23. November 2018


Das haben die anderen diese Woche geschrieben (KW 47 / 2018)

Diese Artikel sind mir in dieser Woche in der deutschsprachigen Finanzblogosphäre aufgefallen.

Riester-Rente: Üble Abzocke, alles in ETFs! Sofort!

Bundesbank: ETFs für Anleger und Finanzsystem zunehmend von Bedeutung (pdf)

Mehr als 40 Aktien braucht kein Mensch.

Energiewende: Wenn die Profi-Prognosen permanent patzen.

Schwarz

Wenn der schwarze Freitag kommt.

Larry Fink (Blackrock-Boss): Offener Brief an die deutsche Nation. Offen gesagt: Warren Buffet plaudert in seinen "Briefen an die Aktionäre" mehr aus dem Nähkästchen. Aber wie viel Erzählkunst kann man von einem schwarzen Stein schon erwarten.

Investorenbekenntnisse

Ich war sparsüchtig. Aber mit der finanziellen Selbstbestimmung wurde es erst etwas, als ich anfing mir neue Einnahmequellen zu erschließen.

Gefahren als Investor: Zu hohe Sparquote

Finanzielle Freiheit = Mitnichten cool, sondern ein abstraktes Konzept für Angsthasen, Fuck-you-money = pragmatischer Ansatz für das Hier-und-Jetzt. Hier differenzierter ausgeführt.

Wie mich die Bank zwang meine Aktien zum Tiefstkurs zu verschleudern.

Crowdinvesting in Immobilien: Zwischenbilanz.

Bücher

Keine "bedenklichen" Links mehr in der Freitagsliste. Doch, doch sagen die Autoren dieser beiden Bücher. Wer "bedenkliche" Informationen ausfiltert, liefert betreutes Denken und das ist nicht gut für unser Gemeinwesen.
In beiden Büchern geht es um Medienmündigkeit.

  • Wie navigiere ich durch die Infoflut?
  • Cui bono - wem nützt es?
  • Mit welcher Intention wurde dieser Artikel geschrieben, dieser TV-Beitrag gedreht?
  • Bin ich als Konsument der Adressat oder wird da über Bande gespielt und eigentlich geht es hier darum sich für eine Beförderung zu empfehlen oder eine alte Schuld abzutragen (Journalist wurde befördert und muss nun in ein paar Waden beissen)?
Lügen die Medien* von Jens Wernicke
 
Lückenpresse: Das Ende des Journalismus,
wie wir ihn kannten
* von Ulrich Teusch
Lügen die Medien Lückenpresse: Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten

Im Grunde genommen sind beide Bücher sehr traurig. Wenn es denn mal eine solide Lügenpresse gäbe. Dann könnte man mit dem Finger auf die Lügner zeigen und sagen: "So nicht!". Gibt es aber nicht. Nur tragische Game-of-Thrones-Verstrickungen. Der ehrliche Wunsch gute Arbeit zu leisten scheitert an

  • Konformismus aus Angst vor Arbeitsplatzverlust
  • Überarbeitung und Überforderung durch permanenten Stellenabbau und den Wunsch des Verlegers doch bitte multimediafest zu sein. Videos und Podcasts produzieren, schneiden, hochladen: "Geht doch alles supi einfach mit diesem iDingsbums."
  • einer gewissen Überheblichkeit die Welt erklären zu können: "Ich nix Sokrates!"
  • einer extremen Homogenität der Journalistenkaste. Man bestätigt sich solange gegenseitig zu den Guten zu gehören, bis man es tatsächlich glaubt. Kognitive Dissonanzen auszuhalten ist keine journalistische Kernkompetenz.

Alles in allem nachvollziehbar und menschlich nur allzu verständlich. Aber mitnichten akzeptabel.
Wir als Investoren können uns das nicht leisten. An der Börse ist alles möglich. Auch das Gegenteil. Deshalb müssen wir uns jede kognitive Dissonanz schnappen, derer wir habhaft werden können.
Finanzielle Bildung geht nicht ohne Medienmündigkeit. Lesen Sie diese Bücher, wenn Ihnen Ihre Altersvorsorge wichtig ist.

Finanzüberblick für Paare

Zwei lernen sich kennen, zwei finden sich gut, zwei teilen sich erst den Tisch und dann das Bett. Horizontal und vertikal eine gelungene Beziehung, wenn da nicht das Peinlichkeitsthema Geld wäre.
Wer zahlt was? Wollen wir ein gemeinsames Konto, behalten wir unsere getrennten Konten oder richten wir ein Dreikontenmodell ein?
Wollen wir auch zusammen Vermögen bilden? Wenn ja wie? Gefühlt gibt einer immer mehr aus als der andere. Stimmt das oder trügt das Gefühl?
Das Ehepaar Schäfer aka Beziehungsinvestoren legt mit seinen Workbook Finanzüberblick für Paare ein praxiserprobtes Werk vor, mit denen Sie all diese Klippen umschiffen.
Paare, die dieses Kochbuch gründlich durcharbeiten (wie gesagt: es ist ein Workbook, es muss gearbeitet werden) werden nie mehr über Geld streiten. Diskutieren ja, aber qualifiziert und faktenbezogen ohne das anklagende "Immer gehst Du unvernünftig mit unserem Geld um".
Meine Empfehlung: Due Diligence für alle Paare, die gerade dabei sind zu fusionieren.


* Das Buch wird für Sie nicht teurer, aber ich bekomme eine kleine Provision.

(awa)

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Kommentare

Christian sagt am 23. November 2018

Lieber Finanzwesir,

die Chance ist sehr hoch, dass du deinen Satz "Keine "bedenklichen" Links mehr in der Freitagsliste." nur als leicht ironische Anmerkung gemeint hast - aber trotzdem:

Ich fände es schade, wenn du dich einer kleinen, lauten und aufgebrachten Minderheit beugen würdest. Poste bitte weiterhin, was auch immer du für richtig hältst. Das Problem entsteht im Kopf des Lesers, nicht bei dir. Du musst also gar nix ändern :)

Schönes Wochenende!


