26. Juni 2015


Was ist eine Anleihe?

Ich habe viele Leser-Mails mit der Bitte "Finanzwesir, schreib mal was zum Thema Anleihen" bekommen.

Tenor der Mails: Anleihen sind sicher, deshalb möchte ich die Schwankungen meines Aktien-Depots mit Anleihen "beruhigen".

Der Anleihen-Zoo

Im Anleihen-Zoo leben viele Tierchen. Von putzig und possierlich bis bösartig und blutrünstig.
In diesem Artikel wollen wir von Käfig zu Käfig wandeln und uns die Insassen genauer ansehen. Welche Rendite bei welchem Risiko und vor allem wollen wir wissen: "Welches dieser putzigen Fellknäuel hat das Zeug zum Kettensägen-Massaker?"

Denn eins ist sicher: Eine Anleihe ist nicht Tagesgeld 2.0. Nur weil Anleihe draufsteht, bedeutet das nicht "Ist grundsätzlich sicher". Das können wir so apodiktisch festhalten.

Bevor wir mit unserem Rundgang beginnen, lassen Sie uns noch schnell die Basics klären.

Anleihe, Rentenpapier oder Bond?

Während eine Aktie immer Aktie heißt, kann eine Anleihe unter den verschiedensten Namen auftreten. Wenn die Anleihe hipstermäßig auftreten will, nennt sie sich nicht Anleihe, sondern Bond. Hat diesen coolen 007-Touch, bedeutet aber auf Englisch auch nichts anders als Anleihe.

Rentenpapier heißt die Anleihe, weil man sich als Anleger regelmäßige und sichere Zinszahlungen erhofft. Wie bei einer Rente eben.

Was ist eigentlich eine Anleihe?

Im Wort Anleihe steckt das zentrale Wort schon drin: Leihe. Wer eine Anleihe auflegt, will sich Geld leihen. Die Zinsen sind die Leihgebühr. Ihre Höhe bemisst sich nach Qualität des Schuldners. Kreditwürdige Schuldner zahlen niedrige Zinsen, unsichere Kantonisten zahlen einen Risikoaufschlag und müssen höhere Zinsen bieten.

Der grundsätzliche Deal ist ganz einfach:

Geld gegen Zinsen

Ich leihe dir mein Geld für eine gewisse Zeit, und du zahlst mir dafür Zinsen. Am Ende bekomme ich mein Geld zurück.

Eine Anleihe ist also definiert durch

  1. Die Geldsumme. Bei höheren Summen wird gestückelt. Wer einen 500-Millionen-Kredit aufnehmen möchte, sucht sich entweder einen Kreditgeber für die gesamte Summe oder er bietet 500.000 Anteilsscheine im Nennwert von je 1.000 Euro an.
  2. Den Zinssatz. Dieser kann fest, variabel oder gar nicht vorhanden sein. Bei sogenannten Nullkuponanleihen (Zero-Bonds) wird der laufende Zins durch den Unterschied zwischen niedrigerem Ausgabekurs und höherem Rückzahlungskurs ausdrückt. Sie müssen genau prüfen, welche Bonität der Schuldner hat, und ob er das Risiko angemessen vergütet.
  3. Die Laufzeit. Die Laufzeit kann fix oder variabel sein. Die Anleihe läuft beispielsweise über 5 Jahre. Es kann aber auch sein, dass der Schuldner die Anleihe vorzeitig kündigen oder verlängern kann.
  4. Den Rang. Bei den Anleihen geht‘s zu wie beim Militär. Es gibt eine klare Hierarchie. Manche dürfen sich bei einer Pleite des Schuldners vorne anstellen und werden zuerst aus der Insolvenzmasse bedient, andere müssen sich hinten anstellen. Die heißen dann auch Nachrang-Anleihen.
  5. Die Währung. Wenn Sie eine Anleihe kaufen, die nicht auf Euro lautet, müssen Sie das Fremdwährungsrisiko abschätzen.

Diese 5 Eckpfeiler definieren die Anleihe. Aber Säule ist nicht gleich Säule, die Dinger gibt‘s in dorisch, ionisch, korinthisch und assyrisch.

