09. Mai 2014


Warum Sie an der Börse immer zu früh Kasse machen

Als ich letztens dieses Internet auf der Suche nach interessanten Finanzinformationen umgegraben habe, bin ich auf die Prospect Theory gestoßen.

Prospect Theory! Nie davon gehört? Ich auch nicht. Diese Theorie ist aber sehr nützlich, wenn es darum geht, das Verhalten von Privatanlegern zu verstehen.

Die Prospect Theory, im Deutschen auch Neue Erwartungstheorie genannt, wurde 1979 von Daniel Kahneman und Amos Tversky als eine psychologisch realistischere Alternative zu der Erwartungsnutzentheorie vorgestellt. Sie erlaubt die Beschreibung der Entscheidungsfindung in Situationen der Unsicherheit. Quelle: Wikipedia

Was bedeutet das für Privatanleger?

Private Anleger verkaufen zu früh und verkaufen zu spät. Warum? Weil unsere Hirne so verdrahtet sind. Die untenstehende Grafik zeigt die Zusammenhänge.

Prospect Theory ? Das Prinzip des gefühlten Nutzens und Schadens

Die waagerechte Linie zeigt die Gewinne beziehungsweise die Verluste an. Die senkrechte Achse zeigt den gefühlten Nutzen beziehungsweise den Schaden an.

Die Aktie steigt

Was passiert, wenn die Aktie um 100 Euro steigt? Dann steigt unsere Zufriedenheit um zwei Punkte (rote 1 in der Grafik).
Wenn die Aktie um weitere 100 Euro steigt, dann sind wir nicht mehr so begeistert, die Kurve steigt nur noch um einen Punkt an (rote 2).

Was tut ein Anleger, der bei der roten 1 angekommen ist?

Der Anleger muss sich jetzt zwischen zwei Szenarien entscheiden.

  1. Die Aktie steigt um 100 Euro.
  2. Die Aktie fällt um 100 Euro.

Sein Gefühl sagt ihm:

  1. Es ist schön, wenn die Aktie steigt.
  2. Es ist viel schlimmer, wenn die Aktie fällt.

Der gefühlte Verlust ist viel höher als der gefühlte Gewinn, also wird der Privatanleger, wenn er beide Szenarien als gleich wahrscheinlich einstuft, verkaufen.

Die Aktie fällt

Was passiert, wenn die Aktie um 100 Euro fällt, der Investor also Verluste hinnehmen muss? Auch in diesem Fall sackt die Zufriedenheitskurve stark ab. Der Verlust der ersten 100 Euro tut richtig weh (Punkt 3 in der Grafik).
Wenn die Aktie dann noch einmal um 100 Euro fällt, macht uns das natürlich auch zu schaffen, aber der Mensch gewöhnt sich an alles. Der gefühlte Verlust der zweiten 100 Euro ist geringer, als der gefühlte Verlust der ersten 100 Euro.

Was tut ein Anleger, der bei der roten 3 angekommen ist?

Der Anleger muss sich jetzt zwischen zwei Szenarien entscheiden.

  1. Die Aktie fällt um 100 Euro auf Punkt 4.
  2. Die Aktie steigt um 100 Euro.

Sein Gefühl sagt ihm:

  1. Es ist schlimm, wenn die Aktie fällt.
  2. Es ist viel schöner, wenn die Aktie steigt.

Der gefühlte Verlust ist viel geringer als der gefühlte Gewinn, also wird der Privatanleger, wenn er beide Szenarien als gleich wahrscheinlich einstuft, die Aktie halten. Denn: „Die kommt schon wieder!“

Fazit

Für mich als nüchtern kalkulierenden Ingenieur stellt sich immer mehr heraus: Private Finanzen sind eine reine Psycho-Kiste und haben nur am Rande mit Geld zu tun.
Für mich ist das ein weiteres Indiz für die Überlegenheit des passiven Buy-and-hold-Investierens. Wenn ich bei jedem Investment und jedem Trade erst einen Psychokampf mit mir ausfechten muss, dann kann das nur schiefgehen.

(awa)

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