25. August 2014


Nur die Ahnungslosen streuen ihr Geld breit

Der Profi legt alle Eier in einen Korb, denn er weiß Bescheid, konzentriert sich auf die Gewinner und fährt so überlegene Renditen ein.
Wer keine Ahnung hat, muss sein Geld mit der Gießkanne anlegen. Nur so kann er sicherstellen, wenigstens ein paar erfolgreiche Firmen zu erwischen.
Soweit die These dieses Morningstar-Artikels.

Passiv investieren

Wie deckt sich das mit der von mir favorisierten passiven Geldanlage in Indexfonds? Bedeutet das, dass ich keine Ahnung habe?
Genau das heißt es. Ich als Privatanleger habe keine Chance, mir ein besseres Bild von einem Unternehmen zu machen, als es die Profis können.
Natürlich würde ich lieber auf die zwei bis drei Firmen setzen, die in den nächsten zwölf Monaten die dicksten Dividenden ausschütten und deren Aktien den steilsten Anstieg hinlegen. Leider kann ich diese Firmen nicht ausfindig machen, deshalb greife ich auf die Krücke ETF zurück.

Das Problem: Die klassischen Aktien- und Anleihemärkte sind zu effizient. Weltweit lauern Hunderttausende von Profis auf jede noch so kleine Chance. Sie nutzen jedes Ungleichgewicht sofort aus und nivellieren es damit in kürzester Zeit. Sie alle ziehen und zerren an den Kursen, aber wenn man sämtliche auf den Kurs wirkende Kräfte zusammenzählt und dann einen Schritt vom Tagesgeschäft zurücktritt, erhält man die Marktperformance. Genau die liefert ein Indexfonds.
Für die Börsen dieser Welt gilt: Niemand kann sich einen substanziellen und dauerhaften Vorsprung erarbeiten, alle schreien hektisch herum und am Ende kommt die Indexperformance heraus.
Der kluge Geldanleger weiß, dass er nichts weiß, und setzt deshalb auf eine passive Anlagestrategie.
Passiv bedeutet immer Marathon. Ohne Zinseszins funktioniert die passive Anlagestrategie nicht. Man spart und investiert über lange Zeiträume und sammelt geduldig die Euros ein. Deshalb ist ein Euro, den man mit 25 auf Seite legt, auch viel wertvoller, als ein Euro, den man mit 55 spart.

Aktiv investieren

Ganz anders dagegen die aktive Anlagestrategie. Hier gilt nicht das Gießkannen-, sondern das Laserstrahlprinzip. Wer aktiv investiert, muss sich auf einen Typ von Investment konzentrieren.
Ein aktiver Anleger wird nur dann Erfolg haben, wenn er mehr weiß, als die Konkurrenz.
Die meisten von uns verdienen ihr Geld mit abhängiger Beschäftigung. Deshalb sind Sie selbst das erste und wichtigste aktive Investment. Nur, wenn Sie beruflich sicher im Sattel sitzen – also besser sind als die Konkurrenz –, kommt überhaupt Geld ins Haus. Die wichtigste finanzielle Frage ist immer: "Wie wirkt sich das auf meine Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt aus?"
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen die härteste und gemeinste Karriereberatung ans Herz legen, die ich kenne. Als Student habe ich die Statements von Herrn Mell gehasst, als Vorgesetzter musste ich zugeben, dass er nicht ganz unrecht hat, und mittlerweile bin ich froh, dass es mir egal sein kann, was er schreibt.

Ein weiterer Grund übrigens, sein Geld passiv anzulegen. Wer hat schon Zeit, sich neben einem vollen Berufsleben noch aktiv ums Geld zu kümmern?

Für alle, die das können gilt: Was ist Ihre Nische? Wo kennen Sie sich so gut aus, dass Sie sich einen dauerhaften Kompetenzvorsprung sichern können?

Aktiv in Immobilien investieren

Arbeiten Sie oder jemand, den Sie sehr gut kennen, im Baugewerbe? Können Sie die Substanz einer Gebrauchtimmobilie qualitativ bewerten? Haben Sie gute Verbindungen zu Handwerkern? Nur, wer eine Immobilie kostengünstig einkauft und betreibt, macht Gewinn.
Alternativ: Haben Sie Beziehungen zum Bauausschuss? Dann kaufen Sie Ackerland, bevor es zu Bauland wird.

Regenerative Energien

Nichts spricht gegen eine PV- oder Windkraftanlage, auch Blockheizkraftwerke sind interessant. Aber nur für Ingenieure, die sich mit der Materie auskennen. Wer den Wirkungsgrad so einer Anlage nicht selbst ausrechnen kann, sollte die Finger davon lassen.
Optimal ist es, wenn man seine Erfahrungen auf Kosten Dritter machen kann. Erst als angestellter Ingenieur solche Anlagen planen und dann auf eigene Kappe selbst aktiv werden.

P2P-Kredite

Auch bei Krediten von Privat an Privat winken zweistellig Renditen. Aber nur für den, der sich auskennt oder bereit ist, zu lernen und Zeit zu investieren. Aus Gründen der Risikostreuung beteiligen sich die meisten Anleger an Hunderten von Krediten. Die wollen erst einmal verwaltet werden.

