13. Mai 2014


Kennen Sie den Vermögensvernichter Nummer eins?

Was sind die Hauptfeinde des privaten Anlegers? Börsen in Turbulenzen und windige Beteiligungen à la Prokon sind es jedenfalls nicht.
Pauschal lässt sich sagen: Alle Finanzprobleme, die es in die Tagesschau schaffen, sind für einen Anleger irrelevant.
Warum?

  1. Weil sie nicht dauerhaft sind
  2. Weil sie vermeidbar sind

Börsenkurse schwanken, so ist das nun einmal. Kluge Anleger wissen das und lassen sich dadurch nicht beunruhigen. Die Wogen werden sich schon wieder glätten. Wir geben ja auch nicht die Seefahrt auf, nur weil das Meer manchmal sehr rau wird. Ein guter Kapitän weiß, wie er Schiff und Besatzung durch den Sturm bringt.
Für Anleger bedeutet das: Langfristig denken, breit diversifizieren und die Sache ansonsten aussitzen.

Zum Thema vermeidbar: Niemand ist gezwungen in geschlossene Immobilien-, Schiffs-, Medienfonds oder in Öko-Beteiligungen wie Prokon zu investieren. Ein kluger Investor liest sich das Kleingedruckte durch und winkt ab.

Ihr Endlevelgegner(*) ist die Inflation

Warum?

  1. Weil sie dauerhaft ist
  2. Weil sie unvermeidbar ist
  3. Weil sie so unspektakulär ist

Die Inflation ist das demokratischste Element im Finanzbereich. Ihr entgeht niemand.
Sie ist einfach da und knabbert an unseren Ersparnissen. Ab und zu taucht sie als dürre Zahl auf, meist, wenn es um die Prognosen der fünf Wirtschaftsweisen geht.

Damit wären wir bei der Legende vom hart gekochten Frosch. Diese Legende geht so:
Man nehme einen Frosch und schmeiße ihn in heißes Wasser. Der Frosch wird ‒ vernünftigerweise ‒ mit einem Satz heraushüpfen.
Man nehme den Frosch erneut und schmeiße ihn in einen Topf mit kaltem Wasser. Der Frosch wird zufrieden herumpaddeln.
Dann stelle man diesen Topf auf eine Herdplatte und fange an, das Wasser langsam! zu erhitzen.
Was macht der Frosch? Nichts! Der paddelt weiter herum, bis das Wasser so heiß ist, dass er stirbt.
Soweit die Legende.

Genau das macht die Inflation mit uns. Wir jammern zwar, dass alles immer teurer wird, aber der Kaufkraftverlust ist so schleichend, dass wir ihn nicht fühlen.
Der Kampf gegen die Inflation ist kein spontanes, reflexhaftes Weghüpfen, sondern eine intellektuelle Leistung. Wir müssen unser Gehirn und Excel einschalten und uns bewusst mit dem Thema auseinandersetzen.
Wäre die Inflation ein Tier, wäre sie eine Anakonda, denn sie schnürt ihren Opfern leise und unerbittlich die Luft ab.
Für Privatanleger gilt: Unterschätze nie die zersetzende Kraft der Inflation Diese Tabelle zeigt, was die Erosionskraft der Inflation im Laufe der Jahre aus 100 Euro macht.

Jahr 2 % Inflation 3 % Inflation 4 % Inflation
0 100 € 100 € 100 €
5 90 € 86 € 82 €
10 82 € 74 € 66 €
15 74 € 63 € 54 €
20 67 € 54 € 44 €
25 60 € 47 € 36 €
30 55 € 40 € 29 €

Bei einer Inflationsrate von 2 % hält sich das Vermögen noch ganz wacker. Selbst nach 30 Jahren ist noch gut die Hälfte vorhanden.
Bei 3 % Inflationsrate sieht es schon anders aus, dann ist nach 25 Jahren mehr als die Hälfte des Geldes verdampft.
Bei einer 4%igen Inflationsrate sieht es noch übler aus. Nach 15 Jahren ist das Geld noch knapp die Hälfte wert. Nach 30 Jahren ist die Kaufkraft auf weniger als ein Drittel geschrumpft.
Nur, damit es keine Missverständnisse gibt: Auf Ihrem Konto liegen immer noch 100 Euro. An dieser Zahl hat sich nichts geändert. Aber die Dinge, die heute bei Aldi für 1,99 Euro zu haben sind, werden im Jahr 2044 ‒ bei 3 % Inflationsrate ‒ 4,83 Euro kosten.

Die zersetzende Kraft der Inflation

Was geht mich das als Anleger an?

Viel! Wie alt sind Sie und wie lange gedenken Sie, noch zu leben? Wenn Ihr Alter mit einer vier beginnt, sind Sie zwar in der zweiten Halbzeit Ihres Lebens, haben aber gute Chancen auf eine Verlängerung. Wenn alles glattgeht, gibt es womöglich eine zweite Verlängerung und Sie müssen sich erst beim Elfmeterschießen geschlagen geben.
Da kommt schon die eine oder andere Dekade zusammen.
Gerade die oft als risikolos und sicher gepriesenen Niedrigzinsstrategien (alles in Tagesgeld und Anleihen) entpuppen sich unter Inflationsaspekten als ausgesprochen tückisch. Für eine Gesellschaft wie die unsere mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung jenseits der 80 Jahre ein schwerwiegendes Problem. Vor allem für Rentner, die kein zusätzliches Kapital mehr ansammeln können, um den Kaufkraftschwund auszugleichen.
Deshalb bin ich auch kein Freund der Faustformel:
100 ‒ Lebensalter = Aktienanteil
Ich habe die Befürchtung, dass bei den heutigen Niedrigzinsen dann noch Leben übrig ist am Ende des Geldes. Und für einen über 70Jährigen sind die Möglichkeiten, Geld zu verdienen doch sehr eingeschränkt.