Anleihen sind deshalb ein Finanzprodukt für Leseratten. Jeder Schuldner designt sich die Säulen so, wie es ihm passt, und beschreibt sein Design im Verkaufsprospekt. Den gilt es zu lesen und zu verstehen.

Wovon hängt der Kurs einer Anleihe ab?

Nur, wenn Sie eine Anleihe bis zur Endfälligkeit halten, bekommen Sie den Nennwert ausgezahlt. Vorher schwankt der Kurs der Anleihe genauso wie der einer Aktie.
Hier eine – sicherlich nicht vollständige – Auswahl:

  • Einflussnahme durch die Politik (Ankaufprogramme, Definition von Staatsanleihen als sicher).
  • Schwankungen des Marktzinses (Euribor, Libor).
  • Robustheit des Aktienmarktes. Fallen die Kurse, schichten die Anleger in Anleihen um. Die Anleihenkurse steigen.
  • Inflation. Bei steigender Inflation möchten die Anleger den Kaufkraftverlust ausgleichen und fordern höhere Zinsen.
  • Bei Unternehmensanleihen spielt die Bonität des Schuldners eine große Rolle.

Ein Beispiel:
Sie kaufen für 1.000 Euro eine Anleihe. Der aktuelle Marktzins liegt bei 2% und auch die Anleihe wirft jedes Jahr 2% an Zinsen ab.

Investition Laufzeit Kurs Nominalwert jährlicher Zins Marktzins zum Kaufzeitpunkt
1.000 € 5 Jahre 100 % 1.000 € 2 % 2 %

Die Geldströme

  • Jährlich 20 Euro, in Summe 100 Euro über die 5 Jahre.
  • Im 5. Jahr zusätzlich die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals von 1.000 Euro.

Marktzins steigt

Nach 2 Jahren möchten Sie verkaufen, denn Sie brauchen das Geld für Ihre Immobilie. Der Marktzins liegt jetzt aber bei 4 %. Wie hat sich der Kurs Ihrer Anleihe entwickelt?

  • Das Ertragspotenzial Ihrer Anleihe: 3 Jahre zu je 20 Euro macht 60 Euro. Dann wird zurückgezahlt.
  • Das Ertragspotenzial der neuen Anleihe: Die neuen 5-Jährigen bringen 4 %. Auf 3 Jahre gerechnet sind das 120 Euro.

Wenn Sie mir Ihre alte Anleihe verkaufen wollen, müssen Sie mir einen Preisnachlass von 60 Euro geben, sonst kaufe ich die 4%-Anleihe.
Für 940 Euro kaufe ich Ihnen Ihre Anleihe ab, für die Sie vor 2 Jahren 1.000 Euro bezahlt haben.

Ihre Bilanz

Zahlungsströme Summe
Zinszahlung Jahr 1 20 €
Zinszahlung Jahr 2 20 €
Verkauf 940 €
Summe 980 €
Kaufpreis - 1.000 €
Bilanz -20 € Verlust

 

Investition Restlaufzeit Nominalwert jährlicher Zins Marktzins Kurs Kurswert
1.000 € 3 Jahre 1.000 € 2 % 4 % 94 % 940 €

Marktzins fällt

Noch einmal das gleiche Szenario, nur ist dieses Mal der Marktzins auf 1 % gefallen.

  • Das Ertragspotenzial Ihrer Anleihe: 3 Jahre zu je 20 Euro macht 60 Euro. Dann wird zurückgezahlt.
  • Das Ertragspotenzial der neuen Anleihe: Die neuen 5-Jährigen bringen 1 %. Auf 3 Jahre gerechnet sind das 30 Euro.

Jetzt können Sie einen höheren Preis verlangen, denn das Ertragspotenzial Ihrer Anleihe ist höher, als das, was ich zurzeit kaufen kann.
Für 1.030 Euro kaufe ich Ihnen Ihre Anleihe ab, für die Sie vor zwei Jahren 1.000 Euro bezahlt haben.

