29. Mai 2020


Das haben die anderen diese Woche geschrieben (KW 22 / 2020)

Diese Artikel sind mir in dieser Woche in der deutschsprachigen Finanzblogosphäre aufgefallen.

Der Deutsche und seine Finanzen. Ein Sittenportrait im Jahre 2020. Einziger Kritikpunkt: Heissen Berufseinsteiger heuer wirklich noch Arno? Sind die Malte-Thorbens nicht langsam so weit? Und das Foto stammt aus Vor-Corona-Zeiten. Ansonsten aber leider alles wahr.

"In der Regel wird der Kapitalismus für Probleme verantwortlich gemacht, die aus dem politischen Versuch resultieren, ihn abzuschaffen."
– Ludwig von Mises

Wie kommt der Euro ins Ausland? Natürlich mit Transferwise. Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten. Die beschreibt Tobias: Die besten Möglichkeiten für den Geldversand ins Ausland.

Sicher bis ins hohe Alter: Mit der 5,5%-Regel entsparen. Mische Aktie mit Gold und dann noch ein Cash-Zelt dazu. In der Rente wird dann dynamisch und nicht statisch entspart. Dann passt sich das Depot

"auf natürliche Art und Weise an und lässt so im Voraus ein optimales Ergebnis erwarten."

Die Finanzguerilla gibt die Waffen ab und wird jetzt Mitglied im Club Rürup. Der Steuervorteile wegen.

Der Finanzwesir schaut skeptisch auf die Konditionen: Ab 62 gibt’s dann Geld. Aber nur für den Einzahler. Einzahler mit 63 tot => die Aktionäre freut’s. Je nach Anbieter gibt’s noch eine Witwenrente. Aber vererbt wird nichts.
Vielleicht wäre ein weiterer Kampf im ETF-Dschungel doch lukrativer gewesen anstatt sich den Schneid in der Rürup-Oase abkaufen zu lassen.

Ökonomen sind auch nur Menschen: Es kracht zwar alle naselang an Börsen, aber die Modelle der Ökonomen bestehen aus Thin Tails (Schwurbelenglisch für: Extremereignisse sind selten). Warum? Weil die Ökonomen den versunkenen Kosten nachtrauern. Anstatt sich der Realität zu beugen heißt es:

"Bevor wir jahrhundertelange Arbeit auf den Aschehaufen werfen, möchten wir sicher sein, dass all unsere Arbeit wirklich nutzlos ist."

Deshalb existieren Extremereignisse in den statistischen Standardmodellen der Finanzwirtschaft nicht. Aber in echt schon.

Auf Englisch

Ein Diversifizierer, der sich nicht blöd vorkommt ist kein richtiger Diversifizierer: The Diversification Drag & The Management of Luck

"Successful investing and good luck are more synonymous than you think. No one can prepare for good luck but there are ways to manage bad luck. Diversification is one of the best tools available to avoid allowing bad luck to give you extreme outcomes at the worst times."

This is no Black Swan.

"Why didn’t banks consider that a pandemic might strike?
The answers to all my questions above are the same reasons as to why governments didn’t plan for this: complacency, laziness and blind stupidity."

Evidence for Tribalism in Economics. Der mächtigste Stamm bestimmt die Fakten und das sind in der Ökonomie die Neoklassiker. Also wird alles neoklassisch interpretiert.

"It’s a rampant problem in economics. The teaching of economics is dominated by the neoclassical sect.
Progress in the field [of economics] is judged by the purity of its mathematical theories, as determined by the authorities"

Tactically Adjusting Everything in a Financial Crisis? Bad Idea.

"This study highlights that the appropriate action is minimal adjustments by most investors during a crisis."

Das bewährte: "Tu-nix"-Prinzip des Finanzwesirs wissenschaftlich untermauert.

