- oder Basisrente staatlich gefördert fürs Alter vorsorgen."
Quelle

K. hat eine Abfindung bekommen. Selbstständige bekommen keine Abfindung, das ist was für abhängig Beschäftigte. Wenn nicht: Bitte in den Kommentaren korrigieren.
Ist Rürup überhaupt das richtige Werkzeug, um K.s Probleme zu lösen?
Die Verträge sind notorisch undurchsichtig. K. hat das auch schon bemerkt:

"Obwohl einem schon fast die Laune vergeht, sobald man die Angebote mit rund 40 Seiten Vertragsanhang in der Hand hat."

Das darf einem nicht die Laune verderben. Das ist bei solchen Produkten normal. Ich kenne mich nicht wirklich gut aus mit Rürup. Deshalb die Bitte an die Community, hier in den Kommentaren auszuhelfen. Was raten Sie K.?

Rentenpunkte kaufen

Freiwillige Renteneinzahlungen für lupenreine Kapitalisten - unter diesem Titel hat der Finanzmaschinist vorgerechnet, dass es sich lohnt, Rentenpunkte in der gesetzlichen Versicherung zu kaufen.
Ich würde K. raten, genau zu prüfen, ob das für sie eine Option ist.

Meine Antworten auf die konkreten Fragen

ETFs und Portfolios

Welche ETF-Fonds würdest Du in meinem Fall wählen? Einen ETF auf den MSCI ACWI oder den FTSE All World. Da ist alles drin. 23 Industrienationen und 26 Schwellenländer. Pflegeleicht und - wie man im Artikel 900 € in diese drei ETFs sieht - auch nicht renditeschwächer.
Es ist ein typischer Anfängerfehler zu glauben, dass mehr ETFs auch mehr Diversifikation und mehr Rendite bedeuten. Die Zahl der Zeilen im Depot korrelieren in keiner Weise mit der Rendite.

Welche Portfolio-Kombination findest Du vor dem Hintergrund am sinnvollsten?
Die einfachste. Alles, was nicht drin ist, kann nicht kaputt gehen.

Oder würdest Du erst einmal zu Beginn - wegen der aktuellen Wirtschaftssituation - auf einen großen Anleihenteil gehen?
Was tun wir, wenn es noch jahrelang bergauf geht?
Stichwort hier: "Wall of worry" - die Kurse steigen, obwohl alle am rumheulen sind.
Wie das? Nun, Kostolany hat es so ausgedrückt:

"Die ganze Börse hängt nur davon ab, ob es mehr Aktien gibt als Idioten oder mehr Idioten als Aktien."

Wenn die ganzen Jammerlappen raus sind und nur noch die harten Hunde am Start sind, dann löst eine schlechte Nachricht keinen Verkaufsdruck mehr aus. Kein Verkaufsdruck = keine Kursverluste.
Dann kommt eine Nachricht, die das tiefschwarz zu dunkelgrau aufhellt. Und die harten Hunde fangen an zu shoppen und die Kurse steigen. Sind ja nur noch harte Hunde am Start und die wollen eigentlich nicht verkaufen, also muss der Käufer den Verkäufer schon mit einem attraktiven Dollarbündel locken.
Die aktuelle Wirtschaftssituation hat nur bedingt etwas mit den Börsenkursen zu tun. Die Börse schaut sechs bis zwölf Monate voraus. Das bedeutet, dass beispielsweise Corona fast durch ist. Impfstoff kommt, alles klar.

Crash: Sind diese Kriterien überhaupt sinnvoll?
Kriterien sind im Crash der Rettungsanker. Aber nicht so, wie K. sie anwendet. K. versucht, Produkte zu identifizieren, die sich in der Vergangenheit gut geschlagen haben.
Was findet sie damit: Die Gewinner von gestern.
Crash-Kriterien funktionieren so: Ich mache mir vorher Gedanken darüber, welche Verluste ich ertrage. Wo endet meine Komfortzone? Und dann versuche ich, mein Depot entsprechend zu strukturieren.
Für die Gewinner von gestern gilt der Sternchentext: "Performance der Vergangenheit ist keine Garantie für die künftige Wertentwicklung."

Wenig Schwankungen

"Ich würde natürlich möglichst gerne das Geld vermehren und bin durch Rürup nicht so flexibel und will nicht so große Ausschläge nach unten haben, damit ich nicht so viel "aufholen" muss."

  1. Das hat nichts mit Rürup zu tun, sondern mit der Auswahl der Anlageklassen. Egal, ob K. ein "nacktes" ETF-Depot besitzt oder es mit einem Versicherungsmantel umhüllt: Ein ETF-Depot, das zu 70 % aus Aktien-ETFs besteht, schwankt, wie es eben ein ETF-Depot tut, dass zu 70 % aus Aktien-ETFs besteht. Die Rürup-Leute können auch nicht zaubern.
  2. Geld vermehren und "nicht viel aufholen" schließen sich zum größten Teil aus. No risk no fun. Wer nicht bereit ist, Schwankungen zu akzeptieren, wird auch sein Geld nicht nennenswert vermehren. Die Börse entlohnt uns für den Kontrollverlust.

Das Schicksal der Versicherungen

"Der Nachteil ist hier, dass die "alten" Versicherungen noch die für die Kunden guten Alt-Verträge mit hohen Zinsen bedienen müssen und die Gefahr besteht, dass sie etwas ausbluten und dann keine Überschussbeteiligung mehr da ist."

Eine Überschussbeteiligung ist doch jetzt schon nicht mehr drin. Die Versicherer sind unter der Kuratel der Regulierung. Es wird jedes Jahr enger. Bei den Kapitallebensversicherungen sehen wir jetzt schon einen Verkauf an Abwickler. Das Versicherungsaufsichtsgesetz regelt, dass die Ansprüche der Versicherten zweitrangig sind. Erstrangig ist die Sicherung der Arbeitsplätze der aktuell bei der Versicherung Beschäftigten. Siehe Kapitel 2 - Sichernde Maßnahmen (§§ 311 - 317)

"Alle Arten von Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen […] können zeitweilig verboten werden."

Fazit

Das volle Programm: Stockpicking, Markttiming und Torschlusspanik gepaart mit solidem Halbwissen. Dazu fettes Klumpenrisiko und eine Wette auf die Solvenz einer Versicherung im Jahre 2050. Das ist der Stoff, der dann bei Netflix den Kategoriecode 3653 (Dramas based on real life) bekommt.
Da K. das nun aber in bester "Stirb langsam"-Manier in nur 48 Stunden durchprügeln will, sollten wir ihr wenigstens helfen, das Schlimmste zu verhindern.

Mein Rat

Fuß vom Gas. Das, was 49 Jahre lang nicht dringend war, muss jetzt nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchgepeitscht werden.

  1. Muss das Langlebigkeitsrisiko wirklich über Rürup abgesichert werden? Ist die gesetzliche Rente eine Alternative?
  2. Wenn Rürup, dann erst unterschreiben, wenn der Deal wirklich verstanden ist. Vielleicht vorher noch einen Termin bei der örtlichen Verbraucherzentrale machen?
  3. Burnout-verträgliche Einnahmequelle erschließen.
  4. Langsam mit einem selbstverwalteten ETF-Depot anfangen. Kleine Summe (100 € monatlich), ein ETF. Eingrooven, schwankungstolerant werden, dann den Geldhahn aufdrehen. Solange liegt das Geld gut auf dem Tagesgeldkonto.

Ihr Rat?
Gerne auch rüruptaktisch, denn da bin ich blank.

(awa)

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Kommentare

Bernd Honstein sagt am 26. November 2020

Hallo Finanzwesir,

ich lese deinen Blog ja sehr gerne und habe sogar dein Buch gekauft. Diesen Artikel finde ich aber nicht wirklich hilfreich. Warum?