Ihre Bilanz

Zahlungsströme Summe
Zinszahlung Jahr 1 20 €
Zinszahlung Jahr 2 20 €
Verkauf 1.030 €
Summe 1.070 €
Kaufpreis - 1.000 €
Bilanz 70 € Gewinn

 

Investition Restlaufzeit Nominalwert jährlicher Zins Marktzins Kurs Kurswert
1.000 € 3 Jahre 1.000 € 2 % 1 % 103 % 1.030 €

Das war jetzt ein supersimples und grob vereinfachendes Beispiel. Die unterschiedlichen Zahlungsströme habe ich nicht berücksichtigt. Wenn man genau rechnet, muss man berücksichtigen, wie lange das Kapital gebunden ist. Es macht einen Unterschied, ob ich mein Geld heute, in 1 Jahr oder in 10 Jahren bekomme.

Mir egal, ich halte meine Anleihe bis zur Endfälligkeit

Gerne, aber welche?

Wenn ich mir bei finanzen.net alle deutschen Staatsanleihen zeigen lasse, komme ich auf 129 Ergebnisse. Wenn ich noch die Pfandbriefe mit A-Rating (Aaa bis Aa3) dazu nehme, erweitere ich mein Anleihenuniversum um weitere 1.920 Produkte. Welche der über 2.000 Anleihen soll ich jetzt kaufen? Und das sind nur die wirklichen Top-Schuldner. Insgesamt listet finanzen.net 39.619 Anleihen auf.

Da müssen Sie ganz schön sieben und filtern, bis Sie Ihre Wunschanleihe haben.

Die folgenden Fragen und Hürden müssen Sie ebenfalls noch klären beziehungsweise überwinden

  1. Wollen Sie nur eine Anleihe kaufen oder lieber das Risiko streuen und mehrere Anleihen kaufen? Wenn Sie mehrere Anleihen kombinieren möchten: Wie sieht Ihre Strategie aus? Wie wollen Sie die unterschiedlichen Laufzeiten und Bonitäten mixen?

  2. Es muss ein Angebot geben. Wenn niemand etwas verkaufen will, können Sie auch nichts kaufen. Nicht jede Anleihe wird gehandelt. Oder der Spread ist sehr hoch. Spread = Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis.

  3. Die Stückelung muss passen. Eine Anleihe, die sich vornehmlich an institutionelle Kunden wendet, wird oft in Stückelungen von 10.000 Euro oder gar 50.000 Euro angeboten.

Welche Anleihetypen gibt es?

Anleihen treten in den verschiedensten Formen auf. Im Kern geht es immer um "Geld gegen Zinsen", aber wie dieser Deal dann praktisch umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Das ist so ähnlich wie beim Auto. Im Kern ist ein Auto ein Verbrennungsmotor mit vier Rädern dran. Aber in der Praxis gibt es dann doch erhebliche Unterschiede zwischen einem Audi und einem Lada.

Letztendlich müssen Sie für jede Anleihe, die Sie interessiert, die folgende Checkliste abarbeiten.

