19. November 2018


Thesaurierung extrem

Leser F. will wissen:

Bei thesaurierenden ETFs heißt es immer lapidar: "Dividenden werden im Fondsvermögen angelegt und nicht ausgeschüttet".
Wie muss ich mir das konkret vorstellen?

Der Finanzwesir antwortet

Wenn keine Dividenden auf dem Verrechnungskonto auftauchen, kann das zwei Gründe haben.

  1. Wiederanlage
  2. Thesaurierung

Wiederanlage

Hier werden die Erträge zunächst ausgeschüttet, dann aber in weiteren Papieren desselben Wertpapiers angelegt. Wiederanlage sieht aus wie Thesaurierung (kommt nix auf dem Konto an), ist aber in Wirklichkeit nur eine automatisierte Ausschüttung. Hier wächst mit dem Vermögen die die Zahl der Anteile.

Thesaurierung

Durchexerziert am Beispiel des DAX-ETFs von Xtrackers, WKN DBX1DA. Dieser ETF ist der größte thesaurierende Replizierer Deutschlands.
Per 31. Oktober 2018:

  • Fondsvolumen: 3.662.126.593 €
  • umlaufende Anteile: 33.303.192
  • Anzahl der Positionen: 30
  • Beginn der Dividendensaison 2018: ThyssenKrupp am 19.1.2018, Ende der Saison: 21.6.2018 mit Wirecard, Quelle.

Für das Fonds-Management bedeutet das: Erstes Halbjahr was tun, zweites Halbjahr ruh’n.

Wie sieht es denn nun aus im DAX-ETF?

Achtung Ungenauigkeit:

  • Die Zahl der Umlaufenden Anteile und das Fondsvolumen datieren vom 31. Oktober,
  • die Kurse der 30 DAX-Firmen vom 19. November und
  • die Dividenden kamen zwischen Januar und Juni 2018.

32 Daten munter vermischen. Xtrackers darf sich das nicht erlauben. Ich mach’s aber, denn für unser Beispiel ist es belanglos und es erspart mir eine Menge Buddelei nach historischen Zahlen.

Momentaufnahme: Diese Aktienzahl hält der ETF

Firma Gewichtung Fondsanteil Kurs Aktien im ETF
SAP 9,65% 353.395.216 € 92,05 € 3.839.166
Siemens 9,20% 336.915.646 € 100,94 € 3.337.781
Allianz 8,98% 328.858.968 € 191,10 € 1.720.874
BASF 7,12% 260.743.413 € 69,79 € 3.736.114
Bayer AG 6,53% 239.136.866 € 63,03 € 3.794.017
Deutsche Telekom 5,45% 199.585.899 € 15,22 € 13.113.397
Daimler 5,04% 184.571.180 € 50,54 € 3.651.982
Adidas 4,09% 149.780.977 € 204,50 € 732.425
Linde 4,00% 146.485.063 € 191,90 € 763.341
Munich Re 3,17% 116.089.413 € 192,55 € 602.905
Deutsche Post 3,00% 109.863.797 € 28,65 € 3.834.688
VW 2,94% 107.666.521 € 146,02 € 737.341
BMW 2,64% 96.680.142 € 74,69 € 1.294.419
Fresenius 2,43% 88.989.676 € 52,44 € 1.696.981
Deutsche Börse 2,36% 86.426.187 € 113,60 € 760.794
Vonovia 2,29% 83.862.698 € 42,59 € 1.969.070
E.On 2,21% 80.932.997 € 9,17 € 8.825.845
Infineon 2,16% 79.101.934 € 17,61 € 4.491.876
Henkel 1,95% 71.411.468 € 100,00 € 714.115
Wirecard 1,90% 69.580.405 € 146,60 € 474.628
Deutsche Bank 1,84% 67.383.129 € 8,72 € 7.727.423
Fresenius Medical Care 1,67% 61.157.514 € 69,96 € 874.178
Continental 1,64% 60.058.876 € 138,40 € 433.951
Merck 1,41% 51.635.984 € 97,10 € 531.782
RWE 1,15% 42.114.455 € 19,07 € 2.208.414
Covestro 1,11% 40.649.605 € 57,20 € 710.657
Lufthansa 1,07% 39.184.754 € 20,73 € 1.890.244
Beiersdorf 1,02% 37.353.691 € 93,08 € 401.307
HeidelbergCement 0,99% 36.255.053 € 60,78 € 596.496
ThyssenKrupp 0,90% 32.959.139 € 16,48 € 1.999.948

Das hat die Dividendensaison 2018 gebracht

Firma Dividende 2018 pro Aktie Dividendensumme brutto Abzgl. 15% Körperschaftsteuer
SAP 1,40 € 5.374.832 € 4.568.607 €
Siemens 2,70 € 9.012.010 € 7.660.208 €
Allianz 8,00 € 13.766.990 € 11.701.941 €
BASF 3,10 € 11.581.954 € 9.844.661 €
Bayer AG 2,80 € 10.623.246 € 9.029.760 €
Deutsche Telekom 0,65 € 8.523.708 € 7.245.152 €
Daimler 3,65 € 13.329.735 € 11.330.275 €
Adidas 2,60 € 1.904.306 € 1.618.660 €
Linde 3,70 € 2.824.360 € 2.400.706 €
Munich Re 8,60 € 5.184.985 € 4.407.238 €
Deutsche Post 1,15 € 4.409.891 € 3.748.407 €
VW 3,90 € 2.875.630 € 2.444.285 €
BMW 4,00 € 5.177.675 € 4.401.024 €
Fresenius 0,75 € 1.272.736 € 1.081.825 €
Deutsche Börse 2,45 € 1.863.945 € 1.584.353 €
Vonovia 1,32 € 2.599.173 € 2.209.297 €
E.On 0,30 € 2.647.753 € 2.250.590 €
Infineon 0,25 € 1.122.969 € 954.524 €
Henkel 1,79 € 1.278.265 € 1.086.525 €
Wirecard 0,18 € 85.433 € 72.618 €
Deutsche Bank 0,11 € 850.017 € 722.514 €
Fresenius Medical Care 1,06 € 926.629 € 787.635 €
Continental 4,50 € 1.952.781 € 1.659.864 €
Merck 1,25 € 664.727 € 565.018 €
RWE 1,50 € 3.312.621 € 2.815.728 €
Covestro 2,20 € 1.563.446 € 1.328.929 €
Lufthansa 0,80 € 1.512.195 € 1.285.366 €
Beiersdorf 0,70 € 280.915 € 238.778 €
HeidelbergCement 1,90 € 1.133.343 € 963.342 €
ThyssenKrupp 0,15 € 299.992 € 254.993 €
Summe   117.956.263 € 100.262.824 €

Die Fonds-Manager müssen gut 100 Millionen Euro an Dividenden thesaurieren.
Wie läuft das konkret ab? Das hängt vom Index und seinen Thesaurierungsregeln ab.
Beim DAX läuft’s so:

  1. SAP schüttet aus.
  2. Die Depotbank des ETFs zwackt 15% Körperschaftssteuer ab.
  3. Der Fondsmanager findet 4.568.607 € auf dem Girokonto und kauft dafür 49.632 SAP-Aktien.
  4. Die 49.632 SAP-Aktien werden jetzt hauchfein geraspelt und dann per Excel auf die 33.303.192 umlaufenden Anteile verteilt.
  5. Jeder ETF-Anteil ist danach um 0,0014903016 SAP-Aktien wertvoller.

So läuft das für die anderen 29 Firmen im DAX. Ok, für fast alle. Die paar Kröten von Wirecard bleiben auf dem Girokonto. Irgendwann ist ja auch mal gut mit dem operativen Wahnsinn.

Firma Dividende Neue Aktien Zuwachs pro ETF-Anteil
SAP 4.568.607 € 49.632 0,0014903016
Siemens 7.660.208 € 75.889 0,0022787223
Allianz 11.701.941 € 61.235 0,0018387021
BASF 9.844.661 € 141.061 0,004235666
Bayer AG 9.029.759 € 143.261 0,0043017287
Deutsche Telekom 7.245.151 € 476.028 0,014293776
Daimler 11.330.274 € 224.184 0,0067316161
Adidas 1.618.659 € 7.915 0,0002376711
Linde 2.400.706 € 12.510 0,0003756455
Munich Re 4.407.237 € 22.889 0,0006872853
Deutsche Post 3.748.407 € 130.834 0,003928586
VW 2.444.285 € 16.739 0,0005026361
BMW 4.401.024 € 58.924 0,001769316
Fresenius 1.081.825 € 20.630 0,0006194533
Deutsche Börse 1.584.353 € 13.947 0,0004187818
Vonovia 2.209.296 € 51.874 0,0015576165
E.On 2.250.590 € 245.430 0,0073695552
Infineon 954.523 € 54.203 0,0016275767
Henkel 1.086.525 € 10.865 0,0003262527
Wirecard 72.618 € 495 1,48738906050066E-005
Deutsche Bank 722.514 € 82.857 0,0024879632
Fresenius Medical Care 787.634 € 11.258 0,0003380564
Continental 1.659.864 € 11.993 0,0003601228
Merck 565.017 € 5.819 0,0001747258
RWE 2.815.727 € 147.652 0,0044335757
Covestro 1.328.929 € 23.233 0,0006976218
Lufthansa 1.285.365 € 62.005 0,0018618367
Beiersdorf 238.777 € 2.565 7,70285779178796E-005
HeidelbergCement 963.341 € 15.850 0,0004759199
ThyssenKrupp 254.993 € 15.473 0,000464607

Was bedeutet eigentlich dieses komische "E-005"? Das Excels Art zu sagen: "Lass mich doch mit mit diesem homöopathischen Scheiß in Ruhe".
Excel kapituliert vor den ganzen Nullerkollonnen und flüchtet sich in die wissenschaftliche Dezimalschreibweise: "Wirecard = 1,48 mal zehn hoch minus fünf" heißt auf Deutsch: "praktisch nix".
Das als Botschaft für alle, die so ganz arg auf Thesaurierer stehen. Ja, Thesaurierer zinseszinsen besser als Ausschütter. Aber bis aus "1,48 mal zehn hoch minus fünf" eine Kugel Eis geworden ist, vergehen ein paar Jahre. Das ist "Opa kauft Dir ein Eis" und nicht "Papa kauft Dir ein Eis".

Aber ich habe noch nicht fertig! Der STOXX thesauriert anders. Nach den STOXX-Regeln wird jede ankommende Dividende prozentual aufgeteilt und dann wird der ganze Index einmal gekauft. Kleines Beispiel: Die ersten zehn Positionen des STOXX Europe 600.

Unser ETF kommt von Xtrackers. Der ETF mit der WKN: DBX1A7 ist der größte replizierende Thesaurierer in Deutschland. Quelle für alle Zahlen (per 19.11.2018): STOXX Europe 600

  • Fondsvermögen: 1.660.000.000 €
  • umlaufende Anteile: 21.452.634
Firma Gewichtung Fondsanteil Kurs Aktien im Fonds
Nestle 2,90% 48.140.000 € 73,42 € 655.680
Novartis 2,51% 41.666.000 € 76,90 € 541.821
Roche 1,97% 32.702.000 € 217,60 € 150.285
HSBC 1,91% 31.706.000 € 7,34 € 4.319.619
Total 1,71% 28.386.000 € 49,67 € 571.492
Royal Dutch Shell 1,59% 26.394.000 € 26,89 € 981.554
BP 1,51% 25.066.000 € 5,94 € 4.219.865
SAP 1,27% 21.082.000 € 92,05 € 229.028
Sanofi 1,15% 19.090.000 € 79,10 € 241.340
Asteazeneca 1,14% 18.924.000 € 70,22 € 269.496

Wie geht der Xtrackers-Manager vor?

  • SAP schüttet aus. 1,40 € pro Aktie.
  • Der ETF besitzt 229.028 SAP-Aktien: Macht 320.639 € Dividende.
  • Abzüglich 15% Körperschaftssteuer: Bleiben 272.543 €, die thesauriert werden müssen.

Jetzt einmal den ganzen Index gekauft.

Firma Gewichtung SAP-Anteil neue Aktien Zuwachs pro ETF-Anteil
Nestle 2,90% 7.904 € 108 5,01808451986519E-006
Novartis 2,51% 6.841 € 89 4,14669158905762E-006
Roche 1,97% 5.369 € 25 1,15016908267867E-006
HSBC 1,91% 5.206 € 709 3,30591483607366E-005
Total 1,71% 4.660 € 94 4,37377365728941E-006
Royal Dutch Shell 1,59% 4.333 € 161 7,51208816331053E-006
BP 1,51% 4.115 € 693 3,22957114726134E-005
SAP 1,27% 3.461 € 38 1,75280773987E-006
Sanofi 1,15% 3.134 € 40 0,000001847
Asteazeneca 1,14% 3.107 € 44 2,06252100595808E-006

Wie lese ich diese Tabelle?
Nestle hat eine Gewichtung von 2,9% im ETF. Also werden 2,9% der SAP-Dividende in Nestle-Aktien investiert. Das sind 7.904 Euro. Bei einem Kurs von 73,42 Euro kann der Fonds-Manager davon 108 Nestle-Aktien kaufen.
Die 108 Aktien muss er dann auf die 21.452.634 umlaufenden Anteile verteilen. Da bleibt pro ETF-Anteilsschein nicht viel übrig. Das will uns die "Zehn hoch minus sechs"-Spalte sagen.
Interessant oder? Ein milliardenschwerer Fonds kauft für knapp 8.000 € Nestle-Aktien. Irgendwie Peanuts-Business.

Fazit

Egal ob STOXX oder DAX:

  • Die Zahl der ETF-Anteilsscheine ändert sich nicht.
  • Jede Dividende pimpt den ETF-Anteilsschein zwischen ein paar Millionstel (10-6) und einigen Tausendstel (wenn Excel noch "0,00 irgendwas" anzeigt).
  • Operativ ist das Ganze ein Lavieren zwischen
    • Scylla: sofort kaufen, hohe Transaktionskosten für Minibeträge => Tracking-Error hebt sein schaurig’ Haupt.
    • und Charybdis: Dividende horten, Blockkäufe, Geld lungert unverzinst auf dem Girokonto => Tracking-Error hebt sein schaurig’ Haupt.
  • Ein Swapper ist da einfach eleganter. Einmal getauscht statt sechshundertmal gekauft.

Es ist so, dass selbst Ausschütter teilweise zwischenthesaurieren, weil sie sich keine Abweichung vom Index leisten können. Bei hart umkämpften Indizes muss der Tracking-Error praktisch Null sein, sonst ist der ETF nicht mehr verkäuflich.
Deshalb wird sich auch kein Anbieter in die Karten schauen lassen und zeigen, welche operativen Tricks er bei der Thesaurierung anwendet.
Grundsätzlich läuft es aber wie oben beschrieben.

PS

Wie kommt den die Dividende zum ETF? Genauso wie beim ausschüttenden ETF.

(awa)

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Kommentare

Matthias sagt am 21. November 2018

„Tracking-Error hebt sein schaurig’ Haupt.“

Man darf deine Artikel echt nicht lesen, wenn man gerade Kaffee trinkt.
Ich habe hier ein Unglück angerichtet vor Lachen. Danke! :-)


Karl sagt am 21. November 2018

Mal eine, vermutlich, ziemlich dämliche Frage.
Wenn ich einen ausschüttenden ETF besitze und die Ausschüttungen sofort wieder anlege, komm ich dann im Ergebnis auf das gleiche wie mit einem Thesaurierer?
Übersehe ich was?


Jan sagt am 22. November 2018

Mir stellt sich bei den unterschiedlichen Modellen zur Wiederanlage der Dividenden die Frage, ob das überhaupt ein Unterschied macht und ob die Methode des DAXes nicht völlig unsinnig ist.

Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es zwei Varianten:

  1. Dividenden werden stets in das ausschüttende Unternehmen investiert.
  2. Dividenden werden entsprechend der Gewichtungsmethode (meist FreeFloat Marktkapitalisierung) verteilt.

Die erste Variante erscheint plausibel, da der Anteil der Werte nach der Ausschüttung etwa gleich bleiben müsste. Jedoch gehe ich davon aus, dass die nächste Indexanpassung wieder zu einer Verteilung wie bei 2. müsste.

Zur Vereinfachung mit einfachen Zahen (zwei Unternehmen, je 100 Aktien im Fond, gleiche Wert zu Beginn):

  • U1: Kurs 100, 100 Aktien, keine Dividende (50% Fondanteil) => 10.000
  • U2: Kurs 100, 100 Aktien 10% Dividende (50% Fondanteil) => 10.000
  • Dividende insgesamt 1000

Variante 1:

  • U1: Kurs 100 => 10.000
  • U2 Kurs 90 + 10 Cash wird reinvestiert => ~111 Aktien a 90 => 10.000

Variante 2:

  • U1: Kurs 100 => 100 + ~5,3 (100/190x1000) neue Aktien a 100 => 10.530
  • U2 Kurs 90 => 100 + ~5,2 (90/190x1000) neue Aktien a 90 => 9.470

Nehmen wir jetzt an, jedes Unternehmen hat 1 Mio Aktien auf dem Markt. Egal welche Variante der Wiederanlage genutzt wird, entspricht der Anteil der Unternehmen jetzt:

  • U1: 100x1.000.000 / (100x1.000.000+90x1.000.000) = 52,6%
  • U2: 90x1.000.000 / (100x1.000.000+90x1.000.000) = 47,4%

Was der Gewichtung von Variante 2 entspricht, wenn der Index wieder auf Marktkapitalisierung zurückgesetzt wird.

Von daher würde die Variante 1 eigentlich überhaupt keinen Sinn machen, es kommt auf's gleiche raus - bei höheren Transaktionskosten.
Nachdem ich es aufgeschrieben habe, fällt mir doch noch eine Erklärung ein.
Gewichtet der DAX evtl. garnicht nach aktueller Marktkapitialisierung sondern verkettet erstmal auf Basis des Einzelwertes alle Dividenden mit der Kursentwicklung und gewichtet nach dem was da rauskommt?
Das würde ja bedeuten, dass Unternehmen, die in der Vergangenheit sehr hohe Dividenden ausgeschüttet haben, inzwischen ein deutlich höheres Gewicht haben, als es der Marktkapitalisierung entspricht.


Finanzwesir sagt am 22. November 2018

@Karl:

"Wenn ich einen ausschüttenden ETF besitze und die Ausschüttungen sofort wieder anlege, komm ich dann im Ergebnis auf das gleiche wie mit einem Thesaurierer?

Im Gossen und Ganzen ja. In der Praxis ist die Besteuerung etwas unterschiedlich und es fallen Transaktionskosten an. Wenn man diese Praxiseffekte weglässt, so wie es bei der Total-Return-Betrachtung wird, dann liefern Ausschütter und Thesaurierer die gleiche Performance.

  • Ausschütter: Gibt 2 € Ausschüttung pro ETF-Anteilsschein, der bei 100 € notiert. Nach der Ausschüttung hst Du 2 € auf dem Konto und der Kurs Deines ETF- Anteilsscheins ist auf 98 € gesunken. Da Du 49 ETF-Anteile hast, bekommst Du 49 mal 2 € = 98 €. Die nutzt Du, um geschwind einen weiteren Anteil zu kaufen. Du hast jetzt 50 Anteile zu je 98 €, macht ein 4.900 € in Summe

-Thesaurierer: Das Vermögen bleibt im ETF, der Kurs sinkt nicht. Du hast 49 Anteile zu je 100 €, macht 4.900 € in der Summe.

Nennt sich Total-Return. Performance = Kursgewinn plus Ausschüttung. Diese Betrachtung erlaubt überhaupt erst die Vergleichbarkeit von Thesaurierern und Ausschüttern. Bei reiner Kurspreisbetrachtung würde der Ausschütter recht fix hinterherhinken.

@alle:

  • Der ETF schuldet die Indexperformance. Wie er das macht ist seine Sache. Kein ETF-Management wird sich da zu 100% in die Karten schauen lassen.
  • Egal on Thesaurierung oder Ausschüttung: Wird alles erst einmal auf die 801 € Freibetrag angerechnet. Wer weniger als 35.000 € in ETFs hat erreicht die 801 € sowieso nicht und muss sich darüber keine Gedanken machen.

Gruß
Finanzwesir


Joerg sagt am 22. November 2018

Albert, sind es nicht sogar 801 / 0,7 (Teilfreistellung) / 0,023 (2,3% Ausschuett.70 / 30 World / EM) = 49.750 EUR ?


Anna sagt am 18. Januar 2019

Wir dürfen den Vorsteuerabzug auf den jährlichen Buchwertzuwachs bei thesaurierenden Fonds (gültig ab 2018) nicht vergessen.

Wenn der Fonds dieses Jahr einen Wertzuwachs (Dividenden + Kursgewinne) ausweist, wird der vorab besteuert, schmiert mir im Folgejahr der Kurs ab, heißt das keinesfalls, dass ich meine Steuer aus dem Vorjahr wiederbekomme. Ganz klassisch also: bei Gewinnen hält der Fiskus die Hand auf, auf Kosten und eingetretenen Risiken bleibt der Anleger sitzen.

Nehme ich wissend in Kauf, aber auf Buchwerte?!? Nicht wenn ich es verhindern kann. Ab jetzt gibt es für mich daher nur noch ausschüttende Fonds.


Joerg sagt am 25. Januar 2019

Hi Anna, wenn du noch Sparerfreibetrag uebrig hast, must du keine Vorabpauschale bezahlen bis zu hohen 6stelligen Depotvolumina (so lange der Basiszinssatz so tief herumduempelt, 2018 0,87%).
Wenn der Sparerfreibetrag ausgeschoepft ist, zahlst du ab Sockelueberschreitung 18,46% Steuern auf Dividenden auf aussch. Aktien-ETFs. Also bei ca. 2,4% Ausschuettungen (70/30 World/EM) ca. 0,44% Steuern auf den Depotwert ueber dem Sockel.
Bei Thesaurierern zahlst du zZ ca. 0,14% Vorabpausch. auf den Depotwert (aber nur, wenn es ein positives Jahr wird). Also 0,3% p.a. weniger als mit Ausschuettern.
Deshalb vermeide ich pers. inzwischen die tollen Vanguard-Ausschuetter und nehme zB iShares Thesaurierer! LG Joerg


Daniel sagt am 08. April 2019

Hallo Joerg,
ich möchte den meiner Ansicht nach berechtigten Punkt von Anna nochmals aufgreifen.
Es kann doch nicht wirklich sein, dass wir jahrelang Steuern vorab zahlen (im Fall von Kursgewinnen) und dann durch eine heftige Kurskorrektur z. B. wieder bei Null beginnen müssen, ohne die vorab gezahlten Steuern rückerstattet zu bekommen (da es ja keinen Zufluss von Gewinnen gibt).
Lediglich für das letzte Jahr mit den Verlusten müssen keine Steuern vorab gezahlt werden. Mit den gestundeten Steuernzahlungen bei Thesaurierern (VOR der Reform) war das meines Wissens nach "fair": gab es zum späteren Zeitpunkt des Verkaufs keinen Gewinn (wegen Crash etc.), dann mussten auch keine Steuern gezahlt werden. Andernfalls natürlich schon, klar.

Somit hält der Fiskus neuerdings wirklich bei Gewinnen schön die Hand auf, aber lässt die Anleger im Fall der oben genannten Konstellation im Regen stehen.
Oder übersehe ich hier etwas?
Und würde es da nicht mehr Sinn machen, ggf. auf ausschüttende Fonds mit Wiederanlage auszuweichen, um deren jährliche Gewinne wenigstens zu realisieren/sichern, statt sich über reine Buchgewinne bei den Thesaurierern zu freuen, die u. a. mangels Erhöhung von Fondsanteilen auch ganz schnell wieder verloren sein können?

Zu deinen Quellen:
Deine Rechnung entspricht nicht ganz dem, was auf den verlinkten Websites angegeben wird (eine Beispielberechnung gibt es genaugenommen ja auch nur auf der Finanztip-Seite).
Du vergleichst nicht den gesamten Vorgang inkl. Verkauf, sondern nur die Zahlen der Haltedauer (ohne es jetzt exakt nachzurechnen). Originalzitat Finanztip: [...] Setzt man die gesamte Steuerlast ins Verhältnis zum gesamten Ertrag, ist das Ergebnis bei beiden Fonds gleich: Der Steuersatz, der rein auf Anlegerebene anfällt, liegt in beiden Fällen bei rund 18,5 Prozent.[...]

Und die genannte geringere Gesamtrendite bei den Ausschüttern würde ich persönlich als Investition zur Absicherung von Buchgewinn-Verlusten und dem damit einhergehenden Verbrennen der vorab gezahlten Steuern ansehen. Was meinst du?

Beste Grüße
Daniel


Joerg sagt am 08. April 2019

Moin Daniel, danke fuer deine Fragen.