  • Einer Frau der wegen Burnout gekündigt wurde Selbstständigkeit empfehlen ist das Gegenteil von stressfrei.
  • Ein Hinweis auf ein "Leadership" oder "Achtsamkeits" oder "XYZ" Seminar => das kann man machen wenn man seine Schäfchen im Trockenen hat

Hier braucht es konkrete Hinweise:

  • Es gibt soweit ich das sehe nur einen Grund warum Leserin K. sich beeilen muss und das ist die Steuer ( Näheres hier: https://der-privatier.com/kap-3-3-1-die-fuenftelregel/ ), sie sollte versuchen so wenig Steuer auf die Abfindung zahlen zu müssen wie möglich. Da sie die Abfindung zu Beginn diesen Jahres erhalten hat und dieses Jahr anscheinend nicht gearbeitet hat ist damit der wichtigste Punkt schon abgearbeitet: Die Abfindung drückt die Steuern nicht unnötig in die Höhe. Aber hier bitte gerne etwas weiter Nachlesen.
  • Das bedeutet aber auch, dass es eigentlich keinen Grund gibt jetzt in Panik zu verfallen. Zumindest lese ich aus dem Text nirgends raus warum es jetzt auf der Stelle ein Rürup werden muss. Oder unbedingt dieses Jahr noch die Altersvorsorge im Generellen. 19 Jahre an der Börse sind laut Trinity Studie immer noch eine sehr solide Grundlage: https://www.forbes.com/sites/wadepfau/2018/01/16/the-trinity-study-and-portfolio-success-rates-updated-to-2018/#34a86cf46860 (Die Tabellen unten sind spannend)

Hier wäre es wichtig zu wissen warum K. der Meinung ist, dass das alles jetzt noch im Dezember sein muss, vielleicht gibt es da etwas dass wir nicht mit einbeziehen können?

Grüße,
Bernd


Rubbeldiekatz sagt am 26. November 2020

Mein Rat gänzlich ohne finanzielle Aspekte: Ein Burnout macht noch keinen Winter, ein zweiter auch keine Eisheiligen. Sofern nicht bereits geschehen, holen Sie sich Hilfe bei Haus- und Fachärzten, Freunden und Familie. Antidepressiva, Verhaltenstherapie, stationäre Kuren - die Psychotherapie hat einiges zu bieten und sollte eine Chance bekommen.
Lassen Sie sich da nicht abschrecken, das ist wie zum Optiker zu gehen weil man nichts sieht. Eine Brille ist für manche auch nicht sexy, aber sie hilft dem herannahenden 40-Tonner auszuweichen. Psychopharmaka brauchen teils mehrere Wochen bis sie anschlagen und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus.

Wenn sie all das schon getan haben und wieder stabil sind, sollte ihnen klar sein, dass es noch andere Perspektiven auf Erwerbsarbeit jenseits des letzten Jobs gibt und das mit Rürup und den ETFs langsam angegangen werden kann. Probieren Sie sich aus. Schulen Sie um, machen sie Praktika, treten Sie eine NGO bei, was immer Sie glücklich macht.

Mein Verdacht: Man klammert sich an die Abfindung und hofft mit der goldenen Welt der Finanzen in Eigenregie die Lösung für alle Probleme gefunden zu haben. Deshalb wird hier überperformt. Wie der Wesir schon sagt: In der Ruhe liegt die Kraft.


Matthias sagt am 26. November 2020

Hallo,

ich kann mich dem NEIN des Finanzwesirs nur anschließen. Eigentlich klingt die Formel "In 17 Tagen Abschluß, weil die Zeit drängt" eher nach den üblichen Maklern als einem Honorarberater :-(
Bei einem Vertragsabschluß innerhalb dieser Zeit droht vor allem Frust. Nicht sofort (da hat man das schöne Gefühl, was getan zu haben für die Altersvorsorge), aber später, wenn dann Grund zur Unzufriedenheit kommt (weil die steuerliche Ersparnis gar nicht so hoch ist, wie angepriesen). Und dann stellt man fest: das ist nicht kündbar, das ist nicht beleihbar, ich darf noch aus dem Fondsblumenstrauss 12/2020 auswählen...

Die Situation dürfte nach dem Geschilderten noch deutlich komplexer (insbesondere aus steuerlicher Sicht) sein:

Erstens

Wenn tatsächlich diese Eile eines Vertragsabschlusses innerhalb diesen Jahres geboten sein sollte, dann vermutlich, um in die steuerlichen Vorteile eines Rürup-Vertrages zu kommen.
Diese als Sonderausgaben abziehbaren Aufwendungen betragen derzeit 25046 Euro als Höchstbetrag mit 90% Anrechenbarkeit. Vorsicht: Das bedeutet nicht, dass man 90% des eingezahlten Betrages wieder zurückerhält. Es ist nur abzugsfähig, nämlich von der Steuerlast insgesamt!
Man sollte hier einfach entweder einen Steuerfachmann konsultieren oder die jeweiligen Beträge in einem Steuererklärungsprogramm im Simulationsteil eingeben und konkret prüfen, ob die versprochene Steuerermässigung mit der tatsächlich erzielbaren übereinstimmen.
Es zählen allerdings alle Vorsorgeaufwendungen in den Höchstbetrag mit hinein, also auch die Beiträge zur gesetzlichen Altersvorsorge ("Rente der BfA").
Bitte vor dem Vetragsabschluß auch die erheblichen Nachteile der Rürup-Verträge bedenken:
nicht beleihbar, nicht vererbbar, nicht veräußerbar, und: kein Kapitalwahlrecht, es wird also genau das gezahlt pro erzieltem Fondsvermögen, was vorher vereinbart wurde.
Lebt man nach 2 Jahren Rentenzahlung ab, verfällt das gesammelte Kapital. Man kann auch nicht das gesammelte Kapital mitnehmen zu einem anderen Anbieter, da hilft nur beitragsfrei stellen und Neubeginn.
Der steuerliche Vorteil in der Jetzt-Zeit wird später dann wieder vom Staat zurückgeholt, ab 2040 werden die Erträge aus der Rürup-Rente zu 100% steuerpflichtig sein.
Ich habe seit 11 Jahren einen Rürup-Vertrag. Das sieht am Anfang nett aus mit der großen Fondsauswahl usw. Die Anbieter fixieren dieses Angebot aber auch teilweise, so dass ich jetzt immer noch aus dem Fondsangebot von 2009 wählen darf.
Neuere Fonds / ETFs werden nur "Neukunden" mit Neuverträgen angeboten. Ich habe dadurch nur eingeschränkt die Möglichkeit, meinen Fixkostenanteil zu senken (da viele der angebotenen Fonds eben aktive Produkte sind mit TER zwischen 1-3 %). Ein Wechsel ist übrigens nicht möglich, es ist so wie mit der privaten Krankenkasse, man bleibt für das Leben...

Zweitens

Tatsächlich über die Möglichkeit des Aufkaufens von Rentenpunkten in der gesetzlichen Rente nachdenken. Man kann dazu einfach Beratungstermine inclusive Kontenklärung bei der BfA machen. Es lohnt sich teilweise, ist allerdings auch nicht in 17 Tagen abzuarbeiten.

Drittens

Steuerliche Beratung wegen der Abfindung in Anspruch nehmen (z.B. wegen Fünftelregelung usw.), möglicherweise ist hier mehr Steuerersparnis drin als der vermeintliche Steuergewinn eines neuen Rürup-Vertrages

Zusammenfassung:

  • Rürup - kann man machen, aber nicht über das Knie gebrochen
  • Steuerkomplexe klären

Liebe Grüße und viel Erfolg mit der Planung und nur keine Hast
Matthias


42sucht21 sagt am 26. November 2020

Das klingt jetzt vielleicht etwas hart, aber mich wundert es nach dem Leserbrief nicht, dass Leserin K. bereits 2 Burnouts hatte.
Mich wundert allerdings, wie man es schafft so auch noch eine Abfindung vom Arbeitgeber zu bekommen.
Hut ab, Leserin K. hat also ziemliche Nehmerinnen-Qualitäten. Ich bin mir sicher, es wird sich gut für sie ausgehen. "Fuß vom Gas." Scheint mir ein extrem guter Rat. Alles wird gut!


