29. März 2018


BaFin: Offizielles Statement zum Kostennachweis

Der Finanzwesir fragt

Für die Recherche zum Artikel "Kostentransparenz - was taugt der Broker?" habe ich knapp einhundert Kostennachweise durchgesehen. Dabei ist mir aufgefallen: Viele Broker bemühen sich und setzen die Kosten fallbezogen um. Andere dagegen pauschalisieren einfach.
Beispielsweise mein Broker Consors. Aber auch Flatex und Fidelity machen es sich sehr einfach.
Aus meiner laienhaften Sicht als Kunde verstößt das gegen den Geist von MiFID II. Schließlich soll ich als Käufer vor dem Kauf bestmöglich über die Kosten informiert werden, die auf mich zukommen.
Viele Leser sahen das ebenso.
Deshalb habe ich an die BaFin geschrieben und um eine offizielle Stellungnahme gebeten.

Meine Fragen an die BaFin

  1. Sind pauschalisierte / standardisierte Kostennachweise zulässig und wenn ja, wie lange?
  2. Gibt es eine Übergangsfrist oder dürfen die Broker das bis auf weiteres so machen?
  3. Gibt es einen Muster-Kostennachweis der BaFin? Also eine "amtliche" Version, an der sich die Banken orientieren können?

Die BaFin antwortet

Anja Schuchhardt, Pressesprecherin der BaFin hat mir diese Mail geschickt.

Sehr geehrter Herr Warnecke,
wir nehmen zu Ihren Fragen wie folgt Stellung:

Zulässigkeit von pauschalierten / standardisierten Kostennachweisen

Ein solcher pauschalierter/standardisierter ex-ante Kostennachweis ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. In Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) sind seit dem 3. Januar 2018 alle Kosten für das Finanzinstrument (Produktkosten), alle Kosten und Nebenkosten der Wertpapierdienstleistung bzw. Nebendienstleistung (Dienstleistungskosten) sowie die Gesamtkosten durch die Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen einer Kosteninformation offenzulegen.
Damit wird es dem Kunden ermöglicht, sowohl die Gesamtkosten als auch die kumulative Wirkung der Kosten auf die Rendite der Anlage zu verstehen. Diese Kosteninformation ist dem Kunden insbesondere vor jeder Dienstleistung in verständlicher Form zur Verfügung zu stellen.
Auf Verlangen des Kunden hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kostenausweis nach einzelnen Posten gegliedert aufzustellen. Detaillierte Vorgaben zum Inhalt und Umfang der offenzulegenden Kosteninformation enthält Art. 50 der in Deutschland unmittelbar geltenden Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 (DelVO) sowie deren Anhang II.

Erwägungsgrund 78 der DelVO eröffnet Wertpapierdienstleistungsunternehmen zudem die Möglichkeit, Kosteninformationen in dem dort genannten Rahmen pauschaliert darzustellen. Hiernach ist es Wertpapierdienstleistungsunternehmen erlaubt, ex-ante Kosteninformationen auf der Grundlage eines angenommenen Anlagebetrags zur Verfügung zu stellen.
Die offen gelegten Kosten und Gebühren müssen jedoch die Kosten widerspiegeln, die dem Kunden auf der Grundlage des angenommenen Anlagebetrags tatsächlich entstehen. Inhaltlich ist diese Art der Kosteninformation wie eine transaktionsbasierte Kosteninformation aufzubauen. Allein der Anlagebetrag entspricht nicht dem tatsächlichen sondern einem fiktiven.
Kosteninformationen, die generisch auf Anlageklassen Bezug nehmen, erfüllen die Voraussetzungen des Erwägungsgrundes 78 der DelVO hingegen nicht.
§ 63 Abs. 7 Satz 2 WpHG eröffnet daneben die Möglichkeit, Kosteninformationen standardisiert darzustellen. Dem Wortlaut der Vorschrift nach können Kosteninformationen auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Standardisierte Form meint nach den europäischen Verlautbarungen aber lediglich einen formalen Aufbau und das Layout der Kosteninformation und nicht, ob die Information transaktionsbezogen oder generisch erfolgen kann.

Keine Übergangsfrist für die Kosteninformation

Die Vorgaben sind seit dem 3. Januar 2018 einzuhalten, eine Übergangsfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Kein Muster-Kostennachweis der BaFin

Die inhaltlichen Vorgaben zur Kosteninformation folgen direkt aus der in Deutschland unmittelbar geltenden DelVO und werden damit auf europäischer Ebene spezifiziert.
Insofern verweisen wir auf die Verlautbarungen der europäischen Aufsichtsbehörde European Securities and Markets Authority (ESMA) zum inhaltlichen Aufbau der Kosteninformation.

