28. Oktober 2014


Wer braucht ein eigenes Haus?

Leute mit Kindern und lauten Hobbies.

Das Problem mit Immobilien: Eine Immobilie ist kein Maßanzug, sie passt nie. Entweder ist sie zu klein oder zu groß. Optimalerweise sollte man als Familie dreimal die Immobilie wechseln. Ins erste eigene Haus muss man, wenn die Kinder klein sind.

  1. Die Kinder kommen zur Welt. Kleine Kinder spielen gerne da, wo sich die Eltern aufhalten. Die Kinder können sich ein Kinderzimmer teilen, Hauptsache die Wohnküche ist groß genug.
  2. Die Kinder werden eingeschult. Jetzt braucht jedes Kind ein eigenes Zimmer. Je älter das Kind, umso kleiner das Zimmer. Kleine Kinder breiten ihr Lego auf dem Fußboden aus, Teenies sitzen mit ihrem mobilen Endgerät auf dem Bett.
  3. Auszug der Gladiatoren, zurück bleibt ein älteres Ehepaar auf 150 Quadratmetern. Jetzt wird es Zeit, sich massiv zu verkleinern.

Wer kann sich Familiengründung und Immobilienerwerb gleichzeitig leisten? Viele ziehen deshalb mit Schulkindern ins eigene Heim, weil sie vorher das Geld nicht zusammenhaben. Das bedeutet, die Kinder ziehen nach gut zehn Jahren aus.
Wenn die Kinder zwischen fünf und fünfzehn Jahre sind, braucht man als Familie ein Haus. Dann nutzen die Kinder den Garten, brauchen Platz für ihr Spielzeug und pfeifen auf die Mittagsruhe. Bei jüngeren Kindern gibt es Zoff mit zickigen Nachbarn: "Muss der Kinderwagen immer im Flur stehen?", "Wieso waschen Sie dauernd?". Ältere Kindern sind immer öfter aushäusig, und wenn sie zuhause sind, legen sie vor allem Wert auf ein funktionierendes WLAN: "Wie, kein Youtube in HD?"
Für Familien stellt sich die Frage: Wie lange brauchen wir für unsere Kinder ein Haus?
Was die lautstarken Hobbys angeht: Die Schlagzeuger unter uns werden in einer Etagenwohnung nicht glücklich, auch wenn sie selbst genutzt ist. Hier muss ein frei stehendes Einfamilienhaus her.

Wer profitiert besonders vom eigenen Heim?

  1. Menschen, die einen Lebenswandel führen möchten, der mit überdurchschnittlicher Geräuschentwicklung verbunden ist. Und ja, es gibt viel zu viele Zeitgenossen, für die nicht nur Laubbläser, sondern auch Kinder in die Kategorie "nervig und laut" fallen. Ich kann deshalb jede junge Familie verstehen, die sich das gerne ersparen möchte.
  2. Menschen, die keine Lust haben, sich anzupassen. Sonntag, 13:00 Uhr: "Ich hab‘ Zeit, ich wasche jetzt." Donnerstag, 23:00 Uhr, Subwoofer-Alarm: "Ich schau mir die Godzilla-DVD an."

Schon diese Beispiele zeigen: Der Kauf einer selbst genutzten Immobilie ist vor allem eine Lebensstil-Entscheidung und weniger ein finanzmathematisches Rechenexempel.

(awa)

Der Freitags-Newsletter

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Wollen Sie wisssen, wenn sich hier etwas tut (unter anderem neue Artikel, Veranstaltungen mit und von mir)? Wenn ja, dann melden Sie sich zum Freitags-Newsletter an.

Ja, ich bin dabei!

kurz & bündig, kostenlos, kein Spam, keine Weitergabe der E-Mail-Adresse, jederzeit kündbar, Datenschutz

Abgelegt unter Strategie, Immobilien, Altersvorsorge, Lebensstil



Das könnte Sie auch interessieren

  1. Leser M.: Ist 70/30 noch zeitgemäß?
  2. Schäferstündchen beim Finanzwesir
  3. Dimensional-Funds: Eine neue Rendite-Dimension für mein Geld?
  4. Leserfrage: iShares & Vanguard = Heiliger Gral?

Kommentare

Ex-Studentin sagt am 23. Dezember 2014

Wie immer ein zutreffender Beitrag. Ich nutze seit ein paar Tagen das "tolle" Wetter, um deinen Blog zu durchstöbern. Das Thema Immobilie ist ein großes Thema, wenn man sich darüber Gedanken macht, wie lange man sein Geld fest an eine Anlage binden möchte. Aktuell tendiere ich deswegen dazu, erst mit einer Wohnung anzufangen, die sich für Kinder eignet. Anschließend kommt das Haus, während die Wohnung vermietet wird. Wenn die Kinder mal groß sind, geht es zurück in die Wohnung und das Haus wird vermietet oder geht an eins der Kinder. Aber man kann leider nicht immer alles planen. Eine Immobilie kann man leider nicht umsetzen, wenn es einen beruflich oder privat in eine andere Ecke verschlägt.