Zacharia Barely sagt am 27. November 2020

Hallo! Ich bespare einen Rürup Vertrag bei Raisin (vormals fairr) als monatlichen Sparplan mit 6% des Bruttogehalts. Ich habe einen Anlagehorizont von 29 Jahren (derzeit vermuteter Renteneintritt).
Die Vorteile, die ich für mich darin, neben dem steuerlichen Vorteil, sehe, ist die kostenlose Wiederanlage von Erträgen und das Rückbalancieren der Vermögensaufteilung zwischen den Anlageklassen, da ich zur Reduktion des Risikos in 6 verschiedene ETFs aus unterschiedlichen Anlageklassen in unterschiedlicher Gewichtung investiere.
Ich investiere 62% in Welt Aktien (MSCI World: 38%, Emerging Markets: 15%, Property Yield: 9%) und 38% in Welt Anleihen: (Aggregate: 24%, Emerging Markets: 9%, High Yield: 5%).
In einem fortgeschrittenen Stadium des Anlagezeitraums (10 Jahre vor Auszahlung) plane ich allerdings, in sicherere Anlageklassen zu investieren (38% in sichere, kurzfristige Anleihen des Euro Raums) und risikoreiche Klassen zu eliminieren (Immobilien und Hochzins).
5 Jahre vor Eintritt plane ich den Anteil sicherer Klassen auf 62% zu erhöhen und auf die Schwellenländer Märkte zu verzichten. Der Nachteil an dieser Sparform ist, daß man auf den Punkt performen muß, daher die Risikoverminderungs Strategie.
Denn zum Renteneintritt wird das Depot verkauft und die Auszahlung übernimmt eine Versicherung. Ein Kurz vorher stattfindender Crash wäre also der Super GAU.
Die Gefahr an der Strategie ist, daß ein Crash vor Umgewichtung die Verluste danach nicht mehr aufgeholt werden. Daher werde ich dabei mit Augenmaß und unter Beachtung charttechnischer Analyse vorgehen.
Bei einer unter 20 jährigen Anlagedauer und Einmalanlage ohne regelmäßigen Zukäufen würde ich vielleicht gleich 38% in sicheren Staatsanleihen des € Raumes investieren und die Risikoreicheren Klassen weglassen (38% AAA € Government Bonds, 24% MSCI World, 14% Emerging Markets, 15% Global Aggregate Bonds und 9% Emerging Markets Bonds) um das Risiko zu verringern.
Eine Garantie für eine positive Performance, oder Werterhalt gibt es allerdings nicht, dessen sollte man sich immer bewusst sein, selbst sogenannte risikolose Anlageklassen können verfallen (Siehe Währungsverfall 20er Jahre, heutzutage Argentinien, aktuell Türkei).
Beste Grüße
Zack


O.L. sagt am 27. November 2020

Ich vermute, die Torschlusspanik der Leserin kommt daher, dass sie die Beiträge noch 2020 von der Steuer absetzen will, weil sie die Abfindung nach Fünftelregelung versteuern kann. (Wenn nicht, diesen Beitrag bitte ignorieren.)
Das kann je nach Konstellation tatsächlich sinnvoll sein, lässt sich aber nicht pauschal beantworten. Dabei kommt es dann auch nicht so sehr darauf an, wo man die Beiträge einzahlt (Rürup, freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rente), sondern in erster Linie, dass man sie überhaupt noch unter Dach und Fach bringt - ob man einen guten oder schlechten Rürup-Vertrag hat, ist dem Finanzamt herzlich egal.

Ich würde K. raten,

  • umgehend einen Steuerberater aufzusuchen und durchrechnen zu lassen, ob und wieviele Altersvorsorgeaufwendungen sie optimalerweise noch dieses Jahr an generieren sollte.
  • sich einen Vertrag zu suchen und dort einmalig einzuzahlen, um den Steuervorteil mitzunehmen. Wichtigstes Kriterium ist, dass er noch 2020 gestartet wird, Rendite ist sekundär. Gerne auch in die gesetzliche Rente, falls möglich.
  • den Vertrag dann erst einmal auf Eis zu legen und nicht weiter zu besparen und die (hoffentlich hohe) Steuerrückzahlung aufs Tagesgeldkonto zu legen, bis sie sich gründlich mit ihrer Altersvorsorge auseinandergesetzt hat. Ob sie dann weiter den abgeschlossenen Vertrag bespart, einen besseren abschließt, die Rückzahlung als Grundstein für ein ETF-Depot hernimmt oder vielleicht auch etwas völlig anderes, soll sie dann selbst entscheiden, wenn sie sich sicher in der Materie fühlt.

FloAlex sagt am 27. November 2020

Ich fürchte hier hat jemand den Rürup-Floh ins Ohr gesetzt bekommen, um noch schnell dick Steuern in 2020 sparen zu können. Geht aber mit der gesetzlichen Rente auch. Ich vermute K. weiß nicht, dass sie da auch (freiwillig) einzahlen kann.

Aus meiner Sicht ist Rürup nur für langfristig Selbstständige mit gutem Einkommen als Alternative zur gesetzlichen Rente zu empfehlen. Finanztip bietet einen guten Überblick welche Produktarten es gibt.

Mein persönlicher Favorit wäre tatsächlich der Raisin-ETF-Rürup. Hier kann ich den oder die ETFs auswählen die ich besparen möchte und ich kann eigenverantwortlich umschichten, wenn ich das Risiko zum Ende der Ansparphase verringern will. Viel besser als Riester (leidvolle Erfahrungen durch Zwangsumschichtung gesammelt).


Tulpenmanie sagt am 27. November 2020

| Ja ja, der Lockruf der Steuervorteile. Zitat Weltsparen: "Bei Rürup profitieren Sie von einem enormen Steuervorteil". Na das hört sich doch gut an... oder nicht?
Moment, da gibt es doch dieses gewitzte Fintech, dass ETFs im Riestermantel anbietet.
Was ist damit nochmal am Anfang der Coronakrise passiert? Die Sicherheiten haben nicht ausgereicht und die Anleger wurden in risikoarme Anlageklassen zwangsumgeschichtet.
Als dann die Kurse wieder oben waren, hat man mit dem Geld aus den billig verkauften Anlagen teuer wieder eingekauft. So macht man keine Rendite und das lässt sich auch mit Steuervorteilen nur schwer aufholen. Das muss beim nächsten Mal oder bei einem anderen Anbieter nicht wieder passieren, aber es bleibt der Zweifel, ob ETFs im Versicherungsmantel wirklich funktionieren.

Mein Rat an K.: Bei Torschusspanik fällt es schwer nichts zu tun, also sollte man wenigstens die Fehler gering halten. HEUTE noch ein Depot bei einer günstigen Onlinebank eröffnen. Die Recherche, welche Bank die Beste ist, sollte höchstens eind Stunde dauern. Nach Videoident gleich einen Sparplan auf einen ETF auf den MSCI World anlegen...durchatmen.
Dann noch mal nachdenken, was man im Leben will. Vielleicht war K. im Topmanagement und die Abfindung reicht bei einem frugalen Lebensstil bis ins hohe Alter, who knows. Oder die Tips vom Finanzwesir befolgen und sich selbstständig machen.
Achtung! Keine Finanzberatung, nur meine Gedanken zum Thema.


Pekka sagt am 27. November 2020

Moin,

mit dem Rürup-Gedanken hatte ich auch mal gespielt. Das ist nicht nur für Selbstständige. Für diese war es gedacht, aber nicht nur. Der Vorteil von Rürup ggü Riester ist, dass es keine Beitragsgarantie gibt und so die Beiträge (abzgl. Kosten) bei einem entsprechenden Anbieter komplett in ETFs gepackt werden können.
Zudem ist Rürup auch vor Hartz4 geschützt. Der große Nachteil ist, dass man oft den Anbieter nicht wechseln kann, wenn man z.B. nach 5 Jahren feststellen sollte, dass der nichts taugt. Ansonsten muss jeder selbst entscheiden, ob und wie viel er in eine Rentenversicherung packt.

So mache ich das: Ein Teil (der größte) geht in Aktien und davon das meiste in ein ETF-Depot und ein Teil Geht an eine Riester-Rente (wegen Hartz4-Schutz).

Bei K. stimme ich dir zu, sollte sie jetzt nicht zu schnell alles auf einmal wollen. Das liest sich alles gehetzt. Vielleicht noch mal drüber schlafen. Ansonsten gilt der Dreiklang:

  • Ziele definieren
  • Überlegen, wie die Ziele erreicht werden können
  • Konkrete Produkte auswählen

Joerg sagt am 27. November 2020

@Leserin_K

Geht's hier eher um eine Lebensfrage statt um eine Anlagefrage?

  • Ruerup nur, um die Abfindung steuerlich (vermeintlich) besser zu managen (das FA bekommt so wenig wie moeglich, alles andere ist egal)?
  • Ruerup nur, um die Abfindung Hartz4-sicher bis zur Rente zu parken (man weiss ja nie? Burnouts 3-5? schliesslich BU?)

