12. Oktober 2015
Was ist ein Depot?
In dieser Folge der Serie "Was ist eigentlich …?" beschäftigen wir uns heute mit dem Wertpapier-Depot.
Warum brauche ich überhaupt eines? Ich habe doch schon ein Konto. Wer bietet Depots an? Kann ich da hingehen und es mir mal ansehen? Was ist eigentlich drin im Depot?
Bonus: Wir werden uns auch um den siamesischen Zwilling des Depots, das Verrechnungskonto, kümmern.
Wozu brauche ich ein Depot?
Wozu soll ich mir noch ein Depot anschaffen, wenn ich doch schon ein Konto habe?
Gehen wir mal 100 Jahre zurück, als noch nicht alles verdatenbankt und elektronisch war. Dann wird’s klar:
Stellen Sie sich das Konto als Kasse vor. In die Kasse passen Münzen und Scheine. Aktien und Anleihen sind riesige Lappen in DIN A4, die passen da nicht rein. Für diese Wertpapiere brauchen wir Aktenordner oder eine Hängeregistratur.
Bei der Kasse habe ich einen permanenten Geldfluss. Meine Wertpapiere muss ich nur hervorkramen, wenn es Zinsen oder Dividenden gibt oder wenn ich sie verkaufen möchte. Mit meiner Kasse wickele ich viel mehr Transaktionen ab, als mit meinen Wertpapieren.
Deshalb die Trennung:
- Kasse = Konto = für Geld
- Aktenordner = Depot = für Wertpapiere
Zwischenfrage: Was sind eigentlich Wertpapiere?
Wikipedia schreibt seitenweise über die Eigenschaften von Wertpapieren. Für unsere Zwecke reicht die platte Definition:
Wertpapiere sind Papiere, die was wert sind. Papiere, die man gegen Geld eintauschen kann, deren Wert aber schwankt und auch auf Null fallen kann.
Dazu gehören: Aktien, Anleihen, Fonds, Optionen, Optionsscheine, Zertifikate. Alles, was Sie an einer Börse handeln können.
Was tue ich konkret mit einem Depot?
Ein Depot besteht aus zwei Komponenten:
- Transaktions-Komponente: Hier kaufen und verkaufen Sie Wertpapiere an der Börse oder über die Trading-Plattform Ihres Brokers (das nennt man außerbörslichen Handel).
- Reporting-Tool: Welche Wertpapiere habe ich wann gekauft und wie haben sie sich entwickelt?
Wenn Sie handeln, zeigt Ihnen der Broker, zu welchen Kursen Sie bei welcher Börse kaufen oder verkaufen können. Sie platzieren die Order, die dann vom Broker ausgeführt wird.
Das ist eine sehr grobe Erklärung. Mehr würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen. Wenn gewünscht (bitte in den Kommentaren vermerken), schreibe ich einen Artikel zum Thema "Wie kaufe ich ein Wertpapier?".
Wer bietet Depots an?
Ihr Depot bekommen Sie beim Broker. Nicht beim Banker! Beim Banker gibt’s das Konto. Natürlich wohnen beide oft Tür an Tür, aber wenn Sie genau hinsehen, werden Sie feststellen:
- Es gibt Broker, die keine Banklizenz haben. Da gibt’s dann auch kein Girokonto. Ein Vertreter dieser Art ist Flatex.
- Der Broker arbeitet in einer Tochtergesellschaft. So haben es die Sparkassen geregelt.
Die Direktbanken sind historisch anders gewachsen. Sie sind in den wilden Dotcom-Jahren um die Jahrtausendwende mit dem Internet groß geworden und standen von Anfang an auf den beiden Beinen Bank und Broker. Aber auch hier sind Bank und Wertpapierhandel zwei unterschiedliche Abteilungen.
Kann ich da hingehen und es mir mal ansehen?
Leider nein, denn Ihr Depot ist nur ein Datenbankeintrag. Die schönen Aktien und Anleihen sind lange abgeschafft und werden nun auf Ebay in der Rubrik "historische Aktien" verhökert.
Früher, als Aktien noch etwas Stoffliches waren, bedeutete Depot: "Ich hab’ ein Schließfach bei der Bank." Da ging man dann hin, wenn Dividenden-Time war, schnitt einen Coupon vom Bogen ab, legte ihn in der Bank vor und bekam die Dividende ausgezahlt.
Heute ist das alles viel prosaischer. In irgendeinem Rechner flitzen ein paar Elektronen von links nach rechts. Das war’s.
Einspruch: Nicht in "irgendeinem Rechner", sondern im Rechner meines Brokers!
Einspruch abgelehnt!
Hä, wieso?
Weil Ihr Broker damit nur mittelbar zu tun hat. In des Brokers Datenbank steht: "Der Schulze hat zehn BASF-Aktien". Dem Schulze seine Aktien liegen aber nicht beim Broker, sondern bei Clearstream, einer Tochter der Deutschen Börse AG.
Clearstream? Nie gehört!
Tja, noch so ein "hidden Champion". Ich zitiere:
"Das Kerngeschäft ist die Dienstleistung als Zentralverwahrer, also die Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren."
Clearstream-Website
Schulze hat die zehn BASF-Aktien von Meier gekauft. Clearstream sitzt auf einem Mount Everest von BASF-Aktien. Bei zehn von denen wird der Besitzer-Eintrag von "Meier" auf "Schulze" geändert. Das wird dann an die Bank übermittelt, die daraufhin zehn BASF-Aktien in Schulzes Depot einbucht.
Wenn Schulze sein Depot umzieht, meldet die neue Bank an Clearstream: "Schulze ist jetzt unser Kunde."
Und wenn Schulzes neue Bank pleitegeht und er weiterziehen muss, schreibt Clearstream seine Aktien erneut um.
Die BASF-Aktien haben sich in der ganzen Zeit nicht vom Fleck gerührt.
Was ist eigentlich drin im Depot?
Außer ein paar Datensätzen, die auf Clearstream verweisen, nicht viel. Wie oben schon angesprochen: Ihr Depot dient dem Kauf und Verkauf und ist ansonsten ein Reporting-Tool. Das macht aber nichts, denn mehr brauchen Sie nicht. Ob die Nullen und Einsen jetzt bei Ihrem Broker lagern oder bei Clearstream, macht keinen Unterschied. Die Aktie als Urkunde zum mit nach Hause nehmen ‒ also das Äquivalent zum Bargeld ‒ existiert nicht mehr.
Bevor Sie jetzt jammern und schimpfen: Glauben Sie, dass es auf Ihrem Konto besser aussieht? Das sind auch bloß Zahlenkolonnen. Wo sich die dazugehörigen Scheinchen gerade herumtreiben, weiß kein Mensch. Den duck’schen Geldspeicher gibt’s nur in Entenhausen.
Wieso gibt’s zu jeder Depoteröffnung ein Verrechnungskonto mit dazu?
Das Depot kann nur Wertpapiere aufnehmen, sämtliche Geldflüsse müssen über das Verrechnungskonto abgewickelt werden.
- Wenn Sie Wertpapiere kaufen, bucht die Bank die Kaufsumme samt Gebühren vom Verrechnungskonto ab.
- Wenn Sie Wertpapiere verkaufen, transferiert die Bank die Verkaufssumme abzüglich der Gebühren und Steuern auf das Verrechnungskonto.
- Anfallende Zinsen oder Dividenden landen ebenfalls auf dem Verrechnungskonto.