(awa)

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Kommentare

Blackwater.live sagt am 29. Mai 2020

Der Arno ist tatsächlich selten geworden. Jetzt hängt es ganz vom Bildungsniveau des Elternhauses ab (aka soziale Schicht), wie denn das frisch geschlüpfte Küken heisst:

Elias-Matteo oder Amalia-Mathilda = Eltern mit Studienabschluss über Bachelor-Niveau: Bezahltes Vorstadthäuschen mit gemauerten Keller, ein 100k Firmenwagen und ein 50K SUV als Auto (Für sie beim Vorfahren beim Biomarkt) Mittelgrosser Fernseher im Wohnzimmer, etwas älteres Modell. Trinken 8 Euro Wein auf der Terrasse. Lesen noch ab und an Papierbücher. Kein weiterer Kinderwunsch nach dem süssen Fratz.

Oskar, Beni, Celina, Vera = Eltern der Schicht, die sich gerade am Auflösen ist. Auch mit Eigentum(Reihenhaushälfte, Bodenplatte ohne Keller) aber alles auf Pump, sehr hohe Konsumausgaben, zwei grosse Fernseher im Wohnzimmer und Schlafzimmer. Ein Oberklasse-Auto und ein Opel Adam als Auto. Trinken 5,49 Euro Wein von Jaques. Haben mal Papierbücher gelesen. Jetzt nur noch Kindle. Nach zwei Kindern ist Schluss - wenn die Temperaturmethode nach Mondphase klappt.

Kevin (immer noch ein Hit), Snikers, Bounty (Markennamen sind im kommen) oder Tarik (der gesellschaftliche Wandel wird sichtbar), Beonce, Kim, Tom.(Stars) = Eltern die Bachelor aus dem TV kennen, niedrigeres Bildungsniveau. Trinken vor dem Mehrfamilienhaus Billigbier, wenn dort nicht die Mülltonnen stehen. Ansonsten hinter dem Haus. Lesen gar nicht mehr, ausser ab und an Fliesstext im TV. (Ruf jetzt an oder sende eine sms für....) In jedem Zimmer ein grosser Flachbildfernseher, 0% Finanzierung vom Media Markt. Auto: Aufgebohrte Streetwars-Karre. Sie ist schon wieder schwanger. Möglicherweise von ihm.

Damit sind alle Vorurteile und auch die Wirklichkeit bedient, natürlich mit fliessenden Grenzen und wie immer gilt: Ausnahmen gibt es immer. (das ist 100% ernst gemeint). Der Typ auf dem Bild ist ein klassischer “Anzeige ist raus! - Riesterzulagenspar - Callcenterteamleiter - Alphamännchen- Deutscher” aber ohne Maske. ;) Das wirkliche Alphatier daheim ist aber seine Frau.

Ich gehe im Übrigen - auch das ist 100% ernst gemeint - davon aus, dass niemand, der direkt diesen drei Schichten zugeordnet ist und so lebt diesen Finanzblog oder meinen Blog liest. Die Gruppe die sich über das Internet bezüglich Finanzen informiert, ist ein äusserst individuelles Publikum mit sehr eigenwilligen Charakter. Die drei überspitzt dargestellten Schichten sind für das Ergebnis der BaFin Studie “zuständig.” Die Finanzblogleser haben eindeutig ein anderes Wissen und handeln auch anders, als in der Studie beschrieben.


Bullfighter sagt am 29. Mai 2020

Die Artikel "Der Deutsche und seine Finanzen" und "There is no Black Swan" hängen irgendwie zusammen.
Wer ständig nur vorsorgt, hat kein Geld zum Ausgeben.
Wir können als Gesellschaft jede Menge Geld in alle möglichen Nothilfe- und Katastrophenfonds für den Fall der Fälle bunkern, nur irgendwann werden die Leute mürrisch.

Gleichfalls können Firmen laufend Reserven aufbauen und in Strukturen für den (seltenen) Notfall investieren, nur gibt's dann halt keine oder weniger Gewinnausschüttung.
Neben den mangelnden Vorbereitungen auf eine Pandemie kann man sich auch fragen, in wie weit Europa mit seinen Schauarmeen auf einen Krieg vorbereitet ist. Der ist nämlich statistisch gesehen auch schon längst überfällig. Wenn wir dort mehr vorsorgen wollen, dann müssten wir unseren sozialstaatlichen Konsum einschränken.

Es gibt keine Rendite ohne Risiko.


Niko sagt am 29. Mai 2020

Die Finanzguerilla gibt die Waffen ab und wird jetzt Mitglied im Club Rürup. Der Steuervorteile wegen.