Christof sagt am 24. November 2018

Hallo lieber Finanzwesir,

im Artikel über die zunehmende Bedeutung von ETFs ist die Bundesbank ja sehr kritisch, vor allem was die Liquidität von ETFs in Stresssituationen anbelangt: Der zunehmende Verkaufsdruck könne zu Engpässen in der Liquidität und zu einem Kursverfall und/oder Ausweitungen der Bid-Ask-Spreads bei ETFs führen.

Was aber meiner Meinung nach dabei nicht zur Sprache kommt:
Wer sagt denn, dass es klug sei, überhaupt nur daran zu denken, einen ETF während eines Flash Crashs oder während sehr unruhiger Marktphasen zu verkaufen? Wenn man diese Phasen aussitzt, so zeigen es ja auch die Grafiken der Bundesbank, nähert sich der Börsenkurs des ETF ohnehin wieder dem NAV an. Oder sehe ich da etwas falsch?

Weil wenn ich die Nerven verliere, kann ich auch Aktien in so einer Phase verkaufen und bin am Ende auch damit der Gelackmeierte, nicht nur bei ETFs -> In der Ruhe liegt die Kraft! > Hoffentlich bleibt mir die Ruhe dann auch ;)


Sarah sagt am 24. November 2018

Lieber Finanzwesir,
ich muss meinem Vorredner leider widersprechen. Sie sollten einiges ändern. Das Argument, "bedenkliche" Links würde den Diskurs anregen, läuft ins Leere. Das ist rechtsextreme Logik: Warum nicht mal über die Frage diskutieren, ob es den Holocaust wirklich gab? Oder den Klimawandel? Ups, stimmt, da war ja was auf Ihrem Blog.

Medienmündigkeit heißt nicht, nun endlich auf "die" Medien schimpfen und Begriffe wie "Lügenpresse" oder "Lückenpresse" salonfähig machen zu dürfen.
Ich selbst bin Journalist, arbeite für ein großes deutsches Medium.
Klar, getroffener Hund, könnte man jetzt sagen. Nur: Ich habe nunmal Einblick in das Metier und frage mich, woher Sie eigentlich diese ziemlich kruden und falschen Erkenntnisse haben, die Sie hier propagieren?
Und die Bücher, die Sie hier anpreisen, nun ja, sie versprühen eben dieses Gift, das schon seit vielen Monaten in die Gesellschaft einsickert. Das, ja genau das ist nicht gut für unser Gemeinwesen. Ich frage mich: Warum machen Sie da mit? Cui bono - hm? Sind Sie nicht eigentlich Finanzblogger?

Journalisten wird immer wieder vorgeworfen, als geschlossene "Journalistenkaste" zu agieren, auch Sie verwenden diesen furchtbaren Begriff.
Dahinter steckt ein großer Denkfehler: Sie verwechseln Meinung mit Fakten.
Und nein, das ist keine "kognitive Dissonanz", das ist nicht überheblich. Journalisten recherchieren und sind verpflichtet, sich an Fakten zu halten.
Die oftmals im rechten Milieu artikulierten Aussagen, über die "wir" Medien angeblich nicht oder falsch berichten, sind - leider - oft ohne jene faktische Grundlage.
Sie können das als Kaste bezeichnen, aber was bitte schön ist unser Beruf noch wert, wenn wir uns eben nicht von Fakten, sondern von (teils menschenverachtenden) Stimmungen leiten lassen würden (was ja leider auch immer wieder mal passiert)?
Jeder hat das Recht auf seine Meinung, aber niemand das Recht auf seine Fakten. Exemplarisch habe ich hier mal den von Ihnen geteilten Klimatext untersucht, um zu illustrieren, wie die von Ihnen kritisierten Journalisten so arbeiten.
Um zu illustrieren, warum es eben nicht geht, unter dem Scheinargument der Meinungsvielfalt Unsinn im Internet zu verbreiten. Irgendjemand gibt es immer, der das liest und denkt: "Naja, irgendwas wird schon dran sein." Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein, wenn man an Tausende Leser Texte richtet.

Link zum untersuchten Text: https://stefansboersenblog.com/2018/08/26/klimawandel/  

  1. Eisbären Es stimmt, dass die Eisbärenpopulation momentan vermutlich einigermaßen stabil ist, wobei die Schätzungen notorisch unzuverlässig sind. Wie viele Eisbären es 1960 gab, kann man mangels Daten nicht seriös beantworten. Tatsächlich mutmaßen manche, dass es viel weniger waren als heute (siehe z.B. https://polarbearscience.com/2014/02/18/graphing-polar-bear-population-estimates-over-time/ --> Was allerdings wirklich an der unregulierten Jagd in den Jahrzehnten zuvor gelegen haben dürfte.) Trotzdem halte ich die Sorge um Eisbären für absolut berechtigt, weil ihr Lebensraum nunmal tatsächlich dramatisch schrumpft und weiter schrumpfen bzw. sich komplett verändern wird. Die IUCN (das ist die internationale Autorität auf dem Gebiet) stuft Eisbären deshalb als „vulnerable“ ein, weil ein Populationsrückgang um 30% in naher Zukunft "wahrscheinlich" ist. 30% ist eine ganze Menge. Hinzu kommen ein paar Studien, die vermuten lassen, dass Eisbärenweibchen weniger Speckschicht und mehr Mühe haben, ihre Jungen durchzubringen. Aber klar, stimmt schon, man sollte gelegentlich auf die Zahlen verweisen. Der Eisbär ist schon zu einer Symbolfigur für eine erschreckende Entwicklung geworden, und das nur teilweise zu recht.