Waere es nicht besser, sich mit der (versteuerten) Abfindung eine grundsaetzliche Orientierungszeit zu nehmen:
Wer bin ich? Was will ich? Wie will ich leben? Wie Geld verdienen? Umschulung/Neu-Orientierung, etc? oder den Vorschlag mit externer Hilfe/Therapie annehmen?

Falls es doch nur um die Anlagefrage gehen sollte: Ruerup ist ein teures, unflexibles, ekliges Korsett. Es ist eher bei Ausnahmen (Grossverdiener ab 55-58J als Steuersparmodell) als fuer Viele eine sinnvolle Option (mit der lueckenhaften Fallbeschreibung gehoerst DU eher nicht zu Profiteuren sondern Opfern).

Also lesen, lesen, lesen.

LG & alles Gute
Joerg


Marvin sagt am 27. November 2020

Ich finde, wenn man eine solche Anfrage veröffentlichen will, dann sollte man vorher die fehlenden Daten erfragen und Unklarheiten klären. Mir sind soviele Dinge unklar, dass ich mir keinen Rat anmaßen würde.
Eines aber: Ihre jetzige berufliche und gesundheitliche Zukunft ist alles andere als klar. IMHO ist da von beruflichem Neustart bis zur Erwerbsunfähigkeit alles drin. Da möchte ich einerseits flexibel bleiben und keine Anlage wählen, die regelmäßige Einzahlungen erzwingt. Also eher die ETF-Lösung. Meines Wissens funktioniert Rürup nicht ausschließlich mit einer Einmalzahlung sondern am besten, wenn man regelmäßig die monatlichen Zahlungen stemmen kann.
Aber der Hartz4 Schutz wäre mir auch wichtig, zumindest wenn nicht klar ist, dass Hartz4 ohnehin ausscheidet.


Slowroller sagt am 27. November 2020

Moin in die Runde!

Es wurde hier schon ein paarmal angesprochen: Es könnte sein, dass die Rürupeinzelzahlung in diesem Jahr der Steuervermeidung auf die Abfindung dient.
Und in diesem Fall kann es einfach sein, dass die Steuerersparnis den nötigen Gesamtinvest in die Rentenversicherung deutlich übersteigt.
In dem Fall MUSS das Geld also dieses Jahr raus. Mit der Fünftelregelung auf Abfindungen habe ich mir einige Nächte mit Excel um die Ohren geschlagen.
Da können so unverständlich absurde Ergebnisse rauskommen, dass man sich das kaum vorstellen kann. Ein Beispiel: Bei einer Modellrechnung kam raus, dass der Abgefundene unter allen durchgespielte Szenarien am meisten Netto raus hat, wenn er und eine mögliche Fraus sich Auszahlungsjahr komplett freistellen und auf gemeinsame Erwerbseinkünfte im (brutto) niedrigen sechsstelligen Bereich komplett verzichten würden.
Ähnliche Effekte kann man mit hohen Absetzungssummen im Auszahlungsjahr generieren.

Ich gehe eigentlich stärkt davon aus, dass dieses der Fall ist. Und dann wie schon gesagt: das schlechteste, absetzbare Rentenprodukt ist ok solange man es noch 2020 abschließt. Besser ist aber auch hier der Gang zu einem Steuerberater (auch das wurde schon vorgeschlagen) und danach zur Verbraucherzentrale um ein okayes Produkt oder gar die gesetzliche Rente zu füttern.


Marius sagt am 28. November 2020

Ich dachte man muss mindestens 50 Jahre alt sein um zusätzlich freiwillig in die Gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.


Spaceman sagt am 28. November 2020

Rürup hat die exakt gleichen Vor- und Nachteile der Deutschen Rentenversicherung.
Nachteil: man kommt an das Geld nie mehr ran.
Vorteil: Rente bis ans Lebensende.
Rendite: kommt auf die Lebenserwartung an.
Vererbung: nicht möglich.

Wenn man bereits Ansprüche bei der Rentenversicherung hat, ist es sinnlos, zusätzlich eine Rürup-Rente abzuschließen. Ich würde der Leserin empfehlen, einen MSCI World-ETF zu kaufen, und fertig. Alles auf einmal investieren. Dann hast du es hinter dir und musst dir keine Sorgen mehr um den "besten Tag zum Einstieg" machen. Das ist sowieso nicht möglich. Im Unterschied zu Rürup kommst du an das Geld wieder ran, falls es notwendig ist.


Timo sagt am 30. November 2020

Hallo Nostradamus, es ist glaube ich eine Mischung aus beidem.
Zum einen ist der (kostengünstige) All-World noch nicht so lange verfügbar, dass man eine anständige alternative hat, und zum anderen ist der Finanzwesir noch stärker auf "Einfach machen ist besser als komplex denken" gegangen, so dass ein Produkt das alle Anforderungen erfüllt, besser ist als zwei :)


Finanzwesir sagt am 30. November 2020

Hallo Nostradamus,

"Ich hab es hier und auch auf anderen Seiten schon gelesen, dass der "Trend" inzwischen Richtung "Einfach ein All-World-ETF" zu gehen scheint."

Eher kein Trend in dem Sinne, das es "besser" ist, jetzt nur einen ETF zu nehmen, sondern die Erkenntnis, das für viele Interessenten eine Kombi aus zwei ETFs zu kompliziert ist.
Rebalancing schreckt ab, sich zwei mal durch die ETFs zu wühlen ist ebenfalls kein Spaß. Wenn man solchen Menschen sagt: Mit nur einem ETF bist Du gut dabei und erreichst Dein Ziel "nicht arm sterben", dann sind sie glücklich und setzen das dann auch in die Tat um.
Wer dann Spaß an der Sache findet, kann ja Faktor-ETFs, Regio-ETFs und was weiß ich nicht noch alles hinzufügen.
Es geht einfach nur darum, die Einstiegshürde so gering wie möglich zu halten.
Für Dich gilt das alles nicht ;-)

Gruß
Finanzwesir


Reinsch sagt am 01. Dezember 2020

@Nostradamus
Dürfte weniger was mit Trend, sondern Verfügbarkeit zu tun haben. Die Aussage "World + EM = einfachstes Depot" kommt eben aus der Zeit, als nur ETFs auf eben jene einfach zugänglich waren.
ETFs für den MSCI ACWI kamen erst später, waren zudem als ausländische Thesaurierer oft "steuerhässlich".
Die heute so beliebten Vanguards kamen noch mal später.
Von daher hört man heute eben "Willste einfach? Ein Fonds und fertig."


Matthias K sagt am 01. Dezember 2020

Ich befürchte aber, das man es sich als Anleger da zu einfach macht: Wenn für jemanden die paar Stunden Zeit, die man in ein simples 70/30-Portfolio investieren muß schon zu viel sind, wird er sich das andere Basiswissen und ein entsprechendes „Mindset“ auch nicht aneignen.
Die Wahrscheinlichkeit ist dann sehr sehr groß, das er beim ersten großen Crash die Nerven verliert und zum ungünstigsten Zeitpunkt verkauft. Auch wird er keinerlei Strategie zum Umgang mit „Uncle Points“ wie Scheidungen, Arbeitslosigkeit, Krankheit etc haben. Beispiel: Jobverlust im März durch Corona, gleichzeitig ist das Depot dick im Minus. Das hält der nicht durch.


James Moellendorpf sagt am 01. Dezember 2020

Ich finde diese Aussage des Finanzwesirs sehr wichtig und richtig:

"Eingrooven, schwankungstolerant werden, dann den Geldhahn aufdrehen." Einfach mal anfangen Aktien/ETFs zu kaufen und dann gucken, was das mit einem macht, wenn der Kurs rutscht.
Nach ein paar mal auf und ab kennt man sich selbst besser und hat seine Gefühle im Griff, die stehen einem nämlich beim Investieren häufig im Wege.