Gab es da nicht erst letztens ein ETF/Riester-Konzept, bei dem die betreuende Bank aufgrund der Beitragsgarantie mitten im Crash die ETFs dauerhaft in Cash umgeschichtet und somit die Verluste zementiert hat? Und wurde mitten in der Finanzkrise bei anderen Riester/Aktienfonds-Konzepten nicht auch in Anleihen umgeschichtet? Und kann das auch bei diesem ETF/Rürup-Konzept passieren? Auf diese Staffel aus dem Finanzschungelcamp bin ich schon sehr gespannt, aber mehr aus Neugier, nicht aus Schadenfreude.


chirlu sagt am 29. Mai 2020

Ab 62 gibt’s dann Geld. Aber nur für den Einzahler. Einzahler mit 63 tot => die Aktionäre freut’s.

Das denken viele, dass bei frühem Tod das Geld an den Versicherer fließt – selbst bei Finanztip habe ich das schon gelesen. Ist aber falsch: In Wirklichkeit fließt es an die anderen Versicherten (die, die das Glück eines längeren Lebens haben).
Und weil die altersabhängige Sterblichkeit schon von Anfang an einberechnet ist, hat sogar der Frühverstorbene davon profitiert, denn er hat einen höheren monatlichen Rentenbetrag zugesichert bekommen, mit dem er planen konnte.


Felix sagt am 29. Mai 2020

Zu dem Artikel der menschlichen Ökonomen:

Es hat mehrere 10.000 Jahre gekostet zu erkennen, dass die Erde eine Kugel ist. Und für diese Behauptung sind schon einige Menschen verhaftet worden. Warum also sollte man da Leuten wie Nassim Taleb und Ihren schwarzen Schwänen glauben schenken ;)

Vielen Dank Herr Warnecke für wöchentliche Linksammlung, ist immer eine schöne Lektüre.

Viele Grüße und ein schönes Pfingstwochenende

Felix


Felix sagt am 29. Mai 2020

Zu dem Artikel der menschlichen Ökonomen:

Es hat mehrere 10.000 Jahre gekostet zu erkennen, dass die Erde eine Kugel ist. Und für diese Behauptung sind schon einige Menschen verhaftet worden. Warum also sollte man da Leuten wie Nassim Taleb und Ihren schwarzen Schwänen glauben schenken ;)

Vielen Dank Herr Warnecke für wöchentliche Linksammlung, ist immer eine schöne Lektüre.

Viele Grüße und ein schönes Pfingstwochenende.

Felix


Accumulator sagt am 29. Mai 2020

@Blackwater.live

Köstlich. Schon lange nicht mehr so herzhaft gelacht ...


Smartinvestor sagt am 30. Mai 2020

The teaching of economics is dominated by the neoclassical sect.

While economists like to pretend otherwise, humans are social animals.

Diese ungute Melange ist m.E. die Wurzel des Übels. Denn die machtbesessenen Mitglieder dieser Sekte der Mainstream-WiWis versuchen penetrant, anderen ihr Weltbild des "homo oeconomicus" aufzudrängen und damit die Welt zu ruinieren. Und zwar indem sie alle wesentlich weiter entwickelten Weltbilder der Verhaltensökonomie versuchen, lächerlich zu machen, bevorzugt mit Schwanzvergleichen.

Dabei merken diese Burschen offensichtlich nicht mal, dass deren eigenes Denken durch den urzeitlichen "Group Think Bias" beschränkter ist als das von Vertretern aller anderen Wissenschaften. Taleb nennt diese IdIs daher aus guten Gründen IYIs

Also für mich persönlich ist das der beste Link der Freitagsliste jemals. Denn er klärt die eigentlichen Ursachen für das nicht selten zu beobachtende...

…causing a bit of a firestorm. ;-)

Danke @Albert, dass du hier ohne Gruppendenke für klare Verhältnisse pro Meinungsvielfalt mit Humor sorgst! Das ist die richtige Melange des Hamburg-Wiener Kaffeehausstils.

Smarte Investor-Grüße und frohe Pfingsten ;-)


Smartinvestor sagt am 31. Mai 2020

The teaching of economics is dominated by the neoclassical sect.

While economists like to pretend otherwise, humans are social animals.