Finanzwesir sagt am 23. Dezember 2014

Hallo Ex-Studentin, danke für das Lob. Du hast Recht, Regen ist gut für die Einschaltquoten ;-)
Was die Immobilienplanung angeht: Das klingt in meinen Augen vernünftig. Man kann nicht alles planen, aber man kann sicherlich eine grobe Linie festlegen.

Gruß
Finanzwesir


Nina sagt am 19. Oktober 2016

Lieber Finanzwesir, danke für Deinen Blog, der mir sozusagen den Weg aus dem Nebel eröffnet hat. :-)
Deine Argumente für und gegen eigenes Haus lese ich sehr gern, denn: Ich wohne zur Miete, erfahre aber keinen der Nachteile, die Du listest: Kinderwägen im Treppenhaus sind bei uns kein Problem, Waschen tu ich zu jeder Tages- und Nachtzeit, und wegen meiner lärmenden Kinder (und die lärmen recht ordentlich) hat sich auch noch nie ein Nachbar beschwert. Achja: Unser Klavier ist elektronisch und hat 'ne Kopfhörerbuchse. Also: Ich danke Dir für Deinen klaren Blick auf die Dinge.


Michael sagt am 05. Oktober 2019

Gefunden in einem anderen Artikel hier:

"Wer sich für den Kauf einer Immobilie entscheidet, entscheidet sich gegen den Kauf von Aktien, Fonds und Anleihen. "

Habe ich jetzt schon öfters gelesen. Aber es wird nie erklärt wieso nur eines von beidem geht?
Könnte das mal jmd. erklären bitte? Wäre super nett :)


Max Alpha sagt am 06. Oktober 2019

@Michael

Weil das Geld dann für die Dauer der Tilgung weg ist. In der Regel wird empfohlen, zunächst mit aller Kraft zu tilgen um möglichst schnell schuldenfrei zu sein. Danach steigt man dann in andere Investments ein (und das dann eben möglichst früh).
Volker Looman, ein Finanzanalyst der früher in der FAZ die „Vermögensfrage“ veröffentlicht hat, empfahl immer ( wenn ich mich richtig erinnere) bis spätestens Anfang 50 mit der Tilgung abgeschlossen zu haben.

Gruß
Max Alpha


Moabeat sagt am 06. Oktober 2019

@Michael:

Da man jeden Euro nur einmal ausgeben kann, entscheidet man sich mit jedem Euro, der in eine Immobilie fließt, gegen Aktien, Fonds und Anleihen.


Nostradamus sagt am 07. Oktober 2019

@Michael:

1.) Erstens spart man für das Haus, um viel Eigenkapital mitbringen zu können. Das macht man dann nicht unbedingt an der Börse (generelle Empfehlung ist ja: Nur Geld an die Börse bringen, auf das man min. 10 Jahre verzichten kann).

2.) Zweitens stottert man das Haus dann ab und will einfach möglichst schnell tilgen. Generelle Empfehlung hier ist ja auch, nicht das Risiko einzugehen, das eben auch ETFs mit sich bringen, solange man noch Schulden hat.

3.) Drittens ist das Haus irgendwann abbezahlt, beim einen früher, beim anderen später. Je nachdem wie nah das Renteneintrittsalter (oder das erwartete Ableben) dann schon gerückt ist, muss man sich fragen, ob man jetzt noch an die Börse will. Die für eine gute Rendite wichtige zeitliche Komponente ist ja nun schon ziemlich zusammengeschmolzen.
Und alles zusammen führt dann eben in vielen Fällen zur ganz grundsätzlichen Frage "Haus oder Aktien".


Manolo sagt am 07. Oktober 2019

@ Michael:

Das Argument lautet, dass Schuldentilgung dir quasi risikolose Rendite (in Höhe der eingesparten Zinsen) liefert. Also ein hervorragendes Rendite-Risiko-Verhältnis! Wenn du parallel in Aktien o.ä. investierst, hast du - je nach Kreditzins - u.U. eine höhere Renditeerwartung, die aber risikobehaftet ist.


JanM sagt am 20. Februar 2021

@Michael:

Mir kommt noch eine 4. Variante, an der ich gerade grüble:

Selbstbewohntes Haus abbezahlt, vermietete Wohnung abbezahlt:
a) Halten oder
b) Verkaufen (zur Miete wohnen) und ETFs kaufen???