Finanzwesir sagt am 01. Dezember 2020

Hallo Matthias K.,
das hast Du recht. Und ich habe hier noch eine Anekdote von der anderen Seite der Medaille.
Ein guter Bekannter von mir hat eine Bekannte und an die redet er schon länger hin, sie solle doch mal einen vertretbaren Teil ihres Einkommens in einen ETF-Sparplan stecken.
Im November oder Dezember 2019 war es dann soweit. Sie hat das Ganze dann über die Ziellinie gezerrt (ACWI-Sparplan, einer der Standard-Boker). Ein bisschen war wohl auch "soll zum Jahresende fertig" sein mit dabei.
Kommt Corona im März.
Ich zu meinem Kumpel: "Oh, oh, wie hält sich die X?"
Er: "Keine Sorge, die kriegt das nicht mit."
Ich: "????"
Er: "Zum einen guckt sie keine Börsensendungen, liest kein Focus Money und auch keine Finanzblogs und wenn sie in der Tagesschau von fallenden Börsenkursen reden, bringt sie das nicht mit ihrem Depot in Verbindung. Das betrifft sie einfach nicht."

Will sagen: "Ignorance is bliss" - die echt und von ganzem Herzen Desinteressierten sind oft die härtesten Buy&Holder.
Es ist mal wieder - wie so oft - das solide Halbwissen das ins Verderben führt.

Gruß
Finanzwesir


Leser sagt am 02. Dezember 2020

@Matthias K:

"Ich befürchte aber, das man es sich als Anleger da zu einfach macht: Wenn für jemanden die paar Stunden Zeit, die man in ein simples 70/30-Portfolio investieren muß schon zu viel sind, wird er sich das andere Basiswissen und ein entsprechendes „Mindset“ auch nicht aneignen."

Ja, an den üblichen Stellen sieht man immer mehr Anfragen mit "Ich will ETF, aber sicher, und mich nicht damit beschäftigen - kaut mir alles vor".
Diese Leute haben aber unabhängig von den All-World-ETFs ein Durchhalteproblem.

Andere verstehen nach ein paar Stunden Zeit, dass ein "simples 70/30-Portfolio" nicht unbedingt besser laufen wird, und nehmen deshalb trotzdem einen All-World-ETF.


ChrisS sagt am 03. Dezember 2020

@ Nostradamus

"Ich hab es hier und auch auf anderen Seiten schon gelesen, dass der Trend inzwischen Richtung Einfach ein All-World-ETF zu gehen scheint. Früher hieß es ja immer 70:30 World:EM. Kommt mir das nur so vor, oder hat hier tatsächlich eine Art Umdenken stattgefunden?"

Keine Ahnung ob man so einen "Trend", egal ob es ihn gibt oder nicht, überhaupt wirklich objektiv messen könnte. Wenn es wirklich nur um eine Überprüfung des subjektiven Finanzblogfilterblasen-Bauchgefühls geht (also des "mir kommt es so vor, als ich lese in letzter Zeit inzwischen immer öfter mehr nur vom einfachen Allworld-1-ETF und immer weniger noch vom alten 70/30 Modell stattdessen?") könnte man das ja damit versuchen auch mal zu konkretisieren, indem man wirklich alle größeren Finanzblogs/foren samt Kommentare mit Strg+F nach den relevanten Begriffen (zB. eben "All-World" versus "70/30" o.ä.) durchsucht und die Anzahl der Erwähnungen protokolliert (bzw. ggf noch deren Entwicklung über eine Zeitachse plottet, um eben auch wirklich feststellen zu können wie sich tatsächlich "der Trend" denn so hinentwickelt hat).
Aber selbst wäre ja auch noch nur recht oberflächlich, insofern als das "Lesen von Dingen" (bzw. was die Leute halt so "schreiben") nur die eine Sache ist, am Ende jedoch nur zählt was die Anleger dann auch tatsächlich eigentlich machen - hier müsste man dann schlussendlich auch in die konkreten Depots reingucken können (bzw. zB. repräsentative Umfragen über die wirklichen Portfolioallokationen aller Anleger machen), um feststellen zu können, ob dieser "Trend" (also wie oft einem Modell X ggü Modell Y in der Lektüre begegnet) nicht nur ein "Papier"-Trend ist sondern sich auch wirklich in der konkreten praktischen Anlage-Realität der Leute wieder stattfindet.

Ein bischen was zu realpraktischen Begründungen haben ja die anderen Kommentatoren schon gegeben.
Ich will das mal ein bischen konkretisieren - wie bereits gesagt, "70/30" wurde "früher" (sagen wir mal so zB. 2010-15, also so die Anfangsjahre der deutschen (Laien)-Finanzblogosphäre) als das verbreitetste Basismodell hauptsächlich empfohlen, weil das halt so vor allem der einfachen Verfügbarkeit der ETF-Produkte damals "geschuldet" war.
Die gesamtglobalen MSCI ACWI-ETFs gab es zwar damals auch schon ein paar, schaut man bei den entsprechenden Fondsdatenbanken nach, sieht man dass zB. ACWI's von SPDR, iShares und Lyxor ab 2011 aufgelegt worden sind, aber das waren halt nur abschreckend wenige und nicht unbedingt wirklich so etabliert, während es zu der Jahreszeit schon knapp zehn mehr oder weniger erwachsene ETFs auf den MSCI World verfügbar gab (heute sind wir übrigens bei fast 20 Produktangeboten angekommen), genauso wie es auch da schon zehn verschiedene MSCI Emerging Markets ETFs gab.
Die Auswahl war also viel größer, und dadurch gab es (ganz abseits der bloßen Einfachheit/Bequemlichkeit, oder gar komplexen/tiefgängigen "welches Modell rentiere langfristig besser?"-Überlegungen) noch genug einfache "realpraktische" Argumente, warum als "simpelste Basisempfehlung" doch noch das World/EM-Modell aus 2 ETFs anstatt die gesamtglobale 1-ETF-Variante die verbreitetere war.
Nur beispielhaft aufgezählt ohne besondere Wertung, mit dem größeren Produktangebot/auswahl ging natürlich auch eine viel bessere Sparplanverfügbarkeit bei mehr Brokern einher, was ja für viele Anleger eine Rolle spielt.
Viele einzelne World/EM-Produkte hatten auch eine geringere TER als die vergleichsweise "teureren" ACWI's damals, was auch für einige Leute noch ein Argument war.
Und schließlich, die ACWI's gabs nur in thesaurierend, und die "Älteren" (lol) unter uns wissen ja sicher noch wieviel virtuelle Tinte "früher" (vor Investmentsteuerreform 2018) noch über das leidige Thema damit verbundener "Steuerhässlichkeit" verschwendet wurde, weswegen oftmals Leuten die es dahingehend "einfach" haben wollten (insb. eben Anfänger/Einsteiger) geraten wurde gleich nur in ausschüttende Produkte anzulegen, was damals eben nur das besser ausgebaute World/EM-Produktspektrum anbot, auch deshalb darauf eben der Schwerpunkt bei den Empfehlungen bzw. deren Beliebtheit in den Anlagemodellen.

In der Tat kann man mit dem Aufkommen des Vanguard FTSE All-World ETF den entscheidenden Wendepunkt sehen, der das gesamtglobale 1-ETF-Modell nun aus der Nische rausgeholt hat und für breitere Anlegerschichten interessant genug gemacht hat, so dass World/EM nicht mehr nur die einzige ernstzunehmende Basisempfehlung sein muss.
Denn er erfüllt genug der oben angesprochenen "realpraktischen" Gegenargumente, die bisher immer davor abgeschreckt hatten.
Das Produkt ist "groß genug", sei es vom Volumen (so dass keiner befürchten müsse es würde morgen geschlossen) oder von der Verbreitung (z.B. bei genügend Brokern sparplanfähig), er ist von der TER günstig genug dass nicht mehr der Vergleich ggü den World/EM-Preisen abschreckt, und vor allem nicht zuletzt gibt es ihn auch in einer ausschüttenden Variante so dass er halt auch noch die Sorte Anleger, die das aus ihren Gründen nunmal eben bevorzugen, auch mit abholen kann (für viele spielt das ja halt eine entscheidende Rolle, egal was man selbst davon hält).

Also wie gesagt, auch wenn ein gesamtglobaler all-inclusive 1-Produkt-ETF eigentlich schon immer die "einfachste" Basislösung gewesen wäre, gab es früher halt noch genügend Haken, Sternchen und "ja, aber..."'s, weswegen man sie nicht uneingeschränkt jedem gleich empfehlen konnte und sich deswegen der dahingehend "weniger nachteilige" World/EM stattdessen erstmal als der "Standardvorschlag" verbreiten und durchsetzen konnte.
Mittlerweile ist aber durch den Vanguard davon eben soviel weggefallen, dass es heutzutage schon als die neue "einfachste Basis" genommen werden kann, und man statt wie früher noch begründen zu müssen warum man nicht World/EM macht heute eben eher begründen müsste warum man überhaupt noch World/EM macht und nicht einfach gleich bei der Simpellösung bleibt.