Aktiv an der Börse

Auch an der Börse gibt es immer wieder Sondersituationen, von denen Geldanleger profitieren können. Die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 war so eine Sondersituation. Im Rahmen der Bankenrettung hat die Politik einfach alles gerettet, was bei drei nicht auf den Bäumen war. Auch über nachrangigen und hybriden Bankanleihen wurden großzügige Rettungsschirme aufgespannt. Das bedeutet: Hochrisikoanleihen, die auch zinsmäßig entsprechend ausgestattet waren, waren auf einmal so sicher wie deutsche Staatsanleihen.
Wer sich auf dem Anleihemarkt auskannte und gewillt war, das Kleingedruckte ganz genau zu lesen, konnte in diesem Bermudadreieck aus Politik, Börse und Juristerei sehr erfolgreich fischen. Mehr dazu im Buch "Renditeperlen aus dem Scherbenhaufen" von Schmidlin, Profitlich & Daniels.

Egal, ob Immobilien, an der Börse oder mit Sachwerten: Jedes aktive Investment muss einem liegen. Wer keinen Spaß an der Technik hat, sollte sich nicht an regenerative Energien wagen. Wer nicht stolz ist, wenn er aus 30 Seiten Kleingedrucktem die zwei Halbsätze herausfischt, die ein Investment profitabel machen, sollte nicht in krisengeschüttelte Anleihen investieren.
Nicht zu vergessen: Aktives Geldanlegen kostet Zeit. Es ist letztendlich eine unternehmerische Tätigkeit und deshalb nicht delegierbar.

Die Aktiv/Passiv-Bastarde

Geschlossene Immobilienfonds, Schiffsfonds, Fonds, die in erneuerbare Energien investieren und was es da noch so alles an indirekten Anlagemöglichkeiten gibt, sollten Sie scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Bei diesen Fonds bleiben Sie passiv, während andere aktiv Ihr Geld verschleudern oder zumindest üppige Gebühren abzwacken. Diese Hybridmodelle taugen nichts. Sie haben hier das Schlechteste aus beiden Welten. Hohe Kosten und keine Entscheidungsfreiheit, das muss nicht sein.

Aktiv oder passiv?

Wie wär‘s mit "und" statt "oder"?
Ihre Berufstätigkeit ist das Fundament. Hier müssen Sie aktiv dafür sorgen, dass Sie auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar bleiben.
Die eigentliche Geldanlage sollte über einen großen, stabilen, passiven Kern verfügen. Wenn Sie dann noch Zeit, Lust und Spezialkenntnisse haben: Was spricht gegen eine – zunächst kleine – Geldanlage in dem von Ihnen favorisierten Gebiet. Etliche Finanzblogger beispielsweise leben ihren Spieltrieb im Bereich der P2P-Kredite aus. Wenn‘s schlecht läuft, sind sie nicht ruiniert, wenn‘s gut läuft, sind 10 % drin.

Fazit

Morningstar hat Recht. Da wir leider alle auf Dauer keine Überrendite schaffen, bleibt uns nur das Gießkannenprinzip. Wer sein Vermögen über Indexfonds gut diversifiziert hat, kann gelassen in die Zukunft schauen. Wer den Renditeburner will, muss aktiv werden.

(awa)

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Kommentare

rok sagt am 07. September 2018

Ich bin auch so ein Ahnungsloser.
Deshalb investiere ich in Geldanlagen in passiver Form.
Ein guter Beitrag von Dir.
Dein Beiträge sind immer informativ, verständlich und vor allem für den "Normalbürger" in übersichtlicher, nachvollziehbarer Form geschrieben.


Ingmar sagt am 08. September 2018

Moin,
der Archivempfehlung im Newsletter sei es gedankt, dass ich hier gelandet bin.

Und ich bin zufrieden, mit dem was ich vorgefunden habe. Super auf den Punkt und sehr objektiv geschrieben. Ein Genuss! Danke dafür.

Ich stimme mit der Grundaussage der Überrschrift auch absolut überein. Es ist für die meisten von uns die bessere Wahl, breit zu streuen, wenn sie an den Finanzmärkten investieren wollen.

Aus meiner Sicht ist speziell Fondssparen dennoch kein Selbstläufer.

Ich würde mich grundsätzlich zB schwer damit tun, einem bevorstehenden Ruheständler - pauschal - (X - 5 bis15 Jahre, wobei X = Renteneintrittstalter) diese Art der Geldanlage zu empfehlen, um die drohende Rentenlücke zu schließen.

Heute passiert das aber an jeder virtuellen Ecke im Internet.

Oftmals von Leuten, die so jung sind, dass sie einen Börsenkrach bisher nur als eine unschöne Kursmacke im Chart kennen. Da wird teilweise mit brutalem Sinn für's Geschäft, diese - absolut berechtigte Angst vor finanziellem Abstieg im Alter - ausgenutzt.

ETFs und Fondssparen kommt mir mittlerweile selbst wie eine Blase vor (Blase = Jeder macht den anderen nach, weil es auf den ersten Blick einleuchtend klingt und anscheinend nur Gewinner gibt).
Beim Trading nimmt es ähnliche Formen an. Nur hier weiß man sicher: Die Mehrheit der Versuchskaninchen verliert tatsächlich Geld. Zum Fondssparen gibt es es keine konkreten Zahlen und die Historie ist nicht lange genug.

Was für mich echte Diversifikation bedeutet und welche Aktienstrategie meine erste Wahl ist, habe ich verlinkt (zweite Hälfte des Artikels). Ich möchte keinem meine Meinung aufdrängen, aber das ganze Universum Fondssparen mal etwas kritischer betrachten.

Zum Fazit dieses Beitrags:

"Da wir leider alle auf Dauer keine Überrendite schaffen, bleibt uns nur das Gießkannenprinzip. Wer den Renditeburner will, muss aktiv werden."

Wieso soll ich dann überhaupt aktiv werden? Vielleicht hab ich das auch falsch verstanden...

Beste Grüße

Auf dem Blog von Ingmar gibt es hierzu diesen Artikel: Fondssparen ist kein Selbstläufer


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