19. Februar 2014


Warum die meisten Leute nicht gerne über Geld reden

Wer anfängt, sich ernsthaft mit seinen Finanzen zu beschäftigen, wird feststellen: Das ganze wird recht schnell zur Psycho-Nummer. Wer bin ich, was will ich und bis wann? Statt darüber nachzudenken, ob man jetzt das Tagesgeld bei der A-Bank anlegt oder sein Konto bei der B-Kasse eröffnet, wird die Sache sehr schnell zur Nabelschau.

Was ist mir wichtig im Leben?

Will ich ein Haus besitzen? Dann wäre ein Bausparvertrag vielleicht ein sinnvolles Investment.
Wie sieht es mit einer Partnerschaft aus? Will ich Single bleiben, will ich mit meinem Partner zusammenziehen, wollen wir nur heiraten oder eine Familie gründen? Erst wenn das geklärt ist, stellt sich die Frage nach den notwendigen Versicherungen. Zwei Verdiener ohne Kinder brauchen keine Risikolebensversicherung.
Das ist anstrengend, tut manchmal weh (was passiert, wenn der Partner das Thema Heirat anders sieht, als man selbst?) und oft genug gefällt einem das, was man bei dieser Buddelei zutage fördert, nicht wirklich.
Es braucht Zeit, Ruhe und mehr als ein Blatt Papier für diesen Prozess.
Meine Vermutung: Die meisten Leute drücken sich davor. Selbsterkenntnis ist zwar der erste Schritt zur Besserung, aber der Weg dahin ist doch insgesamt sehr steinig.
Meine Erfahrung: Wenn man sich nicht darüber klar geworden ist, wie man zum Leben steht, dann wird man auch seine Finanzangelegenheiten nicht vernünftig regeln können.
Ich als Rheinländer lebe nach dem rheinischen Glaubensbekenntnis:

  1. Et is, wie et is. (Es ist, wie es ist.)
  2. Et kütt, wie et kütt. (Es kommt, wie es kommt.)
  3. Et hätt no immer jotjejange. (Es ist noch immer gut gegangen.)

Dieser optimistische Fatalismus ist die Basis meiner finanziellen Entscheidungen.
Da ich nicht weiß, was die Zukunft bringt, brauche ich nicht zu versuchen, selbiger ein Schnippchen zu schlagen. Konkret bedeutet das: Die Zinsen sind halt niedrig, das zu bejammern hat keinen Zweck. Man muss aus der aktuellen Situation das Beste machen.
Da ich nicht weiß, aus welcher Ecke die Probleme kommen werden, bin ich mit meinen Finanzen breit aufgestellt und betreibe beim Aktienkauf kein Markt-Timing und kein Stockpicking. Ich kaufe einfach ETFs (börsengehandelte Indexfonds).
Da ich breit aufgestellt bin und mir meine Investments sorgfältig ausgesucht habe, kann ich ruhig schlafen, denn „a bisserl was geht immer“, so die Münchner Variante des dritten Teils des rheinischen Glaubensbekenntnisses.
Mag auch ein Teil meines Portfolios absaufen: Ich bin mir sicher, ein anderer Teil meines Portfolios wird das schon wieder auffangen. Und dass alle Investments weltweit für immer abstürzen ‒ wir also ein "The-walking-Dead"-Szenario erleben ‒, daran glaube ich als Rheinländer nicht, denn: Et hätt no immer jotjejange!
Das hat jetzt auch nichts mehr mit Geld und Planung zu tun, sondern ist eine, meine generelle Lebenseinstellung.

Fazit

Die Finanzplanung muss zur persönlichen Lebenseinstellung und -planung passen, sonst wird man nicht glücklich.

(awa)

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Kommentare

Dummerchen sagt am 30. April 2014

Sehr schön! Als ehemaliger Rheinländer sind mir die Grundgesetze auch geläufig. Da steckt schon viel Weisheit drin: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Rheinische_Grundgesetz

Und bei allem Streben nach eigenem Wohlstand sollte man auch diesen Artikel beherzigen: "Mer muss och jünne könne!" ("Man muss auch gönnen können.")


Finanzwesir sagt am 02. Mai 2014

Na klar doch! Wer miesepetrig und geizig alles für sich behalten will und den anderen das Schwarze unter den Nägeln nicht gönnt hat keine Freunde. Das wäre ziemlich öde. Da hätte der Rheinländer nix zu feiern ;-)

Gruß Finanzwesir


Buechermaus sagt am 26. Januar 2015

Das war jetzt aber ein erfrischender und positiver Text. Ich bin ganz neu und freu mich jetzt auf weitere Lektuere. Und der Kommentar de "goennen koennen" ist ganz prima. Was ich bisher gelesen habe fasst das in Worte, was ich meinen (inzwischen erwachsenen) Kindern seit mindestens 10 Jahren predige. Viele meiner Worte verhallen ungehoert (weil zwischen ca. 18 und 28 Jahren die Mutter zu daemlich fuer Worte ist) aber langsam wachsen wir aus der Phase raus und ich werde Blog-Texte in meine Munition aufnehmen. Finde ich richtig gut. Und wenn dann bei den gewaehlten Anlagen doch mal ein saurer Apfel dabei ist: nicht rheinlaendisch heiter sondern eher nordisch trocken "can,t win them all".


Finanzwesir sagt am 28. Januar 2015

Hallo Buechermaus,
danke für das Lob. Was die Kinder angeht: Irgendwann müssen die es selbst kapieren. Ich denke, wenn die Eltern etwas vorleben, dann hat das noch die größte Chance auf Erfolg. Ist jedenfalls meine Hoffnung, bei den unsrigen. ;-)

Väterliche Grüße
Finanzwesir


Yvonne sagt am 04. Dezember 2017

| Hallo, ich bin absoluter Anfänger im passiven investieren, habe mir nur einige Youtube Videos angesehen. Ich bin entschlossen, dauerhaft einen Sparplan (erstmal nur 50 €) durchzuhalten. (10 Jahre mindestens) Ich habe mir zwei große ETF's rausgesucht, die möglichst breit gestreut sind, so glaube ich wenigstens nach meinem bisherigen Anfänger Wissen.

  • ComStage MSCI World TRN UCITS ETF
  • ComStage MSCI Emerging Markets TRN UCITS ETF

    Ich möchte mein Depot bei Comdirect eröffnen.
    Sind diese beiden ETF's die am breitesten gestreuten?
    Können Sie mir diese beiden ETF's empfehlen?
    Vielen Dank! Yvonne


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