Denn da gibt es nach dem Wegfallen der ganzen genannten "realpraktischen" Argumente nämlich eigentlich nur noch ein entscheidendes: Nämlich wenn man unbedingt noch bestimmte individuelle Überzeugungen hinsichtlich der eigenständigen Anpassung des Industrie/Schwellenländer-Verhältnisses hat. Im All-World (oder ACWI) ist das ja aktuell bei ugf. 90/10 mit "eingebacken".
Wer damit "zufrieden" ist, oder eben keine Aspirationen hegt da noch zwingend selbst weiter herumdoktern zu wollen, der kann das als gegeben nehmen und mit der 1-Produkt-Lösung das Investieren abhaken.
Nur wer aus irgendwelchen mehr oder weniger begründeten Überzeugungen meint dass ein bestimmtes anderes Mischungsverhältnis langfristig "besser" (zB. ganz trivial, man erwartet sich halt eine höhere Rendite davon) sei, der "brauch" halt noch die Trennung in zwei Produkte World und EM um das selber nach gusto so eingestellt umsetzen zu können, das ist halt eigentlich noch das einzig übrig bleibende Argument dafür (denn wenn man das nicht machen will, kann man ja einfach gleich beim gesamtglobalen 1-Produkt bleiben).

Deswegen tue auch ich mittlerweile hauptsächlich (wenn das für dich ein weiterer Datenpunkt für die Bestätigung dieses "Trends" wäre) Anfängern, Neulingen und Einsteigern die 1-Produkt Variante empfehlen, also natürlich vor allem damit Vanguard FTSE All-World ETF damit gemeint.
Eben weil, wie oben beschrieben, einfach nichts total entscheidendes mehr dagegenspricht, und die dabei zu händelnde Einfachheit und minimiertester Aufwand gerade für diese Zielgruppe (was ja auch irgendwie die Hauptangesprochenen sind an die sich dieses Blog vor allem richtet) meistens mit als die "passendste" Lösung für ihre wenigen Ansprüche so attraktiv macht, und zu meiner Definition von "Anfänger/Einsteiger/Neuling" gehört auch irgendwie dass so relative "Detailfragen" wie "möchte ich das Industrie/Schwellenländer-Verhältnis noch individuell weiter verändern, und wenn ja warum (nach welchem Modell) und mit was für Zahlen konkret?" noch garnicht relevant sind (oder jemals werden - viele Leute wollen daran eben ja nie dran herumdoktern, sondern schon ausreichend mit dem gegebenen soweit sind).
Oder andersrum gesagt, wer sich schon selber soviel damit beschäftigt hat, dass er aus Quellen gelesen begründete Überzeugungen gebildet hat, warum er gerne doch lieber einen individuellen Split macht, also was er sich davon erhofft und warum das auch besser sein soll, der ist ja für mich auch kein "totaler" Anfänger mehr (dem man noch vor allem mit "Basis"-Lösungen geholfen zufriedenstellt) sondern jemand dem zugetraut werden kann selber zu wissen was er tut und dem dann auch die Leine dazu gelassen wird ohne jedesmal neu drüber zu diskutieren warum nun Modell 1 besser oder schlechter sein soll als Modell 2 oder Modell XYZ.
Mal abgesehen davon inwiefern es möglich sei das überhaupt vorher schon "wissen" zu können, sind das dann eh wieder "Fortgeschrittenen-Diskussionen", die man ja gern mit Leuten halten kann die sich für solche halten, wo aber das Ergebnis am Ende trotzdem noch jedem selbst zu überlassen sei.
Ich würde also jemandem, der unbedingt World/EM machen will, das niemals ausreden, warum auch, genauso wenig wie ich jemandem der sich lieber für die 1-Produkt-Lösung entschieden hat noch lange drüber diskutieren würde dass er stattdessen doch unbedingt World/EM machen müsste.
Oder alle sonstwelche drüber hinausgehende weitere Portfoliospezifizierungs-Modelle, das sind am Ende dann auch nur noch "Geschmacksfragen", die weit hinter der eigentlichen Anfänger-Kernaufgabe (erstmal mal einen passenden Weg zu finden, überhaupt mal mit dem Investieren anzufangen) stehen.

Ich würde ansonsten vielleicht auch nochmal einen anderen Aspekt bei der Geschichte ansprechen.
Wir können ja mal interesseshalber nämlich zum besseren Verständnis über die Entwicklung irgendwelcher "Trends" diesbezüglich auch erstmal ein bischen zurückblicken um zu sehen "wo" bzw. "warum" die "70/30"-Empfehlung als "Standard" überhaupt eigentlich herkam (um damit vielleicht auch nachvollziehen zu können ob/wie es inzwischen zu irgendwelchen "Trendwechseln" gekommen sein könnte).

Ich lehne mich wohl nicht allzuweit aus dem Fenster, wenn mein Eindruck ist, dass der "Hauptschuldige" für das ins-Ohr-setzen dieser Idee bei der deutschen (vielleicht auch noch wichtig, das ist wohl eine relativ "deutsche" Idee, oder zumindest begegnen mir solche Anlagevorschläge zB. in der viel größeren amerikanischen Finanzliteratur eher viel weniger, dort werden eher andere Modelle verfolgt) DIY-ETF Anlegerschaft der gute alte Gerd Kommer gewesen sein wird, der sich damals zur rechten Zeit (wie oben gesagt, so ungefähr vor ca. 10 Jahren plusminus) mit seinem Buch "Souverän Investieren..." als "Standardwerk" der "Szene" etablierte, und damit auch so hauptsächlich die Richtung vorgegeben hat.
Und damals hat er eben besonders für die BIP-Gewichtung argumentiert (man könnte dazu auch noch zB. Martin Weber danebenstellen, der dahingehend ähnlich gewirkt hat).
Die Gewichtung der Weltregionen nach BIP war damals noch so mit der erste große Versuch/Vorschlag, wie man gegenüber der einfachen vollkommen passiven Marktkapitalisierungsgewichtung (also zB. im simplen gesamtglobalen 1-ETF-Produkt wie ACWI, mehr gabs ja noch nicht) noch einen gewissen "Schnapps extra obendrauf verdienen" könnte (auch der Wesir verwendete in den damaligen Artikeln aus der Zeit noch solche Formulierungen dafür), es wurde hier also dem Anleger die Möhre des Outperformance-Versprechens vor die Nase gehalten, was das ganze so attraktiv macht.
Es gab ja auch Backtests dahingehend, also zB. Rückrechnungen über einige Jahrzehnte, die einen Renditevorteil dieser Methode "belegen", genauso wie es auch eine relativ in-sich-geschlossene und einigermaßen laiennachvollziehbare Theoriebegründung gab warum diese Vorgehensweise so wirkt / weiter wirken soll (verkürzt, die Sache mit dem "Bezug auf die Realwirtschaft", womit die "Eindämmung von Blasen" erreicht wird (das klingt auch damit wieder attraktiver für eher Ängstliche, die dann naiv denken so ein Portfolio hätte weniger ominös-schwammiges "Risiko"), bzw. andersrum gesagt dass das ganze einen gewissen "Value-Effekt", halt auf Makro-(Regionen) Ebene bewirke).
Sonstige Outperformance-"Spielzeuge", wie zB. Smart-Beta / Faktorprodukte, gab es damals auch noch nicht oder nicht genug um allein darauf seine Strategien aufzubauen (das kam erst später, weswegen zB. Kommer ja auch jetzt den Fokus eher weg von nur reinem BIP hin zu viel mehr Faktor geschwenkt hat), also war die ziemlich einzige Möglichkeit, für einen ansonsten "ETF-treuen" Selbstanleger doch noch ein bischen vermeintlicher Outperformance rauszukitzeln, eben an der Regionengewichtung der (ansonsten "Standard"-)ETFs herumzufummeln.
Und deswegen, vermute ich mal wenn ich das jetzt heute so aus der Ferne bequem psychoanalysieren müsste, war das eben so eine populäre Idee damals - mit ganz einfachen mitteln den Markt doch noch ein Schnippchen schlagen können, haja warum sollte man das nicht auch mitmachen?

