18. April 2015


ETFs sind keine Kletten

ETFs entfalten ihre volle Wirkung nur, wenn man sie lange hält. Leider wird man sie mit einem Mausklick wieder los.

Andere Finanzprodukte sind viel anhänglicher:

  • Der Rückkaufwert einer Lebensversicherung: unterirdisch.
  • Ein Bausparer: nicht zuteilungsreif.
  • Ein Rentensparplan: verpflichtend.

Da kommen Sie nur mit großen Verlusten raus, also bleiben Sie dabei.

Wenn Sie aber sagen "Schatz, ich werde doch jetzt Vater und die Sicherheit unseres Kindes ist mir sehr wichtig. Ich löse unser ETF-Depot auf und kaufe für uns einen Volvo XC70."

Was passiert dann? Erscheint ein Menetekel? Fällt Feuer vom Himmel, um Sie an diesem Schwachsinn zu hindern? Nein. Nur im Hintergrund ist diese höhnische Stimme zu hören: "Jeder ist seines Glückes Schmied. Aber nicht jeder Schmied hat Glück."

Wenn Sie Glück haben, wäscht Ihre Liebste Ihnen ordentlich den Kopf: "Spinnst Du Kerl! Dacia reicht!"
Wenn Sie Pech haben, hält sie diesen Tausch für eine gute Idee. Und hinfort ist das ganze schöne Geld.

Aus diesem Grund stehe ich weiter zu meiner inhaltlichen Kritik von Vaamo, Easyfolio und Fairr, kann mir aber vorstellen, dass für viele Menschen ein suboptimaler Odysseus-Deal besser ist als der Ansatz: "Der Starke ist am mächtigsten allein."
Der Selbstentscheider spart maximal Gebühren und holt für sich die optimale Rendite heraus, aber er steht wie Brienne von Tarth ganz alleine im Bärenzwinger, wenn die Kurse in den Keller rauschen.
Odysseus dagegen hat sich von seinen Jungs an den Mast binden lassen, bevor er den Sirenengesängen des Marktes lauschte.

Was ist Ihr Mast, wenn die Versuchung ihre Schleiertänze aufführt?

(awa)

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Abgelegt unter Strategie, ETF



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Kommentare

Peter sagt am 18. April 2015

Wie lege ich mein Geld an? Wofür sollte ich es ausgeben? Diese beiden Fragen haben meiner Meinung nach absolut gar nichts miteinander zu tun. Ob und wofür man sein Geld ausgibt muss jeder selber wissen. Nicht jeder braucht schließlich all sein Erspartes für die Altersvorsorge.

Die Höhe des Erspartes hat nichts mit der Asset Allocation zu tun. Aktien und Anleihen halte ich immer im gleichen Verhältnis, nämlich 60/40. Brauche ich Geld für eine größere Ausgabe, dann entnehme ich das im Verhältnis von 60/40. Die Gebühren dafür sind nicht sonderlich hoch. Und mit der Asset Allocation liege ich nie falsch, egal wie hoch mein Guthaben.

Ob man sich durch unflexible Anlageformen wirklich zum Sparen zwingen kann, wage ich zu bezweifeln. Nichts ist einfacher - und wird häufiger gemacht - als eine Riesterversicherung beitragsfrei zu stellen.

Da bevorzuge ich doch lieber volle Flexibilität bei niedrigen Kosten. Auch wenn man vielleicht manchmal in Versuchung geführt wird. Oder um es mit Game of Thromes zu sagen:

"The freedom to make my own mistakes was all I ever wanted." - Mance Rayder


Tutto sagt am 20. April 2015

@Peter

Und im 40%igen Anleihenteil akzeptierst Du gerne eine negative Rendite zzgl. ETF-Gebühr? Herr Draghi würde Dich lieben.

Renditeloses Risiko. Wohl bekomms.


Finanzkoch sagt am 20. April 2015

Hallo Finanzwesir,

mein Mast sind Erfahrungen mit diversen Verlusten. Wenn man weiß, wie es sich anfühlt, Geld zu verlieren, kann man sein Depot entsprechend ausrichten. Man sollte sich bewusst sein, dass nicht jeder zum Aktienanleger geboren ist.

Was die Vermeidung der vorzeitigen Liquidation für den Konsum angeht, habe leider auch ich noch kein Patentrezept gefunden ...

schöne Grüße aus der Finanzküche


Peter sagt am 20. April 2015

@tutto:

Soll ja noch Leute mit älteren Anleihen und entsprechend höheren Zinsen geben. Aber mal ehrlich, was ist denn deine Alternative zu Anleihen? Nur Aktien?