Amtliche Version, an der sich die Banken orientieren können

Anhang II der DelVO sowie die von ESMA veröffentlichten Questions & Answers (Q&A) geben Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Orientierung, welchen Inhalt die Kosteninformation nach § 63 Abs. 7 WpHG aufzuweisen haben.

Informationen über Verstöße geht die BaFin selbstverständlich nach. Wir bitten aber um Verständnis, dass wir uns aus Verschwiegenheitsgründen zu konkreten Einzelfällen nicht äußern dürfen.

Jetzt noch mal ich

"Kosteninformationen, die generisch auf Anlageklassen Bezug nehmen, erfüllen die Voraussetzungen des Erwägungsgrundes 78 der DelVO hingegen nicht."

Genau das machen die Pauschalierer. Die Kostenzettel von Flatex, Consors und Konsorten sagen: Sie kaufen einen ETF, hier ist der generische Kostennachweis.
Dieser Kostennachweis bezieht sich auf die Anlageklasse ETFs.
Jeder ETF, egal ob es der ETF von Source (WKN A1JM6F) auf den S&P 500 ist mit einer Kostenquote von 0,05% oder der iShares EM-ETF (WKN A0HGWC) mit einer TER von 0,75% wird gleich behandelt. Das kann nicht sein.

Ich bin mal gespannt, wie lange die Pauschalierer damit durchkommen.

Meine persönliche Interpretation: Pauschalisierung ist ok, wenn der Anlagebetrag pauschalisiert wird. Will sagen: Ich kaufe für 2465,90 € den ETF von Source. Die Bank stellt mir einen Kostenausweis für 5.000 € zur Verfügung, weil sie alle Kostenausweise auf 5.000 € standardisiert hat.
Aber die laufenden Kosten beziehen sich auf die konkrete ETF-TER von 0,05% und nicht auf eine fiktive irgendwie gemittelte TER.

"Dem Wortlaut der Vorschrift nach können Kosteninformationen auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden."

Manche Banken sind immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Erklärt Eurer Rechtsabteilung mal, dass nicht alles, was legal ist auch rechtens ist.
Mag sein, dass man mit einem pauschalisierten Kostennachweis irgendwie durchkommt, weil man sich wortlautmäßig zwischen dem dritten Halbsatz des vierten Absatzes des neunten Paragraphen und der zweiten konkludenten Bedingung des ersten Absatzes des siebten Paragraphen durchquetschen kann.
Aber es bleibt Kundenverarsche.

(awa)

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Kommentare

vinh31 sagt am 11. April 2018

Verzeihung, aber das offizielles Statement ist wie von einem Diplomat. Nach der Antwort vergesse ich, wie die Fragen waren.

Man hat zwar gute Absicht für die kleine Anleger wie uns, aber die Anforderungen an die Broker sind löchrig wie ein Schweizer Käse. Nach meinem Verständnis aus dem Statement sollen / müssen die Broker die Kosten offenlegen, haben zudem die Möglichkeit, pauschaliert darzustellen.

Wenigstens sollte man wie Finanzwesirs Vorstellung vorschreiben:

  1. Kaufkosten (einmalig)
  2. Jährliche Haltekosten
  3. Verkaufskosten (einmalig)
  4. Jährliche Renditeminderung

Möglichkeiten für die Broker: fallbezogen oder mit Standardsumme z.B. 5000 Euro.

Hätte man den Mut nicht, solche konkrete Anforderungen zu stellen, sollte man lieber die Überregulierung sparen.


vanye sagt am 15. Juni 2018

"Man hat zwar gute Absicht für die kleine Anleger wie uns, aber die Anforderungen an die Broker sind löchrig wie ein Schweizer Käse. Nach meinem Verständnis aus dem Statement sollen / müssen die Broker die Kosten offenlegen, haben zudem die Möglichkeit, pauschaliert darzustellen."

Nun ja. Aber so ganz unbeteiligt sind wir „kleinen Anleger“ doch auch nicht! Wer zwingt uns, darauf zu warten, dass irgendjemand anderes etwas tut.

Es gibt doch gute Anbieter, die die Vorgaben schon gut genug umgesetzt haben. Wenn wir mit den Füßen (im übertragenen Sinne) bzw. unserem Geld (im Wortsinne) abstimmen, bringen wir schon allein ein schönes Gewicht auf die Waagschale. Wir sind nämlich nicht nur kleine Anleger, sondern auch Kunden.