" Es kann doch nicht wirklich sein, dass wir jahrelang Steuern vorab zahlen (im Fall von Kursgewinnen) und dann durch eine heftige Kurskorrektur z. B. wieder bei Null beginnen müssen, ohne die vorab gezahlten Steuern rückerstattet zu bekommen (da es ja keinen Zufluss von Gewinnen gibt).“

So ist es seit 1.1.18. dafuer gibt’s 30% Teilfreistellung auf Ausschuettungen und Kursgewinnrealisierung (Einzelaktien-Anleger bekommen nix). Aber ist es schlimm? Oder schlechter als zu vor? Vielleicht hilft ein xlsx-Vergleich?
Dazu sollte aber vorher ein realistisches Szenario entworfen werden: Was interessiert dich genau (am besten pers. Situation)?

Also wie soll gerechnet werden? Ab einem Depot mit Ausschuettern ueber 50k oder mit einem Depot mit Thesaurierern ab 190k oder einer Mischung aus beiden?
Mit welchem Basiszins soll die Vorabpauschale gerechnet werden? Es handelt sich ja um die Zukunft! (ich „rechne“ mit ca. 0,1% p.a. fuer die naechsten 10 Jahre: in 7 von 10 Jahren wird sie faellig, 0,14% x 7 Jahre durch 10 Jahre ~ 0,1%)
Aber egal welche Details du waehlst, mit Ausschuetternn zahlst du IMMER in 10 von 10 Jahren brav deine 18,5% Steuern auf die Ausschuettungen (Einzelaktien-Halter zahlen 26,4%).
Mit Thesaurierern zahlst du erstmal nur eine Vorabpauschale (und nur, wenn du ueber der wesentlich hoeheren Schwelle fuer den SPB liegst). Also nach 10 Jahren hast du definitiv viele Tausend EUR mehr Steuern mit Ausschuettern gezahlt.
Nach einem Crash willst du ja nicht verkaufen, sondern haelst das Depot weiter bis zur Entnahme im Alter (siehe Frugalisten.de Entnahmestrategien)?

"würde es da nicht mehr Sinn machen, ggf. auf ausschüttende Fonds mit Wiederanlage auszuweichen, um deren jährliche Gewinne wenigstens zu realisieren/sichern".

Nur wenn du Patriot bist.
Ich stelle mir immer vor, dass mit meinen Steuern nur gute Sachen bezahlt werden (Schulen, Sozialhelfer, Polizei, Grenzbeamte …) und nie schlechte … ;-). = Positiv gelebte, mentale Kontofuehrung!

"Du vergleichst nicht den gesamten Vorgang inkl. Verkauf, sondern nur die Zahlen der Haltedauer (ohne es jetzt exakt nachzurechnen)."

Ja, klar, der Plan ist, ab Entnahme nur so viel zu entnehmen, wie zum Aufhuebschen unseres Lebens gebraucht wird (2-3% vom Depot/Jahr?). Und zwar so, dass thes. Kursgewinne max. in die Zukunft verschoben (ggfls sogar verrerbt/gestiftet) werden. (zB https://frugalisten.de/jahresbericht-2018-teilzeitwoche-medienboom-sechsstelliges-vermoegen/#comment-54757 )
Die Idee, mit 65 Jahren das ETF-Depot aufzuloesen ist m.E. surreal/die abs. Ausnahme?

"Und die genannte geringere Gesamtrendite bei den Ausschüttern würde ich persönlich als Investition zur Absicherung von Buchgewinn-Verlusten und dem damit einhergehenden Verbrennen der vorab gezahlten Steuern ansehen."

Tut mir leid, verstehe ich nicht.
Ein 50% Crash trifft doch beide Depots (Aussch./Thes.) gleich? Egal, ob du jedes Jahr einen Teil ausgeschuettet & versteuert bekommst und weniger wieder anlegst? TEMPORAER ist dann die Haelfte weg (auf dem Papier)?!
Aber das wurde i.d.Vergangenheit immer schnell wieder aufgeholt. In der Ansparphase sogar ziemlich fix, da man ja dann auch guenstig neue Anteile erwerben kann.
Schreib‘ ruhig ausfuehrlicher (m. Bsp), wenn ich dich falsch verstanden habe.

Steuern sind oft ein Tabu. Weiss nicht genau, weshalb?
Auch im letzten Podcast von Albert, Daniel, Gerd und Christian wurde nicht naeher darauf eingegangen, obwohl seit 01.01.18 eine strukturelle Bevorzugung von ETFs/Abweichung von der steuerlichen Gleichbehandlung von Einzelaktien vs. ETFs besteht (Weltportfolio: Einzelaktien zu thes.ETFs ca. 0,5-0,7% p.a. [2,3% Ausschuettung x 0,264] bei DividendenDepots uebrigens erheblich mehr! da kann der NACHTEIL viel groesser sein, als die 1,5% p.a. fuer die "poehsen Helden": https://www.finanzkueche.de/dirk-mueller-premium-aktien-fonds/#comment-26515 )

Will man da keine schlafenden Hunde wecken?
Naja, mir ist’s recht … sonst muesste die Allgemeinheit ja die Steuern mehr zahlen, die jetzt die Ausschuetter-ETF-Anleger und Einzelaktien-Anleger zahlen?
LG Joerg


CarstenP sagt am 08. April 2019

don't let the tax tail wag the investment dog

Joerg hat ja recht, dass man nicht unnütz Steuern zahlen sollte, wegen z.B. Dividendenfokus. Nur nicht vergessen, mit dem Thesaurierer vermeidet man keine Steuern sondern stundet sie nur. Das ist natürlich effizienter als jedes Jahr all seine Gewinne zu versteuern, aber nur unter der Bedingung, dass nach der nächsten Steuerreform die Steuerlast nicht versehentlich höher liegt...

So ist es seit 1.1.18. dafuer gibt’s 30% Teilfreistellung auf Ausschuettungen und Kursgewinnrealisierung (Einzelaktien-Anleger bekommen nix).

Ich denke Einzelaktien-Anleger können dafür weiterhin Quellensteuern anrechnen, was mehr als nix ist. Allerdings scheint die 30% Teilfreistellung auf Kursgewinne ein klarer Steuervorteil für Aktien-Fonds zu sein, mal sehen wann diese "Ungerechtigkeit" wieder abgeschafft wird. :(


Gordon sagt am 09. April 2019

@CarstenP

"Ich denke Einzelaktien-Anleger können dafür weiterhin Quellensteuern anrechnen, was mehr als nix ist."

Nach meinem Wissensstand zahlen in Irland aufgelegte Fonds auf US Aktien auch keine Quellensteuer. Die Teilfreistellung erhält der deutsche Anleger für den Fonds trotzdem.
Das ist ein Steuervorteil den Jörg oft anspricht.


Joerg sagt am 09. April 2019

Leider nicht Gordon. Es ist kompliziert:

In IE aufgelegte ETFs zahlen nur 15% Quellensteuer auf US-Aktien (wie potentiell dtsch Privatanleger mit US-Aktien).
In LU oder FR oder D, CH aufgelegte zahlen 30%. Deshalb haben IE-ETFs einen potentiellen Wettbewerbsvorteil.
Bzw bei den anderen droht mittelfristig eine Umdomizilierung (falls keine Swaps)? Das ist aber Spekulation.
https://frugalisten.de/hosen-runter-hier-kommt-mein-investment-portfolio/#comment-35325

Der Vorteil eines IE-ETFs mit US-Aktien (also MSCI World, S&P500, Nasdaq etc) hat zunaechst NUR der ETF. Nicht du als Anleger.
Der ETF liefert dir (bisher) nur die Net-Return-Rendite und die wird (leider) mit max. Quellensteuer berechnet (also 30% auf US-Aktien-Ausschuettungen).
Die Quellensteuer ist aber je nach Land unterschiedlich geregelt (von 0-35% ist alles dabei). Manche (UK) nehmen keine Q-Str (also auch keine Erstattungsvorteile) andere wie Italien oder frueher Frankreich machten Aerger (Kosten, dauert lange) so dass es sich fuer kleine Depots nicht lohnt die QStr anrechnen zu lassen.
Fuer solche Depotanteile ist dein World-ETF "effizienter".
https://www.finanzwesir.com/blog/etf-steuerleck

Der dtsch Privat-Anleger von US-Einzelaktien kann sich die in den USA gezahlte Quellensteuer von seiner Bank anrechnen lassen.
D.h. bei den Ausschuettungen ist der US-Einzelaktien-Halter gut aufgestellt. Aber dafuer gibt's im Fonds Teilfreistellung; sowie die Ausschuettungen sind langfristig weniger wichtig als die Teilfreistellung auf Kursgewinne.
Das hob CarstenP heraus.

Ich meinte oben tatsaechlich, dass v.a. Dividenden-Strategien (egal ob Einzel-Aktien oder ausschuettende ETFs) deutlich steuerlich nachteilig sind. Der steuerliche Nachteil von ausschuettenden ETFs (zB MSCI World) gegenueber thesaurierenden ETFs ist nicht besonders hoch und wird erst relevant, wenn dein Depot jenseits der 100k Schwelle liegt.

Das liegt in der Sockelwirkung der Sparerfreibetraege begruendet. Solange noch nicht ausgeschoepft, gibt's keinen Unterschied.
Wenn ausgeschoepft, baut sich der Unterschied trotzdem erst langsam auf.
Je weiter in der Zukunft, umso mehr macht der Zinseszins auf die gestundete Steuer aus (nur 81,5% vom Ertrag der gestundeten Steuer darfst du auch "behalten").
Und dies ist der Grund, weshalb das Steuerregime, so wie es seit 1.1.2018 ist, schon ein paar Jahre halten sollte, damit da an Zinseszins auf die gestundete Steuer etwas zusammen kommt.

Wir sparen(stunden) zZ einen niedrigen 4stelligen Abgelt.Str.Betrag pro Jahr mit tETFs. Bei durchschn. 7% nom. Rendite macht das dann fast einen dreistelligen Betrag aus, den wir als Stundungs-Gewinn (virtuell) „einstreichen“.
Da aber unser Depot noch in der Ansparphase ist und noch (hoff.) weiter steigt, wird das jedes Jahr mehr (exponentiell, wie halt der Zinseszins wirkt).

In der Praxis sieht es so aus: Entweder du hast schon ein grosses Depot (zB aETFs oder tETFs und/oder/nur Einzelaktien) dann bist du mit den aufgelaufenen Kursgewinnen "gefangen", d.h. die Umschichtung kommt wegen Steuern auf die Kursgewinne nicht in Frage.
Vor 2018 waren fuer Privatanleger nur Swapper interessant. Auslaendische thesaurierende Replizierer hatten keinen steuerl. Vorteil gegenueber Ausschuettern so wie jetzt.
Oder du bist noch Kleinsparer mit wenigen zigtausend Euronen, dann betrifft es dich (noch) nicht.
Fuer diese schreib' ich das jedoch immer: "Augen auf bei der ETF-Wahl".
Zu recht unken dann alle Veteranen: "Ha, ha, wart' mal ab, ob du auch die Fruechte deiner Anstrengungen/Winkelzuege geniessen kannst ..." Denn die Regel-Macher des Spiels lassen sich schon 'was einfallen, wenn das Schwein fett ansetzt ... ;-)

Von daher spieltheoretisch: WEHE NOCH EINER VERSUCHT MIT THESAURIERERN STEUERN ZU STUNDEN. Nur wenn wir wenige und Ausnahmen bleiben, kann es gelingen ...


CarstenP sagt am 09. April 2019

@Gordon

Das stimmt so nicht ganz: In Irland aufgelegte Fonds zahlen nur 15% statt 30% Quellensteuer auf US-Dividenden. Ein Einzelaktien-Anleger kann sich meines Wissens nach die gezahlte Quellensteuer anrechnen lassen, zur Kompensation gibt es die Teilfreistellung für Fonds.
Die Teilfreistellung wirkt aber auch auf Kursgewinne bei Fonds, was tatsächlich ein Steuervorteil zu sein scheint, den ich auch dankend annehme... ;)


Gordon sagt am 10. April 2019

@Jörg, CarstenP:
Danke für die Richtigstellung! Ich hatte da etwas falsch abgespeichert.
Thesaurierer halte ich auch zumindest für mich persönlich vernünftiger, da ich die Vorabpauschale mit frischem Geld bezahle und ich somit meine Sparrate ungewollt erhöhe. Außerdem sind die Kursgewinne rein optisch höher und die Zahlen werden beim Absturz nicht so schnell rot. Ich weiß, das ist alles nur Psychologie aber es hilft.

Gruß
Gordon


BF sagt am 11. April 2019

Aber egal welche Details du waehlst, mit Ausschuetternn zahlst du IMMER in 10 von 10 Jahren brav deine 18,5% Steuern auf die Ausschuettungen (Einzelaktien-Halter zahlen 26,4%).

Joerg, kleiner Denkfehler: Seit 1.1.2018 führen Fonds, egal wo aufgelegt und egal ob thesaurierend oder ausschüttend, pauschal 15 Prozent der Erträge direkt auf Fondsebene an den Fiskus ab. Die Teilfreistellung an Anleger wird gewährt, um das auszugleichen, das ist kein Bonus gegenüber Einzelaktien.

Beim Fonds werden 85 % der Erträge an den Anleger ausgeschüttet, davon Teilfreistellung: 30% von 85 % = 25,5%

85 % minus 25,5% = 59,5 %. Auf diese 59,5% der Erträge sind (ohne Kirchensteuer) 26,375% Kapitalertragsteuer & Solidaritätszuschlag zu zahlen.

26,375% von 59,5% = 15,69 %. Hinzuzuzählen sind nun die 15% der Besteuerung auf der Fondsebene: Die Gesamtbesteuerung beläuft sich auf 30,69 %.

Bei der Einzelaktie beläuft sich die Gesamtbesteuerung lediglich auf 26,375%. (Gilt natürlich nur für deutsche Aktien bzw. die aus Ländern, wo die Quellensteuer voll anrechenbar/rückholbar ist).

Die 15% Pauschalbesteuerung auf Fondsebene ist nicht anrechenbar, selbst wenn der Anleger den Freibetrag von 801 Euro noch nicht erreicht hat. D.h. auch dem Kleinsparer, der gerade mal ein paar Sparraten eingebucht hat, werden seit 2018 die Ausschüttungen um 15% gekürzt.

Das eigentliche Schmankerl ist irgendwann in der Entsparphase die Teilfreistellung der Kursgewinne bei Fonds.


Joerg sagt am 12. April 2019

Moin BF, auch hier ist es komplizierter:

(weisst du ja selbst). Es ist wieder ein Apfel- (breit ETFs) mit Birnen-Vergleich (Einzelaktien-Depots: va US-Aktien und ein paar BlueChips aus quellensteuereinfachen Laendern, die in Summe schlechter diversifizieren?!).

Hier ein Trick, den Satz oben im Detail "korrekter" zu machen: "fuer einen UK-ETF (100% UK-Aktien) gilt: mit Ausschuettern zahlst du IMMER in 10 von 10 Jahren brav deine 18,5% Steuern auf die Ausschuettungen (Einzel-Aktien-Halter zahlen 26,5%)"

Deine wertvolle und richtige Rechnung unten ist dagegen der Fall fuer Aktien, bei denen Du gut/arbeitsarm die Quellensteuer erstattet bekommst (USA - wie du auch schreibst).
Wenn es aber kompliziert/aufwaendig (FR/I/EM/...) ist oder es dann nur ein paar Kroeten ausmacht, ist es wohl Usus, dass Privatanleger sich die Quellensteuerrueckerstattung schenken und dadurch auch MEHR als 26,5% Abzuege haben, oder?
Deshalb wuerden vermutlich ein Gross der Einzel-Aktien-Anleger nicht nur bei der Kursentwicklung sondern auch bei der gesamtsteuerl. Betrachtung mit ETFs guenstiger abschneiden?
(letztendlich geht's nur um die Realrendite des gesamten Vermoegens also alle Assets minus alle Kosten und alle Steuern sowie nach Inflation).

Aber das war ja auch nur die kleine Spitze gegen Einzel-Aktien-Anleger ;-). Bist du einer davon?
Die Hauptsache ist die 30% TF auf Kursgewinne bei ETFs (wie du auch schreibst).

Eine Frage zu Deiner Aussage:

"Seit 1.1.2018 führen Fonds, egal wo aufgelegt und egal ob thesaurierend oder ausschüttend, pauschal 15 Prozent der Erträge direkt auf Fondsebene an den Fiskus ab."

Das meinst du sicher so, oder?: fuer deutsche Aktien gehalten in dtsch Fonds/ETFs ist dies seit 1.1.18 neu (Abschaffung der Ungleichbehandlung) In auslaendischen Fonds/ETFs wurde schon immer 15% von dtsch Dividenden beim dtsch Fiskus belassen, oder?
(Und fuer den UK-ETF gilt eben nicht, dass 15% "egal wo aufgelegt und egal ob thesaurierend oder ausschüttend" abgefuehrt werden, oder?)

Ausfuehrlicher hier:

https://finanzrocker.net/entnahmestrategien-feat-oliver-noelting-der-finanzwesir-rockt-66/#comment-10385

LG Joerg


Robin sagt am 13. April 2019

@Joerg

Hallo Jörg !

Ich habe mit großer Aufmerksamkeit deine Comments unter diesem Artikel verfolgt und mir auch deinen expliziten Kommentar 10385 beim Finanzrocker nochmal zu Gemüte geführt, allerdings bin ich noch nicht ganz durchgedrungen.

Kurz zu mir : 27 Jahre alt, Beamter, 56.000€ Vanguard ACWI als einzige Depotposition

Nun bin ich insbesondere bei deinen Berechnungen zur Vorsteuerpauschale ausschüttend vs. thesaurierend hellhörig geworden, weil ich mich gerade in der Nähe der von dir berechneten Grenze für Ausschütter befinde.

Der Vanguard ist mit ~2,3% Ausschüttungsrendite dabei, sodass ich schon über dem Freibetrag landen sollte. Habe leider keine historischen Erfahrungen, da ich das Depot erst zu Jahresbeginn stark entschlackt habe und zum Vanguard ETF gewechselt bin.

Ich muss gestehen, dass ich seit der Reform 2018 mehr Bahnhof verstehe als zuvor und auf keinen vernünftigen Nenner beim Thema Steuern komme. Würdest du mir raten, von nun an eine thesaurierende Alternative zum Vanguard zu suchen, oder doch einfach weiter stumpf füttern ? Die regelmäßigen Auszahlungen haben psychologisch auf jeden Fall was für sich, aber angewiesen bin ich darauf nicht.

Schonmal vielen Dank im Voraus für die Annahme meines "Problems" :)

Freundliche Grüße

Robin


Joerg sagt am 15. April 2019

Moin Robin,

orry, es gibt natuerlich keinen Rat!

erne helfen wir alle jedoch weiter, dich in der eigenen Meinungsbildung zu unterstuetzen.
azu sind aber konkrete Fragen noetig.
efuehlt wurde schon jeder Aspekt zur Steuerreform 2018 mehrfach behandelt? Vielleicht ist es ja bisher schlecht erklaert worden? ielleicht guckst du trotzdem mal im Archiv?

enn du mein Kind waerst wuerde ich dir sagen:

Hey, mach' was dir Spass macht, gruende eine Familie, werde/bleib' gluecklich, bleib' locker ...
rkenne, das Jesus Christus dich lieb hat und eine Beziehung mit dir moechte"

estimmt aendert sich noch das ein oder andere in Deinem Leben (zB Nestbau?), so auch dein Depot.
e aelter du wirst, je weniger wichtig wird Geld und je mehr Beziehungen, Gesundheit, ...

as mit den gestundeten Steuern ist viell. die "Schokoraspel auf dem Eisbecher deines Lebens". Nicht sehr viel mehr ...
der doch Schokotrueffelnips ;-) ? finde es fuer dich heraus ...
G Joerg


Joerg sagt am 15. April 2019

Noch etwas, Robin,

falls es bloss um das Berechnen eines Szenarios mit xls geht, kann ich dir natuerlich konkret helfen.

Dazu braeuchte ich folgende Annahmen:

  • Sparerfreibetrag, single oder ggfls ab wann verh. (zB in 5 Jahren, oder nie)?
  • geplante Sparrate (pro Monat oder pro Jahr, zB die naechsten 10/20 Jahre)
  • wie weit in die Zukunft? 10/20/30 Jahre (je weiter, je staerkere Streuung/unsicherer)
  • nominale Rendite, 7%?
  • Basiszins fuer Vorabpauschale, 0,9%? (2018 war 0,87%)
  • noch was zu beachten/gewuenscht?

LG Joerg


Robin sagt am 15. April 2019

Danke für die Unterstützung !

Ich bin mit meinem Eisbecher für mein Lebensalter schon sehr zufrieden und habe mir auch vorgenommen den Genuss des Lebens bzw. die Lebensqualität nicht (mehr) irgendwelchen Spardiktaten unterzuordnen.
Das hatte ich in den ersten Jahren gemacht und dadurch kam auch ein ansehnlicher Depotwert zustande, aber wie du schon sagst, gibt es auch noch andere sehr viel schönere Dinge, abseits des Finanzzirkus'. Einer Optimierungsmöglichkeit bin ich aber nie abgeneigt ;)

Eine "allumfassende Beratung" möchte und brauche ich natürlich nicht, ich frage mich nur ob es von nun an sinnvoller ist, den ausschüttenden Vanguard ruhen zu lassen da er den Freibetrag vollständig ausfüllt und stattdessen die von dir dargelegte Steuerstundung eines Thesauriers auszunutzen.
Gerade weil ich mich momentan vom Depotwert her genau an dieser Schwelle bewege. Ich weiß, dass hier keine "Beratungen" in dem Sinne stattfinden :)

Kurzform : Ausschütter ruhen lassen und von nun an Thesaurierer besparen vs. stumpf weiter Ausschütter besparen?

Mit welchen „Steuer-Verlusten“ auf Seiten des Ausschütters ist bei einer Steigerung des Depotwerts auf meinetwegen 100.000€ oder 150.000€ zu rechnen, wenn das Zinsniveau, wonach sich ja auch der Basiszins für den Vorabzug des Thesaurierers bemisst, mittelfristig weiterhin so niedrig bleibt (wovon ich ausgehe)?

Beispiel für die Zukunft : 100.000€ Vanguard FTSE vs. 50.000€ Vanguard FTSE + 50.000€ Thesaurierer

Solche Szenarien möchte ich für mich beantworten können. Dann kann ich mir auch selber einen Reim darauf machen :)

Daten : 27 Jahre alt , Beamter, ledig, Freistellungsauftrag komplett bei onVista, Depotwert = 56.000€ Vanguard FTSE All World; kein Hausbau / Eigentumserwerb vorgesehen - bin überzeugter Mieter :)

Freundliche Grüße

Robin


Smartinvestor sagt am 15. April 2019

@Robin
Mit dem Vanguard ACWI hast du einen der allerbesten Fonds überhaupt zu minimalsten Kosten und versuchst wegen zweifelhafter minimaler Steuerersparnis nach was schlechterem???
Ich rate, ähnlich Jörg, nach deinem tiefer liegenden Problem zu suchen und bald in den Griff zu bekommen, Sonst kann es dir ungelöst an anderen Stellen schwer zu schaffen machen,


Joerg sagt am 17. April 2019

Hier mal die Schlagzahlen. Monatl. Sparrate habe ich jetzt selbst gewaehlt: die erste Dekade 400€/mo, 2te 550€/mo, 3te 750€/mo (und 4te 1,5k€/mo Entnahme):
Betrachtung: Ausschuetter (zB Vanguard) versus Thesaurierer (zB iShares-Core); 7% nominaler Wertzuwachs p.a.; Dtsch Steuerbuerger ab 2018; 30% Teilfreistellung auf Ausschuettungen und Kursgewinne
Darstellung nach Ausschoepfung des Sparerfreibetrages 1.144€ (801/0,7) p.a.
Annahmen: kostenlose Re-Investition der Ausschuettungen bei Ausschuettern; Nicht-Beruecksichtigung von Time-Lag (Zeit zwischen Ausschuettung in den Fonds, Auskehr an Investor und Wiederanlage)
Beruecksichtigung der Vorabpauschale bei Thesaurierern (faellig in ca. 7 Jahren von 10; 2018 ~ 0,1% vom Depotwert, Sparerfreibetrag mit Vorabpauschale ca. ab 190k Depot f. Thesaurierer ausgeschoepft)
These: Durch Steuerstundung kann 81,5% vom Zinseszins privatisiert werden. Also nach 5a: 530€(650€); 10a 2,3k€(2,8k); 15a 6,1k(7,5k); 20a 13,6k(16,7k); 25a 27,1k(33,3k); 30a 50,0k(61,4k), usw

Prozentuale Betrachtung: bei 2,3% Ausschuettung (70/30 World/EM) und ausgeschoepftem Freibetrag (ca. ab 50k Single- / ab 100k Paar-Depot) Verlierst du mit Ausschuettern oberhalb des SFBs: 2,3% x 0,184625 = 0,42% p.a. an's Finanzamt.
Macht bei durchschnittl. 7%p.a. Nominalrendite und Weitersparen mit Beruecksichtigung von 18,46% Steuern(ohne) auf den Zinseszins bei 10a: 1,9%(2,4%) 15a: 2,8%(3,4%) 20a: 3,8%(4,6%) 25a: 4,8%(5,9%) 30a: 6,1%(7,5%) Depotunterschied?!