  2. Hurricanes Ja, es stimmt, es gibt bislang keine statistisch nachweisbare Hurricane-Zunahme im Atlantik, übrigens ebenso wenig wie eine eindeutige Unwetterzunahme bei uns (die Abnahme, die der Autor aus den Daten lesen will, ist allerdings quatsch, auch das ist nicht signifikant). Insofern kann man nicht sagen, dass irgendein Sturm oder auch die Häufung extremer Stürme von 2017/2018 den Klimawandel zeige, dafür ist der betrachtete Zeitraum einfach zu kurz und die Stürme zu selten. Allerdings (siehe dazu die sehr gute Übersicht der hochgeschätzten NOAA: https://www.gfdl.noaa.gov/global-warming-and-hurricanes/) ist es schlicht naheliegend, dass wärmeres Klima zu wärmeren Ozeanoberflächen führt, und diese wiederum sind die wichtigste Vorbedingungen für Hurricanes - also rechnen die meisten Klimaforscher in Zukunft mit mehr und/oder stärkeren Stürmen, so dass jeder katastrophale Sturm heute nicht zu unrecht als eine Art Vorgeschmack auf künftige Ereignisse gilt.

  3. Energiesparlampen Da hat der Autor das zentrale Argument gegen die Sparvorschrift noch nichtmal erwähnt: Weil die Kraftwerks-CO2-Emissionen in Europa ja Teil des CO2-Emissionsrechtesystems und dadurch insgesamt gedeckelt sind, führen Einsparungen nur dazu, dass noch mehr Zertifikate frei werden, die dann wieder anderswo verbraucht werden können. Könnte man sagen. Ist aber nicht so einfach, weil der Zertifikatehandel ja aufgrund von politischem Vollversagen eh nicht funktioniert, weil viel zu viele Zertifikate im Markt sind. Insofern war das Verbot schon ein guter Anreiz, der zwar vorübergehend ein paar grelle Quecksilberlampen zusätzlich in den Verkauf gebracht hat, langfristig aber mit dazu geführt hat, dass sich die viel besseren und umweltfreundlicheren LEDs durchsetzen konnten. 

  4. In der Studie ging es weder darum, ob der Klimawandel menschengemacht ist (das ist er eindeutig), noch darum, ob sich die Halbinsel erwärmt (hat sie rasant, auch wenn sie sich in den vergangenen Jahren überraschend wieder etwas abgekühlt hat, vermutlich wegen veränderter Meeresströmungen), sondern nur darum, wie Pflanzen auf diese Veränderungen reagieren (tun sie erstaunlich schnell und deutlich). Wenn der Autor selbst nicht bereit ist, die Studie unvoreingenommen zu lesen, braucht er das Journalisten nicht vorzuwerfen. Übrigens gibt es eine neuere Studie, die auch zeigt, dass diese Moose auf die Abkühlung auch wieder sofort reagieren, sie sind also spannende Indikatoren.

  5. Hach ja, die Abgase. Es stimmt, da haben wir Medien schon - teilweise - ein bisschen versagt. Trotzdem finde ich die Aufregung absolut berechtigt, immerhin ist auch die aktuelle Belastung eindeutig und erwiesenermaßen (siehe WHO und Co.) gesundheitsschädlich und wäre vermeidbar gewesen, wenn die Autoheinze nicht so dreist getrickst hätten. Außerdem ist die Luft ja seinerzeit nicht besser geworden, weil Autos so toll sind, sondern weil öffentlicher Druck (saurer Regen usw.) Katalysatoren und Schwefelfilter etc. erzwungen hat. Da ist jetzt eben die nächste Runde dran. Sollte in 20 Jahren die Luft wieder besser geworden sein, werden wir ja auch nicht sagen „die hätten sich damals nicht so haben sollen, war ja vorher schlimmer“. Und natürlich bringen Fahrverbote bei einzelnen Straßen wegen der Verlagerung wenig, aber das behauptet ja niemand ernsthaft, oder? Ich glaube, da geht es mehr darum, Druck aufzubauen. Immerhin sind und bleiben die Werte gesetzeswidrig.

  6. Faktenfrei

  7. Der Rekordsommer Also das ist nur Quatsch. Jede, absolut jede Temperaturstatistik zeigt, dass es unweigerlich und schnell nach oben geht, siehe z.B. https://www.ncdc.noaa.gov/cag/global/time-series/globe/land_ocean/ytd/6/1880-2018 Dass es auch früher schonmal irgendwo, irgendwann ein heißes Jahr gegeben hat, ändert gar nichts. Und das mittelalterliche Klimaoptimum etc. hat damit schon erst recht nichts zu tun. Werner Kirstein ist übrigens kein Klimawissenschaftler, sondern emeritierter Geograf, mir ist keine einzige seriöse Veröffentlichung von ihm zum Klimawandel bekannt.

  8. Faktenfrei

  9. „Voraussage“ meint hier, nehme ich mangels Kontext an, eine präzise Vorhersage, wie es wird und Punkt. Das geht tatsächlich nicht, es sind nur Wahrscheinlichkeiten möglich. Die jedoch sind relativ präzise. Man sagt also nicht: „es werden drei Grad mehr“ sondern: „es ist extrem unwahrscheinlich, dass es bis 2100 weniger als zwei Grad oder mehr als fünf Grad werden und es ist so-und-so-wahrscheinlich, dass es 3-4 oder 4-5 werden“. Ist das deshalb weniger beunruhigend? Genauso könnte ich sagen: Ich weiß nicht, ob ich einen Sprung aus dem 15. Stock überleben werde. Wahrscheinlich nicht, vielleicht schon. Springe ich deshalb?