So wie das sehe, zahle ich für guten Service auch gerne eine angemessene Gebühr. Aber klar, über „angemessen“ lässt sich prima streiten ...


Guybrush sagt am 26. Dezember 2018

Nicht zum Thema Kosten, aber zum Thema MiFID...da ich keinen passenderen Artikel gefunden habe, erdreiste ich mich mal hier mein Thema/meine Frage zu posten:

Seit ein paar Tagen sperrt mich die ONVISTA-Bank quasi aus. Was/wie/warum? Beim Einloggen kommt plötzlich eine Abfrage zur Aktualisierung meiner Angaben hinsichtlich MiFID II. Hat sich bei mir ja nix geändert, denk ich und scrolle schnell drüber - ja, passt noch alles. OK, drücken und schnell zum Konto weiter? Denkste! Ich soll nun sehr detaillierte Informationen zu meinen finanziellen Verhältnissen offenlegen. Im Einzelnen:

  • mein Nettejahreseinkommen,
  • mein Nettovermögen und
  • mein Nettovermögen zur freien Verfügung.

Wenn ich hier nichts anklicke, dann komme ich nicht nur nicht zu meinem Konto weiter, sondern kann mich nicht einmal ordentlich ausloggen. Da geht nur "Browserfenster zu". Eine Auswahl "keine Angabe" gibt es nicht.

Geht's noch? Nicht einmal das Finanzamt will von mir Auskunft über mein Nettovermögen haben (gibt ja keine Vermögenssteuer). Auch keine meiner anderen Banken (Volksbank, Sparkasse und die Onvista-Mutter Comdirect) will diese Info in dieser Absolutheit von mir haben.

Ich führe bei Onvista ein Konto auf Guthabenbasis, spare monatlich auf zwei ETFs und nehme keinerlei Beratungsleistung in Anspruch. Und so läuft das jetzt schon lange. Aber im Dezember 2019 setzt man mir die Pistole auf die Brust und ruft "nackig machen!".

Ist das so von MiFID II gefordert? Ohne Beratungsleistung sehe ich hier keine Relevanz. Und akut war nicht einmal eine WP-Order von mir aufgegeben worden. Ich will einfach nur meinen Kontostand sehen und die Abrechnungen runterladen. Wieso soll das, was bei drei anderen Banken kein Problem ist, bei Onvista nicht mehr gehen? Hat da jemand sattelfestere Infos für mich? Danke vorab!


Kannnitverstan sagt am 27. März 2019

Mal ehrlich: Hat sich vor MiFID Zwo ein Wertpapieranleger vor einem Deal für Detailkosten interessiert? Hat je jemand seine Kaufentscheidung von den Kosten des Deals abhängig gemacht? Die hat man im Kopf überschlagen und gehandelt.

Beim Brokerage hat man als Kunde heute die Wahl, auf die ex-ante-Kosteninformation zu verzichten.
In der Bank oder bei telefonischem Auftrag geht das nicht. Erteilen Sie heute mal Ihrem Berater telefonisch den Auftrag, Ihr Depot glattzustellen, weil Sie einen Kurseinbruch befürchten und - z. B. weil Sie auf der Arbeit sind - keine Möglichkeit haben, die Orders selbst zu erfassen.
Sie werden keine Chance bekommen: Entweder Sie bleiben während der kompletten Ordererfassung in der Leitung, was schnell mal eine Stunde übersteigt, wenn Sie so 12 bis 15 Positionen glattstellen wollen oder sie werden abgewiesen: Sie müssen nach jeder Erfassung der Order und vor Versenden derselben ja die ex ante Kosteninformation zugemailt oder zugefaxt bekommen und dann aufgrund dieser dem Berater bestätigen, dass Sie dieses Geschäft zu diesen Konditionen tatsächlich tätigen wollen.
Ich wette, niemand wirft auch nur einen Blick auf dieses Pamphlet, doch der Berater, der sich an seine Arbeitsanweisung halten muss, wartet auf Ihre Einzelentscheidung!
Vor Erfassung der letzten Order sind die Kurse möglicherweise über eine Stunde lang gefallen, bevor es zum Notverkauf kommen konnte! Den Schaden trägt der Aktionär.

Nicht falsch verstehen: Unterschiedliche Broker berechnen unterschiedliche Konditionen für Wertpapiergeschäfte und diese zu kennen ist durchaus wichtig.
Aber der Moment, indem ich ein Geschäft tätigen will ist nicht der, in dem ich mich mit meinem Berater über Sonderkonditionen streiten will. Die ex ante Kosteninformation ist der größte Blödsinn, den sich Bürokraten ausdenken konnten! - Meine Meinung!


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