Falls die Ausschuettungsrendite p.a. hoeher ist/wird oder du ETFs ohne Teilfreistellung haelst und/oder Einzelaktien mit hoeherer Dividende, sind die Effekte erheblich groesser.

Einordnung: Erst wenn du deine Assetallokation optimierst (moeglichst hohen AktienETFanteil), die Abkehr von aktiven Fonds/Robos/Einzelaktien (Kosten, Hin&Her) durchfuehrst, machen steuerliche Optimierungen Sinn!
Steuerliche Effekte sind aber vermutlich groesser als Kosten rund um ETFs (TER/TD chasing, 0€-Sparplan-Hopping, Broker-Kosten), Rebalanzierung mit aktiven Verkaeufen+Zukaufen

Optimierte Vorgehensweise: Ausschuettungen des Depots schon vor 1.144€ (801/0,7) einfrieren und darueber nur in Thesaurierer anlegen und Steuern stunden.
Im Alter dann zuerst die ETFs, die zuletzt angespart wurden (=wenig/kaum Kursgewinne) entsparen und erst spaeter die schon lange im Depot sind (=viele Kursgewinne).
So kann Steuer auf Kursgewinne max. gestundet werden. In der Zukunft wachsen Steuer-Freibetraege mit, so dass das Spiel sehr weit getrieben werden kann?

Wichtige Parameter fuer eine realitaetsnahe pers. Abschaetzung:

  • Sparerfreibetragsausschoepfung (fuer tETFs reicht der SFB 3-4x so lange)
  • Sparquote (je schneller Depot waechst, je mehr macht der Steuerabzug bei aETFs aus)
  • Basiszins (falls der ansteigt, ist der Vorteil von tETFs geringer)
  • Sequence of Returns (je weniger Jahre Vorabpausch. faellig sind, je groesser der Vorteil von tETFs)
  • Ausschuettungsrendite (je hoeher die ist, zB wegen Divid.Strategie, um so drastischer ist der Vorteil mit tETFs)

Bsp: Wir "sparen"(stunden) momentan einen niedrigen 4stelligen Betrag an Steuern p.a., weil wir zum Grossteil tETFs haben.
Dieser gestundete Betrag bringt durchschnittl. 7% nom. Marktrendite p.a.
Man koennte die gestundete Steuer als virtuellen "Sparplan" sehen. Vom Zinseszins gehoert dir dann 81,5%, dem Staat 18,5%.
Je laenger das "Regime" gilt bis eine Steueraenderung kommt, je mehr erwirtschaftet man.
Je groesser das Depot waechst, je relevanter sind dann die Summen.

Fazit: Wenn bei Dir in 3-5 Jahren der Sparerfreibetrag ausgeschoepft werden wird, koennte sich bereits jetzt ein umswitchen (besparen) von tETFs anbieten.
Ganz grob: in der ersten Dekade nach Ueberschreiten des SFBs erwirtschaftest du 2,2k EUR mehr mit tETFs verglichen mit aETFs, in der zweiten Dekade schon 13,6k in der dritten Dekade bereits 50k nach Steuern.

Steueroptimierung ETF


Robin sagt am 17. April 2019

@Smartinvestor
Ich verstehe deinen Comment ehrlich gesagt überhaupt nicht und halte ihn für Fehl am Platz...ich habe keinerlei "Problem", sondern bin auf dem besten Weg mir die finanzielle Unabhängigkeit zu schenken.
Es ging lediglich um die Frage, ob ich weiter den Ausschütter besparen sollte, oder ob es ab jetzt mit einem Thesaurierer sinnvoller weiter geht. Den Vanguard gegen etwas schlechteres auszutauschen stand nie zur Debatte. Ich weiß, dass das ein sehr guter weil äußerst breit diversifizierter Fond ist.

Wenn man alle wichtigen Entscheidungen getroffen hat - welcher ETF, welcher Broker, welche Sparrate usw. dann kann man sich auch mit solcherlei Steuer-Optimierungsmaßnahmen beschäftigen...sollte man sogar. Da das Thema Steuern nicht gerade durchsichtig ist, habe ich hier um Hilfe gebeten.

Ich bin kein Anfänger, die Daten stehen oben.

@Joerg

Vielen Dank für die Zahlen und den Modellversuch ! Daumen hoch

Das hier

Einordnung: Erst wenn du deine Assetallokation optimierst (moeglichst hohen AktienETFanteil), die Abkehr von aktiven Fonds/Robos/Einzelaktien (Kosten, Hin&Her) durchfuehrst, machen steuerliche Optimierungen Sinn!
Steuerliche Effekte sind aber vermutlich groesser als Kosten rund um ETFs (TER/TD chasing, 0€-Sparplan-Hopping, Broker-Kosten), Rebalanzierung mit aktiven Verkaeufen+Zukaufen

habe ich alles schon durch. Wie gesagt, bin bei 100% Aktien-ETF-Quote, 4 netto Gehälter Sicherheit + 1000€ bei onVista für den Freebuy und hab einen ultra-sicheren Job. Alles cool, nur bei der Steuerfrage war ich nicht ganz auf dem Damm.

Danke für deine Hilfe !

Freundliche Grüße

Robin


AdamRies17 sagt am 19. April 2019

@Joerg

Der Vergleich Thesaurierer / Ausschütter (Tabelle oben über 30 Jahre; vielen Dank!) enthält - wenn ich richtig sehe - einen entscheidenden Fehler: Die Steuern des Thesaurieres werden mit "externem frischen Geld" bezahlt, ohne eine entsprechende Korrektur beim Ausschütter vorzunehmen (=> Äpfel vs Birnen :-).
Für einen korrekten Vergleich müsste man (aus meiner Sicht) die vom Thesaurierer zu bezahlenden Steuern auf die Vorabpauschale auch in den Ausschütter (aus "externem frischen Geld") investieren.

Dann wird der Abstand zwischen Thesaurierer / Ausschütter deutlich kleiner und kann - je nach gewählten Parametern - sehr schnell im Rauschen verschwinden oder sich sogar umkehren ...


Joerg sagt am 20. April 2019

Vielen Dank fuer's Nachrechnen, hab's aber richtig beruecksichtigt und die Vorabpausch vom Jahresendwert des Thesaurierers abgezogen (sogar vor der x 1,07)?!
Das ist der Nachteil von Screenshots, man sieht die hinterlegten Formeln nicht.

Ich probier's mal zu Fuss: (Achtung "x" ist "", weil "" hier vom Editor als Formatierungskuerzel interpretiert wird)
Zeile_1 Aussch:

  • Aussch: =(B3+C3)x0,023
  • JahresEnd: =B3+C3-F3
  • gez.Str: =(D3-1144,3)x0,184625

Zeile_1 Thesaur:

  • JahresEnd: =I3+J3-L3

Zeile_2 Aussch:

  • JahresAnf: =E3x1,07
  • Aussch: =(B4+C4)x0,023
  • JahresEnd: =B4+C4-F4

Zeile_2 Thesaur:

  • JahresAnf: =K3x1,07
  • JahresEnd: =I4+J4-L4 (L4 ist die Vorabpausch, die zum Abzug gebracht wurde!)
  • Vorabpausch: =(K3-56000)x0,0007 (die Vorabpausch, wird jeweils nach dem Anlagejahr am 02.01. des Folgejahres berechnet und abgezogen)
  • Kumul. Vorteil: =K4-E4
  • nach Str: =M4-(M4x0,184625)

Aber ich vermute, du hast gar nicht gerechnet, sondern mal frech behauptet?
Gut so, hab' ich auch eine Schwaeche fuer ... ;-)
LG Joerg

@Albert, wenn es irgend denkbar ist, mit nicht zu viel Aufwand das verfuegbar zu machen, kann ich gerne die xls schicken?

Mir ist ja daran gelegen, dass es ordentlich ueberprueft werden kann.
Noch ein kleiner Bonus-Oster-Quiz, der die Steuerthematik von hinten aufzaeumt:

Was ist mehr wert (wann wuerdest du nominale 1000€ besitzen wollen)?

a) vor 10 Jahren?
b) heute?
c) in 10 Jahren?

Jetzt mit Steuern: wann zahlst du 1000€ Steuern lieber?
a) vor 10 Jahren? (also im Voraus)
b) heute?
c) in 10 Jahren?

@Joerg: Wenn Du willst schick das XLS (am besten als ZIP) Finanzwesir


Niko sagt am 22. April 2019

@Joerg

Das ganze Steuersparmodell mit Thesauriren ist doch letztlich eine Wette auf

  • dauerhaft niedriger Basiszinssatz
  • keine höheren Steuern auf Kursgewinne in der Zukunft

Da Steuern aber die langfristige Tendenz haben, sich zu erhöhen, könnte man doch auch sagen: lieber heute mit einem niedrigen Steuersatz versteuert als in der Zukunft richtig was abdrücken zu müssen.
Habe ich das was übersehen? Oder einen Denkfehler?


ChrisS sagt am 22. April 2019

Generell ist eh der realpraktische Nutzwert jedweder Steuerberechnung )bzw -Optimierung dessen anhand derzeit geltenden Parametern) invers proportional zur Zeitdauer, mit derlang sie hochprojektiert wird.

Ich mein, für 30 Jahre, hallo? Vor 30 Jahren - 1989, man bedenke - war das System der Wertpapierbesteuerung noch ein ganz anderes als heute, und was ist wahrscheinlicher, dass das System von heute nun aber die ganze weitere Zeit so bleibt oder eher dass wir in 2049 dann nicht auch wieder ein ganz anderes System haben werden?

Kann genauso gut sein dass im Jahr 203x irgendein neuer Finanzminister (vllt sogar schon ein EU-Finanzminister) ankommt und die Spielregeln ändert, dann ist der Rest der schön hochgerechneten Tabellen wieder ziemlich hinfällig :-D Natürlich, wer Spaß und Muße an solchen Excelrechnereien hat, dem sei's gegönnt, ich wollt das auch nur nochmal zur perspektivischen Einordnung für Außenstehende erwähnt haben ;-)


Joerg sagt am 23. April 2019

Moin ChrisS,

vielen Dank fuer die Einordnung des "realpraktischen Nutzwertes jedweder Steuerberechnung ... auf 30 Jahre" ;-)

Mir ist voellig klar, dass ihr die Steuerdiskussion hier nicht ausarten lassen wollt und damit die "Fohlen nicht scheu gemacht werden". Albert kann Beitraege verzoegert freischalten bzw bei vielen Kommentaren pro Zeiteinheit die weniger wichtigen unten "rauslaufen" lassen (werden ja nur jew. 10 angezeigt),
dann ebbt es wieder ab. Im Prinzip habe ich versucht auf konkrete Fragen zu antworten … (s.o.)

Letztendlich vertraegt gesunder Menschenverstand aber eine ganze Menge und Newbies koennen mehr Verwirrung aushalten als man denkt?

Im Prinzip ist es ganz einfach: zahlst du keine oder nur wenig Steuern ist Steuerstundung "weit weg" und "ziemlich egal".

Wenn aber der SFB ausgeschoepft oder die Ausschoepfung in Sichtweite kommt, ist die jaehrliche! Steuererstundung ziemlich real.

  • Und dann gilt halt: Steuern die man morgen zahlt, sind besser (wegen Inflation) als welche die man heute zahlt.
  • Und die Zinseszinsen auf den gestundeten Steuer-Betrag sind zu 81,5% "mein" und das fuer die gesamte Dauer des geltenden Steuerregimes.

Wenn's nur 3 Jahre haelt: gut, immerhin.
Wenn's 10 Jahre so klappt: Prima.
Geht's noch laenger: Super!

Der Wert der Tabelle liegt nicht darin, dass "es 30 Jahre dauert, bis es sich lohnt". Sondern die Hauptaussage ist:

  • wer wenig Steuern zahlt (weil kleines Depot), dem kann es egal sein,
  • wer aber viel Steuern zahlt, dem muss es nicht egal sein?

"Die meisten ueberschaetzen, was in kurzen Zeitraeumen moeglich ist - und unterschaetzen was in langen Zeitraeumen moeglich ist"

Das ging uns pers. auch so: vor 5 Jahren haetten wir niemals fuer moeglich gehalten, wo unser Depot heute steht.
Ich bin ueberzeugt, dass es immer mehr Leser hier gibt, die die gleiche Erfahrung machen (werden).

Welche Steueraenderungen haelst du denn fuer moeglich/wahrscheinlich, die uns den Steuerstundungsvorteil wieder entreissen/konterkarieren koennten?

LG Joerg


ChrisS sagt am 23. April 2019

Hi Joerg, kein Ding, ich hab den Post eh mit einem Schmunzeln geschrieben ;-)
Dass deine Rechnungen inhaltlich stimmen, daran habe ich keinen Zweifel - mein "Problem" (klingt dramatischer als es ist) liegt ja im Prinzip auch nicht darin, sondern dass wenn eben in den nächsten Jahren/Jahrzehnten unvermeidlich mal wieder die Regeln geändert werden.
Auf welchen die Rechnung (bzw daran optimierte Strategien) aufbauen - dafür kannst du natürlich nichts, und ebenso weiß auch niemand jetzt schon wie genau dann die neuen Regeln sein werden, nur eben dass die heutigen wohl nicht weitere 30 Jahre ungeändert durchhalten werden sollte relativ wahrscheinlich sein.
Deshalb habe ich, wenn ich Tabellen über solche Zeiträume sehe, immer die neurotische Angewohnheit das als Anmerkung hinterherschieben zu wollen. Also nicht persönlich gemeint.

Dass es für Leute mit größeren Vermögen/Steuerlast, wo also ein bischen plus oder minus an den Prozent-Nachkommastellen schon signifikante Eurobeträge ausmachen, durchaus Sinn macht, sich mit einer Optimierung davon auseinanderzusetzen, ist sicher so, und da können Rechnungen darüber sehr hilfreich sein.


Joerg sagt am 23. April 2019

ChrisS, du bist zu lieb fuer diese Welt ;-)


Smartinvestor sagt am 28. April 2019

Albert hat voellig recht, als Kleinsparer ist es voellig egal ob tETFs oder aETFs
...und für die anderen (Groß-)Sparer erst recht. Denn als Erbsenzähler bleibt man i.d.R. Kleinsparer. Die Großen kümmern sich entsprechend um große Hebel, z.B. um ihre hier auch vertretene Prognosefähigkeit zukünftiger Zinsentwicklungen gezielt zu stärken und dann profitabler und nachhaltiger zu nutzen als für zweifelhafte und sicher bald wieder vorübergehende my-Steuervorteile, imho.

Ich könnte dazu z.B. das Studium von "The Little Book of Behavioral Investing: How not to be your own worst enemy” wärmstens empfehlen, um z.B. den eigenen Wissensvorsprung der Zinsprognose besser zu fundieren und gegen den immer effizienter werdenden Markt aufrechtzuerhalten.
Solch ein Wissensvorsprung könnte nämlich sehr dabei helfen, dass es zukünftig mit Alpha im Depot überhaupt noch was zu versteuern gibt. Denn garantiert ist das weder mit reinem Alpha noch Beta. Aber kombiniert sind die Chancen viiiiel größer, wegen dem only free lunch der Diversifikations-Rendite oder auch Rebalancing-Alpha genannt.

Auch Mme. Moneypenny meint, dass Proaktivität Inaktivität schlägt und Du verdienst, was du verdienst.
Über die Reaktionen auf ihren Aufruf zur Selbsthilfe war sie genauso erstaunt wie ich über den Stellenwert, den solche Diskussionen um Peanuts zu häufig einnehmen, während die zukünftige finanzielle Gesundheit durch den alle betreffenden ETF-Hype viel mehr gefährdet ist, als viele jetzt noch meinen.

PS: Vanguard bietet übrigens nur aETFs, aber gibt wesentlich mehr oder gar 100 % der Einnahmen aus der Wertpapierleihe an die Anleger weiter, während die meisten anderen Anbieter einen großen Teil davon in die eigene Tasche stecken.
Ich glaube, das wurde bei den hochpräzisen 30-jährigen Steuerberechnungen komplett übersehen. Denn wo kann ein tETF nur herkommen, wenn Vanguard den nicht bietet?
Doch nur von einem anderen ETF-Anbieter. Aber der bietet i.d.R. zwar tETFs an aber will dafür einen großen Teil der Zusatzeinnahmen. Da all diese myDifferenzen jedoch in derselben Größenordnung liegen müssten, ist die Rechnung ohne Berücksichtigung ALLER my-Differenzen in derselben Größenordnung m.E. doch eine Milchmädchenrechnung, oder?

=> Merke: Lieber ungefähr richtig als präzise falsch! Also besser die Erbsenzählerei lassen und (endlich) auf Wesentliches konzentrieren, z.B. How not to be your own worst enemy


CarstenP sagt am 29. April 2019

Ich lach mich tot, die sagenumwobene Prognosefähigkeit zukünftiger Zinsentwicklungen kann nach jahrelangem "die Zinsen können nur noch steigen" doch nun wirklich ins Reich der Legenden verbannt werden. Die Zinsen sind in den letzten Monaten schon wieder gesunken, wer hat das vorhergesehen???

Und der ETF-Hype-Artikel ist nur ein weiterer billiger Angriff auf ETFs. Schön, wie der Bogen von Lehman-Zertifikaten zu ETFs gespannt wird:

Auf einmal drohten auch die Lehman-Zertifikate auszufallen, die deutschen Omas von Banken als Zinsersatzpapier aufgeschwatzt wurden. Zertfikate als Produkte, deren Wert sich von anderen Werten ableitete. ... Nun haben wir also, wie im letzten Artikel bereits erläutert, ein neues Produkt: den ETF. Ein Produkt, dessen Wert sich ebenfalls von anderen Basiswerten ableitet. Somit kein Wert an sich und vor allem kein Sachwert an sich, höchstens derivativ.

Gut, dass das nur dummes Gesabbel ist und ETFs Investmentfonds sind und als Sondervermögen vor der Pleite des Emittenten geschützt sind. Außerdem sorgen Market Maker dafür, dass ein ETF-Anteil ungefähr den gleichen Sachwert hat, wie der Anteil am Wertpapierkorb den er verbrieft.

Abgesehen davon, dass ETFs keine Zertifikate sind, ist die Angst vor Zertifikaten auch etwas übertrieben. Erstens gab es erst eine Pleite. Zweitens kann man das Emittenten-Risiko diversifizieren. Und drittens sind Lehman-Zertifikate anscheinend immer noch was wert:

Geld verdienen mit wertlosen Lehman-Zertifikaten


Joerg sagt am 29. April 2019

Wie den SFB ausnutzen mit aETFs oder tETFs?

Moin Patrick,
Antwort auf: https://www.finanzwesir.com/blog/wochenueberblick-kw17-2019#1556522198

es ist menschlich & normal, den SFB mit Ausschuettern (aETFs) auszunutzen.
Vor 2018 gab's ja keine Anreize, das anders zu tun - weshalb ein Grossteil? der ETF-Kleinsparer das so macht/man dies oft liest und fortschreibt? Die Moeglichkeit es besser? zu machen besteht ja erst seit kurzem.

"oder wird mein SFB ... von Anfang an auch bei tETFs beruecksichtigt"?

Aber ja, der SFB wird stets zuerst mit der Vorabpauschale ausgeschoepft (weil am 02.01. faellig, falls Vorjahr positives Aktienjahr war), wenn ein Freistellungsauftrag bei deiner Depotbank besteht.
Sobald dann ueber's Jahr Ausschuettungen eintrudeln, reissen diese dann ggfls die Schwelle zum Abgeltungssteuerzahlen (uebersteigen den SFB). Insofern kann es jetzt fuer die meisten Anleger sinnvoll sein (auch weit vor komplettem Ausnutzen des SFBs), neues Geld in tETFs zu stecken.

Beim Hin und Her-Rechnen mit dem Vergleich von aETF zu tETF faellt auf, dass der SFB mit tETFs viel laenger "reicht" (weil die Vorabpauschalen bei niedrigem Basiszins geringer sind als die Abgeltungssteuer auf die Ausschuettungen) und so eben viel spaeter (also in der Zukunft) Steuer von der Bank einbehalten wird.

Also, wenn ICH heute mit Sparen anfangen wuerde oder eine grosse Geldsumme anzulegen haette (Erbschaft, Krypto-Lotteriegewinn, Hausverkauf, Umschichtung von Zauder-RK1 oder Fail-Rohstoff-ETFs) aber keine zusaetzlichen Einkuenfte braeuchte, weil ich erst in >10-15 Jahren entsparen moechte, dann wuerde ich nur in Thesaurierer ansparen und auf den "nicht-ausgeschoepften SFB" pfeifen.
Allerdings brauchen viele Leute den Belohnungsmechanismus von Ausschuettungen zur Motivation und zum Durchhalten, vgl die Myriaden von Divi-Juengern (das war bei mir als jungem Anleger uebrigens nicht anders).

Es geht halt wieder nur um die Akkumulation kleiner Summen. Ob sich das fuer einen lohnt, haengt von der Sparquote/Anlagebetraegen ab, weil diese entscheiden, wie lange es in zwei Szenarien dauert, bis schliesslich Steuer gezahlt werden muss.

Szenario_1:

Ansparen in Ausschuettern bis ca. 50k, dann wechseln auf tETFs.
Was passiert? Ab 50k bis 190k Depotgroesse werden (steigende) Abgeltungssteuern fuer den Ausschuetter-Anteil faellig.
Steigend: weil ja die 50k aETF-Anlage auch weiter waechst (zB 5% nominal p.a.; die Ausschuettung gehen in neue tETFs) und dadurch auch jedes Jahr etw. mehr Abgeltungssteuern (weil gewachsene Ausschuettungen) faellig sind.
Ausserdem wird nach positiven Jahren bereits Vorabpauschale fuer den ansteigenden tETF-Anteil faellig (auch dieses "kleine Geld" ist der Zinsesverzinsung entzogen).

Szenario_2 (Optimum?):

Ansparen in tETFs bis ca. 190k. Ueberhaupt kein Ansparen in aETFs (von Anfang an).
Bis ca. 190k Depotwert (Single) reicht der SFB fuer alle Vorabpauschalen aus (Voraussteuer auf spaetere Realisierung von Kursgewinnen, ist sowieso nicht "ganz verloren" wie die Abgeltungssteuer).

Differenz zwischen den Szenarien ist die gezahlte Abgeltungssteuer auf die Ausschuettungen des aETF-Anteils sowie ein kleiner Barwertnachteil aus den gezahlten Vorabpauschalen im Zeitraum des Depotwachstums von 50k auf 190k (Single). Angenommen du wuerdest 10a von 50k auf 190k-Depot brauchen.
In der Zeit wuerde dein aETF-Anteil von 50k auf 81k (5% p.a.) wachsen und jeweils 2,3% ausschuetten, dann wuerdest du halt in den 10 Jahren kumuliert einige hundert EUR (Abgeltungssteuern + Vorabpauschale fuer die tETFs) „zuviel“ zahlen. Allerdings waechst der aETF-Anteil bis zur Entnahme immer weiter (und verursacht mehr Steuern als ein entsprechender tETF-Anteil).

Mit dieser Differenz ist es dann wieder wie mit dem beruehmten Edel-Latte im Luxus-Kaffeehaus: bei langen Zeitraeumen kann man den "nicht-angelegten" Betrag dann ganz schoen teuer rechnen (entgangener Zinseszins, frag' TimS) und die Differenz bleibt „unendlich“/uneinholbar ;-)

Den Drang im Zweifel vom "Verschenken" des SFBs abzusehen, ist ein interessanter, psychologischer Vorgang:

  • Eine Komponente bei der Sache ist viell. der Vergleich mit anderen?

"Huuuch, die anderen nutzen ihren SFB schon teilweise aus: ich muss endlich auch ausnutzen! Schlimmstenfalls kaufe ich von den ersten Maeusen Dividenden-ETFs oder Bares-ist-wahres-Stuff, um bei der Ausnutzung des SFBs schneller voranzukommen?!"

  • Belohnung in der Gegenwart (komplettes Ausnutzen eines Freibetrages) fuehlt sich schoener an, als "vielleicht" in der Zukunft von der Steuerstundung mit tETFs durch Realwertsteigerung staerker zu profitieren?

"Lieber Spatz in der Hand als (fettes?) Taeubchen auf dem Dach"?

Aber wird wirklich etwas "verschenkt"? Du bist real doch nicht aermer (EUR-Betrag), wenn du den SFB mit tETFs nicht/spaeter ausnutzt? Ist das nicht eher ein mentales Gespenst?

Ob, wann und wieviel Steuerstundung fuer DICH ausmacht, kannst du ja in der Tabelle oben ueberschlagen:
Je schneller du im heutigen Steuerregime eine "grosse Summe" erreichst, je groesser koennte der Vorteil von Steuerstundung mit tETFs fuer dich sein? Je laenger es dauert und je weiter du von einer "grossen Summe" weg bist, je weiter wuerde das Profitieren in der Zukunft liegen, also unsicherer sein.