Checkliste Anleihentyp

  1. Bonität
    • Anleihen mit höchster Bonität (High-Grade-Anleihen)
    • Anleihen mit guter Bonität (Investment-Grade-Anleihen)
    • Anleihen mit tiefer Bonität (Hochzinsanleihen, High-Yield, Junkbonds oder Schrottanleihen)
  2. Art des Schuldners
    • Öffentliche Schuldner (Staatsanleihen, Kommunalanleihen von Gemeinden und Städten)
    • Private Schuldner (Unternehmensanleihen)
  3. Fälligkeit
    • 1–12 Monate (Geldmarkt)
    • ab 12 Monaten (Kapitalmarkt)
    • ohne Verfall (ewige Anleihe, auch Perpetual genannt)
  4. Art der Zinszahlung
    • ohne Zins (Zero-Bond beziehungsweise Nullkuponanleihe)
    • mit festem Zins (Standardanleihe)
    • mit variablem Zins (Floating-Rate-Note beziehungsweise Anleihe mit variablem Zins)
    • mit Stufenzins (Stufenzinsanleihe, auch Staffelzins genannt)
  5. Besicherung, wenn der Schuldner nicht mehr zahlen kann
    • Besichert (bei jeder Besicherung müssen Sie die Werthaltigkeit der Besicherung prüfen):
      • mit Vermögenswerten besichert (Secured Bonds)
      • mit Forderungen besichert (Asset Backed Securities)
      • durch Grund und Boden besichert (Pfandbriefe)
      • durch Garantie besichert (Guaranteed)
    • Unbesichert:
      • erstrangige Forderungen (Senior Unsecured Bonds)
      • nachrangige Forderungen (Subordinated Bonds)
  6. Markt, in dem die Anleihe herausgegeben wurde
    • von Inländern herausgegebene Inland-Anleihe in Lokalwährung (Domestic Bonds)
    • von ausländischen Schuldnern herausgegebene Anleihe im Inland in Lokalwährung (Foreign Bonds)
    • von ausländischen Schuldnern herausgegebene Anleihe im Ausland in Fremdwährung
    • internationale, in mehreren Ländern herausgegebene Anleihe (Eurobonds)
  7. Art der Rückzahlung
    • Rückzahlung bei Verfall zu 100 % (Standardanleihe oder auch "straight bonds" genannt)
    • keine Rückzahlung (ewige Anleihe, auf Englisch: perpetual)
    • frühzeitige Rückzahlung möglich (Callable & Putable-Bonds, Tilgungsanleihen, Losanleihen)
    • laufende Schuldtilgung in Form einer Annuität (Annuitätenanleihen)
    • Rückzahlung an Preisindex gekoppelt (Inflationsanleihe)
  8. Sonderformen
    • Ausstattung mit einem Optionsrecht (Wandelanleihe, auf Englisch: Convertible Bonds)
    • Hybridanleihen sind eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital, auf Englisch: Corporate Hybrids und Tier1 Bonds

Schauen wir uns einige Vertreter der Gattung Anleihe einmal näher an.

Wie sicher sind Staatsanleihen?

Per ordre de Mufti: Staatsanleihen sind absolut sicher, und zwar alle. Eine Bank darf eine deutsche Staatsanleihe genau so behandeln wie eine griechische.
Normalerweise muss eine Bank den sogenannten Basel-Regularien folgen, die grob vereinfacht besagen:

Liebe Bank, schau dir deine Bilanzposten an. Bewerte das Ausfallrisiko und hinterlege einen entsprechenden Ausgleich als Eigenkapital.
Beispiel: Eine Bank hat einen Kredit über 100 Millionen in den Büchern und bewertet das Ausfallrisiko mit 10 Millionen (maximaler Schaden), dann muss die Bank dafür 10 Millionen des Eigenkapitals reservieren.

Sinn der Unternehmung: Die Bank soll den Ausfall überleben, ohne schon wieder um Steuergelder betteln zu müssen (systemrelevant und so …).

Für EU-Staatsanleihen dagegen hat die Politik das sogenannte Freistellungsprivileg definiert.

Freistellungsprivileg

Banken müssen bei Investitionen in EU-Staatsanleihen im Gegensatz zu Unternehmenskrediten kein Eigenkapital einsetzen.

Das bedeutet: Auf Anordnung der Politik ist ein 100 Millionen Euro schweres Aktienpaket von VW unsicherer als eine 100-Millionen-Euro-Anleihe des griechischen Staates.

Die Folgen dieser Anordnung bezeichnen die Ökonomen als "Ansteckungseffekt". Dr. Josef Korte von der Goethe Universität in Frankfurt a. M. hat das in seinem Aufsatz "Zero Risk Contagion – Banks’ Sovereign Exposure and Sovereign Risk Spillovers" sehr schön nachgewiesen.
Wenn Sie nicht das ganze Paper studieren möchten, hier meine Zusammenfassung:

"Wenn sich eine französische Bank mit griechischen Staatsanleihen vollsaugt, leidet die Bonität des deutschen Staates darunter."

Warum ist das so?