Die großen Finanzblog-Autoren, die so aus der selben Zeit aufkamen, hatten das ganze dann auch weiter verbreitet.
Was sonst, sie waren ja selber überwiegend auch "nur" mehr oder weniger Laien auf dem Gebiet, also interessierte Amateure, Selbermacher die vor allem aus ihrer persönlichen Praxisperspektive erzählen, aber eben keine "professionellen" Finanzakademiker oder so - ist übrigens nicht abschätzig gemeint, gerade das "nicht-vom-Fach"-sein ist ja auch in gewisser Weise das schöne an den Finanzblogs bzw was sie so erfolgreich gemacht hat, da sie deswegen eben "lebensecht", "praxisrelevant" und "laienverständlich" schreiben können und damit das Thema für ein noch viel größeres Laienpublikum verständlich gemacht haben).
Jedenfalls hat man sich die nötige Theorie-Unterfütterung der ETF-Strategie dann überwiegend von Kommer und Co. übernommen, aber eben vielleicht auch ohne das noch großartig weiter kritisch hinterfragen (zu können, entweder weil einem eben selbst das nötige Fachwissen noch gefehlt hatte, oder zu wollen, weil es noch keinen großen Anlass gab dem Kommer bei irgendwas nicht mit "glauben" zu wollen, hat er doch alles so schön schlüssig argumentiert und sogar langfristige Backtests dabei, das wird also doch schon alles irgendwie so stimmen was er erzählt).
Wie der Finanzwesir in nem alten Artikel über seinen eigenen Depotaufbau beispielhaft ja sagte, "haja, Kommer sagte damals Value, also nahmen wir Value mit rein; Kommer sagte damals BIP Gewichtung, also machten wir 70/30... usw".
So wird es sicher vielen ergangen sein, und haja am Ende hatte sich "70/30" dann über die Jahre durch die ständige Wiederholung schon so als Standard etabliert durchgesetzt, dass sich schon die Leserschaft gegenseitig dies als vermeintlich DIE Grundlage untereinander mit weiterverbreitet hatte, das ganze also zum "Allgemeinwissen" erhoben wurde und einen "Selbstläufer"-Status erreichte (wie oben gesagt, wenn das "alle so machen", kann das ja nicht so schlecht sein, also mach ichs halt lieber auch mal mit, bzw. anstatt noch selbst begründen zu müssen warum man 70/30 macht müsste man sich stattdessen fast eher rechtfertigen warum man 70/30 nicht mitmacht).

Kleiner Exkurs am Rande vielleicht noch dazu, "70/30" ist dabei ja selbst auch nur die "Vereinfachung einer Vereinfachung". Ganz penibel korrekt müsste bei der BIP-Methode ja eigentlich jedes einzelne Land selbst schon mit seinem jeweils anteiligen Beitrag zur Weltwirtschaftsleistung gewichtet werden.
Da aber niemandem zugemutet werden kann (den Privatanlegern sowieso nicht, und selbst den Instis ist sowas vielleicht am Ende auch schon zu popelig), sich fast fünfzig verschiedene Industrie- und Schwellenländer- Einzelland-ETFs ins Depot zu legen, bis auf die dritte Nachkommastelle auszutarieren, und das ganze dann auch noch regelmäßig fortlaufend wieder weiter auf sich verändernde Gewichtungen neu zu rebalancieren, hat man als erste Vereinfachung das ganze lieber in Kontinente/Regionen "zusammengefasst", so dass das ganze nur noch mit 4-5 ETFs einzuhändeln ist.
Amerika, Europa, Asien-Pazifik/Japan, Schwellenländer. (Innerhalb der Regio-ETFs sind die Einzelländer dann aber auch "nur" wieder wie gehabt MK-gewichtet, von daher vertändelt das eben auch schon wieder ein bischen die eigentliche Grundidee).
Aber um selbst das noch weiter zu vereinfachen (da erstens wie gesagt selbst 4-5 ETFs noch für viele nicht "anfängertauglich" genug sind, und siehe oben die Praxisgründe oft noch für World/EM gestimmt haben) gab es dann als oberflächlichste Vereinfachung nur noch die bloße Trennung in World/EM, also einen ETF für Industrie- und einen für Schwellenländer.
Wie gesagt, die Einzelländer darin sind dann nur noch weiter mk-gewichtet, also wieviel am Ende dann noch von den Wirkeffekten der Idee übrigbleibt sei mal dahingestellt, jedenfalls war das die gröbste Holzschnittartigkeit mit der man das überhaupt noch einigermaßen umsetzen konnte.
Die 70 und 30 entsprechen dabei eben dem (damals, als die Empfehlung so abgegeben wurden, also vor ugf 10 Jahren, plusminus) Prozentanteil der Industrie- und Schwellenländer am Welt-BIP. Schon irgendwie bezeichnend für die etwas mangelnde Ernsthaftigkeit bei der Sache, wenn sich diese Zahl immer noch weiterbenutzt so festgesetzt hat und sich noch viel weniger rumgesprochen hat dass sie eigentlich auch mal aktualisiert werden müsste, denn mittlerweile sind wir von den Verhältnissen ja schon fast bei 60/40 oder so angekommen.
(Mit "mangelnder Ernsthaftigkeit" möchte ich natürlich keinem überzeugten BIP-Anhänger auf den Schlips treten, sondern meine damit eher nur die Sorte Leute die einmal naiv mit 70/30 angefangen haben, weil sie das "so gehört haben, dass man das halt so macht", aber sich seitdem nicht mehr damit beschäftigten wie das tatsächliche BIP fortlaufend weiter davon wegdriftet, deren Allokation von der Ursprungsidee (und ihren vermeintlichen Vorteilen, wenn man denn daran glaubt) sich entfernt, oder ab wieviel Prozent BIP-Veränderung denn sie auch mal anpassen müssten (und warum ist gerade das dann die optimale Schwelle), oder wenn nicht (und einfach "laufen gelassen" wird) warum macht man dann überhaupt noch BIP und bleibt nicht einfach gleich bei MK?
Wie gesagt, das sind nur rhetorische Fragen die ich mir selbst stellen würde, ich erwarte da von keinem ne Antwort oder ein Streitgespräch :-D).
Was auch noch so ein bischen einen tangentiellen Hinweis darauf geben könnte, wie viel (oder wie wenig) von dem BIP-Modell tatsächlich zu halten ist, ist die Frage nach dem "Praxis-Angebot" - insofern als dass, wenn das ganze wirklich so toll und wichtig und überzeugend wäre wie es in der Laien-Finanzblogosphäre einflussmäßig noch wirkt, wo bleibt dann das ganze Angebot an BIP-gewichteten ETFs, warum wird dieser (vermeintliche?) Kundenwunsch nicht von den ETF-Anbietern längst bedient?
Wenn sich wirklich so viele Anleger nach BIP-Gewichtung sehnen (dass sie das ja sogar mit ihren einfachen Mitteln das im Selbstbau grob gehobelt nachmachen), dann könnten Anbieter, die BIP-Gewichtete Welt-ETFs rausbringen (und damit das Idee viel tiefgängiger abbilden als es ein Privatanleger je könnte, wie gesagt eben fünfzig Industrie- und Schwellenländer einzeln austariert neugewichten - verfügbare Indizes zum tracken gibt es dazu ja schon längst, zB. hat MSCI eine Palette an "GDP-weighted Indices"-Varianten wie zB hier auf den MSCI ACWI GDP draußen) und damit viel Geld einsammeln könnten, wenn das wirklich so von den Leuten sehr gewollt würde?
Mir ist jedenfalls kein existierender BIP-gewichteter ETF hierzulande bekannt, oder selbst wenn ich mich dunkel zurückerinnern meine, dass es vor Jahren mal einen Testversuch gab, wurde der schon längst wieder wegen mangelndem Anlegerinteresse/volumen eingestellt.
Das ganze soll also jedenfalls nur mal als sekundäre Beobachtung dazu dienen, dass die BIP-Gewichtung in der Praxis vor allem bei den "Profis"/Institutionellen/Großanlegern doch keine so wirklich bedeutende Rolle spielt (natürlich will ich damit nicht unbedingt sagen, dass die es auch immer alles "besser wüssten" und somit an der BIP-Gewichtung "nichts dran" ist, sondern nur dass sie sich eben nicht so sehr für dieses Modell interessieren wie die in der Finanzblogosphäre umherschwirrenden Kleinanleger/Leser, für die das zum vermeintlichen "Allgemeinwissen" und "Standard" gehört - und da es gerade meist eben die Instis sind, auf deren Wunsch und Initiative die Finanzindustrie neue ETFs auflegt (wir Kleinanleger sind da eigentlich immer nur "Trittbrettfahrer", die bloß das Glück haben, da auch immer mitinvestieren zu können), kann halt jeder aus der Tatsache, dass es hier keine schon selbst BIP-gewichteten ETFs gibt, seine eigenen Schlüsse ziehen.)