  10. Mir fehlen die Worte, das ist einfach vollkommen absurd. Das CO2-Problem ist so klar und unbestreitbar erwiesen, dass ich diesen Absatz schlicht nicht anders deuten kann als ideologisch geprägten Unsinn. Zur Oregon-Petition: Sie wurde nicht von 31.000 „Wissenschaftlern“ unterschrieben, die konnte jeder unterschreiben. Nach Angaben der Initiatoren http://www.petitionproject.org/ haben gerade mal 9029 Unterzeichner wenigstens einen Doktortitel, die anderen nicht einmal das, geschweige denn irgendeine nachweisbare Qualifikation in Klimawissenschaft. Wo die „zahlreichen“ Nobelpreisträger herkommen, weiß ich auch nicht, mir ist nur Ian Giaever bekannt, und der hat seinen Preis 1973 für Festkörperphysik bekommen. Das ist sehr, sehr weit weg von Klimaforschung, und bei einem Lindau-Treffen haben seine Fachkollegen sich sehr geschlossen gegen Giaevers Thesen ausgesprochen. Was die 700 „Experten“ angeht: Die beiden Leitautoren Singer und Idso haben zwar einen wissenschaftlichen Hintergrund, werden aber für ihre „Expertise“ vom erzkonservativen Heartland Institute bezahlt https://www.theguardian.com/environment/2012/feb/17/heartland-institute-fresh-scrutiny-tax Soviel zum Thema unabhängig. 

  11. Tatsächlich war der langjährige Durchschnitt vor dem Klimawandel eher um 14 Grad, inzwischen ist es bald ein Grad mehr. Klimaforscher reden aber wohlweislich selten von absoluten Temperaturen, weil die ohnehin sehr schwer zu messen sind und auch über die Jahrhunderte hinweg schwanken, sondern eher von Anomalien, also von Abweichungen vom Durchschnitt.

Das hübsche Bild, das der Autor da postet, ist natürlich sehr beruhigend, so lange man sich nicht klar macht, dass der Mensch erst seit rund zwei Millionen Jahren auf der Erde weilt, die Zivilisation keine 20 000 Jahre alt ist. Dieser Zeitabschnitt ist auf diesem Bild der Rand vom Rand vom Rand. Klar war die Erde lange viel wärmer als heute, aber wir kennen nur das Eiszeitalter namens Quartär, in dem leben wir in einem Interglazial, einer Zwischen-Warmzeit. Wenn wir uns aus dem jetzt in rasendem Tempo (der Zeitraum von 100 Jahren ist auf dem Bild noch nicht einmal ansatzweise erkennbar) in ein anderes Klima katapultieren, macht das die Erde nicht unbewohnbar, für uns aber vielleicht schon. Ganz abgesehen davon, dass es im warmen Jura keine Millionen-Küstenstädte gab.

Der Zusammenhang von Temperatur und CO2 ist nicht so einfach, darum ist Paläoklimatologie so kompliziert. Die Temperatur vergangener Zeiten lag eben nicht nur am CO2, sondern auch an der damaligen Strahlungsleistung der Sonne, Wasserdampf, Eisbedeckung und und und. Da darf der Autor sich gerne mal einlesen. Der physikalische Zusammenhang zwischen CO2 und Treibhauseffekt ist aber absolut trivial: Sonnenlicht-Strahlung lassen die Moleküle größtenteils durch, infrarote Wärmestrahlung wird (teils) absorbiert und heizt die Erde auf. Daran gibt es nichts zu deuteln.

  1. Wärmeinseln Ja, in den Städten ist es wärmer als auf dem Land. Umso schlimmer. Das ändert aber, Messstationen hin oder her, wenig an der gemessenen Temperatur-ANOMALIE, was genau ein Grund ist, warum man von Anomalien redet statt von absoluter Temperatur, siehe oben.

  2. Kleine Eiszeit Ja, das stimmt, dass 1880 eine Kleine Eiszeit endete, und es ist ärgerlich, dass die Temperaturangaben so durcheinandergehen. Wenn der Autor aber mal auf eine der einschlägigen Anomalie-Grafiken schauen würde (https://earthobservatory.nasa.gov/Features/GlobalWarming/page2.php), könnte er sehen, dass da das späte 19. Jh bei einer Anomalie von -0,2 Grad steht und wir heute bei +0,6-0,9, jeweils im Vergleich zum Mittel von 1951-1980. Dieser Referenzzeitraum schwankt von Quelle zu Quelle, was auch daran liegt, dass es keinen idealen gibt, weil der Treibhauseffekt nach Ende der kleinen Eiszeit längst begonnen hatte, was also ist „normal“? Gar nix.

  3. Die Eiszunahme in der Antarktis war lange erstaunlich, das ist aber mittlerweile einigermaßen geklärt, so weit ich weiß, stärkere Niederschläge können bei immer noch tiefen Temperaturen eben auch Eis wachsen lassen. Es betrifft auch nur die Ostantarktis, die Westantarktis schmilzt rasant und ist nach Auffassung vieler Forscher bereits unweigerlich ins Rutschen geraten. Grönland schmilzt ebenfalls, wie man darauf kommt, dass da Gletscher wachsen könnten, ist mir schleierhaft. Auch in den Alpen sind bekanntlich (und unübersehbar) fast alle Gletscher dramatisch zurückgegangen.

Und dann kommt die Warmzeit… das ist ja typisch Klimaleugner. Erstens gibt es keinen Klimawandel, zweitens ist er nicht menschengemacht und drittens stört er uns überhaupt nicht - ja was denn nun? Mag schon sein, dass wir auf dem Weg in eine (künstliche) Warmzeit sind, aber erdgeschichtlich stünde wenn, dann eine weitere Kaltzeit an (nach dem Interglazial), und in jedem Fall dürfte es nie und nimmer so schnell gehen. Merke nochmal: die Veränderungen auf dem orange-rosa-roten Bild oben sind über Zeiträume von Jahrmillionen, da kann sich die Evolution locker anpassen, mal abgesehen vom einen oder anderen Massensterben.

  1. Svensmarks Thesen entbehren jeden Belegs und sind längst widerlegt, siehe https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-kosmische-strahlung-verursacht-den-klimawandel. Der IPCC ist zwar ein UN-Organ, aber besteht nur aus relativ transparent berufenen Klimaforschern, aberhunderte arbeiten da mit. Politische Einflussnahme gibt es immer erst zum Abschluss der Berichte und der Zusammenfassung, und dann ging sie bislang meist in die Richtung, die Dinge abzuschwächen, weil die Staaten nicht handeln wollen. Welcher Staat sollte ein Interesse haben, den Bericht drastischer zu formulieren als nötig, um sich dann gegen Gegenmaßnahmen zu wehren?