Es ist ein bisschen wie einen Baum pflanzen: ob und wie viele Fruechte du mal tatsaechlich erntest ist - multifaktoriell bedingt - ungewiss.
Aber wenn du keinen Baum pflanzt, gibt's SICHER keine Fruechte.
Und einen Baum zu pflanzen, macht mehr Arbeit als ein paar Sparplaene/Einmal-Kauflisten umzustellen?

So, und jetzt stellen wir uns alle vor "fuer ein gutes Gefuehl", dass der Sparerfreibetrag (SFB) 2020 endlich verfuenffacht wird! :-)
Welche Partei ist nochmal dafuer? LG Joerg


Joerg sagt am 29. April 2019

Moin Smartie,

du hast voellig recht, "Zaehler, bleib bei deinen Erbsen ..." ;-).
und "Zauberlehrling, uebe Zaubern ..."

Vanguard-EU bietet vielleicht auch bald fuer WORLD, EM & Co Thesaurierer an? Wenn's die Kunden wollen? The future is bright!
(In USA gibt's keine Aktien-Thesaurierer?, dafuer 401k, u.a. zum Steuern verschieben) tETFs sollten mittelfristig vom Potential her guenstiger sein als aETFs, weil Ausschuetten ein Prozess ist, den tETFs gar nicht haben (und deshalb kein Geld kostet).
Also wenn ich ETF-Anbieter waere, wuerde ich eine tETF-Reihe fuer Europa auflegen, falls noch nicht geschehen.

Die Konkurrenz wird schon fuer niedrige TDs sorgen. Da bin ich agnostisch bezueglich Anbieter.

Meld' dich doch mal bei Vanguard wegen tETFs, bei deinem Gewicht bringst du auch 'was auf die Waage!
V.a. wenn man deine ganzen Alpha-Wetten in tETFs umschichten würde?
Vorabpauschale kennst du ja von denen schon (sind keine Ausschuetter, oder?).
Also auch Vorabpauschale, zusaetzlich zu den hohen laufenden Kosten, einer kraeftigen Erfolgspauschale, ggfls Illiquiditaet, dem Manager-/System-Risiko ...
Allerdings kann man auf 30 Jahre deren Outperformance ziemlich genau schaetzen - gell?

Also in meiner Glaskugel steht der naechste fuffi-Crash uebrigens erst 2037 im Kalender: fast 20 Jahre Rebalanzierungs-Duerre mit Alpha-Versprechern?
Gutes Durchhaltevermoegen & LG Joerg


chirlu sagt am 01. Mai 2019

Aber wird wirklich etwas "verschenkt"? Du bist real doch nicht aermer (EUR-Betrag), wenn du den SFB mit tETFs nicht/spaeter ausnutzt?

Doch, sicher. Du vermischt bloße Steuerstundung mit endgültiger Versteuerung zum Satz 0%.

Wenn du innerhalb von zehn Jahren einen Kursgewinn von z.B. 10000 Euro gemacht hast und nun verkaufst, zahlst du rund 2400 Euro Steuern (aus 9200 Euro). Hast du aber in den zehn Jahren immer schon 800 Euro versteuert – kostenlos –, zahlst du jetzt nur noch Steuern auf 2000 Euro, also rund 500 Euro. Um die Differenz von 1900 Euro bist du ärmer.


Niko sagt am 01. Mai 2019

@Joerg
Wieviel % p.a. sind der Unterschied zwischen Thesaurierer und Ausschütter beim aktuellen Basiszins?


Joerg sagt am 02. Mai 2019

@chirlu
Auf ganz lange Sicht hast du recht. Steuern muessen bezahlt werden.
Allerdings ist dein Bsp wie skizziert so nicht vorgesehen im Sinne einer Altersvorsorge:
-> vielleicht schaust du oben noch mal in die eingebundene Tabelle (Antworten an Robin) bzw liest alle Kommentare von oben?

Irgendwann werden Steuern gezahlt. Aber der Trick ist, sie so spaet wie moeglich zu zahlen, damit der Zinseszins auf die Steuerstundung maximal wirkt.

Ein optimales Konzept sieht vor:

a) erst dann zu verkaufen, wenn entspart wird (also striktes Buy & Hold) und nur so viel zu entsparen, wie in ein paar Monaten verlebt wird (keinesfalls alle Kursgewinne mit 63 oder so realisieren)
b) eine Kursgewinn-Leiter in der Ansparzeit zu bilden, immer, wenn zB ein tETF ~10% im Plus ist (oder halt alle ~50k Anlagesumme), faengst du mit einem neuen tETF an (oder mit demselben in einem anderen Depot)
Dann hast du zum Entsparzeitpunkt verschiedene "Faesser" mit unterschiedlichen "Hochprozentern" (Kursgewinnen) und kannst die steuerl. Fifo-Regel "managen".
c) dann beginnst du so zu entsparen, dass die tETFs mit geringem Kursgewinn zuerst aufgeloest werden (also das ~10%-im-Gewinn-Fass), und die mit hohen Kursgewinnen zuletzt (oder vererbt oder verstiftet)
Evtl gilt dann fuer dich bei - kleiner Rente - die Guenstigerpruefung, d.h. du zahlts gar nicht die volle Abgeltungssteuer auf deine Gewinn-Realisierungen?!
So profitierst du max. von der Steuerstundung (ggfls noch deine Nachkommen). Unterwegs werden die Steuerfreibetraege angehoben (Realisierung von Kursgewinnen zaehlen zum normalen Einkommen), es gibt Sonderabzuege zB bei chron. Krankheiten / betreutem Wohnen / etc

zT ausfuehrlicher beschrieben hier (suche nach Kursgewinn-Leiter):

Eine Kursgewinn-Leiter wuerde ich auch mit aETFs bauen (die sammeln ja auch Kursgewinne ueber die Zeit an), wenn ich keine tETFs "kann"/will.

@Niko
wieviel % p.a. Unterschied? Ich verstehe deine Frage nicht.
Lies bitte alle Kommentare von oben her dann kommst du hoff. zur Antwort?! (v.a. die Tabelle)


Daniel sagt am 08. Mai 2019

@Joerg
Langsam hast du mich auch "weichgekocht" mit deiner Thesaurierer-Strategie... Wollte eigentlich steuerlich jedes Jahr eher "reinen Tisch" machen per aETFs, aber der Optimierungswahn im Zuge einer Depot-Neustrukturierung sowie der ETF-Einstieg meiner Frau und das Vorsorge-Depot für mein Kind treiben mich um. :-)
Jetzt habe ich den Salat und will es wissen.

Trotzdem fällt es mir doch ehrlich schwer, bei tETFs die Auswirkungen und Höhe eines nicht ausgenutzten SFB (siehe User chirlu) in der Ansparzeit gegenüber dem Vorteil durch die Mitnahme der Steuerstundung in der Entsparphase sinnvoll zu überblicken.

Gehen wir von einer 60k Einmalanlage heute aus, die ja direkt schon mal die empfohlene SFB-Grenze bei aETFs sprengt.
Also nix mit aETFs, besser tETF von vorneherein, okay.
Nun zeitnah weitere Einmalzahlungen für den Grundstock (~50k) und danach 1k monatlich per Sparplan die nächsten 20 Jahre.
Trotzdem braucht man doch noch ein paar Jahre, um an die 190k heranzureichen und in denen der SFB erstmal nicht gänzlich ausgereizt wird (wenngleich RK1 ja durchaus auch noch (ein wenig) SFB abknabbert).
Dann beim Entsparen die meisten Steuern auf den Gewinn des tETF, wenngleich durch die "paketweise" Entsparung (per LIFO-System, gute Idee übrigens) diese hoffentlich nicht so hoch ausfällt.
Nur, vom ungenutzten SFB der Vorjahre kann man dann ja nicht mehr profitieren.
Irgendwie "unelegant", zumal sich mein Scenario die meiste Zeit irgendwo zwischen den SFB-Grenzen für aETF und tETF befindet. Nicht Fisch, nicht Fleisch... (ich hätte gerne wohl die Eierlegendewollmilchsau, fürchte ich).

Ein weiterer Gedanke:
In verschiedenen anderen Finanz-Blogs lese ich alternativ auch über den Wunsch, erst gar nicht durch Entsparung an den Depot-Kapitalstock heranzumüssen, sondern durch Didividendzahlungen eine ausreichende Rentenergänzung (bei gleichzeitigem Kapitalerhalt) zu generieren.
Hört sich auch sinnvoll und entspannt an, zumal die optimale LIFO-Entsparung zur Rentenzeit ja auch erstmal durch mich mehrere Jahre lang organisiert und überblickt werden muss (vermutlich im Rentenalter).
Heute bin ich im Thema drin, aber später will ich davon vielleicht nicht mehr soviel wissen (siehe meine Eltern).
Stellt sich nun die Frage, ob Ausschütter oder Thesaurierer dann eher dem Dogma "Passiv investieren" auch in der Entsparphase entgegenkommen? Wobei mir natürlich klar ist, dass für eine vernünftige Rentenaufbesserung per Dividenden auch erstmal eine ganze Menge im Pott sein muss (ansonsten kein Kapitalerhalt des aETFs).

Beste Güße
Daniel


42sucht21 sagt am 09. Mai 2019

@Daniel
Machen Sie doch jeweils halbe halbe aETF u. tETF. Dann haben Sie auf jeden Fall die Hälfte 'falsch' investiert und aus Fehlern kann man wenigstens lernen. Dann berichten Sie uns in 30 Jahren.


Joerg sagt am 09. Mai 2019

@Daniel
mein Interesse mit den tETF / aETF Vergleichen ist rein akademisch. Ich suche Sparringspartner. Ich will niemanden anstecken (nicht, dass das Schwein fett ansetzt, dann kommt der Metzger?).

Interessanterweise, hatte ich kuerzlich mal geschaut, wie sich das Verhaeltnis von aETFs zu tETFs seit Steuerreform 2018 entwickelt hat:
Vor einem Jahr war das AUM bei WORLD-ETFs ca. 1:1 (justetf.com). Am Wochenende stand's schon 2:1 fuer tETFs. Nun machen Privatanleger ja nicht sooo viel aus. Trotzdem interessant, oder?
Es scheint in Europa eine staerker steigende Nachfrage nach tETFs zu geben (hab‘ schon bei Vanguard nachgefragt - sie zoegern leider noch).

Die Maer, dass Ausschuettungen (v.a. durch Dividenden-Produkte) einen "sichereren", bequemeren, stressfreieren Ruhestand bewirken koennten, hatte Karsten schon entlarvt:
https://earlyretirementnow.com/2019/03/04/the-yield-illusion-follow-up-swr-series-part-30/ Die Gruende (sortiert nach Relevanz) liegen in:

  • Brutto-Illusion: Es wird nicht auf die Realwertentwicklung (Inflation, Kosten, Steuern beruecksichtigt) des Depots geschaut sondern auf die nominale Entwicklung/nominales Ausschuettungswachstum fokussiert („Yield on Cost“ und andere Endorphine/Bloedsinn)
  • die besondere Anfaelligkeit von Hoch-Ausschuettern fuer bestimmte wirtschaftliche Konstellationen (Deflation-, Zins-Schocks, Rezessionen etc auf REITs, high Yield Papiere/Aktien) fuehrt ebenfalls zu Sequence-of-Returns-Risk (SoRR)
  • die bewusste Konzentration/mangelnde Diversifikation in bestimmte Werte kann mal helfen (punktuell/selten), meist aber eher schaden (asymptotisch haeufig) und zu einer verschenkten Realwertentwicklung (Depots entwickeln sich langfristig schlechter) fuehren
  • gilt zumindest in D: die hoeheren Steuern bei jeder Ausschuettung mindern stets sofort die Real-Rendite des Depots
  • SoRR: dadurch wird mit Ausschuettungsfokus in Baissen real "mehr aus dem Depot entnommen" als bei alternativer Anteilsverkaufsentnahme (nur ein kleiner Teil waeren steuerpfl. Kursgewinne) Natuerlich ist das alles kein Problem, wenn das ausschuettungsfokussierte Depot gross genug ist (spart man halt 2-4 Jahre laenger). Schade nur fuer viele Kleinsparer, die eigentlich das Maximum an Realrendite fuer die Altersvorsorge braeuchten? Naja, Emotion sticht Fakten. Auch hier.

Uebrigens wird's demnaechst immer mehr Auszahlplaene bei den Brokern geben (vgl DKB 1,5€/Ausfuehrung). D.h. selbst wenn du mal Gaga sein solltest, entspart dein Broker nach deinen Regeln (zB alle 3 Mon.) fuer dich ...
Du koenntest also deine tETF-Toepfe/Faesser entsprechend platzieren/strukturieren (auf Broker oder Unter-/Gemeinschafts-/Einzeldepots verteilen) und die Entspar/Auszahlplaene machen den Rest.
LG Joerg


Niko sagt am 10. Mai 2019

@Joerg:

Ich habe mit der Tabelle "Berechnung Ausschuetter vs Thesaurierer V02" aus dem Wertpapier-Forum mal ausgerechnet, was es unterm Strich bringt, was der Thesaurierer einem an Steuern spart.

Bei folgenden Annahmen:

  • Sparrate: 12.000€ p.a.
  • Rendite: 6,0% p.a.
  • Ausschüttungsrendite: 1,8% (entspricht in etwa einem MSCI World oder ACWI)
  • Steuer: 26,375%
  • Basiszins: 0,52%
  • Teilfreistellung: 70% (Aktienfonds)
  • Freibetrag: 801€
  • Anlagehorizont: 30 Jahre

komme ich nach Steuern auf eine Wertentwicklung von 5,26% p.a. für den Ausschütter und 5.34% p.a. für den Thesaurierer. D.h. der Thesaurierer ist 0,08% p.a. "besser". Bei 20 Jahren ist der Vorsprung nur noch 0,02% p.a. für den Thesaurierer.

Wenn man verheiratet ist, d.h. Freibetrag von 1602€, hat der Thesaurierer über 30 Jahre einen Vorsprung von 0,03% p.a.. Bei 20 Jahren Anlagehorizont ist dagegen der Ausschütter im Vorteil (!). Hier rächt sich der nicht genutzte Freibetrag.

Mein Fazit: wer sich wegen der zweiten Nachkommastelle einer Prozentzahl verrückt machen möchte, meinetwegen. Die anderen nehmen einfach einen ETF mit einer besseren TD und fahren genauso gut. Das zumindest ist mein Fazit nach 5 Minuten mit Excel herumspielen.


Joerg sagt am 13. Mai 2019

Hi Niko,

seit wann glaubst du, was du iwo im Internet von anonymen Schreiberlingen liest? Dz, dz, dz ... Selber rechnen macht klug! ;-)

wieso hast du keinen Link gepostet?
Meinst du diesen hier?
https://www.wertpapier-forum.de/topic/52734-auswirkung-der-vorabpauschale-auf-die-steuerstundung-vergleich-zwischen-aussch%C3%BCttenden-und-thesaurierenden-etfs/

Da finde ich nur ein PDF von Sigmabe (Reform der Fondsbesteuerung v2.pdf), keine XLS? https://www.wertpapier-forum.de/applications/core/interface/file/attachment.php?id=107876

auf S.23 wird als 10Jahresdurchschnitt mit einem Basiszins von 2,9% gerechnet (2018 war er 0,87%, 2019 vermutl. niedriger)
Die Vorabpauschale wird nur in durchschnittlich ca. nur 7 von 10 Jahren faellig (nicht bei Stagnation/Verlust beim tETF), also x 0,7 rechnen!
Die Steuer auf Ausschuettungen beim tETF wird immer/jedes Jahr faellig.

Die Vorabpauschale (S.23 zeile11 -3,75) mindert den Anschaffungspreis (bzw wird beim Verkauf auf die Abgeltungssteuer angerechnet. OK. Mit dem Basiszinssatz von 2018 kommt https://www.justetf.com/de/etf-steuerrechner.html auf 1,12€

Die Schlussfolgerungen auf S.24 moegen ja stimmen. Sie gelten fuer EIN JAHR ANLAGEDAUER INCL KURSGEWINNREALISIERUNG!

Wenn du nochmal zur jpg.Tabelle weiter oben gehst,
siehst du, dass sich der Vorteil des tETFs erst gaaanz langsam mit steigendem Kapital aufbaut.
Weil erst mit grossem Depot macht sich die abgezwackte, jaehrliche Steuer beim aETF auch bemerkbar und der "entgangene Zinseszins" beim aETF fuehrt zur hohen Differenz bei langer Haltedauer.

Wir interessieren uns hier fuer Altersvorsorge und wollen ggfls versuchen fuer viele, viele Jahre Steuern zu stunden und nicht jedes Jahr die Kursgewinne glattstellen!

Dein anonymer Schreiberling, Joerg

PS: Albert hat meine XLS (per email 22.04.) vielleicht macht er sie verfuegbar, wenn du ihn hoeflich darum bittest? Vielleicht findet ja jemand einen Fehler darin?


Joerg sagt am 14. Mai 2019

Also das PDF von Sigmabe im WPF ist sehr schoen, keine Frage. Und war ein Arsch voll Arbeit. Wirklich ein tolles umfassendes Werk! Sehr empfehlenswert.
Es ist gut geeignet alles zu verstehen und bestimmt sind die Berechnungen auch korrekt (keine genauen Formeln hinterlegt, bei den kleinen Zahlen machen Rundungsmodalitaeten viel aus, weshalb ich zB nicht alle Zahlen von S.23 nach S.24 verifizieren konnte.

Es laesst sich gut zeigen, wie die Besteuerung von aETFs und tETFs gleich hoch ist, wenn nur eine kurze Haltedauer betrachtet wird (hier ein Jahr). So wird es ja auch bei den meisten anderen Vergleichen im Internet gehandhabt (Finanzen.de, Justetf.com, hier bei den einschlaegigen Artikeln und auf anderen guten Blogs).
Das ist ja auch voll OK so wegen „den fetten Schweinen und dem Metzger“ :-) und Vermoegensberater haben dann noch ein steuerl. Geheimwissen-Schmankerl uebrig?!

Allerdings ist das Bsp auf S.23/24 im PDF wenig geeignet, die Unterschiede von aETFs und tETFs bei der Steuerstundung auf lange Zeitraeume zu untersuchen.

Niko wie hast du gerechnet? Jedes Jahr verkauft und neu gekauft? Oder einfach den Unterschiedswert von S.24 uebernommen (du Schlingel), also nur mit der Differenz von aETF zu tETF nach einem halben Jahr "deine 30 Jahre" gerechnet?
Dieser Unterschied wird mit "nur 0,13%" angegeben. Ist ja auch kein Wunder! bei 6 Monatiger differentieller Anlagedauer (also nur in diesen zweiten 6 Monaten zwischen Ausschuettung, (zu hoher) Vorabpauschale und halbjaehrlicher Rendite mit 3,5% konnte es einen Stundungseffekt geben).

Die Rechnungen im PDF sind vermutl. korrekt. Nur die Schlussfolgerung ist fuer eine Altersvorsorge ueber Jahrzehnte verkehrt.
Der Grund ist, dass der Vorteil aus den 6 Monaten Steuerstundung fuer die 1.000€ Anlagesumme nicht einfach in die Zukunft extrapoliert werden darf, da jedes Jahr der Steuerstundungseffekt groesser wird (Zinseszins) und bei den allermeisten Anlegern zusaetzlich neues Geld hinzukommt und den Effekt von einer Schneeflocke zum Schneeball werden laesst?!

Haette Sigmabe mal die Berechnung fuer 10 Jahre gemacht, waere es klar geworden ...

OK so, einverstanden mit dieser Analyse? Wer hat sich noch durchgefuxt? LG Joerg


GastAusDemWPF sagt am 14. Mai 2019

Als Serviceleistung für @Joerg

der übliche Zugang für Anfänger zum Steuerthema bei ETFs im WPF findet sich hier
https://www.wertpapier-forum.de/topic/43810-etf-depot-aufbauen/#comment-974951

Dort ist auch die von dir bereits entdeckte PDF (übrigens nicht von sigmabe, sondern von kleinerfisch) zu finden und die entsprechenden Modellrechnungen, die zu den Ergebnissen dort führen. U.a. wirst du dort sehen können, dass nicht nur ein Jahr Anlagedauer betrachtet wurde.

Die von Niko angesprochene Tabelle ist vermutlich die in https://www.wertpapier-forum.de/topic/54855-aussch%C3%BCtter-vs-thesaurierer-aus-steuerlicher-sicht/?page=4 von intInvest vorgestellte. Hier ist u.a. auch eine Betrachtung mit realen Renditereihen möglich. Die aktuelle Version findet sich in der Signatur von intInvest


Niko sagt am 14. Mai 2019

seit wann glaubst du, was du iwo im Internet von anonymen Schreiberlingen liest? Dz, dz, dz ... Selber rechnen macht klug! ;-)

Suggestivfragen ausweichen ebenfalls ;-)

wieso hast du keinen Link gepostet? Meinst du diesen hier?

Nein, die Tabelle gibt es in der Signatur des Nutzers intInvest zum Herunterladen. Signaturen und deren Inhalt sind nur für angemeldete Mitglieder sicht- und abrufbar. Deswegen ist ein Link wenig hilfreich, der Hinweis hat aber gefehlt, ja, okay.

Die Vorabpauschale wird nur in durchschnittlich ca. nur 7 von 10 Jahren faellig [...]

Ist mir bewusst und ja, das kommt meines Wissens in der Tabelle auch nicht vor. Das ist ein valider Kritikpunkt an den Berechnungen.
Aber ich frage mich, ob das letztlich kriegsentscheidend ist, denn: für Fonds mit hohen Ausschüttungsrenditen, einem langen Anlagehorizont und einem niedrigen Basiszins mögen thesaurierende Anteilsscheine über eine lange Laufzeit ( > 30 Jahre) einen Vorteil haben.
Das ist so offensichtlich wie banal. Es muss aber nicht die beste Lösung für jeden Anleger sein, z.B. mit kürzerem Anlagehorizont und 1602€ Sparerpauschbetrag pro Jahr.


Joerg sagt am 15. Mai 2019

@Niko, hier noch die Berechnung zu Deinen Massgaben:

12k Sparrate/a ist hoch, gratuliere, damit wird schnell der SFB ausgeschoepft.
Ab dem 5ten Jahr ist Abgeltungssteuer bei aETFs faellig: SFB(single) ist ausgeschoepft ab 63.571,43€ [= 801€ / 0,018 (Ausschuett.Rendite 1,8%) / 0,7 Teilfreist]
6% nominale Rendite p.a. ist angemessen/konservativ fuer die naechsten 10-20 Jahre eines Weltportfolios?! Je niedriger die Rendite p.a., je mehr macht die Steuerzahlung auf Ausschuettungen relativ aus (bei 3% Rendite sind 0,3% Delta "viel").
Geringe Ausschuettung von 1,8% daempft den Unterschied zwischen aETF und tETF; wo wenig Steuer auf Ausschuettung bezahlt wird, kann es auch keinen grossen Stundungsvorteil geben.
Geringer Basiszins von 0,52%(2019) fuehrt zu einer SFB Ausschoepfung bis 220.054,95€ [= 801€ SFB / 0,0052 (Basiszins2019 0,52%) / 0,7 Minderung]. Im 14ten Jahr wird erstmals Vorabpauschale bei tETFs faellig.

Gerechnet habe ich mit einem Faktor von 0,04704245 als Vorabpauschale auf das VorjahresEndkapital (ab Ueberschreitung des SFBs) Vorabpauschale = Basiszins 0,52%(2019) x 0,7 Minderung x 0,7 Teilfreistellung x 0,7(nur in 7 v. 10a) x 0,26375%

Nach 10 Jahren:

  • Kap_aETF 157.143€ (5,861% p.a.) gez. Abgeltungsstr: 944€
  • Kap_tETF 158.170€ (6,000% p.a.) gez. Vorabpauschalen: 0€
  • Delta: 0,139%

Nach 20 Jahren:

  • Kap_aETF 430.004€ (5,756% p.a.) gez. Abgeltungsstr: 8.657€
  • Kap_tETF 441.094€ (5,992% p.a.) gez. Vorabpauschalen: 369€
  • Delta: 0,236%

Nach 30 Jahren:

  • Kap_aETF 902.659€ (5,716% p.a.) gez. Abgeltungsstr: 28.833€
  • Kap_tETF 945.617€ (5,980% p.a.) gez. Vorabpauschalen: 2.294€
  • Delta: 0,264%

Die Ausweisung der p.a. Renditen habe ich zwar gemacht, weil du es angesprochen hast, aber finde ich pers. nicht zielfuehrend, weil es eben diese Sockelwirkung vom SFB gibt, der dann eine Gesamt-p.a. Ausweisung eher daempft/geringer ausschauen laesst.
Fuer mich pers. ist viel wichtiger: Ist das Depot gross, zahle ich viel Abgeltungssteuer auf Ausschuettung (in EUR). Diese spare ich mir gerne erstmal und stunde mit tETFs!
Dann gilt die einfache Betrachtung: Von der Ausschuettung sind jaehrlich 0,33% sicher weg [= 1,8% x 0,26375 x 0,7] minus etwaige Vorabpauschale.