Zuletzt ist es vielleicht auch deshalb ein bischen stiller um die reine BIP-Methode geworden (um mal wieder auf die Eingangsfrage zurückzukommen, warum man den Eindruck gewinnen kann dass sich der "Trend" gefühlt von diesem Alten weg entwickelt), weil halt den outperformance-interessierten Anlegern als nächste "bessere Möhre" seit einigen Jahren stattdessen ja vor allem eher die Faktor-ETFs vor die Nase gehalten werden.
Auch hier wieder, hat ein vermeintlich schlüssig klingendes Konzept dahinter, und langfristige Backtests mit denen das Versprechen auf zu erwartende Outperformance unterfüttert wird.
Kommer selbst ist ja mittlerweile voll auf diesen Zug auf(um?)gesprungen und behandelt die reine BIP-Gewichtung auch nur noch unter ferner liefen. Wer also heute noch für die Lockungen des "Schnappses obendrauf" empfänglich ist, hat eben nun auch viel mehr vermeintlich attraktivere Spielzeuge um diesen Trieb auszuleben, da ist es vielleicht nicht mehr so "sexy" dem Gesamtmarkt durch relativ stupid-simple abweichende Regionengewichtung ein Schnippchen schlagen zu wollen, sondern man denkt sich vielleicht halt dass doch die viel komplexeren Aktienauswahlsysteme in den Smart Beta ETFs viel bessere Ergebnisse liefern werden.

Das ist ja auch noch so eine Sache - wenn nicht eine gedachte Outperformance-Strategie auch in genügender Zeitkürze endlich mal die erhofften Outperformance-Ergebnisse liefert, dann kühlt auch das Interesse daran relativ ziemlich ab, denn soviel Geduld wie immer gepredigt wird bringen halt doch nicht viele Anleger mit.
Und die BIP-Gewichtung "lieferte" schon ziemlich lange nicht mehr, das ist halt neben all dem bisher angesprochenen vermutlich auch ein großer Praxisgrund warum ihre Überzeugungskraft etwas abgeflacht ist - auch wenn so was natürlich immer ein relativ "doofer" Ablehnungsgrund ist, denn wir alle wissen ja rational dass auch langfristig "gute" Strategien mittelfristig durchaus Durchhängerphasen haben können (ohne das sie deswegen gleich ganz für immer erledigt seien) und deswegen zum konsequenten Durchhalten geraten wird.
Aber sagen wir einfach nur mal andersrum, würde die BIP-Gewichtung stattdessen aktuell immer noch weiter outperformen, wie sie es zum Beispiel im ersten Jahrzehnt des 21sten Jahrhunderts getan hat - also die letzte Phase aus der ja gerade die Empfehlung dafür stammte (hat man sich hier vielleicht von Recency-Bias etwas überoptimistisch blenden lassen?) - dann würde es wahrscheinlich auch noch viel stärker als die "bessere Basislösung" weiter empfohlen werden.
Während man heute, eben auch aufgrund des eher enttäuschenden Abschneidens in den letzten zehn Jahren, viel "unverbindlicher" rangeht, so von wegen "och ja, kannst von mir aus beides machen, egal ob BIP oder MK, es weiß ja niemand was in Zukunft langfristig besser perfomt, von daher..." und ein bischen die Selbstsicherheit aus den Performance-Versprechen entwichen ist.
Ist ja auch gut so, es weiß tatsächlich niemand was besser performen wird, und jeder kann/soll/muss da seine eigenen Überzeugungen bilden und umsetzen - zB. eben contra BIP, die aktuelle anhaltende Unterperformancephase ändert sich auch nicht so schnell und man traut dem System eigentlich auch schon "fundamental" nicht mehr wirklich zu, langfristig bis zum Ende seiner persönlichen Investitionszeit noch signifikant wieder Outperformance abzuliefern - oder pro-BIP, die aktuelle Schwächeperiode wird eher als Anlass genommen, stattdessen per "mean reversion"-Effekt an eine in Zukunft einsetzende signifikante Wiederkehr der Outperformance zu glauben, so dass es sich noch lohnen wird weiter dranzubleiben - oder irgendwo dazwischen neutral und mehr oder weniger prognosefrei, also egal welches von beiden genau nun kommt, solang man einigermaßen diversifiziert ist nimmt man schon noch genug von beiden Varianten mit und erreicht sein eigentliches Grundziel ("hauptsache nicht arm sterben") ausreichend genug, ohne sich hinterher noch darüber zu ärgern dass man nicht schon vorher wissen konnte was sich denn am Ende nun wirklich als die "bessere" Methode herausgestellt hätte.


Felix sagt am 04. Dezember 2020

@Matthias K:

"Ich befürchte aber, das man es sich als Anleger da zu einfach macht: Wenn für jemanden die paar Stunden Zeit, die man in ein simples 70/30-Portfolio investieren muß schon zu viel sind, wird er sich das andere Basiswissen und ein entsprechendes „Mindset“ auch nicht aneignen."

Ich würde dich an der Stelle fragen: wieso soll der Aufwand gerechtfertigt sein? Welchen Grund hast du, mit extra Aufwand die Schwellenländer zu übergewichten? Und warum genau 70:30, warum nicht 65:35?
Ich glaube die Wahl für die all world indices hängt vor allem mit dem Mindset zusammen, Marktneutral zu investieren weil mal sich eben NICHT zutraut, irgendetwas begründet überzugewichten. Und die 70:30 Regelung ist ja jetzt nichts, wo die Leute nach viel Recherche drauf kommen, sondern die erst beste Umsetzung die irgendwelchen Videos nachgeplappert wird, aber ohne echte Begründung.
Oder gibt's eine echte Tiefe Analyse (etwas tiefer als: China lief gut, China muss auch in Zukunft gut laufen)

Gruß
Felix


Andree sagt am 05. Dezember 2020

Ich habe mich sehr intensiv mit dem Thema Abfindung und Vorsorgemöglichkeiten beschäftigt. Zunächst ist es so, dass eine Abfindung bis ca. 47.000 € bei der Fünftelregelung komplett steuerfrei bleibt, sofern keine weiteren Einkünfte dazukommen.
Sofern weitere Einkünfte in Form eines Gehalts, einer selbständigen Tätigkeit oder durch Entgeltersatzleistungen (z.B. ALG I) greift die Progression und es werden anteilig auch Steuern auf die Abfindung fällig. Hier gibt es aber einige Wenn und Abers, daher unbedingt mit einem Steuerberater besprechen.

Es kann Sinn machen zusätzliche Einkünft in geförderte Produkte zu stecken, da durch die Fünftelregelung jedes zusätzliche Gehalt überdurchschnittliche viele Steuern bedeuten kann.
Im Extremfall kann das sogar bedeuten, dass pro 1 Euro mehr als 1 Euro Steuern fällig werden. Klingt zunächst unlogisch, kann aber bei einer sehr hohen Abfindung vorkommen. Dies kann man an einem der zahlreichen Abfindungsrechner im Netz durchspielen.

Beispiel: Abfindung 50.000 Euro -> Steuer: 430 €, Bei einem zusätzlichen Gehalt von 20.000 Euro liegen die Steuern plötzlich bei stolzen 17.400 Euro. Da macht es möglicherweise Sinn 20.000 Euro in einen Rürup-Vertrag einzuzahlen oder anderweitig sinnvoll abzugsfähig zu investieren (z.B: in berufliche Weiterbildung).

Wie gesagt, die steuerlichen Gegebenheiten sind sehr individuell. Das muss unbedingt mit einem kompetenten Steuerberater besprochen werden.

Auf dem Blog von Andree gibt es hierzu diesen Artikel: Das Duell: ETF, Riester, Rürup, gesetzl. Rente, private Rente und betriebliche Rente im Vergleich


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