03. Juni 2022


Alpha: Ja wo laufen Sie denn?

Das erste Halbjahr ist fast rum und der Trend ist stark in Deutschland.

Inflation

  • 7,3 % im März
  • 7,4 % im April
  • knapp 8 % im Mai

Die Aktienmärkte

1. Januar bis 31. Mai 2022 Kursdelta (in €)
MSCI ACWI, World -8 %
MSCI Schwellenländer -8 %
S&P 500 -9 %
Nasdaq 100 -18 %

MSCI ACWI Januar Mai 2022

Zwischenfrage: Kann man das nicht aussitzen?

Na klar. Wer minus zehn bis minus fünfzehn Prozent nicht aushält, hat am Kapitalmarkt nichts verloren. Und die minus 18 Prozent im Nasdaq sind halt blöd. Aber so ist das, wenn man sich auf den Zukunftsmärkten rumtreibt. Auch in der Cloud ziehen manchmal dunkle Wolken auf.
Wir verabschieden uns dann hier von den eisenharten Aussitzern mit dem endlosen Zeithorizont.
Wir anderen schauen mal, ob die Alpha-Fonds das Versprechen der Unkorreliertheit gehalten haben.

Alpha - was geht?

1. Januar bis 31. Mai 2022 Kursdelta (in €)
Assenagon 11 %
Gaia BlueTrend 28 %
Lyxor 10 %
Crabel 25 %
Winton 23 %
Dunn 24 %
MAN AHL Diversified 22 %

Der Alpha-Fächer

Bis Mitte Mai sind die Fonds immer weiter gestiegen. In der zweiten Maihälfte hat sich das Ganze dann etwas beruhigt und das Alpha-Rudel ist leicht im Sinkflug. Aber ein Plusfächer von 10 % bis 28 % - das kann sich sehen lassen.

Alpha plus ACWI

Ein kleines Gedankenexperiment:

  1. Wir rühren alle sieben Alphafonds gleichgewichtet zusammen
  2. Wir kombinieren Alpha und ACWI halbe halbe.

Alpha plus ACWI Was sehen wir?

  1. Summarisch gesehen: Von Anfang bis Ende eine gegenläufige Bewegung
  2. Im Januar und Februar ist das 50/50-Depot im Minus. Die Aktien fallen stärker als die Alphafonds steigen. Alpha macht das das Depot nicht Immergrün.
  3. Unkorreliertheit
    • Abschnitt 1: ACWI fällt, Alpha steigt
    • Abschnitt 2: ACWI steigt, Alpha läuft waagerecht
    • Abschnitt 3: ACWI fällt, Alpha steigt
    • Abschnitt 4: ACWI zickzackt unentschlossen herum, läuft eher waagerecht, Alpha fällt

Was lernen wir: Unkorreliert ist wenn jeder macht, wie er meint. In Summe hat Unkorreliert aber ein Plus von rund vier Prozent gebracht. Nicht viel. Aber lieber 4 Euro verdient, als 8 verloren.

Wozu dann Trendfolger?

Für minus zehn, minus fünfzehn Prozent an den Aktienmärkten braucht man die Alphafonds nicht. Schön, dass sie so gut performt haben und einen Verlust in einen Gewinn verwandelt haben. Aber das kann man auch aussitzen.
Die Alphafonds braucht man, wenn es 40 oder 50 Prozent runter geht an den Börsen. Wenn die Alphas schon aus einem so geringen Minus so viel Honig saugen, ist die Hoffnung berechtigt, dass sie bei einem richtigen Einbruch noch viel mehr Rendite liefern.
Die Profis sagen: Alphafonds haben ein konvexes Profil.
Konvex?
Ganz grob vereinfacht: Wenn in der Krise die Aktien gegen Null streben, marschiert der Alphafonds gegen Unendlich. In der Zeit, in der der Index von hundert auf null fällt, steigen die Alphafonds von hundert auf unendlich.
Je näher der Index dem Aufschlagspunkt kommt, umso mehr muss sich der Index sputen für sein "race to the moon". Das ist wie bei der Prozentrechnung.
Was 10 Prozent fällt, muss 11 Prozent steigen um wieder auf Null zu kommen. Was um 80 % fällt, muss um 500 % steigen und was um 90 % fällt, muss um 1.000 % steigen. Für solche Szenarien sind die Alphafonds gedacht.
Und jetzt müssen Sie sich als Anleger positionieren:

  1. Ich sitz’ das aus. Dann sind wir hier fertig.
  2. Oder minus 50 %, das muss nicht sein. Dann sollten sie - unabhängig von Alphafonds - das Thema unkorrelierte Anlageklassen weiter verfolgen.

Ich sitz’ das alles aus

Wirklich? Der Februar 2009 ist nun gut 13 Jahre her und der Rezenzeffekt lässt uns Menschen den Schnee von gestern vergessen. Damals sah es an der Börse so aus

Index Drawdown
MSCI World -49 %
MSCI ACWI -49 %
MSCI World small value -55%
MSCI Emerging Markets small value -57 %

Aus 20.000 Euro wurden 10.000. Bei einer Monatssparrate von 200 Euro sind das 50 Sparraten. Gut vier Jahre emsiges Sparen sind einfach weg.
Und jetzt ein Achselzucken? Das kann gut gehen.
Aber nur, wenn Sie tot oder vollkommen börsendesinteressiert sind. Eine gute Bekannte hat einen Sparplan, schenkt aber ansonsten diesem Börsenquatsch keinerlei Beachtung: "Fallende Kurse und crashende Börsen haben etwas mit meiner Altersvorsorge zu tun?". Auf dieses schmale Bett der Abseitigkeit kommt sie gar nicht.
Ignorance is bliss!
Sie liest keine Börsenblogs, sondern interessiert sich mehr für die Supertopmodels (diese Show da, von dieser Frau, die den Sänger von dieser deutschen Band geheiratet hat, die mal als Teenie-Combo durch den indischen Regen gerannt sind).
Alle anderen würde ich in einer Krisensituation eher shorten. Nach all den Gesprächen, Mails und Coachings halte ich die ganzen Aussitzschwüre für eine Form von Dunning-Kruger.
Ich war 2008/09 dabei. Ich habe die Gesichter von Steinbrück und Merkel gesehen. Das waren die Gesichter vom 11. September 2001.

Fazit

So wirklich erstaunlich ist die Performance der Alphafonds nicht. Winton wurde 1997 gegründet - und hat dann als Jungfonds gleich mal die Dotcom-Krise voll mitgenommen. Dunn wurde sogar schon 1974 gegründet. Dunn WMA - der Flaggschiff-Fonds - ging 1984 live, verwaltet 1,2 Milliarden USD und hat seit Gründung eine jährliche Durchschnittsrendite von 12,68 % geliefert. Die Wurzeln von Systematica Investments (managed den GAIA Blue Trend) reichen bis ins Jahr 2004 zurück.
Wer sich so lange in so kompetitiven Gewässern tummelt, der darf irgendwann den Lindy-Effekt für sich beanspruchen. Dieser Effekt bezieht sich auf die Lebensdauer von potentiell unvergänglichen Dingen wie Firmen oder Ideen. Lindy sagt:

  • Wenn eine Sache die letzten 10 Jahre überlebt hat, stehen die Chancen gut, dass sie auch die kommenden 10 Jahre überstehen wird.
  • Wenn eine Sache die letzten 20 Jahre überstanden hat, stehen die Chancen gut, dass sie auch die kommenden 20 Jahre erleben wird.

Langlebigkeit impliziert Robustheit. Deshalb empfehle ich auch immer den krisengereiften Veteran MSCI World (Start 1969) für die Altersvorsorge und nicht so einen hippen Jungspund-Index von 2018.

(awa)

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