Der doppelte SFB bei Verheirateten bewirkt uebrigens, dass spaeter Vorabpauschale bei tETFs faellig wird und bis dahin mit aETFs mehr Abgeltungsstr. bezahlt werden muss (also mehr Geld frueher dem Zinseszins entzogen wird).

Die Effekte sind klein - einverstanden - aber bis zur naechsten Steueraenderung sind sie "sicher". Als Anleger koennen wir auf Kosten, Steuern, Diversifikation achten. Der Rest sind Wetten auf die Zukunft.
Falls man mit einer Steueraenderung zum Schlechteren innerhalb der naechsten 10 Jahre rechnet und Anfaenger ist (also kein sechstelliges Depot hat), kann man es viell. lassen?

Fazit: je kleiner die abs. Ausschuettung ist, je weniger macht die darauf gezahlte Steuer beim aETF aus, je weniger gibt's einen Zinseszins Vorteil von Steuerstundung bei tETFs.
Momentan sind wir in einer Phase, bei der Ausschuettungen im Gesamtmarkt prozentual gesunken sind/sinken. Die Zinsen sind niedrig, die Inflation auch. Wenn man das fortschreiben koennte, waere der Unterschied zwischen aETF und tETF immer marginaler?

@Gast aus dem WTF

vielen Dank, ich versuche mal die Datei herunterzuladen und zu checken. Also die Tabelle von Sigmabe (bzw kleinerhai?) hat definitiv nur den "halben" Stundungsvorteil berechnet:
6 Monate 3,5% Rendite, Ausschuettungen und Vorabpauschale zum selben Zeitpunkt, dann nochmal 3,5% Rendite, dann Schlussberechnung.

Ich finde, man sollte die Vorabpauschale fuer tETFs erst ein Jahr NACH der Ausschuettung fuer aETFs abziehen, weil:
a) Dividenden fliessen dem aETF zu, er sammelt 3, 6 oder 12 Monate(Comstage) und schuettet erst dann aus,
b) je nach dem wann im Jahr die Ausschuettung geschieht, wird die Abgeltungssteuer abgezogen, der Loewenanteil kommt meistens Ende Q2 oder Anfang Q3 (der meiste Abzug)
Die Vorabpauschale wird dagegen genau 1 Jahr spaeter erhoben (Kurs vom 02.01. Vorjahr als Bezugsgroesse, Vorabpauschale erst ein Jahr danach)

Ich bin ziemlich sicher, dass asymptotisch der p.a. Rendite-Vorteil eines tETFs sich ganz einfach der Formel: Ausschuettung[%] x Abgeltungssteuerfaktor - Vorabpauschale[%] annaehert (weil bei sehr hohen Vermoegen die Sockelstufe durch den SFB marginalisiert wird)!
also ganz einfach: bei zB 2% Ausschuettung: 2% x 0,184625 minus zB 0,07% Vorabpauschale = 0,37% - 0,07% = 0,30% (Achtung, nur 81,5% davon sind nach Steuern Dein)

LG Joerg


Joerg sagt am 16. Mai 2019

@Dank an intInvest
So, hoffentlich der letzte Post in dieser langatmigen, detailversessenen, zermuerbenden, Erbsenzerteilungszaehlerei:

Die "richtige" Datei aus dem WPF ist erste Sahne, da hat ein Excel-Magier ein tolles Tool zusammengestrickt. Viiiel besser als meine diletantischen Schraubereien.
(man muss sich beim WPF anmelden, dann kann man die Datei herunterladen)
https://www.wertpapier-forum.de/applications/core/interface/file/attachment.php?id=115617

Die Unterschiede zwischen aETF und tETF sind alle wie gehabt. Die Schlussfolgerungen oben alle korrekt.

Diskrepanz zu Nikos Beitrag: In der XLS von intInvest wird der mathematische Vergleich zw. aETF und tETF stets mit einem Verkauf aller Assets abgeschlossen.
D.h. um eine Vergleichbarkeit darzustellen, wird am Ende (egal welche Laufzeit gewaehlt wird) das ganze aETF und tETF Depot verkauft und verglichen. Was ja auch ein mathematisch voellig korrekter Vergleich ist. Wegen dem Sockel von dem SFB sehen dann die p.a.Rendite-Unterschiede bei kuerzeren Laufzeiten kuemmerlich aus.

Aber geht das nicht am realen Leben vorbei? Wir sollen/wollen ja gerade nicht mit zB 60 alles aufloesen?
Entspart wird doch nur in Teilen, die jew. zum Leben gebraucht werden?
Wenn dann noch etwas Kursgewinn-Leiter gespielt wird, kommt es eben doch zur asymptotisch, maximal moeglichen Steuerstundungsernte wie im letzten Kommentar beschrieben.

Allerdings, wenn du mit 55 alles realisieren willst, weil du davon eine Yacht/Hazienda kaufen willst, dann kann dir aETF oder tETF relativ egal sein ;-)

LG Joerg


XY sagt am 16. Mai 2019

Für die Steuerproblematik gibt es eine Lösung, bei der garantiert erst Steuern beim Verkauf anfallen, weil Einzelaktie die nicht ausschüttet: Berkshire Hathaway kaufen.


Dominik sagt am 01. August 2019

Hallo zusammen,

auf der Webseite von Vanguard bin ich durch Zufall darauf gestossen, dass es jetzt auch thesaurierende ETFs von Vanguard gibt. Z.B. den beliebten FTSE All-World: https://www.de.vanguard/web/cf/professionell/de/produktart/detailansicht/etf/9679/EQUITY/overview

Aufgelegt am 23. Juli 2019. Der ist so frisch, der zappelt noch :)
Jetzt können auch Steuerstunder ala Joerg und mir auch Vanguard-ETFs ins Depot aufnehmen.

Viele Grüße
Dominik


Joerg sagt am 01. August 2019

So schnell geht's!

Am 09.05.19 hiess es noch in der Antwort-Email von Vanguard:
"Wir haben gerade thesaurierende Anteilscheinklassen unserer Anleihe-ETFs auf den Markt gebracht. Momentan planen wir dies jedoch nicht für unsere Aktien-ETFs."

Nun heisst es: "Das Letzte was wir wollen, ist unseren Kunden Steine in den Weg zu legen, im Gegenteil!":
https://de.extraetf.com/news/interview/sebastian-kuelps-vanguard-ueber-den-neuen-thesaurierenden-ftse-all-world-etf

Sehr sympathisch!

Vier gibt's bis jetzt:
https://de.extraetf.com/news/etf-news/vanguard-etf-thesaurierung

Wobei der von Dir genannte, fuer die 1-Fonds-Sorglos-Anleger optimal zu sein scheint: https://de.extraetf.com/etf-profile/IE00BK5BQT80


Hans sagt am 03. August 2019

Habt ihr eigentlich keinerlei Bedenken, viel Geld in ETF zu stecken?
Also rein in Bezug auf ETF, also in ein "künstliches" Konstrukt. Klar sind viele ETF replizierend, ich habe nur diese ETF im Depot.
Andererseits überlege ich mir mittlerweile ernsthaft, zusätzliches Geld lieber in z.B. 10 Aktientitel mit historisch zuverlässig belegter Dividendenstärke anzulegen, statt einen Dividenden-ETF zu kaufen.
Klar sind ETF nix anderes wie Fonds, nur börsengehandelt und ein Aktienfond hat kein Emittentenrisiko. Aber irgendwie wird mir der Hype um ETF mittlerweile fast etwas zu hoch.


ChrisS sagt am 04. August 2019

@ Hans

"Habt ihr eigentlich keinerlei Bedenken, viel Geld in ETF zu stecken?"

Nö, eigentlich nicht.
Oder andersrum gefragt, vor was konkret hast du denn dabei eigentlich Angst ? Mal Butter bei die Fische, um das mal aus dem Reich der unbestimmt-schwammigen Fantasiebefürchtungen in die Praxis zu bringen - was glaubst du konkret könnte dir bei ETFs denn so schlechtes passieren?

"Also rein in Bezug auf ETF, also in ein künstliches Konstrukt"

Was soll die Bezeichnung "künstlich" dabei? Eine Aktie ist doch genauso "künstlich" - oder hast du schonmal eine draussen frei in der Natur rumlaufen sehen?
Ist beides nur eine menschengemachte Abstraktion. Wenn wir schon so grundsatzphilosophisch werden wollen, all die Unternehmen auf denen die Aktien und ETFs beruhen, sind letztlich wenn man so will genauso "künstlich" - eine juristische Fiktion. Die Aktie ist nun ein verbriefter und handelbarer Anteil am Eigenkapital des Unternehmens.
Der ETF ist nun ein börsengehandelter Fonds der viele solcher Aktien enthält.
Ich sehe nicht unbedingt, an welcher Stufe des Prozesses es so "künstlich" (damit impliziert "schlecht") wird, was vorher noch "natürlich" (impliziert "gut"?) gewesen sein soll.

"Klar sind ETF nix anderes wie Fonds, nur börsengehandelt und ein Aktienfond hat kein Emittentenrisiko. Aber irgendwie wird mir der Hype um ETF mittlerweile fast etwas zu hoch."

  • Wie hoch ist das gesamte Investmentvermögen der Welt?
  • Und wieviel davon wird über das Vehikel ETF verwaltet?

Finde einfach erstmal Antworten auf diese zwei grundsätzlichen Fragen, und wenn du die Verhältniszahl rausgefunden hast, kannst du dann immer noch für dich entscheiden ob sie dir "zu hoch" ist oder nicht. Oder wie hast du sonst den "Hype" festgestellt?


Niko sagt am 04. August 2019

@Hans

Podcast: Pöse Purschen, diese ETFs - Der Finanzwesir rockt, Folge 47

Die Filterblase (englisch filter bubble) oder Informationsblase ist ein Begriff, der vom Internetaktivisten Eli Pariser in seinem gleichnamigen Buch von 2011 verwendet wird. Fast jeder Finanzblog berichtet über ETFs und empfiehlt sie, Verbraucherschützer auch. Selbst im Finanzteil der örtlichen Tageszeitung titelt die Redaktion: "Marktbreit mit Indexfonds investieren".

Medial gesehen sind ETFs überall. Aber eben nur medial. Da, wo die Umsätze gemacht werden, sucht man sie vergeblich. Jede Filialbank ist ETF-freies Gebiet und auch die Vertreter der Drei-Buchstaben-Finanzvertriebe haben keinen ETF im Musterköfferchen.


Max Alpha sagt am 05. August 2019

@Hans
Nein, keine Bedenken.
Investmentfonds werden seit Jahrzehnten von Verbraucherschützern als geeignetes Produkt für die Altersvorsorge beschrieben. Der Hype wird in meinen Augen eher um den Dividenden-Adel gemacht.
Ich hätte Probleme nachts zu schlafen, wenn ich darauf vertrauen müsste, dass die ausgewählten Firmen in 30 Jahren noch existieren.
Gruß Max Alpha


Nostradamus sagt am 06. August 2019

@Hans:
Nein, keinerlei Bedenken. Es sei denn, du kannst erklären, warum Aktien weniger bedenklich sind. ;-)
Jetzt wollte ich noch was zum Thema synthetische ETFs schreiben, aber du hast ja nur replizierende.
Trotzdem mal zwei Meinungen dazu:

https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/hr/geldanlage-162.html

https://www.finanztip.de/blog/warum-synthetische-etfs-kein-teufelszeug-sind/


Moabeat sagt am 07. August 2019

@Hans: Typisches Beispiel für eine Echokammer. Geh mal raus und frag zwanzig Leute, ob sie auch so begeistert sind von ETFs. Zehn haben noch nie davon gehört, fünf geben an kein Fleisch aus dem Labor zu essen, drei sind gerade zu beschäftigt sich über die Niedrigzinsen aufzuregen, während zwei ETFs gut einordnen können. Einer der beiden ist sogar schon so weit, dass er sich seit fast einem Jahr nur noch damit beschäftigt und bald wirklich ein Depot eröffnen will. Bleibt einer übrig, der tatsächlich in ETFs investiert, aber gerade keine Zeit für Finanzfragen hat, weil er Wichtigeres zu tun hat.


Smartinvestor sagt am 08. August 2019

@Hans

Aber irgendwie wird mir der Hype um ETF mittlerweile fast etwas zu hoch.

Mir auch, genau wie übrigens auch dem guten alten Jack Bogle. Seine weisen Worte habe ich zum Glück noch nie ignoriert - u.a. bzgl. sogenanntem Smart Beta und Rohstoff-ETFs - weil er am Ende immer Recht behalten hat. Und zwar gerade dann, wenn seine Meinung - bzw. "Bogle's Folly" - zunächst unpopulär war, wie jetzt anscheinend wieder mal.

Von Augen zu und durch ist daher vor allem dann dringend abzuraten, wenn schon viel in ETFs investiert ist, wie z.B. kurz vorm oder im Ruhestand.

Unser Wesir scheint das auch zu befürchten:

Wer sich auf Dogmen ausruht wird keine Rendite einfahren.

...und sucht nach einer "Kleinigkeit" dagegen, die er in seine "Strategie integrieren kann".

Diese "Kleinigkeit" - mit Verstand ausgewählte Alternativen - integriert, schützt nicht nur vor den oft bitteren Folgen des Hypes, ohne Rendite zu verlieren, wie mit zinslosen Zinsanlagen. Nein, sie hilft sogar, um davon - Dank Markowitz's MPT und Taleb's Antifragilität - zu profitieren. ;-D

-) Damit stehen die Chancen für Privatanleger besser als je zuvor. Ohne das schlechter als je zuvor. )-:


Hans sagt am 09. August 2019

Vielen Dank für die Antworten, ich bin wieder "in der Spur", ab und an braucht es einfach mal einen kleinen Schubs!


Smartinvestor sagt am 10. August 2019

@Hans

Gern geschehen. Leider habe ich vergessen, den Link zu meiner gewohnten Fundierung deiner, meiner und Bogle's scheinbar unpopulären Meinung zum ETF-Hype beizufügen.

Dass ETFs in Deutschland noch keine große Rolle spielen, wie hier richtig bemerkt, ist dabei irrelevanter Home Bias. Denn bzgl. Indexfonds hinken wir den USA um rund 20 Jahre hinterher!

Wie von der Immobilienkrise vor gut 10 Jahren bekannt, hilft uns das wenig. Denn die Musik in der Finanzwelt spielt in den USA, wo sich der von Miterfinder Bogle (!) beklagte ETF-Massenhype primär abspielt.

Aufpassen muss man dabei außerdem, was Ursache, Anlass und Wirkung einer bevorstehenden Krise sein können.

Um den u.a. vom ehemaligen EZB-Präsident Trichet zugegebenen allg. Irrglauben an effiziente Märkte bis 2008 zu korrigieren, überreagieren die Zentralbanken jetzt mit einer systemisch hochgefährlichen, weltweit fehlkonzertierten Konvergenz ihrer Aktivitäten und drucken Geld um die Wette (Ursache).

Das fließt primär in Sachwerte und befeuert eine von den ZBs ignorierte gigantische Sachwertinflation. Die speist u.a. den ETF-Massenhype in den USA.

Denn die Massen folgen dem Irrglauben an effiziente Märkte leider weiterhin und kaufen dort wahllos allen Schrott, auf dem Index oder ETF steht, siehe When an ETF Changes Its Stripes. Solche Fehlentwicklungen werden die nächste große Krise (Wirkung) sicherlich zumindest mitveranlassen aber nicht verursachen.

Das wird bei den hier hart gepushten Weltaktien-ETFs natürlich auch seine Spuren hinterlassen. Denn da sind ja zu weit mehr als 50% US-Aktien drin. Vor diesen Spuren gilt es, sich rechtzeitig gut zu schützen, z.B. mittels unkorrelierter LAs, wenn schon größere Summen in gefährdeten ETFs veranlagt sind.

ETF-Einsteiger dürfen sich hingegen bald über viel günstigere Einstiegskurse freuen, solange sie bei den hier wohlselektierten ETFs bleiben.


CarstenP sagt am 10. August 2019

Hier mal was Bogle wirklich an ETFs zu kritisieren hatte:

Jack Bogle never liked ETFs. Here’s why

But let me be clear. There is nothing wrong with investing in those indexed ETFs that track the broad stock market, just so long as you don’t trade them.

Da es bei uns keine (oder kaum?) traditionelle Indexfonds gibt, bleibt uns ja nichts anderes übrig als diese bösen ETFs zu nehmen um marktbreit und kostengünstig und passiv zu investieren. Doch merke: Nicht traden, weil das an der Rendite knabbert!


Joerg sagt am 12. August 2019

@Nostra

hatte die Fragen, ob man nicht auch mit Thesaurierern den Sparerfreibetrag (SFB) über die Vorabpauschale hinaus ausnutzen kann, bzw. wieviel "einem entgeht", wenn man das nicht tut.

Ja, man kann auch mit Thesaurierern den SFB schon bald ausnutzen, indem man Kursgewinne realisiert und so die Kursgewinn-Uhr (= Besteuerungsbasis f d Zukunft) quasi ein Stück zurückdreht.

Bsp: ETF-Sparplan, seit 01.01.18 (neue Fonds-Besteuerung) oder Einmalanlagen: Wert heute 8.000 EUR (=Verkaufspreis), Anschaffungssumme 7.200€, Kursgewinn 800€. Kursgewinn wuerde mit SFB verrechnet werden (null Steuern). Direkter Rückkauf fuer 8.005€: Kursgewinn-Uhr wieder auf null gestellt.

ABER: das geht nur, wenn man seine ETFs über Produkte (oder Depots) so strukturiert, dass auch etwas im Gewinn ist, an das man steuerlich "ran kommt" (verkaufen kann):

  • Fifo-Regel managen (first-in-first-out: bei deinem Broker werden immer die Stücke verkauft, die zuerst angeschafft wurden), d.h. entweder mit verschiedenen Depots arbeiten (Teilübertragungen?) oder immer mal wieder Neu-Käufe/Sparpläne in Geschwister-ETFs anfangen, damit eine Kursgewinnleiter (sortierte ETF-Töpfe) entsteht
  • Gebühren für Verkauf/Ankauf minimieren (günstigste Online-Broker wählen, ggfls. bald umsonst? https://www.justtrade.com)
  • Slippage (Preisunterschied Verkauf/Wiederkauf) minimieren z.B. bei Kauf in einen fallenden Markt hinein: Bei schlechten Vorgaben/Nachrichten oft die ersten 10-20min nach Börseneröffnung, also z.B. Verkauf 15:35 Uhr (etw. höher), Rückkauf 15:40 (etw tiefer)
  • Spread (Differenz beim Marketmaker zw An/Verkaufspreis) f zB MSCI World-ETFs bei geöffneter US-Boerse geringer als bei geschlossener? EM-ETFs gleich morgens (CN)?

Die allermeisten Anleger machen das wohl nicht (Depot steuerlich strukturieren, penibles Ausnutzen des SFB), weil es mühsam ist und ggfls. nicht sooo viel bringt: Angenommen du schaffst es in deinem Anlegerleben den SFB immer optimal auszunutzen, dann gelingt es ggfls. 10-15x eine optimale SFB-Ausnutzung zu schaffen, als wenn du alles unorganisiert laufen lässt?

Die meisten älteren Anleger knacken den SFB sowieso zwischen 35-50, ab dann ist "kein Vorteil durch gezieltes Ausnutzen" im Vergleich gegeben oder nur Bruchteile vom SFB? Also ist dein "Nachteil" als Fauler idR irgendwas zwischen max. 10 x 800 bis 15 x 800 also 8-12k€ Bemessungsbeitrag und darauf die Steuer x 0,184625. Also geht's vielleicht um 1,5-2,2k€ Steuerzahlungen auf dein ges. Anlegerleben gerechnet?

In Wirklichkeit wird es eher weniger Differenz sein, weil du ja auch Kosten (An/Verkauf), Slippage und Spread erleidest, geschweige denn der Planung/Arbeit/Mühe, das alles zu organisieren ... Aber wer Spass daran hat?

Persönlich, habe ich schon taktisch Kursverluste realisiert, um unsere Steuerschuld (Ausschuettungen + Kursgewinnrealisierung wegen Umdomizilierung/Liquidation) zu mindern. Weil, wenn der SFB ausgeschöpft ist und das Depot grösser ist, geht's natürlich noch um ganz andere Summen als nur bei SFB-Betrachtung!

Aber da geht auch immer "vergeudete Lebenszeit?" mit einher ;-)

LG
Joerg


Joerg sagt am 12. August 2019

Teilfreistellung fuer qualifizierte ETFs vergessen! Oben im Bsp. müsste es heissen: bei 800€ Kursgewinn x 0,7 TFS = 560€ zum Gegenrechnen für den SFB Bzw. Kursgewinn von 801€/0,7 = 1.144€ schöpft den SFB von 801€ komplett aus.


Jan sagt am 13. August 2019

Noch einmal zum Thema aETF vs. tETF:

Mit einem Ausschütter bekomme ich jedes Quartal (bei dem Vanguard-ETF, den ich bespare) Dividenden ausgezahlt. Das sind von meinem Arbeitsplatz unabhängige Einnahmen. Das verbessert die Diversifikation der Einkünfte und steigert meine Risikobereitschaft, so dass ich mehr Geld in RK3 und weniger in RK1 stecke. Ist das auch schon einmal in so eine Berechnungen mit eingeflossen? Wobei diese Steigerung der Risikobereitschaft sicher nur im Einzelfall in die Rechnung eingehen kann, weil sie zu individuell ist.


ChrisS sagt am 14. August 2019

@ Jan

was hat das speziell mit Ausschüttern allein zu tun? Das ist doch kein Alleinstellungsmerkmal. Auch mit Thesaurierern kannst du genauso Einnahmen, eben durch Teilverkäufe, erzeugen, wenn gewünscht. Rein mathematisch ist es ceteris paribus, durch welchen der beiden Faktoren (Preis x Anteile) du Geld aus deinem Depot holst. Da noch nen Unterschied zu machen, und sei's auch nur auf der mentalen Ebene, ist ein zwar ein weitverbreitetes Missverständnis bzw. Anfängerfehler, aber den kann man ja abbauen.

Zumal, mit Thesaurieren kannst du den Prozess auch viel individueller und flexibler steuern. Bei Ausschüttern wird dir bspw. jedes Quartal eben "zwangsweise" ein gewisser Betrag aus dem Fonds abgezogen aufs Verrechnungskonto geschickt - egal ob du das grad überhaupt willst/brauchst oder nicht, egal ob er überhaupt in der Höhe (zu niedrig / zu hoch) zu deiner aktuellen Situation passt oder nicht. Wenn du die Ausschüttungen grad nicht willst/brauchst, würdest du sie eh von selbst reinvestieren (kannst also auch beim Thesaurier bleiben, der das für dich schon intern macht), und wenn die Ausschüttungen doch zu niedrig sind müsstest du eh zusätzlich Anteile verkaufen (dito wieder kein Unterschied zum Thesaurierer). Klar, es mag realpraktische Einschränkungen geben, die noch für die eine oder andere Methode ausschlaggebend sind - wenns jetzt zB um den Vergleich von Niveaus wie nur zwei Euro fuffzisch popeligen Ausschüttungen versus Verkäufen geht sind das Sinngrenzen - aber das allgemeine Prinzip ist immer das gleiche.

Lektüre-Empfehlung https://www.gerd-kommer-invest.de/depotentnahmen-mythen-und-missverstandnisse/


Joerg sagt am 14. August 2019

Hallo Jan,

danke für deine Frage, wenn du magst, kannst du dich noch zum Wesen der Dividende weiterbilden?

Was hälst du von folgender Allegorie?

Stell dir zwei Eimer (Buckets) mit Wasser vor (jeweils als Bild für dein Depot). Der eine ist der tBucket (thesaurierende ETFs) der andere der aBucket (ausschuettende ETFs). Bei beiden kommt ab und zu eine Schöpfkelle dazu (Sparplan, Einmalanlage). Beide werden manchmal angerempelt und dann verschwappt leider etwas Wasser (Baisse, Crash). Egal wie der Wasserstand in den Eimern entstanden ist, es wird prozentual gleich viel Wasser verschüttet beim Anrempeln! Der einzige Unterschied zwischen den Eimern ist: bei einer Ausschüttung im aBucket wird eine Kelle Wasser hoch gehoben: ein Löffelchen Wasser wird abgezweigt für den Staat (Abgeltungssteuer) und der Rest der Kelle in den Eimer zurückgegeben.

Beim tBucket wird keine Kelle hochgehoben und nix abgezweigt (höchstens manchmal ein paar Tröpfchen = Vorabpauschale). Dadurch steigt der Pegel im tBucket mit der Zeit höher als im aBucket. Beim Anrempeln wird aus beiden prozentual gleich viel Wasser verschüttet (nominal ggfls. nicht, aber nominal zählt nicht!). Es gibt hier keinen Ausschütter Vorteil. Das ist schwer zu verstehen, weil das Gehirn verschiedene "Unterkonten" für Ausschüttungen und neue Zuflüsse bildet. Das ist aber Unfug. Es kommt allein auf die Wasserstandshöhe im Eimer an, nicht, wie es dazu kam (die Historie). Alle Eimer sind dem Verschüttungsevent gleich ausgesetzt (Marktrisiko).