Diese ungute Melange ist m.E. die Wurzel des Übels. Denn die machtbesessenen Mitglieder dieser Sekte der Mainstream-WiWis versuchen penetrant, anderen ihr Weltbild des "homo oeconomicus" aufzudrängen und damit die Welt zu ruinieren. Und zwar indem sie alle wesentlich weiter entwickelten Weltbilder der Verhaltensökonomie versuchen, lächerlich zu machen, bevorzugt mit Schwanzvergleichen.

Dabei merken diese Burschen offensichtlich nicht mal, dass deren eigenes Denken durch den urzeitlichen "Group Think Bias" beschränkter ist als das von Vertretern aller anderen Wissenschaften. Taleb nennt diese IdIs daher aus guten Gründen IYIs

Also für mich persönlich ist das der beste Link der Freitagsliste jemals. Denn er klärt die eigentlichen Ursachen für das nicht selten zu beobachtende...

…causing a bit of a firestorm. ;-)

Danke @Albert, dass du hier ohne Gruppendenke für klare Verhältnisse pro Meinungsvielfalt mit Humor sorgst! Das ist die richtige Melange des Hamburg-Wiener Kaffeehausstils.

Smarte Investor-Grüße und frohe Pfingsten ;-)


Niko sagt am 30. Mai 2020

Als Zusatz zu meinem Kommentar:

anders als bei Riester gibt es bei Rürup standardmäßig keine Beitragsgarantie. Ein wiederkehrendes Debakel wie bei Riester und fondsgebundenen Riesterplänen bleibt einem also erspart. Oder? Trotzdem ist mir das Ganze nicht geheuer, weil Riester und Rürup für mich als Ottonormalanleger einfach nur ein verpacktes, verklausuliertes, undurchsichtiges Gesamtprodukt ist, das dem potentiellen Anleger mit Steuervorteilen schmackhaft gemacht werden soll (klassisches "gewusst wie" ;-).
Aber das braucht es noch nicht einmal, mich würden alleine die angegebenen Kosten von 1,5% p.a. (!) schon in die Flucht schlagen.


Joe sagt am 01. Juni 2020

@Niko

Ja. Das war fairr-Riester.
Vor dem Crash noch Artikelserien auf der Homepage die genau vor sowas warnen.
Danach ist der Whitelabelbank aufgefallen, dass die Differenz von garantiertem Kapital und Buchwert mit Eigenkapital ausgeglichen werden muss.

Das Konzept Riester funktioniert nicht mit ETFs.
https://www.finanzwesir.com/blog/tags/fairr

Das einzig sinnvolle an Riester sind die Zulangen - mit 2 Kindern und den Vertrag über den Partner in Teilzeit ist das auch bei 0% Rendite interessant.


Geduld+Spucke sagt am 05. Juni 2020

@Blackwater.live

Das eigene Land komplett schlecht finden ist auch so eine sehr deutsche Eigenschaft, oder? Wobei mir im Artikel nicht ganz klar geworden ist, was genau schlecht ist. Gefühlt alles. Aber, soweit ich glaube herausgelesen zu haben ist Deutschland dumm, konsumgeil, unmodern und riskoscheu. Hier meine Antwort.

Unmodern

Nicht alles neue ist auch gut. Aktien auf Kredit für Privatanleger war in den "Roaring Twenties" der heiße Scheiß. Nach 1928 dann nicht mehr so. Jeder in diesem Forum, der keinen Wertpapierkredit auf sein Debot laufen hat, ist also ca. 100 Jahre hinten dran und verschenkt Rendite. Im Vergleich ist sogar Sabrina mit ihren Kontoauszügen per Post geradezu aktuell. Kostet allerdings 0,80 Euro Porto im Monat. Skandal.

Trotzdem, alles bezahlen mit Kreditkarte ist natürlich zweifellos toll. Am besten kontaktlos. Hier gilt: Je mehr Dienstleister zwischen dir und deinem Geschäftspartner stehen, desto schöner. Was kostet das eigentlich? Vor 20 Jahren die Kleinigkeit von 2-4% vom Umsatz. Plus Jahresgebühr der Karte, versteht sich. Dafür, daß der Anbieter eine Zahl im Computer von x abzieht und auf y draufaddiert. Im Wesentlichen. Tolle Dienstleistung. Die ist natürlich 30 Euro pro 1000 Euro Umsatz wert. Vor 5 Jahren waren es ca. 16 Euro. Dann hat die EU auf 3 Euro gedeckelt. Toll. Geldausgeben ohne Reue. Kommt natürlich unserer Konsumgeilheit sehr entgegen.