Weil die Politik einstmals getrennte Märkte in ein System kommunizierender Röhren verwandelt hat. Wenn ich an der griechischen Röhre rüttele, wackelt der Wasserstand in allen Röhren.

Zwischenfazit

Staatsanleihen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Warum? Weil die Zinsen rein politisch sind. Sollte das Freistellungsprivileg fallen, müssen die Banken Milliarden heranschaffen, um die entsprechenden Eigenkapital-Positionen aufzubauen.
Dieses Bermudadreieck aus Politik, Finanzmärkten und Juristerei ist ein gefährliches, aber potenziell ertragreiches Gewässer für aktive Anleger. Ein Revier für Anleger mit guten Kontakten in die Politik und einer Armee fähiger Juristen, die auch noch den letzten Halbsatz der Verträge analysieren und daraus Prozessketten ableiten.

  1. Wenn dieser Fall eintritt, greift §5 des Vertrags A,
  2. das wiederum triggert §67, Abs. 5 von Vertrag B
  3. und das wiederum führt dazu, dass diese und jene Stützungskäufe durchgeführt werden müssen
  4. und das können wir auf diese und jene Weise ausbeuten.
  5. Jackpot!

Das sind diese Dominostein-Ketten, die um 17 Ecken gehen, aber zum Schluss dem Investor den Topf mit Gold in den Schoß kippen.

Pfandbriefe als Beispiel für besicherte Anleihen

Pfandbriefe gehören nicht zum Sondervermögen einer Bank, sondern sind Verbindlichkeiten des emittierenden Instituts. Allerdings solche, die mit Sicherheiten aus dem Vermögen unterlegt sind. Bei den klassischen deutschen Pfandbriefen sind das Immobilien.
Das klingt erst einmal supersicher, aber die US-Subprimekrise von 2007 war nichts weiter als eine Pfandbriefkrise. Pfandrechte an Immobilien wurden verbrieft und dann als Wertpapier in den Handel gebracht.
Das einzige Problem: Mit der Werthaltigkeit war es nicht so weit her. Subprime eben. sub = unter, prime = erstklassig, also unter-erstklassig. Solche Ausdrücke können auch nur Banker erfinden.

Mein Lebenserfahrungs-Tipp: Wenn Ihnen jemand etwas mit dem Argument "Sicher durch Immobilien" verkaufen will – gehen Sie davon aus, belogen zu werden.
Grundsätzlich gilt für alle besicherten Anleihen: Prüfen Sie die Werthaltigkeit und die Liquidität der Besicherungen.
Die Sicherheit muss nicht nur etwas wert sein, es muss auch Käufer dafür geben. Ein Containerschiff mag laut Gutachter 30 Millionen Doller wert sein, wenn es aber keinen Käufer gibt, nützt das alles nichts.

Firmenanleihen / Corporate Bonds

Firmenanleihen können ein Volumen von 1 Million bis zu 1 Milliarde Euro haben. Sie gehören ganz sicher nicht zum sicheren Teil des Vermögens. Hier müssen Sie ganz genau hinschauen, wer Ihr Geld haben will. Mit den sogenannten Mittelstandsanleihen sind schon viele Anleger auf die Nase gefallen. Auch wenn ein Emissionsvolumen von 10 Millionen Euro für Privatanleger beeindruckend klingt: Im internationalen Vergleich sind das die sprichwörtlichen Peanuts. Wenn Firmen wie ThyssenKrupp oder die Commerzbank eine Anleihe auflegen, dann in der Größenordnung von 250 oder 500 Millionen Euro. Wenn ein Jumbo-Pfandbrief die Bühne betritt, sind 1 Milliarde Euro am Start.
Ich persönlich wäre sehr vorsichtig bei dem ganzen Kleinkram in zweistelliger Millionenhöhe. Wenn die Werbung für diese Anleihe dann noch speziell auf Privatanleger zugeschnitten ist, würde ich nur noch wegrennen. An die Privatanleger wendet man sich nur, wenn es bei den Profis nicht geklappt hat.