Fazit

Der kluge Anleger weiß: Die Inflation sitzt immer mit am Tisch und will ihren Teil haben. Und sie bekommt ihn auch! Deshalb interessieren sich kluge Anleger immer nur für die reale Rendite. Alles andere ist Augenwischerei.


(*)Für Nicht-Gamer: Der Endlevelgegner ist das letzte Monster im letzten Level, das man besiegen muss ‒ sonst war alles umsonst.

(awa)

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Abgelegt unter Strategie, Basics, Inflation



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Kommentare

Firehawk sagt am 22. Mai 2014

Hallo Finanzwesir,

guter Artikel zur Inflation. Ist dir im Fazit nicht ein entscheidender Schreibfehler unterlaufen. Ich zitiere mal deinen Satz: "Deshalb interessieren sich kluge Anleger immer nur für die nominale Rendite". Sollte der kluge Anleger hier nicht lieber auf die reale Rendite schauen? Der Link hinter dem Text zeigt ja schon auf die richtige Erklärung, nur leider hast du dich wahrscheinlich "verschrieben".


Finanzwesir sagt am 23. Mai 2014

Hallo Firehawk Ich liebe aufmerksame Leser! Danke für den Hinweis, sehr peinlich und geändert. Natürlich gilt - wie von Dir angemerkt - nur die reale Rendite Gruß Finanzwesir


Firehawk sagt am 24. Mai 2014

Hallo Finanzwesir,

ich will dich ja nicht ärgern, aber im Artikel steht immer noch nominale Rendite. Wurde deine Änderung nicht übernommen? Schönes Wochenende.


Finanzwesir sagt am 24. Mai 2014

Jetzt aber! ;-)


Dummerchen sagt am 13. Mai 2014

Ha :-)! Beim Lesen der Überschrift dachte ich erst, Du verweist auf den "Mann im Spiegel", den Anleger selbst, der mit suboptimalem Anlegeverhalten, die eigenen Taschen leer macht (oder erst gar nicht füllt). Aber mit der Inflation hast Du natürlich eine würdige Alternative zum "Vermögensvernichter Nr.1" gefunden.

Wenn ich Deine Schlussfolgerungen lese, dass eine übertriebene Anlage in vermeintlich sichere Anlagen wie Tagesgeld oder Staatsanleihen tückisch ist, bin ich insbesondere beim jungen Anleger (<55 oder so) ganz Deiner Meinung. Ob das aber für den älteren Anleger (~70) auch noch gilt, der schon die 1.Hälfte der Verlängerung auf sich zukommen sieht? Es hängt ganz sicher davon ab, wie viel von seinem Vermögen er tatsächlich für's tägliche Leben braucht.
Wer gerade so mit Rente und dem Ersparten über die Runden kommt, sollte sich gut überlegen, ob er die von Dir kritisierte Faustformel nicht sogar noch konservativer auslegt. Zumindest müsste er in der Lage sein, auch eine ausgedehntere Börsenflaute von z.B. 5 Jahren oder mehr durchstehen zu können, ohne die Aktienanteile verkaufen zu müssen. Du hast recht, dass der 70jährige wohl selten noch die Möglichkeit hat, zusätzliches Geld zu verdienen. Der Börsencrash tut ihm in dem Alter aber auch besonders weh, da der Faktor Zeit im Gegensatz zum jungen Anleger nicht mehr auf seiner Seite ist. Die Entnahmephase unterscheidet sich da doch gewaltig von der Sparphase.

Wer mit 70 mit der gesetzlichen Rente und einen Teil des Vermögens bereits die Grundbedürfnisse "sicher" abdecken kann und darüber hinaus noch Geld investieren kann - ok, derjenige hat natürlich die Möglichkeit, der Inflation die Stirn zu bieten und mit Aktienanlagen die Chance auf eine positive Realrendite.

Tja, da hofft man als junger Anleger natürlich, in die Lage der zweiten Person zu gelangen - und dazu sollte man die Inflation natürlich frühzeitig als ernsthaften "Endlevelgegner" wahrnehmen.


Finanzwesir sagt am 13. Mai 2014

Hallo Dummerchen, ganz ehrlich: Auf Spiegeltrick bin ich gar nicht gekommen, aber Du hast recht, das ist mit sicherlich auch ein gefährlicher Vermögensvernichter. Was die Leute ab 70 angeht, da gebe ich Dir recht. Mein Problem ist eher die verlorene Generation der geburtenstarken Jahrgänge, die Leute, die jetzt 50 sind oder werden. Zu alt um noch wirklich Vermögen zu bilden und zu jung, um dem Ende - zumindest finanziell - gelassen entgegen zu sehen. Die jetzt über 70 jährigen haben ihre Rente sicher. Die unter 40jährigen aben noch genug Strecke vor sich, um einen ordentlichen Anlauf (Zinseszins) in Richtung eigenes Vermögen zu unternehmen. Aber die geburtenstarken Jahrgänge sind immer noch mit der "sicheren" Rente aufgewachsen...

Gruß Finanzwesir


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