Niemand ist übrigens mehr von gestern, als der passive ETF Anleger. Er glaubt nämlich daran, daß der übergeordnete Trend am Aktienmarkt der letzten 200 Jahre nach oben stärker ist, als die kurzfristigen Trends der Krisen in den letzten 20 Jahren nach unten. Inklusive der aktuellen Pandemie. Sehr rückwärtsgewandtes Denken also.

Dumm

Jeder ist Laie auf den meisten relevanten Gebieten des Lebens. Ja, Finanzen sind irgendwie wichtig. Aber das sind Gesundheit, Kindererziehung und eine funktionierende Heizung auch. Trotzdem haben die wenigsten von uns das alles studiert und kommen klar. Aus Sicht des Fachpublikums ist das natürlich furchtbar, aber so funktioniert die Welt. Man nennt es Arbeitsteilung. Traurig, daß die Bankenwelt hier so kläglich versagt, aber das ist doch nicht die Schuld ihrer Kunden.

Aber vielleicht ist mangelnde Bildung nicht so schlecht. Sonst wüßten mehr Leute, daß die Zahl auf ihrem Girokonto kein Geld ist, sondern nur eine Forderung - quasi eine Option - auf Geld. Dann würden sie vielleicht noch weniger mit Kreditkarte zahlen und dann wären sie noch unmoderner.

Konsumgeil

Im gelobten Land der Selfmade-Millionäre, den USA, ist Konsumorientierung natürlich ein Fremdwort. Da wird noch Substanz aufgebaut statt davon gelebt. Dort kennt man sich auch bestens mit dem Zinseszins aus. Schließlich hat man da auch Kreditkarten. Plural? Klar, mit dem Verfügungsrahmen der 7. Karte löst man den Kredit der 3. Karte ab. So geht modernes Banking.

Riskoscheu

Ja, der Amerikaner ist nicht risikoscheu, siehe Kreditkartenschulden. Ist aber auch eine Frage des Jahrzehnts. Warren Buffett soll einst als junger Mann kläglich gescheitert sein bei dem Versuch, Amerikanern Aktien zu verkaufen. Das war nach dem Krieg. Genauer nach der langen Weltwirtschaftskrise und dem Krieg. Damals waren wohl auch in den USA Aktien Teufelszeug. Trotz niedriger Zinsen. Alles eine Frage der Perspektive und der kollektiven Erfahrungen einer Gesellschaft.

Ich finde es völlig legitim, risikoscheu zu sein. Warum nicht? Der erste Schritt ist die Feststellung der Riskiotoleranz. Daraus ergibt sich die Anlagestrategie und damit die Rendite. Nicht umgekehrt. Das gilt heute, wie vor zwanzig Jahren. Weil ein paar Notenbanken mit der Welt "Modern Monetary Theory" spielen, soll der Bürger sein Leben finanziell umkrempeln? FX-Trading statt Sparbuch? Ha!


MatthiasK sagt am 06. Juni 2020

@ Geduld+Spucke:

Zu den Deutschen:
Eigenschaften, die eine Bevölkerung hat, sind per se weder gut noch schlecht. Sie haben sich durch verschiedene Erfahrungen und Einflüsse entwickelt und funktionieren in der Gegenwart dann gut oder schlecht.

Was sich morgen auch wieder ändern kann, die „schlechte“ Eigenschaft von heute ist vielleicht die gute von morgen. Die extreme Pingeligkeit und das ständige Nörgeln ist beispielsweise eine prima Eigenschaft für Ingenieure, die eine Maschine bis ins letzte Detail verbessern wollen (Siemens, VW). Schlecht hingegen ist diese Eigenschaft für ein Startup, wo es schmutzig und unorganisiert zugeht. Deswegen haben wir hier auch keine Startups.