Andere gute "Bilder": Oliver mit Bankomat: https://frugalisten.de/die-dividenden-strategie-der-grosse-selbstbetrug/ oder auch hier im Blog die Dividenden-Artikel ... Nutze viell. die Archivfunktion und arbeite dich nach Interesse vor ...? https://www.finanzwesir.com/blog/kategorien?ref=sidebar

LG
Joerg


Schwachzocker sagt am 14. August 2019

@Jan

"Mit einem Ausschütter bekomme ich jedes Quartal (bei dem Vanguard-ETF, den ich bespare) Dividenden ausgezahlt. Das sind von meinem Arbeitsplatz unabhängige Einnahmen. Das verbessert die Diversifikation der Einkünfte und steigert meine Risikobereitschaft, so dass ich mehr Geld in RK3 und weniger in RK1 stecke...."

Nein, Ausschüttungen sind keine Einnahmen, sondern es sind Geldflüsse von einem Konto auf das andere. Es ist so, als wenn Du Geld vom Girokonto auf das Tagesgeldkonto überweist und diese für eine Einnahme hältst. Und wenn Du die Dividenden wieder anlegst, machst Du nichts anderes als das, was ein Thesaurier ohnehin macht. Es wäre fatal, wenn das Deine Risikobereitschaft erhöht.


Jan sagt am 15. August 2019

@ChrisS, @Joerg, @Schwachzocker
ihr seid echt Klasse!

Mit erklärenden Worten, Bilder und Links. Ihr habt euch echt Mühe gegeben.
Danke!


BigMac sagt am 16. August 2019

@Stefan:

Zuerst einmal solltest du dir den Artikel vom Wesir oben mit den beiden Beispielen und dem Fazit nochmal gut ansehen. Dort steht: "Deshalb wird sich auch kein Anbieter in die Karten schauen lassen und zeigen, welche operativen Tricks er bei der Thesaurierung anwendet. Grundsätzlich läuft es aber wie oben beschrieben." Was steht da oben u.a.? "Die Thesaurierungsregeln werden vom Index bestimmt."

D.h., die Antwort auf deine Frage findest du bei MSCI (Thesaurierungsregeln für den MSCI World) und sie wird vermutlich lauten "wird von vielen Dingen beeinflusst und passiert deshalb nicht zu bestimmten Terminen.".

Aber .... was ist an dieser Frage so wichtig?


Timo sagt am 16. August 2019

Hallo Stefan,

Gewinn fließt so gesehen nicht in deinen Sparplan zurück. Also es ist eben nicht so, dass die Bank deine Sparrate um x Euro erhöht.

Dein ETF hält Aktien, diese Aktien erzielen Kursgewinne (oder Verluste) und einige schütten Dividenden aus. Dein ETF nimmt diese Dividenden und kauft davon zusätzliche Aktien.

Deinen Gewinn siehst du an dem Unterschied zwischen Kaufkurs und aktuellem Kurs. Im Kurs spiegeln sich beim Thesaurierer also stets Gewinne aus Kursentwicklung und Dividenden wieder.

Wie der ETF das im einzelnen macht ist glaube ich zum Teil auch Betriebsgeheimnis, das einfachste ist wohl, die Dividenden zu sammeln und damit dann das regelmäßige Rebalancing durchzuführen

ich hoffe, das konnte deine Frage beantworten


Joerg sagt am 17. August 2019

@Stefan,

willst du nur wissen, wieviele Ausschüttungen ca. in deinen thes. MSCI WORLD ETF geflossen sind? Dann kannst du einfach beim Schwester-ETF, der ausschüttet, nachgucken.
Dann scrollst du nach unten und klickst links bei Ausschüttungen auf "Klicken sie hier zur Vollansicht".
Die Ausschüttungsrendite beträgt per 15.08.19 1,8% (steht weiter unten).

LG
Joerg


ChrisS sagt am 06. Oktober 2019

Hey Joerg,

hab zum eigenen Verständnis mal selber nachrechnen wollen, wie man auf die von dir anderswo erwähnten 0,30% Unterschied zwischen Ausschütter und Thesaurierer kommt. Ich komme aufs selbe Ergebnis, die Methode ist zwar sicher etwas umständlich aber kannst ja gern mal gegenchecken, falls irgendwo ein peinlicher Formelfehler oder Zahlendreher versteckt ist, oder ob überhaupt der Ansatz darauf zu kommen zielführend ist.

Erstmal die Rahmendaten:
Vergleich von zwei ETFs auf den selben Index (z.B. MSCI World), einmal ne Ausschüttende und einmal ne Thesaurierende Variante. Als langfristige Gesamtrendite sei 6 % unterstellt, aufgeteilt in 2 % Ausschüttungsrendite und 4 % Kursrendite. Basiszins (2019 aktuell) sei 0,52 %, Teilfreistellung 70 %, KESt+S 26,375 %, SFB 801 €.

erste Übung, Ermittlung des Depotgrößen-Grenzwertes, ab dem der SFB überschritten wird, also überhaupt erst angefangen Steuern zu zahlen.

A-ETF:
801 / 0,02 / 0,7 = 57.214,29 € Depotwert
oder andersrum (Gegenprobe)
Bei einem Depotwert von 57.214,29 € sind 2 % Ausschüttungen davon 1.143,29 €. Davon nochmal die 70 % TF = 801 €, davon SFB abgezogen = 0 € zu versteuernde Erträge, also auch 0 € Steuern.

T-ETF:
801 / 0,0052 / 0,7 / 0,7 = 314.364,21 € Depotwert
andersrum ausgedrückt
Bei einem Depotwert von 314.364,21 € ist der Basisertrag davon (BZ 0,0052 x 0,7) = 1.143,29 € (da keine Ausschüttungen ist Vorabpauschale gleich Basisertrag). Davon nochmal die 70 % TF = 801 €, davon SFB abgezogen = 0 € zu versteuernde Erträge, also auch 0 € Steuern.
(Anmerkung, die VP wird ja eigentlich überhaupt nur erhoben, wenn es eine positive Jahres-Wertentwicklung gab. Da ca. 3 von 10 Börsenjahren negativ sind, könnte man hier also auch noch zusätzlich einen weiteren Praxis-Faktor von 0,7 einbauen, was die Sache noch weiter nach oben verschiebt, aber das ignorieren wir hier einfach erstmal).

Und nun der eigentliche Kernpunkt des Vergleichs, also gleichgroße Depots. Wie sieht die Lage beim A-ETF aus, wenn wir da auch genauso 314.364,21 € drin angelegt hätten?

A-ETF:
Bei einem Depotwert von 314.364,21 € sind 2 % Ausschüttungen davon 6.287,28 €. Davon nochmal die 70 % TF = 4.401,10 €, davon SFB abgezogen = 3.600,10 € zu versteuernde Erträge, also (x 0,26375) = 949,53 € Steuern.
Erhaltene Netto-Ausschüttung also 5.337,76 €, was einer netto-A-Rendite von jetzt nur noch 1,7 % entspricht, ergo Gesamtrendite (4 % KR + 1,7 % AR) = 5,7 %, eine Minderung (ggü. der T-Variante, die bei dem Depotwert eben noch garkeinen Steuerabzug hat und bis hierhin die vollen 6 % Gesamtrendite liefert) um 0,3 %. Oder andersrum gesagt, Steuerabzug / Depotwert = 0,3 %

Dieses Delta von 0,3 % bleibt dann auch für noch weiter höhere Depotwerte immer relativ konstant so.

Kurzes Ablaufschema:

Depotwert unter 57.214,29 €
Kein Unterschied zw. A-ETF und T-ETF Rendite, da beide noch keine Steuern produzieren (Erträge < SFB).
(wir unterstellen, abseits der Realpraxis, dazu mal auch sofortige und friktionslose Wiederanlage der Ausschüttungen beim A-ETF, damits vergleichbar bleibt).

Depotwert über 57.214,29 €
Der A-ETF beginnt Steuern zu produzieren und hat dementsprechende Renditeminderungen.
Die sind anfangs noch klein (Bsp: bei 100.000 € Depotwert haben die Ausschüttungen einen Steuerabzug von 157,99 € (= Renditeminderung von 0,16 %)), steigern sich aber mit dem Volumen (Bsp: bei 200.000 € Depotwert haben die Ausschüttungen einen Steuerabzug von 527,24 € (= Renditeminderung von 0,26 %)), während der T-ETF bis 314.364,21 € noch garkeine Steuern produziert, siehe oben, das Delta zwischen den beiden sich also bis dahin auf 0,30 % spreizt.

Depotwert ab 314.364,21 €
Nun beginnt auch der T-ETF Steuern zu produzieren (da jetzt VP x TF > SFB), allerdings bleibt das relative Renditedelta 0,30 % auch für weiter höhere Depotwerte noch immer so gleich. Beispiel 1.000.000€ Depotwert: A-ETF Steuern 3.481,24 € (=0,35 % Renditeminderung), T-ETF Steuern 460,77 € (=0,05 % Renditeminderung, Delta zwischen beiden also weiterhin 0,30 %)

Zur Einordnung dessen, was diese 0,3 % Renditeunterschied ausmachen können, sollte jedem, der hier schon länger durch Diskussionen über TERs und Kaufkosten an der Nachkommastelle gestählt ist, klar sein - über kurzfristige Zeiträume und/oder bei kleinen Depotvolumen macht das in absoluten Euro-Differenzen erstmal wenig bzw. nichts merkbares (wer also noch nicht mit nem sechsstelligen Depotvolumen, oder absehbar auf dem Weg dahin, gesegnet ist, für den ist diese eher theoretische Diskussion hier noch ziemlich nebensächlich und es gibt noch andere Dinge die erstmal viel wichtiger sind) - aber langfristig über Jahrzehnte und/oder bei größeren Depotvolumen (und wenn man die anderen wichtigen Dinge vorher schon genügend hinoptimiert hat) können das schon konkrete Euro-Zahlen ausmachen die ein Nachdenken darüber rechtfertigen.

Maßgebliche Einflussfaktoren:

Ausschüttungsrendite - je höher die Ausschüttungsrendite, umso nachteiliger für den A-ETF. Die Depotwertgrenze zur Besteuerung liegt dadurch niedriger (wird also früher überschritten und man zahlt dann eben umso eher mehr Steuern) und das Renditedelta zum T-ETF (der eben erst bei viel größeren Depotwerten Steuern produziert) wird noch größer.
Beispiel - jemand ist auf dem Highyield-Dividenden-Trip und hat statt des 2%-Ausschüttenden ETFs lieber einen 4%-Ausschüttender genommen. Depotgrößen-Grenzwert zur Besteuerung ist nun schon bei nur 28.607,14 € (während der T-ETF davon unabhängig ja noch weiter bei 314.364.21 € liegt). Würden nun im hochausschüttenden 4%er-A-ETF ebenso 314.364,21 € angelegt sein, produzierte dies 2.110,32 € Steuern, also eine Renditeminderung von nun schon 0,67 %.

Basiszins - wenig überraschend die andere Seite der Medaille, ein niedriger Basiszins ist gut für T-ETFs, je höher der Basiszins, umso schlechter für T-ETFs. Der "Breakpoint" liegt übrigens bei einem BZ von (Ausschüttungsrendite / Teilfreistellung), also bspw. 2 % / 70 % = 2,86 %. Bei diesem BZ ist die Depowertgrenze zur Besteuerung beim T-ETF dieselbe wie beim A-ETF (57.214,21 €), und die Steuerlast (dementsprechend auch die Minderung der Gesamtrendite) für darüberhinausgehende Depotgößen ist bei beiden gleich. Und je weiter drüber man über den Breakpoint-BZ kommt, umso nachteiliger würde es für T-ETFs. Das artet dann schnell in Makro-Spekulation aus: wer also glaubt das bald die große Zinswende kommt, tja für den wäre das vielleicht nix, aber haja es könnte genausogut auch längeranhaltende "japanische Verhältnisse" geben, wer weiß das schon. Oder, als Meta-Prognose, die Investmentbesteuerung allgemein wird in Zukunft schneller wieder reformiert als die Zinsen selbst, von daher...

So, was haben wir bis hierhin gelernt? Ja, A-ETFs haben einen gewissen Renditenachteil gegenüber T-ETFs - notwendigerweise dazugesagt "aktuell" und "in dieser Konstellation", da das "ob" und "wie sehr" im Einzelfall ja immer von den jeweiligen Faktoren (Depotgröße, Ausschüttungsrendite, aktueller Basiszinssatz, etc.) abhängt, aber halten wir erstmal so fest, dass es in der jetzigen Sachlage mit den heutigen benutzten Parametern erstmal so ist wie oben beschrieben.

Was fehlt noch? Die Rechnungen beziehen sich erstmal "nur" auf simple Einmalanlagen. Weiter interessierte Spreadsheet-Cowboys können noch allerhand Aufstellungen konstruieren, die ich hier jetzt noch nicht berücksichtigt habe z.B. wie das ganze am Ende nach dem Verkauf der Anlage wieder aussieht (per "abgerechnet wird zum Schluss" sollten ja A-ETFs und T-ETFs über den gesamten Investitionszyklus betrachtet wieder äquivalent sein, so von wegen die höheren Kursgewinne werden durch entsprechende Steuern darauf wieder runterrelativiert, allerdings kann man wohl auch hier durch allerhand Verschiebesysteme ("Kursgewinnleiter" etc.) noch einiges weiter rumoptimieren), oder wie es aussieht, wenn man statt Einmalanlage-Zeitpunktsbetrachtung mal durchrechnet wenn das ganze langfristig auf vielen Sparraten aufgebaut ist, oder man statt einmaligem Komplettverkauf am Ende auch wieder mehrere kleine Teilverkäufe über einen ebenso langen Zeitraum macht (und wie man diese geschickt strukturieren kann, etc.), oder oder...aber soweit erstmal dazu, ich hab wahrscheinlich schon genug Stuss geschrieben (Joerg, wie gesagt korrigier mich gern falls noch irgendwo Verständnisfehler waren) :-D.


Joerg sagt am 07. Oktober 2019

Danke, ChrisS, sehr schön didaktisch aufbereitet!

Zugegebenerweise, für viele ein zahnschmerzenartiges / kompliziertes / langweiliges Thema …

Denen sei einfach gesagt: Steuern die du heute zahlst (Ausschütter) können keine Junge (Zinseszins) mehr für dich bekommen, sehr viel mehr muss man nicht verstehen, um (in der Gegenwart) richtig zu handeln?

Also, wenn du noch keine/kaum Steuern auf Ausschüttungen zahlst -> egal, falls doch -> "ziemlich" egal, es sei denn, du willst optimieren.

LG
Joerg


Niko sagt am 25. Oktober 2019

@ChrisS

Und je weiter drüber man über den Breakpoint-BZ kommt, umso nachteiliger würde es für T-ETFs.

Das verstehe ich nicht. Wenn ich den zahlreichen Infografiken und Erläuterungen glauben darf, ist die Steuerlast für A-ETFs und T-ETFs ab diesem "Breakpoint" doch gleich. Weil ich dann für die A-ETFs eine Steuer auf die Vorabpauschale in Höhe der Differenz zwischem dem, was der T-ETF versteuern muss, und den bereits versteuerten Ausschüttungen zahlen muss. Habe ich da etwas übersehen oder einen Denkfehler?


ChrisS sagt am 04. November 2019

@ Niko

ne hast keinen Denkfehler- sollte der Basisertrag durch einen erhöhten Basiszins weiter oberhalb der Ausschüttungen liegen, wird auch beim ausschüttenden ETF die noch verbleibende Differenz als Vorabpauschale der Besteuerung unterworfen, es gäbe also ab dem Breakpoint (Basiszins ist ca 1,43 mal höher als Ausschüttungsrendite) zu einer gleichen insgesamten Steuerlast der beiden Produkte und keiner darüber hinausgehenden weiteren Benachteiligung des Thesaurierers.

Basisertrag = Wert der Fondsanteile zum Jahresanfang x Basiszins x Teilfreistellung
(mindestens 0, maximal begrenzt auf den Jahres-Gesamtertrag (Wertsteigerung/minderung am Jahresende + Ausschüttung) des Fonds, falls diese geringer als der eigentliche BE sein sollten)

Vorabpauschale = Basisertrag - Ausschüttungen
(mindestens 0)

Da wir bisher in der Praxis ja nur den Fall "BZ niedriger als Ausschüttungsrendite (z.B. für die hier üblichen World/EM-Depots ca. 2-2,5%)" hatten, konnte man das in vereinfachten Rechnungen leicht mal vergessen und unter den Tisch fallen lassen (ist mir wohl auch passiert, danke für den Hinweis) weils so noch nie zur Anwendung kam, aber ja, in Langform aufgedröselt passt das dann wieder, dazu folgende Beispielrechnung (der Einfachheit halber mal ohne SFB, genauso wie auch immer ein positiver Jahres-Gesamtertrag oberhalb des BE unterstellt wurde, damit dieser überhaupt so zum tragen kommt, was natürlich in der Praxis auch nicht immer sein wird weils ja auch mal schlechtere Börsenjahre gibt).

50.000 € am Jahresanfang in einem A-ETF, dessen Gesamtrendite (6%) sich zusammensetzt aus 2%-Ausschüttungsrendite (= 1.000€ Ausschüttungen am Jahresende) und 4% Kursrendite (2.000 € Kursgewinn am Jahresende).

Basisertrag = 50.000 € x 0,0052 (aktueller BZ) x 0,7 = 182 € (ist kleiner als der Gesamtertrag von 3.000 €, es wird also dieser BE weiterbenutzt)
Vorabpauschale = 182 € - 1.000 € = 0 (da nicht negativ sein darf)
Steuer der Ausschüttung = 1.000 € x 0,7 x 0,26375 = 184,63 €
Steuer der VP = 0 € x 0,7 x 0,26375 = 0 €
Steuer gesamt = 184,63 € + 0 € = 184,63 €

Vergleich analoger Thesaurierer:

BE = 50.000 € x 0,0052 x 0,7 = 182 €
VP = 182 € - 0 € = 182 €
Steuer A = 0 € x 0,7 x 0,26375 = 0 €
Steuer VP = 182 € x 0,7 x 0,26375 = 33,60 €
Steuer gesamt = 0 € + 33,60 € = 33,60 €

Situation bei einem Basiszinssatz i.H.v. Ausschüttungsrendite / TF, also hier bspw. 0,02 / 0,7 = ugf 2,857143 %

Ausschütter
BE = 50.000 € x 0,02857143 x 0,7 = 1.000 €
VP = 1.000 € (BE) - 1.000 € (Ausschüttungen) = 0 €
Steuer A = 1.000 € x 0,7 x 0,26375 = 184,63 €
Steuer VP = 0 € x 0,7 x 0,26375 = 0 €
Steuer gesamt = 184,63 € + 0 € = 184,63 €

Thesaurierer
BE = 50.000 € x 0,02857143 x 0,7 = 1.000 €
VP = 1.000 € (BE) - 0 € (Ausschüttungen) = 0 €
Steuer A = 0 € x 0,7 x 0,26375 = 0 €
Steuer VP = 1.000 € x 0,7 x 0,26375 = 184,63 €
Steuer gesamt = 0 € + 184,63 € = 184,63 €

und nun die eigentliche Sache, die Rechnung für den Fall wenn der Basiszins weit über der Ausschüttungsrendite liegt, z.B. mal bei 5 %

Ausschütter
BE = 50.000 € x 0,05 x 0,7 = 1.750 €
VP = 1.750 € (BE) - 1.000 € (Ausschüttungen) = 750 €
Steuer A = 1.000 € x 0,7 x 0,26375 = 184,63 €
Steuer VP = 750 € x 0,7 x 0,26375 = 138,47 €
Steuer gesamt = 184,63 € + 138,47 € = 323,09 €

Thesaurierer
BE = 50.000 € x 0,05 x 0,7 = 1.750 €
VP = 1.750 € (BE) - 0 € (Ausschüttungen) = 1.750 €
Steuer A = 0 € x 0,7 x 0,26375 = 0 €
Steuer VP = 1.750 € x 0,7 x 0,26375 = 323,09 €
Steuer gesamt = 0 € + 323,09 € = 323,09 €

man sieht also, ab dem Break (BZ ist um ca 1,43 mal höher als die Ausschüttungsrendite) ist die laufende Steuerlast bei A- und T-ETFs dann wieder gleich - einen darüber hinausgehenden weiteren "Nachteil" bei letzteren wird es also in solchen Situationen nicht geben, auch der Ausschütter müsste in solchen Fällen eine gewisse Vorabpauschale (Differenz von BE - Aussch) ebenso mit leisten.

Achja, und endlos viel nach oben hin kann man den BZ natürlich auch nicht ewig weiter wachsen lassen, da der Basisertrag ja immer auf den Jahres-Gesamtertrag der Anlage (Kursgewinn/verlust + Ausschüttung, hier im Beispiel 6%) begrenzt ist (entspricht einem BZ von ugf 8,57 %, also Gesamtertrag / 0,7)


Joerg sagt am 08. Januar 2020

Schreibt den Politikern (versch. Parteien) in Eurem Wahlkreis, dass ihr (ausnahmsweise? ;-)) diesen CSU Vorschlag gut findet:
https://de.extraetf.com/news/etf-news/csu-will-anleger-entlasten
(Altersvorsorgesparer: nach 5 Jahren Kursgewinne steuerfrei, dann koennte der Heck-Meck mit der Kursgewinn-Leiter wegfallen)

LG
Joerg


ChrisS sagt am 09. Januar 2020

@ Joerg

die FDP (wer sonst) fordert eine Wiedereinführung der alten einjährigen Spekulationsfrist doch schon seit vielen Jahren, das ist also insofern jetzt keine revolutionär neue Idee für die man unbedingt die CSU allein loben muss.

Klar, könnte man sagen dass deren Vorschläge (mehr als das ist es ja erstmal auch nicht) als Regierungspartei ja vielleicht ein größeres Gewicht hätten, aber ich glaub lieber erst dran wenn es dann mal wirklich beschlossen ist, und da der allgemeine Zeitgeist doch eher in richtung mehr Umverteilung tendiert (Aktionäre haben keine wirkliche Lobby im Volkswillen, sondern sollen lieber noch mehr geschröpft als gefördert werden), lass ich mir da auch keine großen enttäuschbaren Hoffnungen einbilden, dass jemand wirklich ernsthaftes politisches Kapital damit verschwenden würde, solche "Reichen-Geschenke" (so würde es jedenfalls von den Gegnern dargestellt, denn wie wir alle wissen, haben doch natürlich nur Reiche überhaupt Aktien, nicht wahr?) durchzusetzen, im Gegenteil.

Ich lass mich natürlich gern vom Gegenteil positiv überraschen, aber ich warte eben nicht drauf ;-)


Reinsch sagt am 10. Januar 2020

Eine pauschale Abschaffung der Besteuerung nach gewisser Haltefrist wäre in der Tat eher ein „Reichengeschenk“. Denn ehrlich, nutzen würde dies doch vor allem den oberen 10% und weniger dem Kleinsparer. Aus welchem Grund genau sollten Gewinne aus Aktien steuerfrei sein?

Wenn man wirklich die Altersvorsorge fördern will, sollten entweder der jährliche Freibetrag massiv erhöht werden, oder aber nach amerikanischem 401k/IRA Vorbild steuerfreie Sonderdepots angeboten werden. Dies wäre eine Förderung die hauptsächlich beim Kleinsparer ankommt, während es für „Die Reichen“ eher Erdnüsse sind.


Joerg sagt am 11. Januar 2020

Danke ChrisS & Reinsch,

wieso sind denn Gold, Kryptos, Kunstgegenstände nach einem Jahr Haltedauer komplett steuerfrei?
Immos im Privatbesitz nach 10 Jahren Haltedauer (bei Privatnutzung schon früher) steuerfrei?
Kapitalversicherungen nach 12 Jahren nur die Hälfte des Ertragsanteils zu versteuern?

Aber Aktien/Fonds-Kursgewinne ohne Frist stets komplett zu versteuern? Relativ dazu = ungerecht!

Ich sehe da wenig Logik und auch keine sinnvolle Abgrenzung zu "Reichen".

Meine Erfahrung ist, dass die Politiker im Wahlkreis in dem du wohnst auch nette Antwortbriefe schicken!
Wenn das nur 10% der Leser hier machen würde ... Was wir bewirken könnten?!
Probiert es aus?!

LG
Joerg


Geduld+Spucke sagt am 11. Januar 2020

Aus welchem Grund genau sollten Gewinne aus Aktien steuerfrei sein?

Präziser geht es darum, daß Kursgewinne steuerfrei sein sollen. Dividenden bzw. Bilanzgewinne (Körperschaftssteuer) sollen weiter besteuert werden.

Was spricht dafür?

Steuersystematik

Was ist der Unterschied zwischen Dividendenausschüttungen und Kursgewinnen?

  • Dividenden sind die Ausschüttung von Gewinnen
  • Aktienkurse sind die aktuelle Schätzung des Substanzwertes der zu Grunde liegenden AG

Es gibt gute volkswirtschaftliche Gründe, Substanzwerte nicht zu besteuern. Also die Kuh nicht zu schlachten, sondern jeden Morgen erneut ihre Milch zu trinken.