  2. Glauben, ja nun. Andere versuchen es mit wissenschaftlichen Fakten.

denkfabrik sagt am 27. November 2018

Herzlichen Dank für die Erwähnung in der Linkliste!


Finanzwesir sagt am 27. November 2018

@Christian: Es gilt weiterhin das Motto: Mein Blog, meine Regeln. Wer mich ein Stück des Weges begleiten will ist herzlich willkommen, dem Rest wünsche ich eine gute Reise.

@Sarah

"Medienmündigkeit heißt nicht, nun endlich auf "die" Medien schimpfen und Begriffe wie "Lügenpresse" oder "Lückenpresse" salonfähig machen zu dürfen."

Korrekt, deshalb schrieb ich

"Der ehrliche Wunsch gute Arbeit zu leisten scheitert an..."

und

"Lügenpresse? Gibt es aber nicht."

Sie fragen

"...woher Sie eigentlich diese ziemlich kruden und falschen Erkenntnisse haben, die Sie hier propagieren?"

Anfang der 90ger Jahre des letzten Jahrhunderts, der Finanzwesir als Jungredakteur bei einer PC-Zeitschrift in München.
Boomzeit. Die Magazine dank Werbung dick wie Telefonbücher. Die c't muss von monatlich auf zweiwöchentlich umstellen, um die ganze Reklame unterzubringen. Auf jedem Heft eine AOL-CD.
Skandal: Ein Oki-Drucker hat Schwächen und die Redaktion schreibt das.
Kunde unglücklich, Chefredakteur muss in die Bütt, sich rechtfertigen. Die Chinesische Mauer hat standgehalten. Er hat die Unabhängigkeit der Redaktion verteidigt.

Das hat mir als Jungredakteur zu denken gegeben. Es ging um einen jämmerlichen Drucker. Ein Gerät, das sowieso innerhalb der nächsten 12 Monate in die Irrelevanz geht. Dazu noch Boomzeit. Die Anzeigen haben sich damals von alleine verkauft. Trotzdem hat der Verkag wenig Rückgrat gezeigt.

Wenn ich das auf heute hochrechne

  1. Politische und wirtschaftliche Themen, bei denen es wirklich um etwas geht
  2. Verlage, die ihre besten Zeiten hinter sich habe

dann komme ich zu dem Schluß: Journalismus muss man sich leisten können, Journalismus geht nicht ohne Fuck-you-money. Wenn ich mir die ganzen Sparrunden im Medienbereich ansehe, komme ich zu dem Schluß: Fuck-you-money ist alle.

"Sind Sie nicht eigentlich Finanzblogger?"

Nö, ich bin ich und das 24/7. Das ist doch das Geniale am Bloggen: Ich bin alle Ressorts. ;-)

Gruß
Finanzwesir


Daniel sagt am 27. November 2018

@Sarah:
Gute Besserung.


ChrisS sagt am 27. November 2018

@ Christof

Das siehst du nicht falsch, sondern das ist genau der Grund warum solche ETF-Kritik (also dieses "Liquiditäts/Flash-Crash"-Argument) für uns (also die "normalen" Passiv-B&H-Anleger, die nur brav ihre Monatsraten reinsparen, etc.) eigentlich weniger bis garkeine Rolle spielt.
Niemand von uns ist ja gezwungen, ausgerechnet zu solchen (seltenen) Sturmphasen auch unbedingt handeln zu müssen.
Im Gegenteil, wir sollen ja eh schon möglichst wenig handeln. Einmal im Monat vielleicht ne neue Investitionsrate ins Depot verteilen, und das wars dann aber schon auch - und "verkaufen", insbesondere das sekündliche, aktionistische Hin-und-Hergeschiebe im Crash, ist ja eh nicht vorgesehen.

Das spielt eher nur für die zappelige Daytrader-Fraktion überhaupt eine Rolle. Ich selbst schau eh nur noch höchstens einmal im Monat ins Depot (also wenn wieder die Rate investiert wird). Und falls da irgendwann zwischen Monatsanfang und Monatsende mal so ein achsogefürchteter Flashtag dabeigewesen wäre, würde ich das garnicht mitkriegen.

@ Sarah:

"Sie sollten einiges ändern. Das Argument, 'bedenkliche' Links würde den Diskurs anregen, läuft ins Leere."

Da wirft sich ja gleich die Frage auf - wer entscheidet eigentlich, was denn überhaupt so alles "bedenklich" sein soll? Und mit welcher Legitimation meint er vor allem, das auch noch für andere mitentscheiden zu können, bzw denen ihre Gedanken vorschreiben zu wollen?

Der Diskurs, was auch immer das sein soll, wird jedenfalls sicher nicht dadurch angeregt, indem man nur noch weichgespültes, wohlgefälliges Zeug postet, womit man bei niemandem mehr anecken kann und wo sich alle nur noch gegenseitig zustimmen können.
Wie soll man da was neues lernen?
Und alles neue/andere ist für irgendjemanden da draussen ja "bedenklich", das würde somit wieder das nächste Problem aufwerfen: Wie ist zu entscheiden, welche "Bedenkenträger" man einfach ignorieren kann/soll, und welchen "Bedenkenträgern" man sich unterwirft (und sich von denen vorschreiben zu lassen was man zu sagen und zu denken hat)? Und warum? (ums mal wie das bekannte Sprichwort umzuformulieren: Wer bedenkt die Bedenkenträger?)

"Das ist rechtsextreme Logik:"

Rechtsextrem ist bedenklich, aber nicht alles bedenkliche ist auch rechtsextrem ;-)
Dieser nicht besonders subtile Framing-Versuch, das ganze ausschließlich über die negative Schiene wie per "was kommt als nächstes, etwa Holocaust-Leugnung?" damit gleich abwürgen zu wollen, ist jedenfalls argumentativ ziemlich bezeichnend.