Schwellenländer

Leser M. schreibt:

Ich habe zurzeit ein Aktien-Depot (70 % MSCI World und 30 % MSCI Schwellenländer). Da sollten jetzt Anleihen "zum Beruhigen" hinzu. Ich erwäge deshalb den Anleihen-ETF "iShares JPMorgan $ Emerging Markets Bond" mit der WKN A0RFFT zu kaufen.

Kursverlauf iShares JPMorgan $ Emerging Markets Bond

Wenn man sich den Verlauf dieses Renten-ETF anschaut, erkennt man: Der ist nicht mit dem Rollator unterwegs, sondern fährt Achterbahn.
Das macht nichts, denn die Renditen können sich sehen lassen. Wer am ersten Handelstag am 15.02.2008 Anteile für 10.000 $ gekauft hat, steht heute gut 60 % im Plus.
Das Ganze bei einer Kostenquote (TER) von 0,45 %, die man eher von Aktien-ETFs kennt.
Formal ist das ein Anleihen-ETF, aber für mich hat dieser ETF mehr mit einem Aktien-ETF gemeinsam, als mit einem ETF auf deutsche Staatsanleihen.

Beruhigen tut der jedenfalls nix.

Nachrang-Anleihe

Ein Beispiel für eine Nachrang-Anleihe ist der Fidor Kapitalbrief. Wenn Sie der Fidor Bank Ihr Geld für 5 Jahre überlassen, bekommen Sie dafür 4 % pro Jahr. Sollte die Fidor Bank aber innerhalb der nächsten 5 Jahre Pleite gehen, ist das Geld weg. Ist das ein fairer Deal? Keine Ahnung. Dass müssen Sie selbst recherchieren und dann für sich bewerten.

Ok, ok, verstehe. Die Auswahl einer einzelnen Anleihe ist mir zu kompliziert. Ich will einen Anleihen-Fonds.

Anleihen-Fonds

Solange das Zinsniveau fällt, sind Renten-Fonds eine Topanlage, denn die Kurse steigen.
Ein Anleihen-Fonds hält seine Anleihen selten bis zur Endfälligkeit und ist deshalb den Kursschwankungen voll ausgesetzt. Deshalb landet man dann als Anleger schnell bei Begriffen wie "Duration" und "modifizierte Duration".

Ein Beispiel ist der Deutsche Boerse EUROGOV® Germany 3-5-ETF von Deka.
Deutsche Boerse EUROGOV® Germany 3-5
Der ETF hält aktuell 9 (maximal erlaubt sind 15 Positionen) deutsche Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit zwischen 3 und 5 Jahren.
Aktuell stecken 12,97 % des Kapitals in der Anleihe DEUTSCHLAND 4.25% 08-04/07/2018 mit der WKN 11353.
Diese Anleihe wird am 04.07.2018 fällig. Rechnen wir 3i Jahre zurück, dann stellen wir fest: Diese wunderbare Anleihe, die jedes Jahr traumhafte 4,25 % bringt, muss spätestens am 06.07.2015 verkauft werden.
Warum?
Weil dann ihre Restlaufzeit kleiner als 3 Jahre ist und sie damit in diesem ETF nichts mehr zu suchen hat.

Wie Sie unter "Kennzahlen" nachschauen können, ändern sich die Kennzahlen dauernd. Als Beispiel hier die Kennzahlen vom 30. April 2015 und vom 12. Juni 2015.

Deutsche Boerse EUROGOV® Germany 3-5 Duration

Duration ist nicht Laufzeit

Die Laufzeit einer Anleihe gibt an, wann das Kapital zurückgezahlt wird. Das ist die sogenannte Endfälligkeit. Eine Anleihe, die im Juni 2015 in den Verkauf kommt und deren Endfälligkeit im Juni 2025 liegt, hat eine zehnjährige Laufzeit.
Im Juni 2020 hat diese Anleihe eine Restlaufzeit von fünf Jahren.

Die Duration dagegen ist eine abstrakte Kennzahl, die angibt, wie sensibel eine Anleihe auf Zinsänderungen reagiert.