Größtenteils ist das in unserem Steuersystem auch so umgesetzt. Ausnahmen wären z.B. die Grundsteuer, Vermögenssteuer oder die Vorabpauschale.

Auch bei Immobilien gibt es eine Spekulationsfrist von zehn Jahren. D.h. Kursgewinne sind steuerfrei, wenn zwischen dem Kauf und dem Verkauf mehr als zehn Jahre liegen. Bei Gold gilt eine einjährige Spekulationfrist. Alles Reichengeschenke?

Fairness

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bei Kursgewinnen ist, dass sie spekulativ sind. Eine Aktie kann steigen, sie kann aber auch fallen. Sie kann auch insolvent gehen, siehe z.B. Kodak. Mitgefangen, mitgehangen. Wenn es fair zugeht.

Doch hier kneift Vater Staat. Kursgewinne bei Aktien besteuern, ja gerne. Kursverluste gegenrechnen? Ja, aber nur gegen einen separaten Topf zukünftiger Aktiengewinne. Verluste durch Insolvenzen sollen sogar überhaupt nicht gegengerechnet werden dürfen. Die Steuern sollen aus Sicht des Staates üppig und vor allem regelmäßig sprudeln. Verstehe ich ja, wir Anleger hätten ja auch gerne üppige und regelmäßige Erträge. Dumm nur, dass die Realität anders aussieht. Besonders in einer Welt voller Negativzinsen, woran der Staat nicht ganz unschuldig ist. Also, üppige und regelmäßige Steuern für den Staat, mickrige und schwankende Erträge für den Anleger. Das ist ungerecht.

Letztlich sind Kursgewinne und Dividenden langfristig korreliert. Hohe Kurse weisen im Mittel auf hohe Unternehmensgewinne hin und umgekehrt. Dividenden zu besteuern ist also die regelmäßig fließende und gleichzeitig faire Alternative.

Bürokratie

Kursgewinne sind aufwendig zu berechnen, weil die gesamte Historie der Position dokumentiert werden muss.

Man stelle sich einen monatlichen Aktiensparplan vor, der dreißig Jahre lang bespart wird. Am Besten gleich 20 solcher Sparpläne. Nach dreißig Jahren verkauft der Rentner jedes Jahr für 500 Euro pro Position. Viel Spaß beim Ausrechnen der Steuer gemäß FIFO Regel.

Das macht alles die Bank? Vielleicht, es produziert aber Kosten und macht die Anlage intransparent. Wie kann ich z.B. vor dem Verkauf wissen, wieviel Steuer ich werde zahlen müssen? Wie kann ich die Abrechnung überprüfen? Was ist, wenn ich den Broker wechseln möchte, vielleicht sogar außerhalb Deutschlands? Was, wenn ich mal ein paar Jahre im Ausland leben möchte? Der "Reiche" hat dafür seine Steuer- und Anlageberater. Aber der Normalo?

Spaß macht das alles nicht. Ach, da bleibt das Geld vielleicht doch lieber auf dem Tagesgeldkonto. Da stellen sich solche Fragen erst gar nicht. Und die Rente ist noch soo weit weg. Ein Riskio einzugehen ist schon jetzt für viele Menschen eine hohe Hürde, da brauchen wir nicht auch noch Bürokratie.

Fazit

Steuerfreie Kursgewinne bei Aktien sind eine steuersystematisch saubere, volkswirtschaftlich förderliche, faire und unbürokratische Lösung.


Max Alpha sagt am 12. Januar 2020

@Joerg

Du hast schon recht mit den Vergleichen. Aber selbst Unstimmigkeiten, die jeden Arbeitnehmer betreffen und sicherlich auch ärgern haben seit Jahrzehnten Bestand. Es ist doch beispielsweise nicht nachvollziehbar, warum die steuerfreie Kostenpauschale eines MDB jedes Jahr pünktlich zum 1. Januar an die Lebenshaltungskosten angepasst wird, der Arbeitnehmerpauschbetrag jedoch seit 2011 (oder länger?) konstant bei 1000 EUR liegt (Sparerpauschbetrag dito). Als würde der gewöhnliche Arbeitnehmer keine Steigerung seiner Lebenshaltungskosten erfahren.

Insofern: Ändern wird sich nichts, in Seeon und zuvor in Wildbad Kreuth wurde schon soviel Sand aufgewirbelt, der wenige Tage später weggefegt war.
Ich fände es wichtig, dass hier in Germany mal definiert wird, ab wann jemand eigentlich „reich“ ist ( oder weiß ich vielleicht nichts von einer bereits bestehenden Definition?). Haben wir in Deutschland eigentlich viele „Reiche“?

Die Stiftung Warentest spricht in „Spezial Anlegen mit ETF, November 2018“ bei 20.000 EUR von einem kleinen Depot, bei 50.000 EUR von einem mittelgroßen Depot und bei 150.000 EUR von einem großen Depot. In einer Buchbesprechung in der Zeit fand sich folgendes Zitat zur Definition von Reichtum:

"Reich ist derjenige, der deutlich mehr Geld zur Verfügung hat, als man für die Umsetzung einer vernünftigen Vorstellung vom gelingenden Leben braucht."

Einfacher gesagt: Geld spielt keine Rolle.
In meinen meinen Augen wäre man nach dieser Definition mit keiner der genannten Depotgrössen der Stiftung Warentest wirklich reich ( im Finanzrockerpodcast wurde mal vorgerechnet, dass man rund 110.000 EUR braucht, um mit einem aggressiven Pazos- Hochdividendendepot 1.000 EUR monatlich zu generieren, das wird man kaum Reichtum nennen wollen). Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass die Stiftung Warentest einfach geschätzte Zahlen raushaut. Ich gehe davon aus, dass der Stiftung Warentest eine Datenbasis für die 3 Depotgrössen vorliegt und sich die meisten Depots in Germany in diesem Bereich bewegen.
Wenn diese Annahme zutrifft und auch die Definition von Reichtum korrekt ist, dann beschenkt man folglich in der breiten Masse auch keine Reichen, wenn man den von Joerg zitierten Vorschlag umsetzt.

Wenn man sich die Vermögensverteilung auf dem alten Kontinent ansieht https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Vermögen_pro_Kopf
hat man auch nicht Eindruck, dass Vermögensbildung in Deutschland nicht mehr nottut. Insbesondere beim maßgebenden Medianvermögen sind wir abgehängt. Die Studie wird laufend aktualisiert und sah in der Vergangenheit nicht viel besser aus. Der Stern titelte in 2018 mit Bezug auf die Studie:

„Vermögensschock: Die Deutschen sind die armen Würstchen der EU“

Die WELT schrieb wenig später auf der Basis einer Eurostat- Studie:

„Das reiche Deutschland gibt es nur im Koalitionsvertrag“

Ich glaube, dass wir daher keine allzu große Sorge haben müssen, versehentlich einen Reichen zu beschenken.

Dem Wikipedia-Link ist zu entnehmen, dass das Medianvermögen in Deutschland bei rund 35.000 $ liegt. Sagen wir vereinfachend, dass das rund 35.000 € sind. Im Finanzrockergespräch mit Louis Pazos wurde angegeben, dass man ein Hochdividendendepot von rund 60.000 EUR benötigt, um „einen Minijob zu ersetzen“.

Zusammengefasst:
Das Medianvermögen in Deutschland reicht noch nicht einmal, um daraus ein monatliches Einkommen in Höhe eines Minijobs zu erhalten. Ein Depot, welches nach Definition der Stiftung Warentest in Deutschland als groß gelten muss, erzeugt -aggressiv und riskant in Hochdividendenwerte angelegt- ein Einkommen von rund 1000 EUR im Monat.

Wo sind sie, die Reichen?

Grüsst von Max Alpha wenn Ihr einem begegnet


Max Alpha sagt am 12. Januar 2020

@Geduld+Spucke

Guter Kommentar, ich dachte schon, ich wäre der Einzige mit Sparplan-FIFO-Horror.
Excel hin oder her, das wird wirklich unangenehm, auch für den Finanzbeamten.

Gruß
Max Alpha


Reinsch sagt am 12. Januar 2020

@Geduld+Spucke

Sorry, aber die Argumente überzeugen mich nicht wirklich.

Steuersystematik:

Immer wird doch hier gepredigt, dass Rendite = Kursgewinn + Ausschüttungen/Dividende. Warum sollte nun ein Teil anders besteuert werden als der andere?
Und ja, natürlich kann man im selben Zug fragen, was die Steuerfreiheit bei Gold, Immos, Kryptos soll. Bei Immos sehe ich es noch ein, hier hatte man vermutlich den Eigennutzer im Sinn, der nach einer gewissen Lebensphase umzieht, und um diesen zu entlasten bzw. von Spekulanten abzugrenzen wurde die großzügige Haltefrist eingeführt. Aber sonst?

Mit dem selben Argument könnte jeder Bäcker, Gemüseladen, Gebrauchtwagenhändler etc. fragen warum er die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis versteuern muss, der Gold- oder Bitcoinhändler hingegen nicht.

Fairness:

Ja, Aktien haben ein Risiko. Aber die oben genannten Einzelhändler tragen genauso ihr unternehmerisches Risiko, bei dem sie Verluste nur gegen vergangene oder zukünftige Unternehmensgewinne verrechnen dürfen. Ist das fair?
Und Kursgewinne sollten steuerfrei sein, weil ja auch automatisch Dividenden kassiert wurden, welche besteuert wurden? Davon ab, dass diese Kausalkette mächtig ins Leere läuft höre ich gerade irgendwo Berkshire, Alphabet und Facebook Aktionäre höhnisch lachen...

Bürokratie:

Ja, bei jedem Wertpapierkauf müssen Kaufdatum und Kaufkurs dokumentiert werden. Beim Verkauf wird dann Istkurs - Kaufkurs gerechnet und die Differenz besteuert. Was ist daran genau so schrecklich kompliziert?
Nicht nur das es ja anscheinend schon Jahre so funktioniert, das sind doch die absoluten Basics eines jeden Unternehmens was Buchhaltung betreibt. Natürlich sieht man in der Depotansicht i.d.R. nur die Stückzahl der Anteile und den gewichteten Durchschnittskurs. Aber die Daten dahinter sind doch natürlich da, und können bei Interesse eingesehen werden.

Und ja, die Liste kann im Laufe eines Anlegerlebens länglich werden. Aber das macht es ja nicht komplizierter.
Was passiert bei einem Depotübertrag? Na dann wird diese Aufstellung einfach mit übertragen. Egal ob ins In- oder Ausland.
Wie kann ich die Steuer beim Verkauf vorher abschätzen? Nun, entweder ich lasse mir die Positionen anzeigen und rechne händisch aus. Oder ich nutze die Steuersimulation, die zumindest die Comdirect bietet, eben für solche Fälle. Oder ich gebe einfach die Daten in die Verkaufsmaske ein, dann wird mir vor der finalen Bestätigung alles schön aufgedröselt angezeigt.
Du bauscht hier ein Problem auf das eigentlich gar keins ist. Ich bezweifele dass das der Grund ist, der Menschen vom Aktiensparen abhält...


Presskoppweck sagt am 12. Januar 2020

@ Geduld+Spucke

Danke für das tolle Plaidoyer!

Ich habe noch ein paar Hundert Euro an Aktienkursverlusten aus den 00-er Jahren auf dem Steuererbescheid stehen. Kann ich aber nicht mehr mit Aktienkursgewinnen verrechnen.
Wenn ich mich aber in Krypto's stürze, dann darf ich eventuelle Bitcoingewinne damit verrechnen. Soviel zum deutschen Steuersystem :-(


Joerg sagt am 05. Mai 2020

Weil Niko immer unkt, dass der Zinseszins-Anteil ja so klein ist beim Vergleich aETF/tETF v.a. bei überschaubaren Zeiträumen, soll heute der INFLATIONSEFFEKT bei der Steuerstundung betrachtet werden:

Bei folgenden Annahmen (SFB ausgeschöpft, Betrachtungshorizont 10a, 7%p.a. nominal Rendite, 2,3% Ausschüttungsrendite, Basiszins nahe Null=keine Vorabpauschale, 18,4625% KASt+Soli f ETF) Stunden wir mit unserem Gemeinschaftsdepot (welches hauptsächlich tETFs enthält) hoffentlich 26k Steuern in den nächsten 10 Jahren. Der Zinseszinseffekt (nominal) bringt ca. 1,5k (Summe in den 10a).

Es gibt aber auch einen Inflationseffekt?! Die Steuerstundung ist ja quasi wie ein zinsloser Kredit beim FA?! Bei 2%p.a. Inflation beträgt die Steuerschuld an den Staat nach 10a nur ca. 24k real. Der Inflationseffekt bringt also ca. 2k. In den 10 betrachteten Jahren haben wir so voraussichtlich einen Vorteil von 1,5k+2k = 3,5k gegenüber einer Anlage in aETFs.

Steuern werden immer auf nominale Geldbeträge bezahlt. Das Geld, was du als aETF-Halter jährlich auf die Ausschüttungen an den Staat zahlst, ist weg. Es gibt einen Zinseszins-Effekt, wenn du die gestundete Steuer anlegst und einen Inflations-Effekt, der die aufgeschobene Steuerschuld bei Geldentwertung zukünftig, relativ, kleiner macht.

Merke: Es gibt nicht nur einen Zinseszinseffekt aus der gestundeten Steuer, sondern auch einen Inflationseffekt/Geldentwertungsvorteil auf den zinslosen Kredit(Steuerschuld) vom Staat.

Dieser Inflations-Effekt wird i.d.R. nicht angesprochen/genannt (denn, von dem Inflations-Effekt kann man nur profitieren, wenn man eine Anlage-Rendite/Einkommenssteigerung nach Kosten und Steuern oberhalb der Inflation erzielt und das kann so sein, aber muss nicht ...).

3,5k auf 10a: Immer noch nicht besonders viel, aber mehr als doppelt soviel, wie wenn man nur den Zinseszins-Effekt betrachtet ;-)

Was meint ihr zum Inflations-Effekt-Trick? Gibt's den? Oder habe ich euch reingelegt?

LG
Joerg


Niko sagt am 06. Mai 2020

@Joerg

Ein Vorteil von 0,0x% p.a., der zudem nur in Niedrigzinszeiten besteht, ist nun einmal verhältnismäßig klein, und wenn diese simple Feststellung deiner Meinung nach "unken" ist, meinetwegen, dann muss man anscheinend mittlerweile "unken", wenn man solche Trivialitäten noch äußern möchte.

Dein "Inflationseffekt" ist ja eher Effekthascherei, denn die Steuer, die du stundest, wird nicht heute festgesetzt, sondern erst bei Veräußerung der Wertpapiere in der Zukunft. Ja, die Steuern, die man heute im Vergleich zu einem Ausschütter nicht bezahlen muss, können Gewinne erwirtschaften. Und das sind die 0,0x% p.a. Wer mittlere vierstellige, monatliche Sparraten fährt und die nächsten 20 Jahre Zinsflaute herrscht sind auch 0,1x% drin. Aber das kann und sollte man sich alles selbst ausrechnen.

Wie relevant ist das für den einzelnen Privatanleger? Ich habe hier nicht ohne Grund oft genug darauf hingewiesen, dass man sich selbst ausrechnen soll, was für einen günstiger ist. Je nach individueller Sparrate, Anlagehorizont und verfügbarem Sparerfreibetrag (und das ist der Dreh- und Angelpunkt bei der ganzen Sache!) kann es auch vorteilhafter sein, durch einen Ausschütter den Sparerfreibetrag regelmäßig mitzunehmen, oder es ist vernachlässigbar, oder es macht wirklich einen Unterschied, und dann sind Thesaurierer tatsächlich besser. Ich schließe nicht von mir auf andere, und das, was für mich am renditeträchtigsten erscheint, muss es noch lange nicht für andere sein.


Max Alpha sagt am 07. Mai 2020

@Joerg

Ich bin da vielleicht mittlerweile ein wenig leichtsinnig, aber ich denke nicht darüber nach.
Es gibt zumindest 3 seriöse Quellen, die darauf schließen lassen, dass steuerliche Unterschiede nicht das entscheidende Kriterium bei der Auswahl eines Produktes sein müssen:

https://www.gerd-kommer-invest.de/depotentnahmen-mythen-und-missverstandnisse/

Bei der Steuerbelastung gibt es keinen nennenswerten Unterschied: Aus steuerlicher Sicht besteht zwischen A-Entnahmen (laufenden Erträgen) und B-Entnahmen (Anteilsverkäufen) bei Kapitalanlagen im Privatvermögen in den meisten Ländern, so auch in Deutschland, kein wesentlicher Unterschied.

https://www.gerd-kommer-invest.de/ausschuettende-vs-thesaurierende-fonds/

Verallgemeinernd hat unsere Szenario-Analyse gezeigt, dass (a) die kostenmäßigen und steuerlichen Unterschiede für Anleger zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Fonds vermutlich oft überschätzt werden und dass (b) die meisten rational agierenden Anleger mit thesaurierenden Fonds in vielen relevanten Konstellation leicht und manchen deutlich besser stehen.

https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/investmentsteuerreformgesetz/

Setzt man die gesamte Steuerlast ins Verhältnis zum gesamten Ertrag, ist das Ergebnis bei beiden Fonds gleich: Der Steuersatz, der rein auf Anlegerebene anfällt, liegt in beiden Fällen bei rund 18,5 Prozent.

https://www.test.de/Fondsbesteuerung-ab-2018-Das-muessen-Sie-ueber-die-Fondssteuer-wissen-5124267-0/

Beim Verkauf gleicht sich bei beiden Fonds­arten die unterschiedliche Steuerbelastung im Verhältnis zum Gesamt­ertrag aus.

Ich habe zwar einen Plan, wie ich im Alter mit meinen ETF umgehen möchte. Ob ich diesen 1:1 so umsetze weiß ich aber heute auch noch nicht. Daher macht es für mich keinen Sinn, verschiedene Szenarien steuerlich zu bewerten und zu prüfen, welche Ertragsverwendung im jeweiligen Einzelfall die bessere Variante sein könnte.

Wichtig ist doch nur, dass man Freude an seinen Produkten hat und diese dann auch langfristig behält.
Bei der nächsten Steuerreform werden die Karten ohnehin neu gemischt. Kaum hat man die Excelliste fertig, droht das nächste Steuerungetüm.

Gruß
Max Alpha


Max Alpha sagt am 08. Mai 2020

@Joerg

Ich bin da vielleicht mittlerweile ein wenig leichtsinnig, aber ich denke nicht darüber nach.
Es gibt zumindest 3 seriöse Quellen, die darauf schließen lassen, dass steuerliche Unterschiede nicht das entscheidende Kriterium bei der Auswahl eines Produktes sein müssen:

https://www.gerd-kommer-invest.de/depotentnahmen-mythen-und-missverstandnisse/

Bei der Steuerbelastung gibt es keinen nennenswerten Unterschied. Aus steuerlicher Sicht besteht zwischen A-Entnahmen (laufenden Erträgen) und B-Entnahmen (Anteilsverkäufen) bei Kapitalanlagen im Privatvermögen in den meisten Ländern, so auch in Deutschland, kein wesentlicher Unterschied.

https://www.gerd-kommer-invest.de/ausschuettende-vs-thesaurierende-fonds/

Verallgemeinernd hat unsere Szenario-Analyse gezeigt, dass (a) die kostenmäßigen und steuerlichen Unterschiede für Anleger zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Fonds vermutlich oft überschätzt werden und dass (b) die meisten rational agierenden Anleger mit thesaurierenden Fonds in vielen relevanten Konstellation leicht und manchen deutlich besser stehen.

https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/investmentsteuerreformgesetz/

Setzt man die gesamte Steuerlast ins Verhältnis zum gesamten Ertrag, ist das Ergebnis bei beiden Fonds gleich: Der Steuersatz, der rein auf Anlegerebene anfällt, liegt in beiden Fällen bei rund 18,5 Prozent.

https://www.test.de/Fondsbesteuerung-ab-2018-Das-muessen-Sie-ueber-die-Fondssteuer-wissen-5124267-0/

Beim Verkauf gleicht sich bei beiden Fonds­arten die unterschiedliche Steuerbelastung im Verhältnis zum Gesamt­ertrag aus.

Ich habe zwar einen Plan, wie ich im Alter mit meinen ETF umgehen möchte. Ob ich diesen 1:1 so umsetze weiß ich aber heute auch noch nicht. Daher macht es für mich keinen Sinn, verschiedene Szenarien steuerlich zu bewerten und zu prüfen, welche Ertragsverwendung im jeweiligen Einzelfall die bessere Variante sein könnte.

Wichtig ist doch nur, dass man Freude an seinen Produkten hat und diese dann auch langfristig behält.
Bei der nächsten Steuerreform werden die Karten ohnehin neu gemischt. Kaum hat man die Excelliste fertig, droht das nächste Steuerungetüm.

Gruß
Max Alpha


Joerg sagt am 07. Mai 2020

Der "Inflations-Effekt" auf die gestundete Steuer ist eine Nebelkerze ;-)

Die "gestundete Steuer" ist nämlich virtuell, da sie am Kursgewinn der Anlage hängt und kann bis zur Entnahme/Verkauf zwischen nix und viel betragen!
Deshalb macht es wenig Sinn, den Inflations-Effekt im Vorhinein abschätzen zu wollen ...

Hier die genauere Betrachtung eines Spezialfalls, um zu pointieren: Kapitalertragssteuer/Abgeltungssteuer auf Ausschüttungen bei aETFs bei Stagflation mit bereits ausgeschöpftem SFB.
Die Steuer wird jährlich von Bank/Broker bei Erhalt der Ausschüttung von der Fondsgesellschaft an das Finanzamt abgeführt.
Die Steuerhöhe wird bestimmt von der Ausschüttungshöhe, der Abgeltungssteuer 25%, dem Solidarzuschlag 5,5% auf die Steuerschuld.
Die Steuer auf Ausschüttungen wird immer erhoben, egal, ob es ein positives, neutrales oder negatives Aktienjahr war. Dies ist der wirklich wichtige Effekt beim Vergleich von aETFs und tETFs!

Hier liegt der grösste Hebel fuer tETFs (nicht etwa im Zinseszins oder in der "Inflation auf gestundete Steuerschulden"), da von 10 Jahren an der Börse durchschnittlich 3 negativ, 1 neutral, 6 positiv verlaufen.
Sagen wir einfach, 7 Jahre positiv, 3 Jahre negativ, dann findet in 7 +Jahren eine Steuerstundung statt (beim Thesaurierer, tETF) und in 3 -Jahren fällt gar keine Steuer an (="Steuergeschenk").

Folgendes Extrembeispiel, um das klar zu machen: tETF, 10a Anlagezeitraum, Ausschuettungsrendite 2,3% p.a. (zB 70/30 World/EM), nominale Rendite in den 10a: 0%(Stagflation), d.h. aus 100k zu Anfang werden 100k zum Ende, d.h. die Kurse broeckeln jedes Jahr um 2,3% abwaerts, durch die Ausschuettung wird das genau ausgeglichen (nach Inflation ist die Realrendite negativ, der Kaufwert sinkt). Was passiert nun beim aETF? Es fallen in 10 Jahren ueber 4.000€ Abgeltungssteuern an, das Vermoegen nach 10a betraegt weniger (Kosten und Wiederanlage-Slippage, wird vernachlaessigt) als 95.500€ (die Minderung besteht aus den abgefuehrten Steuern und dem darauf entgangenen Zinseszins von ~500€ bei 2,3% Ausschuettungsrendite). Es gibt hier keinen Inflations-Effekt auf die Steuerschuld beim tETF, da die Steuerschuld in diesem Szenario gar nicht anfaellt, da keine Kursgewinne entstanden sind! In diesem Bsp waere es nun ziemlich toericht nur den Zinseszinseffekt (~500€ auf 100.000€ Anlagevolumen) zu betrachten. Der Haupteffekt besteht in der NICHT ANGEFALLENEN Steuer ("gestundet" ist hier falsche Ausdruckweise)! Da sind es eben nicht "nur Peanuts" sondern ~5.500€ oder 5,5% der Anlagesumme auf die 10 Jahre. Gott-sei-Dank sind solche Stagflationszeiten nicht so haeufig und so richtig treffen wuerde sie einen v.a. in der Entsparzeit. Trotzdem ist vielleicht klar geworden, dass eine Fokussierung auf den Zinseszins-Effekt in den linear 7%-Wertentwicklungs-Simulationen gewaltig an der Realitaet vorbei geht und zu einer falschen Einschaetzung fuehren kann?! Wie hoch der Nachteil von aETFs gegenueber tETFs fuer Dich waere, laesst sich also immer erst im Nachhinein ausrechnen. Strenggenommen spielt nicht nur die Anzahl von negativen Jahren an der Boerse eine Rolle sondern auch die Rendite-Abfolge in deinem pers. Investitions- und Entnahmepfad (wann wurde die Steuer geschenkt oder gestundet, schon lange oder erst kurz vor der Entnahme?).