Du (wir duzen uns hier einfach mal, damit das nicht so versteift rüberkommt.
Hallo Sarah, ich bin der Chris, und so :-)
brauchst jedenfalls nicht befürchten, dass das irgendwann auf diesem Blog mal Thema werden könnte. Holocaust-Leugnung ist ja in Deutschland eh illegal, und ich glaube sicher nicht dass der Wesir irgendwelche Lust auf Post vom Staatsanwalt hat.
Aber solang Diskussionen über den Klimawandel (ähem, also "Leugnung") nicht auch genauso verboten sind, wird man auch den ein oder anderen Link dazu mal "ertragen" müssen (das ganze hat ja nicht zuletzt auch, man ist ja ein Finanzblog hier, wirtschaftliche und finanzielle Folgen - der Klimawandel an sich kostet was, und seine Bekämpfung auch).
Und ich kann durchaus nachvollziehen, warum es vor allem psychologisch so verlockend ist, alle Diskussionen (die also nicht das gewünschte Ergebnis haben) über den Klimawandel mit ähnlich absoluter Verbotsmacht gleich "präventativ" einschränken zu wollen - wer von der Richtigkeit (wofür es ja gute Argumente gibt) und vor allem von der Bedeutung des Klimawandels (bzw genauer seine Verhinderung) überzeugt ist, für den wirken "Diskussionen" darüber nicht einfach nur störend sondern unverantwortlich schädlich - hallo, es geht schließlich darum die Welt zu retten, was kann da wichtiger sein, wer kann da dagegen sein, und wer da nicht auf Linie ist, macht sich mitschuld am Weltuntergang.
Dass gerade fossile Energiefirmen auch mit gezielter Lobbyarbeit da aktiv sind, hinter denen erwiesenermaßen auch nicht allein der reine wissenschaftliche Erkenntnisgewinn sondern vor allem schnödes Eigeninteresse steht, lässt diese Bewertung ja durchaus nachvollziehbar erscheinen.
Was nun stattdessen genau die Eigeninteressen vom kleinen "Stefans Börsenblog" (mir unbekannt, ich lese es nicht, aber gerade da unter dem Originalartikel wäre ja deine schöne lange Replik doch am besten aufgehoben, oder?
In seinem geposteten Depot hat er jedenfalls keine Exxon, BP oder Shell-Aktie, von daher muss man bei der Motivsuche wohl noch etwas weiter nachboren) oder dem Finanzwesir sein sollen, anhand derer sie sich noch rausnehmen dazu auch nicht nur die "erlaubte" Meinung zu haben, tja das müsst ihr wohl unter euch selber ausknobeln...
Das Problem bei der "Klimakritik" ist ja auch, dass man auch da noch die Ehrlichkeit behalten sollte, die Positionen differenzieren zu können.
Ist ja nicht so als ob es da nur die böse pauschale Leugnerei gäbe. Man kann z.B. auch vom menschengemachten Klimawandel durchaus überzeugt sein, und dennoch nicht daher automatisch auch gleich vom Sinn und Nutzen jeder einzelnen Maßnahme die im Namen seiner Bekämpfung so angebracht wird, da wird es durchaus überall noch legitimen Diskussionsspielraum geben.

"Und die Bücher, die Sie hier anpreisen, nun ja, sie versprühen eben dieses Gift, das schon seit vielen Monaten in die Gesellschaft einsickert. Das, ja genau das ist nicht gut für unser Gemeinwesen."

Hast du die Bücher eigentlich mal genauer gelesen, bzw. dich mit den Autoren auseinandergesetzt?
Ich kann dich insofern "beruhigen" wenn dir das hilft, als dass die beide eher dem linken/progressiven Spektrum zuzuordnen sind (du weißt schon, das sind die guten Leute mit den richtigen Meinungen), also so ziemlich das Gegenteil von AfD und so.
Da sollte man es sich mit seinen Syllogismen auch nicht zu einfach machen - "die Rechten kritisieren die Medien, also ist jeder der die Medien kritisiert rechts" - sonst fällt man am Ende selbst noch drauf rein.
Genauso wie "die Rechten kritisieren die Medien, also müssen die Medien daher links sein" ebenso ein Kurzschluss ist.
Die Autoren setzen sich jedenfalls auch kritisch mit Begriffen wie "Lügenpresse" oder "Journalistenkaste" (letzteres übrigens von Journalisten selbst gesagt, die "dürfen das also", nur um mal den Seitenhieb auf den Wesir ("was erlaubst du Finanzblogger dir überhaupt, und weißt du was du damit anrichtest?") etwas zu entschärfen) auseinander und analysieren, mit welchen Methoden sich die Rechten dabei bedienen und was für Ziele sie damit verfolgen.
Das ist der "unproblematische" Teil, insofern als das ja "gegen Rechts" ist (und, wie beim Klimawandel, kann ja niemand gegen "gegen Rechts" sein).
Aber, und das muss man sich dann auch gefallen lassen, der kritische Blick wird eben auch auf den Journalismus selbst (ja, "den", ich weiß is' doof) gerichtet.
Und, hier ist das eben mit dem "nicht zu einfach machen", die Autoren machen das weder mit den selben Methoden wie die Rechten, noch verfolgen sie damit die selben Ziele wie die Rechten - im Gegenteil.
Da trotzdem gleich unreflektiert die Scheuklappen zu verschließen und versuchen mit "nein es gibt nichts zu kritisieren, man darf nicht kritisieren, und jeder der das trotzdem macht, hilft damit nur den Rechten/ ist ein Rechter." ist ironischerweise wohl die Haltung die den Rechten am meisten nützt (in dem sie am wenigsten zur die Auseinandersetzung mit bzw. Aufklärung beim Publikum beiträgt).