Guido sagt am 21. April 2015

Der Mast an den man sich bindet, können schriftlich formulierte und begründete Ziele sein.

In denen man unter anderen für sich festlegt was man machen will wenn die Aktienkurse um 30% oder 50% in den Keller rauschen. Nämlich gar nichts. Ausser wie gehabt durch Rebalancing seine Asset-Allocation halten.


Thomas sagt am 22. April 2015

Hallo Finanzwesir,

gibt es eine Internetseite wo ich nachlesen kann was die Abkürzungen im ETF-Namen bedeuten?
Wie zum Beispiel:
UBS-ETF MSCI Emerging Markets UCITS ETF (USD) A-dis
Lyxor ETF MSCI Emerging Markets - C-EUR
-> für was steht z.B.: A-dis oder das C bei EM ETF


Finanzwesir sagt am 24. April 2015

Hallo Thomas,

  • das "Acc" steht für accumulating, also thesaurierend und "Dis" (distribute) steht für ausschüttend.
  • Fonds, die ein TR im Namen haben, sind ETFs, die einen Total Return-Index abbilden. Total Return = Kursänderungen und Ausschüttungen werden berücksichtigt.
  • USD, EUR gibt die Fondswährung an.
  • A, B und C gibt die Fondsklassen an. Diese Fondsklassen sind aber nach meinem Verständnis eher wichtig, wenn es um klassische Fonds und nicht um ETFs geht. Vielleicht weiß ein Leser mehr. Dann bitte in die Kommentare ;-)

Gruß
Finanzwesir


Tutto sagt am 24. April 2015

@Peter

Aktuell ist Cash (diverse Angebots-Tagesgelder + Festgeld) und eine Handvoll Unternehmensanleihen (zähle ich eher zum Aktienteil) meine Alternative.

@Finanzwesir

Mein "Mast" sagt mir, bei 20% Abweichung vom Soll nachkaufen. Mittlerweile kann man das bei diversen Direktbanken ja sogar kostenfrei mittels Limitorder auf Autopilot stellen.


suchenwi sagt am 11. Februar 2018

Bei mir (61) ist das komisch - einerseits hatte ich seit 40 Jahren Depots (Sparkasse $WOHNORT), aber immer nur mit mündelsicheren Papieren, die bis Ende Laufzeit gehalten wurden.
Als das letzte vor ca. 10 Jahren auslief, meinte der Berater, er habe nichts anzubieten, was mehr als das Tagesgeldkonto bringt. Also liegen so ziemlich meine ganzen Lebensersparnisse darauf. Mit "spekulativen Anlagen" hatte ich nie was am Hut.
Jan. 2017 habe ich dann das Angebot vom Arbeitgeber angenommen: Belegschaftsaktien zum halben Preis (hätte ich viel früher machen sollen...), auf einem dafür vorgeschriebenen "Kindergarten"-Onlinedepot.
Jetzt im Feb.2018 habe ich mich aufgerafft, ein "richtiges" onvista-Depot zu eröffnen und zu befüllen. Mein "Mast" sind folgende selbstgesetzte Regeln:

  • Das Depot+Verrechnungskonto sind "Sondervermögen" ohne Zweckbindung, ausser zum Vererben an meine Töchter. Buy & Hold, whatever happens. Kein "Entsparplan".
  • 3 ETF-Sparpläne zu je 200/mo: MSCI World, EM, Stoxx Global Select Div.100 (alle ausschüttend).
  • Dazu 11k "Spielgeld" zum praktischen Lernen (RK1/3: 95/5). Meist langweilige Dividendenbringer, aber auch Berkshire Hathaway (B) und Steinhoff :-)
  • Nahziele: min.2% Ausschüttungsrendite über alles; Sparerpauschbetrag ausschöpfen. Lernen,lernen! Wenn Ausschüttungen 1k erreichen, können sie wieder investiert werden.

Rote Performance-Zahlen bin ich seit 2.2. schon gewöhnt, habe auch schon 5 Stk. Daimler bei gefallenem Kurs nachgekauft - 5.4. ist HV...

Gefühlsmäßig beschäftigt mich das Depot sehr, zugleich ist es aber als Sondervermögen abgesetzt, dass ich auch auf einen 50%-Crash vorbereitet bin (und genau dann grätschen die Sparpläne ja in die abgestürzten Kurse rein...)


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