PS: Bei einer Depotstrukturierung mittels Kursgewinnleiter lassen sich punktuell in der Entnahmephase vormals "gestundete Steuern" (also im Kursgewinnszenario) in "Steuergeschenke" umwandeln: Weil temporaer ein ETF-Topf, der vor der Baisse zB 25% im Plus war, in der Baisse voruebergehend bei 0% Gewinn ist, kann aus diesem Topf entnommen werden (ohne Steuern zu zahlen, weil ja die Gewinne hoffentlich nur voruebergehend "verschwunden" sind). So kann man ueber die ganze Entnahmezeit stets die "am wenigsten im Gewinn" stehenden ETFs entsparen und so die steuerliche Wirkung "managen". Hoffentlich wird das bei uns pers. erheblich mehr als der Zinseszins-Effekt ausmachen?

LG Joerg


Joerg sagt am 07. Mai 2020

@Niko

keine Sorge, ich liebe Unken ;-)

Weisst du was für ein Geräusch entsteht, wenn man Unken (Achtung unter Naturschutz!) den Kopf um dreht?
"oooeeerrrrg"

LG
Joerg


Joerg sagt am 07. Mai 2020

@Max Alpha

wenn ich GerdK wäre (nicht im Schutze konspirativer Anonymitaet wäre, hehehe), würde ich das massentauglich auch so schreiben...

  • meine Klientel (Gross-Anleger) würde kaum relevant Entsparen (weil ohnehin reich? "und Du mein Schatz[AUM] bleibst hier"?)
  • so eine verrückte, kleinschxxx Idee wie "Kursgewinnleiter bauen" hält doch keiner durch; man ist schon froh, wenn die Anleger nicht dauernd am Depot rumschrauben und wenigstens halbwegs buy&hold betreiben...
  • Steuerberatung darf nur machen wer dazu akkreditiert ist und die kostet dann extra? und ist max. semi-öffentlich?
  • bei Verlustjahren (3 aus 10 Jahren) zahlt der aETF-Anleger KAST und der tETF-Anleger nix (siehe Bsp. 10Jahre Stagflation oben), von diesem Effekt liest man nicht so viel?! In Simulationen fehlt das auch stets? Pfadabhängigkeit wird gerne - weil unangenehm/kompliziert/mühsam - nicht angepackt?
  • mathematisch ist es vollkommen korrekt, dass aETF und tETF beim Verkauf gleichviel Steuern abdrücken; aber das ist realpraktisch irrelevant, weil fast keiner alle aETF/tETF zu einer Deadline verkauft sondern eben nur nach Bedarf Teile auflöst. Es kommt im Zeitenverlauf zu einer asymetrischen Besteuerung von aETF- und tETF-Anlegern. Ein schönes Bsp. für folgendes "sachlogisches ;-)" Zitat: "in der Theorie, sind Theorie und Praxis gleich, in der Praxis aber nicht".

Ich freue mich ehrlich, wenn du das so machst, wie du es für richtig hälst! In D haben 85%? keine Aktien, das ist ein Problem!
Steuern sind ja auch nötig, und Verlustjahre sind hoffentlich selten, Stagflation unwahrscheinlich? und Kursgewinnleitern sind eher was theoretisches, wer macht so was überhaupt? und so viele Experten können doch nicht irren, und die Gesetze ändern sich auch ständig, ...

LG
Joerg


Max Alpha sagt am 08. Mai 2020

@Joerg

Ich denke, wir sollten erst mal alle 14 Tage Corona- und Krisenszenario-Entzug machen.
Dieses Virus scheint uns langsam kirre zu machen.
Gruß Max Alpha


Mike sagt am 05. September 2020

Was ich nicht verstehe ist, wie bei einem Thesaurierer das Tracking des Index gemanaged wird.
Wenn durch das Thesaurieren mein Anteil wertvoller wird, dann würde die Wertentwicklung ja immer weiter von seinem Index abweichen den er trackt oder wie muss man das verstehen?
Bsp ist der MSCI World ja kein Performance Index, nun habe ich einen thesaurierenden ETF auf den MSCI World und der würde dem Index dann ja immer weiter davon laufen in der Wertentwicklung.

Bei einem 'normalen' Fonds ist das ja einleuchtend, da wird halt ein neuer Ausgabepreis aus dem Nettoinventarwert berechnet aber da gibt's ja auch keinen Index der nachgebildet wird. Wenn aber die Wertentwicklung hart an z.B. den MSCI World gekoppelt sein soll, wie löst man dieses Problem?


ChrisS sagt am 07. September 2020

@Mike

Was ich nicht verstehe ist, wie bei einem Thesaurierer das Tracking des Index gemanaged wird.
Wenn durch das Thesaurieren mein Anteil wertvoller wird, dann würde die Wertentwicklung ja immer weiter von seinem Index abweichen den er trackt oder wie muss man das verstehen?

Warum sollte er dadurch von seinem Index abweichen?

Bsp ist der MSCI World ja kein Performance Index

Ah ok, da ist das Missverständnis. Klar, wäre der MSCI World ein reiner Kursindex, würden durch die inkludierten Dividenden die Thesaurierer immer weiter "abweichen" vom Index (im "positiven Sinne", also stärker steigen als der Index).

Aber es ist ja eben nicht so, dass es den MSCI World nur als Kursindex gibt :-)

Es gibt verschiedene Indexvarianten, ich zähl nur mal die drei Hauptachsen auf.
MSCI World Price Return - das wäre tatsächlich nur die reine Kursvariante, in der Dividenden nicht vorkommen. Benutzt in der Praxis aber auch kein ETF-Anbieter mW.
MSCI World Gross Return - Die Variante mit Kurs und reinkludierten Dividenden, also " brutto Total Return". Wird aber auch nicht so oft in der Praxis benutzt, stattdessen folgen die allermeisten MSCI World ETFs dem....
MSCI World Net Return - im Prinzip wie Gross Return, also Kursentwicklung plus Ausschüttungen mit drin, nur wird hier, um die Realität einer tatsächlichen Aktienanlage ein bischen besser abzubilden, auch noch den Dividenden pauschal der Quellensteuersatz des jeweiligen Ursprungslandes abgezogen (macht so grob über den Daumen gepeilt ugf. ein Viertel der Div-Rendite aus, plusminus).

Und diese Indexvariante ist dann schließlich auch die, auf welche sich die konkreten ETFs bei ihrer Abbildung als Referenz im allermeisten Falle beziehen. Schauste mal auf den einzelnen Seiten verschiedener Anbieter für MSCI World -ETFs nach, entweder steht da gleich direkt MSCI World Net Return, NR oder sowas, und selbst wenns nicht direkt da steht sondern nur "MSCI World" kann man ziemlich stark davon ausgehen, dass die diese Indexvariante im speziellen davon meinen (bzw. mal weiter im Prospektus o. sonstigem kleingedruckten nachlesen, obs vielleicht da nochmal genauer drinsteht und nur auf der Webseite ein bissel schlampert war).

Naja, und diesen Index, also die Net-Variante, folgen alle ETFs auch relativ ziemlich gut. Kannst dich davon hier überzeugen (auch wieder sowas, steht zwar nur "MSCI World" da, ist aber eigentlich genauer Net gemeint), oder auch bei ExtraETF , wo z.B. endlich mal wenigstens der genaue Index korrekt bezeichnet wird, kannst du dir die geringen Trackingdifferenzen der ETFs (nach kostenloser Registrierung mit einer Einmal-Wegwerfmailadresse) ansehen, scheint also ausreichend genug zu funktionieren.

Das Thema der verschiedenen Indexvarianten, also dass man weiß, dass es Price, Gross und Net überhaupt gibt, um dann auch richtig zu erkennen und auseinanderhalten zu können, wurde hier zwar noch nicht unbedingt direkt mal fürs Publikum erläutert, aber z.B. in diesem Artikel gabs mal einen kleinen Exkurs dazu, als Aufhänger für ein Steuerthema, von daher sollten diese Tatsachen dem Stammpublikum auch nicht wirklich unbekannt sein. :-)


Timo sagt am 07. September 2020

Hallo Mike,

ein ETF trackt üblicherweise die TRN (total return net) Variante eines entsprechenden Index. Das bedeutet für alle Dividenden wird die maximale Quellensteuer des Heimatlandes einer Aktie abgezogen und das übrige Geld wird wieder in den Index gesteckt.

Und im Prinzip machen die ETF Betreiber genau das gleiche. Der ETF sitzt z.B. in Irland und hält die Aktien des Index entsprechend der jeweiligen Gewichtung. Wenn diese Aktien Dividenden ausschütten, dann muss der ETF das an Quellensteuer bezahlen, was gemäß Doppelbesteuerungsabkommen in Irland eben fällig wird. Das restliche Geld wird auf einem Girokonto gesammelt und einmal im Quartal, wenn der ETF Betreiber die Gewichtung wieder glattzieht, wird dieses Geld genutzt um zusätzliche Aktien aus dem Index zu kaufen. Möglichst so, dass der Index weiterhin so gut es geht abgebildet wird.

Wenn durch das Thesaurieren mein Anteil wertvoller wird [...]

Dein Anteil wird wertvoller, weil der ETF von den Dividenden neue Aktien gekauft hat. Wenn er statt dessen das Geld dir gegeben hätte und du dir neue ETF Anteile gekauft hättest wäre dieser Effekt der gleiche. Die Anzahl der Aktien, die dir deine ETF Anteile verbriefen, sind in beiden Fällen gleich. Beim Thesaurierer ist die Anzahl deiner Anteile gleich, aber die Aktien pro Anteil sind gestiegen, beim Ausschütter ist die Anzahl deiner Anteile gestiegen, dafür aber die Aktien pro Anteil gleich geblieben.


Joerg sagt am 05. Oktober 2020

Schon lange nix mehr zur Vorteilhaftigkeit von tETFs geschrieben, oder? ;-)

Hier ein xls-Vergleich vom Vanguard All World t und a Version: https://imgur.com/gallery/ctxc97l

Beschreibung Vorgehensweise:

Beim Praxis-Vergleich zwischen aETF und tETF auf den gleichen Index gibt es das Problem, dass es wenig physisch-replizierende Versionen mit gleicher TER und von der gleichen KAG gibt. Vanguard hat Ende Juli 2019 eine tETF Version auf den Vanguard All World herausgebracht. Start m. 100k am 01.08.19. Von Comdirect wurden die Kurslisten [EUR] für den Vanguard All World ACC (thesaurierender ETF) und DIS (ausschüttende Version) heruntergeladen und verglichen.
Um die Auswirkungen von zufälligen Tageskursschwankungen beim Vergleich zu minimieren, wurde mit dem jew. Mittelwert aus Eröffnungs-, Tageshoch-, Tagestief-, Schlusskurs gerechnet.
Ausschüttungen wurden aus den pers. Comdirect-Abrechnungen übernommen und die KESt berechnet (Ausschüttung x 0,26575 (Abgeltungssteuer u. Solidaritätszuschlag) x 0,7 (Teilfreistellung).
Ausschüttungen minus KESt wurden in Stücke (Anlage zum Mittelwerts Kurs am Ausschuettungstag) umgerechnet und dem Depot zugebucht (keine Wiederanlagekosten, ETF-Bruchstücke erlaubt)

Beobachtungen:

Der tETF zieht mehr davon, als die rel. bescheidenen KESt-Abzüge vermuten lassen. Warum?
Es gibt eine Pfadabhängigkeit, der Vorteil baut sich nicht linear auf, sondern anscheinend sprunghaft, zick-zack.
Kurz vor einer Ausschüttung scheint das Delta (der Unterschied zwischen tETF und aETF) grösser zu sein (weil Geld bei der KAG auf den Ausschüttungstermin hin angesammelt wird)
Im Mrz.2020 liegt deshalb der aETF plötzlich vorne, weil dieses Geld (angesammelte Dividenden) nicht dem Crash ausgesetzt war. Im Apr.2020 hat sich das schon wieder umgekehrt, weil der Anstieg des Marktes begonnen hat und das Geld aber erst bei Ausschüttung am 14.04.20 (bereinigt um die KESt) wieder angelegt werden konnte.
Der Vorsprung nach einem Jahr (Aug.) beträgt schon ca. 0,5% vom Depotwert. Obwohl nur ca. 0,3% Steuern weggingen.

Schlussfolgerungen:

Es gibt zwei Effekte, die die Nachteiligkeit eines aETFs begründen, beide mit Pfadabhängigkeit:

a) Nicht investiertes Geld zwischen Sammlung zur Ausschüttung und Wiederanlage vom Anleger ca. 25% (3 Mo./Jahr) des Ausschüttungsbetrages befindet sich stets in Ansammlung in der KAG (nicht viel, ca. 430€ beim 100k Depot) . Dadurch gibt sich eine Pfadabhängigkeit: Steigt der Markt, macht dieses Geld im aETF keinen Anstieg mit, im tETF schon Sinkt der Markt macht dieses Geld, welches bei der KAG bis zur Ausschüttung geparkt ist, im aETF keinen Verlust mit, im tETF schon.
Weil aber die Börse in 6-7 von 10 Quartalen steigt, ist der Effekt der Kapitalansammlung bis zur Wiederanlage insgesamt negativ.
Dieser Effekt ist der kleinere (0,05-0,1% p.a.?)
b) die Kapital-Ertrags-Steuer(KESt) oder Abgeltungssteuer samt Soli fehlt bei der Wiederanlage ist der SFB aufgebraucht, fehlt die KESt-Zahlung bei der Wiederanlage (18,4625% der Ausschüttungssumme bei aETFs).
Auch hier gibt es eine Pfadabhängigkeit: Steigt der Markt gemächlich (linear), wirkt sich die KESt-Zahlung nur als "fehlende" Wiederanlage aus.
Sinkt aber der Markt stark und steigt danach stark (wie im Feb-Jun'20) ist es schlimmer: es gibt ein Rendite-Reihenfolgen-Problem (SoRR).
Es ist vergleichbar in der Negativ-Wirkung wie bei den Entnahme-Betrachtungen, wenn das Depot im Minus ist. Bei einer zukünftigen Erholung, fehlt also das geparkte, KESt-kastrierte Geld im aETF, der tETF zieht im Anstieg davon.

Fazit:
Vereinfachte Berechnungen mit linearen Rendite-Verläufen (z.B. 7% p.a.) unterschätzen die negativen Effekte der Pfadabhängigkeit im Prozess: Ansammlung der Dividenden bei der KapitalAnlageGesellschaft bis zur KESt-verminderten Wiederanlage beim Anleger.
Deshalb ist der Unterschied von tETF zu aETF in der Realität grösser als nur die KESt-Stundung beim tETF vermuten lässt.


CarstenP sagt am 10. Oktober 2020

Übrigens können synthetische ETFs auf US Aktien einen Renditevorteil gegenüber physisch replizierenden ETFs in ungefähr der gleichen Größenordnung bringen wie der derzeitige steuerliche Vorteil von thesaurierenden gegenüber ausschüttenden ETFs, so ca. 0,2% p.a.. Und die vorteilhafte Quellensteuerbehandlung für US Aktien bei in Irland aufgelegten ETFs spielt auch in einer ähnlichen Größenordnung.

Also ganz rational betrachtet, kann ein thesaurierender Swapper einen Renditevorteil von ca. 0,5% p.a. gegenüber einen ausschüttenden physisch replizierenden ETF, der nicht in Irland aufgelegt ist, haben. Doch praktisch betrachtet, kommt von irgendwelchen Quellensteuervorteilen beim Anleger nicht alles an und der steuerliche Vorteil von thesaurierenden ETFs ist eine Steuerstundung, d.h. beim zukünftigen Verkauf verringert sich der steuerliche Vorteil wieder. Sehr wahrscheinlich fällt der Renditevorteil also praktisch viel kleiner aus und wird durch andere Anlage-Fehlentscheidungen übertrumpft.

Etwas mehr zum Thema Quellensteuerbehandlung bei US Aktien (betrifft ja auch den MSCI World):
BlackRock S&P 500 fund is Europe’s biggest equity ETF loser in third quarter


Joerg sagt am 11. Oktober 2020

Hallo CarstenP,

ich glaube, der FT-Bericht ist nicht korrekt. Es ist vielleicht so:

  • bei MSCI Indices wird von max. Q-Steuer ausgegangen (also 30% Q-Steuer für US-Werte). Das S&P-Regime kenne ich nicht, vielleicht anders (zu faul zum Recherchieren, betrifft mich nicht) aber eher genauso?!
  • d.h. bei MSCI Indices liefert/verspricht dir der Fondsanbieter egal ob Swapper oder phys.Replizierer NUR die Indexrendite.
  • Es gibt einen wettbewerblichen Trend die letzten Jahre zu Null/negativer Tracking-Differenz: https://www.trackingdifferences.com/ETF/Index/MSCI%20World%20Index
  • es ist richtig, dass Swapper mehr als die Indexrendite liefern könn(t)en, weil sie andere/weiterführende Einnahmen haben (Swapp-Geschäfte) als phys. Replizierer (nur WP-Leihe).
  • es ist richtig, dass phys. Replizierer (withholding tax) Quellensteuer zahlen müssen; es ist falsch zu denken, dass du als Anleger von weniger Q-Steuer (z.B. in IE) direkt profitierst. Es profitiert die KAG sicher und du nur vielleicht via TD-Subvention!
  • es ist falsch, die Steuer für den potentiellen Unterschied verantwortlich zu machen, weil die potentiellen Unterschiede nicht von der steuerlichen Seite herrühren (der Index wird berechnet, wie er berechnet wird!) sondern von der erträglichen Seite.

Natürlich stimmt es, dass es zur Erntung des tETF-Vorteils eiserner Disziplin, einiger begleitender Optimierungen und eines langen Atems bedarf. Deshalb kommt diese max. Optimierung für die wenigsten in Frage, bzw. wie du schreibst sind andere Faktoren für den Anlegererfolg relevanter.

Trotzdem ist der Steuerstundungseffekt nicht der einzige Effekt auf Anlegerseite. Auch RenditeReihenfolgeRisiken rund um die Ausschüttungen sowie der strukturelle Time-Gap bis zur Wiederanlage spielen eine Rolle (wie an dem Vanguard-ETF-Vgl oben gezeigt).

LG
Joerg


Joerg sagt am 11. Oktober 2020

hier noch die TDs für S&P500:
https://www.trackingdifferences.com/ETF/Index/S&P%20500%20Index


Joerg sagt am 14. Oktober 2020

@Fortgeschrittene (unwichtig!)

hier noch etwas Einblick zu den Mechanismen "warum die Swapp-ETFs auf den S&P500 besser laufen/bisher gelaufen sind als Replizierer": https://www.lyxor.com/en/node/522 ab Seite 14 (english):
"However, the decline of the futures implied repo rate into negative territory during the course of 2012 and 2013 means that the carry on a long-only futures position (relative to the net total return index) is now around 24 basis points a year. The return profile of the Lyxor S&P 500 ETF is now almost exactly the same as that of the long-only futures position — the ETF currently generates around 23 basis points in additional return a year vis-à-vis the net total return index. As in the case of the Euro STOXX 50 index (shown in Chart 1), a rolled futures position on the S&P 500 index offered a significant return pick-up by comparison with an S&P 500 ETF during 2011, but that extra futures return has now been eroded completely." Es ist also eine Besonderheit im S&P500, dass Swapp-ETFs hier guenstiger sind, es liegt an der RepoRoll und Future cost of carry (Definitionen im verlinkten Text).
Bei S&P500-ETFs (Future-Markt, Liquidität, etc.) hat es jetzt einige Jahre geklappt. Dies ist m.E. nicht auf andere Indices übertragbar. Dies kann sich auch wieder ändern, wenn die RepoRoll oder Costs of Carry sich ändern!
Und irgendwie spielen die Q-Steuern auch eine Rolle aber ohne die (speziellen) anderen Gegebenheiten RepoRoll/Cost of carry wäre der Future-Vorteil nicht ausschlachtbar (wie es anscheinend in vielen Nicht-S&P500-Indices der Fall ist).

Gut ist für uns Anleger die Konkurrenz von Swappern und Replizierern, um eine möglichst niedrige (am besten negative) TD zu liefern!
(TD gut erklärt, hier entlang: https://de.extraetf.com/wissen/tracking-difference-bei-etfs)

LG
Joerg


Daniel sagt am 24. November 2020

@Joerg
Also kaufe ich tETFs und falls ich vorher schon Lust habe und nicht auf die größer 120k€ im Depot warten will, verkaufe ich einfach 1-mal im Jahr und reinvestiere sofort wieder. Natürlich immer nur soviel, dass ich insgesamt pro Jahre unter dem SFB bleibe.
Damit habe ich doch alle Vorteile vereint? Bisschen Arbeit, bis man große Beträge im Depot hat, aber ansonsten ganz Gut oder?
Übersehe ich das was?


Joerg sagt am 22. November 2020

@Daniel,
ja genau.

Hier näher beschrieben: https://www.finanzwesir.com/blog/steuern-optimieren-aufwand#1573211380
Jedoch als Single geht's "nur" um 211€ p.a., die der SFB "wert" ist bzw. die du sausen lässt, wenn du nicht optimierst.

Je nach Sparquotenhöhe, kann man halt erst mit Ausschüttern arbeiten, um den SFB auszuschöpfen und/oder mit Anteilsverkäufen oder sagen: "verschwendete Lebenszeit" die 211€ pa gönne ich mir - und nix machen.

Vermutlich Alberts Rat: Einstiegsbarrieren niedrig halten - Pseudo-Komplexität vermeiden - sich nicht im Kleinscheiß verlieren ;-)

LG
Joerg


Joerg sagt am 25. November 2020

@Daniel,

das musst du schon selbst entscheiden, ich werde dich nicht ermutigen ;-)

Die meisten Leute fangen mit Ausschüttern an, um nicht das Gefühl zu haben den SparerFreiBetrag "sausen" zu lassen und wegen der Motivation. Die meisten Leute schaffen es nicht, ganz stur Buy&Hold zu machen, sondern sie schrauben dauernd an Ihren Depots herum (wechseln die ETF, Sparplanhopping, Depotübertragungen).

Nur, um den SFB auszunutzen, würde ich pers. nix Verkaufen/Zurückkaufen (höchstens, um es mal kennenzulernen).
Höchstens in einer Baisse, vgl.: https://www.finanzwesir.com/blog/steuern-optimieren-aufwand#1573211380

Falls es später mal eine EU-Richtlinie gibt, um auch ähnliche Instrumente wie Roth IRA (tax free Entnahme, weil zuvor aus versteuertem Einkommen angespart) einzuführen, könnte es ja sein, dass man einfach seine tETFs in sein personalisiertes AV-Depot bei der BuBa überträgt und dann ist es später wurscht, ob man den SFB brav, jährlich ausgenutzt hat oder nicht? Würde mich nicht wundern, wenn selbst bei uns so etwas die nächsten 5-10 Jahre kommt!

LG & viel Erfolg
Joerg


Finanzwesir sagt am 26. November 2020

Hallo Jörg,

"Würde mich nicht wundern, wenn selbst bei uns so etwas die nächsten 5-10 Jahre kommt!"

Optimist ;-)


Chris sagt am 05. Januar 2021

Hallo zusammen, habe eine Frage, vllt auch ne dumme, aber trotzdem etwas verstehe ich nicht, was thesaurierende Etfs angeht.

Also mein einfacher Beispiel:

Ich habe 100 Anteile für 1000€ und am Ende des Jahres, 31.12.2020, hat es sich alles gut und schön entwickelt und ich habe 10% Gewinn gemacht. Jetzt habe ich 1100€.

Aber wenn es in die andere Richtung geht und ich im 2021 ich 10% verliere - dann habe ich wieder 1000€.

Dann verstehe ich den Zinsenzins Prinzip in diesem Fall nicht, weil wenn mein Anteilbestand nicht wächst - wo wird dann „gespeichert“ wie viel gewinn ich gemacht habe und wie soll dann ich langfristig ein Vermögen aufbauen, wenn ich beispielsweise keine neue Anteile zukaufe?

Oder ist es so, dass ETFs quasi immer im Wert gewinnen (nur Beispiel) im deswegen im Laufe der Jahre ich mehr davon profitieren kann?

Vielen Dank, ich versuchte das so einfach und verständlich zu erklären, wie es eben mit meinen Sprachkenntnisse möglich war:)


Prachtlama sagt am 08. Januar 2021

Hallo Chris,

wenn Du diese "dumme" Frage stellen kannst bist Du schon schlauer als 75% der Mitbürger, das nur am Rande.

Zur Frage: der ETF kauft von den ausgeschütteten Dividenden weitere Aktien und der Zuwachs (oder die Minderung, umgekehrt geht's ja auch) der enthaltenden Einzelunternehmen kommt eben "automatisch" mit dazu, der ETF ist ja nur die Hülle für den Wert der Einzelunternehmen, deren Wert sich ja quasi auch verzinst.
Auf lange Sicht wird der Wert aus beiden Gründen bei einem breit gestreuten ETF steigen und es werden daher über die Jahre/Jahrzehnte immer mehr Anteile mit immer höheren Wert. Und jeder neue Anteil erzeugt ja wieder Dividenden...

Vielleicht findet ja noch jemand andere Formulierungen, der Zinseszinseffekt ist ja tatsächlich nicht unmittelbar ersichtlich....


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