Ich glaube dir zum Beispiel gern, dass du eine aufrichtige Journalistin bist, die selbst nur der Wahrheit und den Fakten verpflichtet ist.
Warum auch nicht?
Ich gehe ja auch an meinen Job mit dem selben Anspruch ran, alles richtig und ordentlich machen zu wollen.
Aber um uns einzelne gehts dabei ja nicht, auch wenn die gekränkte "Berufsehre" sich so anfühlt. Wie gesagt, wer sich nicht erst seit dem Hochschwappen der Rechten mit dem Thema auseinandergesetzt hat, der wird sich erinnern dass die kritische Auseinandersetzung mit Medien vor allem ein linkes Betätigungsfeld war (und ist, auch wenn es in der öffentlichen Wahrnehmung so scheint als hätten die Rechten jetzt das Monopol drauf - und wie das kommt, tja siehe oben).
Da geht es zum Beispiel um die Analyse der Medien als Industrie - zB. welchen wirtschaftlichen Zwängen ist sie ausgesetzt, und wie wirken sich diese auf die Art und Ausgestaltung der transportierten Inhalte aus?
Wie unabhängig sind Journalisten wirklich, und vor allem vom wem eigentlich?
Und da ist die größte Problematik auch nicht die Politik oder die Ideologien (es hat auch niemand vernünftiges ernsthaft ein Problem damit dass ein konservativer Journalist eben nunmal konservativ ist, und ein linker Journalist halt links, sondern wie heißt es so schön, Diversität ist unsere Stärke), sondern schlichtweg der wirtschaftliche/finanzielle Druck, der Einfluss der Kapitalgeber, etc.
Da schließt sich jedenfalls auch der Kreis, den du mit deiner Frage aufmachst, was einen "Finanzblogger" berechtigt, sich über Medien auch Gedanken machen zu dürfen.
Wir alle hier haben zB. schon früher oder später mal die Erfahrung gemacht, dass die allermeisten kommerziellen Medien, die "uns" als Anleger bedienen wollen- also die "Finanzmagazine", etc. - bestenfalls unnütz und schlimmstenfalls schädlich sind.
Ich weiß ja nicht wie lang du schon hier mitliest, oder ob du überhaupt selber anlegst, aber das ist kein neues sondern ein ganz altes Thema.
Seit den ersten Beiträgen weist der Wesir darauf hin, dass nicht nur der böse Bankberater um die Ecke seine Eigeninteressen hat, sondern dass auch nicht alles was einem so in der "Focus Money" oder "Euro am Sonntag" empfohlen wird nur aus reiner journalistischer Verpflichtung mit dem Anspruch dem Publikum ehrlich helfen zu wollen geschieht.
Deren Fondsbewertungen und Anlagetipps sind wohl noch weniger vertrauenswürdig als ein Autotest der "ADAC motorwelt".
Wie gesagt, da gehts nicht drum das der einzelne Journalist selbst ein schlechter Mensch wäre (genauso wie es auch nicht um den einzelnen Bankkaufmann geht), sondern das "System" (uiuiui...) dahinter als solches verstehen zu können, also zB. warum es so ist dass die Redaktionen oft nur noch die verlängerte Werkbank der Marketingabteilungen der Industrie sind, und welcher Methoden und Wege sie sich bedienen um deren Auftrag zu erfüllen
("cui bono" ist dabei also nicht einfach nur "wem nützt es", sondern vor allem erstmal "wer bezahlt wofür").
Dazu brauch es noch nichtmal ein Studium der Kommunikationswissenschaften, die dafür ja ein Instrumentarium an Fachwörtern entwickelt hat mit dem man sowas professionell seziert, sondern dafür reichen schon die in der Laiencommunity verbreitete Aufklärung über "Finanzpornographie" und Wissen um die benutzten Angst/Gier-Mechaniken, um das vorbeugend zu durchschauen.
So, und tja, wer einmal angefangen hat, sich mit einer Ecke der Medien kritisch auseinanderzusetzen, der wird damit nicht aufhören, sondern das Gerlernte auch mal auf immer weitere Felder hinterfragen.
Ob dass dann alles immer auch nur in den gefälligen Bahnen abläuft, darüber kann man dann wieder im Diskurs (da ist er wieder) miteinander streiten, aber vom Grundsatz ist mir das als Meinungsfreiheit lieber als die Alternative, niemals mit dem eigenen Denken anzufangen bloß aus Angst dabei auch mal auf was "bedenkliches" zu stoßen.

"Um zu illustrieren, warum es eben nicht geht, unter dem Scheinargument der Meinungsvielfalt Unsinn im Internet zu verbreiten. Irgendjemand gibt es immer, der das liest und denkt: 'Naja, irgendwas wird schon dran sein.' Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein, wenn man an Tausende Leser Texte richtet."

Wie gesagt, das Problem ist halt, wer entscheidet was Unsinn ist und mit welcher Berechtigung meint er den für alle anderen auch regulieren zu können?
Soweit ich weiß ist "Unsinn" keine gesetzliche Kategorie, und es ist nicht verboten, ihn zu verbreiten.
Gegen richtige Verleumdung, Volksverhetzung und gewisse Gefühlsverletzungen kann man auch jetzt schon sehrwohl justiziabel vorgehen, und man kann sich ja gern drüber streiten ob/inwieweit das genug ist.
Aber Meinungsvielfalt an sich ist dabei kein "Schein"-Argument, sondern es ist das Argument.
Ich habe die Freiheit, das zu sagen was ich denke, und du hast genauso die Freiheit zu sagen, was du denkst (zB. genau die Freiheit, mir zu sagen warum das was ich sage doof ist, oder ich umgekehrt).
Der Alternative dazu, also dass wir beide unsere Freiheit dazu jeweils abgeben, an irgendeine Instanz die dann bemächtigt wird für alle vorzuschreiben was zu sagen erlaubt ist und was nicht, stehe ich gerade aus den geschichtlichen Erfahrungen die wir mit Zeiten der Meinungsfreiheit versus Zeiten der Bevormundung gemacht habe, doch eher skeptischer gegenüber.
Auch wenn es für den Augenblick mal verführerisch erscheint, sich sowas zu wünschen weil man glaubt es wird vor allem damit erstmal nur die eigene Meinung durchgesetzt und die unerwünschte weggedrückt, so kann sich das auch immer wieder mal ins gegenseitige umkehren.
Dann doch lieber einen "free marketplace of ideas", aber ich weiß, das ist ja mittlerweile auch schon ein anrüchiger Begriff bei Leuten, die "Märkten" generell misstrauen.
Wir können uns ja auch, wie bei den Wirtschaftssystemen, auf eine Mischform einigen: bestimmte wenige grundlegende Dinge mögen dabei staatlich geordnet sein, für den übrigen Rest gilt der freie Konkurrenzkampf der Ideen, im Vertrauen daran dass sich die besten schon unweigerlich durchsetzen werden.
Aber das kommt halt wohl auch immer ein bischen auf das Menschenbild an, das man mit sich rumträgt. Denn genauso könnte man auch das Argument der "Verantwortung" (böse ausgedrückt: lieber Selbstzensur, um auch ja den letzten Idioten da draussen noch vor seiner eigenen Dummheit zu schützen) als solchen "Schein" bezeichnen.
Denn die meisten Leute glauben ja auch tatsächlich an das was sie sagen, und tun nicht nur so aus irgendwelchen niederen Beweggründen welche man mit einem Appell an irgendwelche "Verantwortung" wieder auf die gewünschte Linientreue bringen würde, weil sie sich keiner "Schuld" (Unwahrheit gesagt zu haben) bewusst sind - sondern im Gegenteil, sie sehen es dann eher als ihre Verantwortung an, dass an was sie glauben auch weiter so zu sagen.