Zum Risiko:
Es gibt gutes und schlechtes Risiko. Schulden machen ist in den meisten Fällen schlechtes Risiko, es ist quasi negative Redundanz: In einer Krise hat man dann nicht Vermögen, das einem weiterhelfen kann, sondern Schulden, die man trotzdem abzahlen muß. Das klappt möglicherweise nicht, das auf Pump gekaufte Haus/Auto etc ist dann weg und die Schulden noch größer. In vielen Fällen verlässt sich der Schuldner auf naive Modelle, die prima funktionieren. Gehalt X, Tilgung Y, Wertsteigerung Z...Bis er dann 2008 in einer Wirtschaftskrise seinen Job verliert, die Frau sich scheiden lässt und er das auf Pump gekaufte Haus für die Hälfte verkaufen muss...

Hingegen ist ein gut diversifizierten Portfolio „gutes“ Risiko. (Schon deswegen, weil das gute alte Sparbuch eben NICHT risikofrei ist, es ist anfällig für Bankenkrisen, (Hyper-)Inflation und Währungsreformen. Ein ostdeutscher Anleger, der 100 Jahre alt ist, hat erst einen 1929er Crash mitgemacht, aber bereits 3 Währungsreformen mit großen/vollständigen Verlusten mitgemacht. Ein Sparbuch als alleinige Anlage ist „schlechtes Risiko„)

Modern Monetary Theory ist übrigens die Mutter aller schlechten Risiken. Dieser Unfug wird irgendwann gewaltig in die Luft gehen...


Blackwater.live sagt am 06. Juni 2020

@Geduld&Spucke

Sagt doch keiner, dass das eigene Land komplett schlecht ist. Es ging um die BaFin Studie. Und natürlich sind nicht alle Deutschen so wie beschrieben bzw. die BaFin Studie spricht auch nicht davon, dass die Gesamtbevölkerung ungebildet wäre. Nur ein einfach “weiter so” ist sicher nicht sinnvoll und richtig, nachdem sich die Welt doch recht schnell ändert. Mein Blickwinkel ist der eines Auswanderers mit vielen Bindungen in verschiedene Kulturen durch Freunde und Verwandtschaft, daher bin auch ich nicht repräsentativ für alle Deutschen. Aber wer ist das schon?

Aber kurz zu Deiner Antwort. Kartenzahlungen kosten heute in der EU zwischen 0,2% und 0,3% vom Umsatz. Je nach Kartenvariante. Eine Bargeldzahkung inklusive der ganzen Dienstleistungen um das Bargeld rum (Geldautomaten, Sicherheit etc.) ist nicht günstiger. Dazu gibt es inwischen genug Studien. (google oder Bargeldlosblog checken) Was das jetzt mit dem ETF Anleger zu tun haben soll, habe ich nicht ganz verstanden, aber ich nutze die Gelegenheit auch nochmal gerne darauf einzugehen. Mir scheint, dass es hier eine Art Glaubensbekenntnis ist, das Wort “ETF” bei jeder Gelegenheit einfach in den Raum zu werfen, als wenn dadurch Wunder geschehen würden. Aber ein ETF ist ein ETF und keine Religion.

Dem ETF Anleger hilft es, die Geldmengenausweitungen (M3) der Zentralbanken zu verstehen und dann sieht er ganz klar, der Grund für den übergeordneten Trend findet man 1970 im Scheitern des Bretton-Woods Agreement. Noch spannender ist es den MSCI von 1970-2020 anzuschauen und die beiden grooooossen Kamelbuckel mit den Liquiditätszahlen dieser Zeit zu vergleichen. Und jetzt ganz aktuell natürlich auch. Das räumt etwas mit den Märchen von Produktivität und Unternehmertum auf und ersetzt diese durch die Realität der Asset-Inflation. ETFs zu kaufen empfehle ich ausnahmslos, nur vermutlich aus anderen Gründen. :)

Das die Allgemeinbevölkerung “dumm” ist sage ich nicht. Auch hier bitte differenzieren. Aber das die Mehrheit kein Prozentrechen kann, wie inzwischen nicht nur Studien der BaFin sondern auch von vielen anderen belegen, das ist schon irgendwie dumm. Denn dann bekommt man auch Probleme beim Nahrungsmitteleinkauf und wird “fett” ohne zu verstehen warum. Man nennt es auch “adipös”.