DerAxi sagt am 24. Februar 2021

@JanM
falls die Frage wirklich echt ist (kein Troll)

a) klar halten, noch nie über das Gefühl eines bezahlten EIGENheims nachgedacht, zur Miete ziehen? echt jetzt?
vermietete ETW verursacht Steuern, logisch der Staat will immer was.
b) abbezahltes EFH verkaufen niemals wegen ETF, warum?
ETW bei den jetzigen Preisen vlt. verkaufen, aber ständiges Einkommen und nur wegen ETFs?
aus dem Netto Gewinn der ETW stur Anteile kaufen, wenn noch was über ist, auf Einbrüche wie im März 2021 warten dann kräftig nachlegen. Bei der Auswahl immer der Wesir im Kopf haben
VG


Marvin sagt am 28. Februar 2021

@JanM

  • Das Haus behalten wenn man sich mit den Nachbarn und dem Haus wohl fühlt. Rendite ist nicht alles.
  • Immobilien und Aktien sind eigentlich gleich überteuert und laufen durch die Geldschwemme getrieben auch gefühlt parallel.Aktien sind natürlich liquider und damit für die Entnahmephase geeigneter. Ich würde bei einem Mieterwechsel über einen Verkauf nachdenken. Wahrscheinlich würde man je nach Lage sowohl bei Neuvermietung als auch beim Verkauf einen höheren Preis bekommen als man in seinen künsten Fantasien erwartet hat.

Finanzwesir sagt am 05. März 2021

Hallo JanM,
das ist eher eine Lebensstilentscheidung. Erwägst Du mittelfrisitig beispielsweise nur noch die Sommermonate in Deutschland zu verbringen? Dann kann das selbstbewohnte Haus ein Klotz am Bein sein.
Die vermietete Wohnung würde ich anders sehen. Das kann eine Diversifikation sein. Wenn diese Assetklasse zu Deinem Lebensstil passt, würde ich sie behalten.
Ich wwiß nicht, wie Du Dein Geld verdienst, aber wenn Du viel im Home Office erledigen kannst, dann kann "zur Miete wohnen" bedeuten: Preiswert und soweit draussen, wie es das Internet erlaubt. Fährst Du halt einmal die Woche oder alle zehn Tage 100 Kilomenter in Büro. Das ist dann ein langer Tag, aber was soll's.
Für mich ist das weniger eine finanzielle Entscheidung, sondern muß zum Leben passen.

Beste Grüße
Finanzwesir


Anlegerbursche sagt am 28. September 2021

Hallo zusammen, ich bin seit gestern dem Finanzwesir bewusst und er ist Einer von uns. Ich finde mich selbst viel in den Texten und lerne viel, danke.
Ich bin Angestellter, habe eine Familie mit zwei Schulkindern.
Eine Frage habe ich:
Ich besitze seit 5-6 Jahren eigenes Haus. Ich wohne in einer Etage von 110 m² und die zweite gleichgroße Wohnung habe ich vermietet. D.h. trotz ich ein Haus besitze, wohne ich immer noch ein einer normalen Wohnung, es reicht mir.
Mein Lebensstil und die Einstellung über die zukünftige finanzielle Lage (Unabhängigkeit) hat sich inzwischen geändert. Ich muss nicht unbedingt ein Haus besitzen und eine finanzielle Unabhängigkeit ist mir wichtiger.
In den vergangenen 5-6 Jahren hat sich die Immobilienmarkt rasant entwickelt. Der Wert des Hauses hat sich so gut wie verdoppelt. Ich möchte gerne die Chance der sehr hohen Nachfrage nutzen und das Haus mit ca 60-70% Nettogewinn verkaufen.

Ich bin relativ neu mit dem Thema Investieren auf Wertpapieren, Aktien, Fonds und Kyrptos. Wenn ich merke, dass ich doch für ein Anfänger genug weiß wo ich anfangen kann, möchte ich gerne ein Teil von meinem Gewinn Anlegen. Es kann eine Mischung Alpha Fonds, ETFs oder Kyrptos sein, weiss ich noch nicht. Ich denke, ich kann dadurch mein Gewinn besser anlegen als ich das Haus weiterhin besitze und hoffe das die Immobilienmarkt weiterhin boomt.

Lege ich meine Pläne verkehrt oder es kann doch funktionieren?

Gruss


Das Finanzwesir-Seminar - für alle ETF-Selbstentscheider.

Die Seminarreihe: Passiv investieren mit ETFs. Werden Sie zum souveränen Selbstentscheider.


Der Finanzwesir kommt zu Ihnen via Twitter, E-Mail oder als RSS-Feed: Artikel | Kommentare.
Auf Feedly folgen.


Autonome Zellen

Die Finanzwesir-Community: Regelmäßige Lesertreffen (30 Städte, 4 Länder)


Artikel durchsuchen


Neuste Kommentare

Lesenswert

Diese Blogs und Foren kann ich empfehlen.

Meine Finanz-Bibliothek

Das liest der Finanzwesir

Die 5 wichtigsten Artikel

Alle Artikel