Naja, ums mal nicht noch mehr nur so philosophisch zu machen, zurück zum praktischen.
Der Wesir wird sicher nicht damit aufhören, das zu schreiben was er denkt, oder das zu verlinken was er für lesenswert hält (ich bins auch schon leid zu wiederholen, aber halt nochmal: ja, lesenswert ist nicht zu verwechseln mit nachahmenswert, und ja hier wird den Lesern immer noch die geistige Leistungsfähigkeit zugetraut, das beides von selbst unterscheiden zu können).
Die Diskussionen dazu gibt es ja mittlerweile auch schon seit einigen Wochenrückblicken, und ich sehe nicht, dass sich die (oft dargelegte) Meinung oder das Verhalten des Wesirs dazu geändert hatte.
Und - ich persönlich, als jemand der selbst in der Lage ist zu entscheiden was ich für richtig halte und dass mir auch nicht vom Wesir vorgeben lasse (und deshalb auch keinerlei Ansprüche an den Wesir richte, er solle sich daher nur an meine Denke richten) - finde das auch gut so.

Wer das nicht gut findet, der ist genauso "frei" (tjaja, da hamwers wieder), in der Kommentarspalte seine Sicht der Dinge dazulegen, also zu argumentieren warum X aus Grund Y eigentlich Z ist, oder so, also sich wirklich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen.
Das will der Finanzwesir ja wahrscheinlich auch damit, das regt das eigene Denken und den Austausch an, und davon haben alle was.
Zum Beispiel, um mal mit was lobendem zu schließen, dein Gegenbeitrag zu den Klimasachen ist gut, es geht auf die Sache ein und wir lernen was davon.
Super, so solls sein.
Der Wesir könnte vielleicht sagen, "Ziel erreicht", wenn er so verschmitzt ist.
Was jedoch nicht so gut wirkt, bzw. weils für keinen wirklich großen Erkenntnisgewinn weiterbringt, sind Gegenbeiträge die sich nur ums "das darfst aber du nicht sagen, wegen blublublub...." drehen wie bei den ersten Absätzen.
Ausser wenn man Bock hat auf langwierige Meta-Diskussionen (= man redet nicht mehr über ne bestimmte Sache an sich wirklich, sondern man redet darüber, wie geredet wird).
Großartig viel anderes gibts dazu auch nicht mehr sagen - Beschwerden und Verlangungen, in Zukunft bitte nur noch gefälliges zu posten, haben schon früher nicht gewirkt und es gibt keinen Anlass zu glauben dass sie das in Zukunft tun werden, genauso wie auch Ankündigungen oder Androhungen, die Seite zu verlassen und nicht mehr zu lesen mit einem mehr oder wenigen "Danke, tschüss!" beantwortet werden


slowroller sagt am 28. November 2018

Erstmal vielen Dank für die Links - vor allem auch, dass auch mal Quellen dabei sind, die zumindest ich noch nicht entdeckt habe.

Beim wirklich schwierigen und überaus wichtigem Thema Medienkompetenz/Medienkultur bin ich aber dann deutlich bei Sarah - danke für den ausführlichen Beitrag an dieser Stelle.
Von welchem Rand die aktuelle Ausprägung der Medienkritik kommt ist offenbar.
Bezeichnend ist auch, dass genau aus dieser Ecke oft gezielte Falschinformationen, Übertreibungen und Unwahrheiten kommen - seien es die Trendsetter im Weißen Haus, seihen es Putins Propagandaabteilungen zum Beispiel in Form von RT oder irgendwelche Sekten, die ihrerseits z.B. gegen Medizin poltern.
Alle haben eines gemeinsam: Sie lassen sich mit ein wenig Medienkompetenz widerlegen. Ganz einfach in den meisten Fällen. Diese Widerlegung ist doch auch der ganz normale Weg im Journalismus und bildet aus meiner Sicht ein sich selbst reinigendes System.
Wenn ich allerdings die Medien, die unaufgeregt Fakten nutzen und gleichwohl auch erst berichten, wenn Fakten recherchiert wurden, verächtlich gemacht werden, dann beginnt man am System zu rütteln. Will man das als halbwegs gebildeter Mensch wirklich, wohlwissend, dass es Menschen gibt, die dieser Abwägung nicht fähig sind?

Unbenommen ist übrigens auch, dass verschiedene Medien verschiedene Sichtweisen auf die Fakten haben. Da aber gerade diese Sichtweisen auf Fakten nicht als Meinung hingenommen sondern als Lügen dargestellt werden, wird genau diese Medienkritik obsolet.


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