Ich habe Amerika übrigens nicht über den Klee gelobt, sondern nur einen Aspekt heraus gepickt. Das Unternehmertum. Und ups, welchen Anteil haben US Unternehmen nochmal am MSCI? Gut, dass es sie gibt, sonst wird das nix mit dem Luxusrollator ab 70 im gehobenen Pflegeheim. Die USA sind immer noch der Motor für unsere ganzen Passiv Anlagen. Und mit unsere meine ich unsere, denn ich bin da auch im Boot. Nur möchte ich nicht im Heim in Deutschland sterben, sondern lieber im Pazifik ertrinken oder auf meiner Hängematte in Israel einschlafen.

Es ist absolut legitim risikoscheu zu sein, dass sei noch klar gesagt. Wenn es so ist, dann ist es so. Aber dann kommen laut BaFin Richtlinien für das WP Geschäft auch keine ETFs in Frage, sondern nur das Sparbuch oder Tagesgeld, wie in meinem neusten Artikel beschrieben. Aber bitte ohne Gejammer und ohne wenn und aber. Auch wenn die ETFs mal ein gutes Jahr haben, NEIN. Risikoscheu heisst NEIN zu Aktien-ETFs. (Von Trading ganz zu schweigen)

Also, niemand braucht sich hier auf den Schlipps getreten fühlen, das hatte ich auch in dem Artikel geschrieben. Denn wer Finanzblogs liest, gehört wohl kaum zu den Leuten, über die die BaFin Studie berichtet. Und Deutschland ist noch ein ganz gutes Land, was die Kurve immer noch kriegen kann und genug Mittel und Potentiale hat. Aber jedes Jahr das vergeht mit Besitzstandsverwahrung, moralischer Überlegenheit (ach sind wir so toll) und Realitätsverweigerung (Neuland und so) ist ein verlorenes Jahr. Denn wir sind keine Herrenm... Übermenschen und besser als andere. Der Vorsprung schmilzt und schmilzt. Einer meiner besten Freunde hat zuletzt führend an einem Projekt mitgearbeitet, die Autoproduktion eines bekannten deutschen Herstellers nach Indien zu verlegen. Ein Beispiel von tausenden. Stück für Stück baut Deutschland ab... Es braucht neue Ideen, neues Denken und das Gegenteil von dem, was die BaFin Studie über einen TEIL der Bevölkerung dokumentiert. Und darum soll es auch gegangen sein.


Geduld+Spucke sagt am 13. Juni 2020

@Blackwater.live

Mir scheint es in dem Artikel (und den Erläuterungen dazu in den Kommentaren) um deutlich mehr zu gehen, als um Finanzen und die Bafin Studie. Es werden doch fast alle Lebensbereiche beschrieben. Wohnen, Transport, Freizeitgestaltung (Shoppen, Saufen, Fernsehen, Pornos, keine Bücher), Ernährung, Details der Familienplanung, usw. Und so viele positiv konnotierte oder kommentierte Aspekte (@Matthias K: es fällt mir schwer Tuppern auf der HV auch positiv zu sehen) habe ich leider in dem Artikel nicht gefunden. Daher stellte sich beim lesen bei mir das subjektive Gefühl ein, "alles Mist hier".

Nun wäre das alleine nicht so schlimm und der Artikel ist auch unterhaltsam geschrieben (allerdings auch von oben herab). Leider sehe ich jedoch keine nennenswerte inhaltliche Problemanalyse und erst recht keine Lösungsansätze. Und damit bleibt es halt eher auf der Ebene Gemecker. Das ist mein Hauptkritikpunkt.

Kosten Kartenzahlung
Ja, EU-weit (!) sind, allerdings erst seit 2015, maximal 0.3% vom Umsatz für Kreditkartenumsätze vorgeschrieben. Das bestreite ich nicht, hatte ich ja auch schon geschrieben. Davor lag jedoch der am Markt gebildete Preis bei ca. 1.6% (über fünf mal mehr). Beispiellos, oder? Man stelle sich mal vor, die EU würde beschließen, daß das Benzin EU-weit nicht teurer als 30 Cent pro Liter verkauft werden dürfte. Großartig, oder? Könnte es vielleicht sein, daß die EU hier eigene gewichtige politische Interessen verfolgt, wenn sie derart rabiat vorgeht? Könnte das sein? Stichwort Negativzins? Bankrunabwehr? Kapitalverkehrskontrollen? Daher mag ich mich dem Enthusiasmus für Kartenzahlungen nicht so recht anschließen.

USA
Zu einer Kritik sollte auch ein Referenzrahmen gehören. Im Artikel werden "früher" (Nachkriegszeit? 70'er?) und USA (bzw. die Millionäre dort) als solche erwähnt. Also gehe ich davon aus, daß diese beiden besser sind bzw. waren als Deutschland heute. Sollte das nicht so sein, wo ist es denn besser (und bitte nicht nur einen einzelnen Aspekt herausgreifen)? Oder wie war es "früher"? Konnten die Leute damals noch ihren Zinseszins? Ging es ihnen deshalb finanziell besser als den Menschen heute, oder gibt es dafür nicht andere Gründe?

Das Thema Unternehmertum sehe ich in dem Artikel kaum gestreift. Die Statistik über die USA bezieht sich auf Millionäre, nicht Unternehmertum. Ansonsten wird erwähnt, Unternehmensneugründungen würden sinken und unternehmerisches Denken (neben anderen Dingen) würde stiefmütterlich behandelt. Schön. Was bedeutet das? Was sind die Ursachen? Was sind die Konsequenzen? Was wäre zu tun? Und zum Schluß, könnten nicht auch Angestellte vielleicht innovativ sein? Nicht jeder Frittenbudenbetreiber ist gleich ein Steve Jobs.

Zinseszins
Nichts gegen mehr Bildung, gerne auch beim Zinseszins. Aber, ist Zinseszins wirklich der Schlüssel zum Wohlstand? Geht der Vermögensaufbau zu Beginn nicht eher über die Sparquote bis das Depot sechsstellig ist? Und steigert man die nicht, indem man sein Geld bewußt für sinnvolle Dinge ausgibt, statt für sinnlosen Konsum? Einnahmen minus Ausgaben gleich Sparquote. Ganz ohne Zinseszins. Banal und unsexy.

Altmodisch
Im Artikel las es sich für mich jedoch so, als wäre das voll digitale Konto ein wichtiger Schritt zur finanziellen Mündigkeit. Jetzt frage ich mich, wo gebe ich Geld bewußter aus? Wenn ich umständlich zum Bankomaten stiefeln muß (vielleicht sogar kurz anstehen), um eine vorher (!) geplante Menge Bargeldes abzuheben, mit der ich dann die nächste Woche oder den Montat bestreite? Oder, wenn ich maximal flexibel, bequem und vor allem ungeplant jede Summe jederzeit abbuchen kann? Der Kaffee-to-go hier, das Paar Schuhe im Schaufenster dort, usw. Ich habe da eine Vermutung. Doch das mag ja jeder selbst ausprobieren. Aber die Gleichung: Läßt sich die Kontoauszüge per Post schicken = finanziell ungebildet = zur Armut verdammt, diese Gleichung glaube ich nicht. Solider Umgang mit Geld ist oft furchtbar altmodisch.

Und um das noch einmal zu erklären, hier schließt sich der Kreis zum ETF bzw. zum buy and hold Ansatz. Ich stimme völlig zu, daß der keine Allzweckwaffe ist. Aber der Ansatz ist auch sehr altmodisch in dem Sinne, daß man daran glaubt, daß die langen Trendlinien die kurzfristigen überlagern. Daß man nicht ruft: "Corona, diesmal ist alles anders, das ist das Ende". Sondern gebetsmühlenartig wiederholt: "Es ist wie immer, erst fallen die Kurse und danach steigen sie wieder umso stärker". Und weil buy and hold mit ETFs in diesem Forum eine gewisse Beliebtheit genießt, fand ich diesen Bezug ganz passend, um für altmodischen Umgang mit Geld zu werben. Deshalb bitte mehr Vermögen für alle durch den altmodischen Umgang mit Geld.


Danniela sagt am 21. Juni 2020

Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant für mich.


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