Zwei Beispiele:

  1. Eine Anleihe hat einen Kupon von 1 % und wird in 1 Jahr fällig. Der Marktzins steigt auf 2 %. Was passiert? Niedrige Duration, der Kurs wird etwas nachgeben.
  2. Eine Anleihe hat einen Kupon von 1 % und wird in 9 Jahren fällig. Der Marktzins steigt auf 3 %. Was passiert? Hohe Duration, die Anleihe reagiert sensibel, der Kurs saust in den Keller.

Die Duration gibt an, wie viele Jahre es dauert, bis sich die Kurs- und Zinseffekte jeweils ausgleichen. Die Duration ist umso höher, je länger eine Anleihe noch läuft und je niedriger die Verzinsung der Anleihe ist.

Wenn Sie steigende Zinsen erwarten, sollten Sie auf eine niedrige Duration achten. Suchen Sie sich eine Anleihe, die kurz läuft und einen möglichst hohen Zinskupon hat.

Wenn Sie sinkende Zinsen erwarten, ist eine hohe Duration Ihr Freund. Kaufen Sie eine Anleihe, die möglichst lange läuft.

Das Klumpenrisiko

Ich würde keinen Aktien-ETF anfassen, der nicht mindestens eine hohe dreistellige Zahl an Firmen enthält. Bei Anleihen-ETFs kann ich diese Anforderung nicht stellen.
Der hier vorgestellte Deutsche Boerse EUROGOV® Germany 3-5 ETF umfasst maximal 15 Positionen. Auch ein iBoxx EUR Liquid Sovereign Diversified 1-10, der in europäische Staatsanleihen investiert, hält maximal 25 Titel. Da hat man dann 18 % Spanien und 15 % Italien im Depot. Das ist ein ganz anderes Risiko, als die 3 %, die Apple im MSCI World Index auf sich vereinigt.

Auch ein Deka iBoxx EUR Liquid Corporates Diversified, der in europäische Unternehmensanleihen investiert, hat nur 75 Positionen.

Der iShares Euro High Yield Corporate Bond, der in Anleihen von Firmen unterhalb von Investmentqualität anlegt, hat immerhin 477 Positionen.

Aktien-ETFs sind im Allgemeinen deutlich breiter diversifiziert als Anleihen-ETFs.

Fazit

Auch bei einem Anleihen-ETF müssen Sie ganz genau hinsehen.

  1. In welche Anleihen investiert der ETF?
  2. Hält der ETF die Anleihen bis zur Endfälligkeit oder verkauft er sie vorher?
  3. Wie wirkt sich eine Änderung des Zinsniveaus auf den Kurs meines ETFs aus?
  4. Wie beim Aktien-ETF sind natürlich auch die Kosten ein Thema.

Anleihen oder Aktien – was ist komplizierter?

Ich befasse mich lieber mit Aktien als mit Anleihen.
Warum?
Wenn ich mein Geld in Aktien anlegen will, kaufe ich ein bis vier breit anlegende ETF und bin fertig.
Anleihen dagegen sind ein ziemlich bösartiges Zeug und nicht so einfach zu verstehen, wie man immer glaubt. Nicht umsonst gibt es Aktien-Händler und Bond-Händler. Diese beiden Märkte haben wenig miteinander zu tun.
In meinen Augen sind die Bond-Märkte deutlich komplizierter als die Aktienmärkte. Die Kurse der Anleihen hängen extrem vom Zinsniveau ab und die Leitzinsen sind rein politisch motiviert. Irgendwo findet immer eine Wahl statt und irgendein Politiker will seine Klientel bedienen und meint, an den Zinsen herumpfuschen zu müssen.
Außerdem kommen Anleihen immer mit einem Emissionsprospekt, in dem sich alle möglichen Schweinereien wie Kapitalherabsetzungen verstecken können. Diese ganzen Informationen müssen Sie sich als Anleger zusammensuchen.
Außerdem müssen Sie Sätze wie

"Die Vorlegungsfrist gemäß § 801 Abs. 1 Satz 1 BGB für den fälligen Kapitalbrief wird gemäß § 801 Abs. 3 BGB verkürzt und beträgt drei Jahre."

nicht nur lesen, sondern auch verstehen. Eine gewisse Freude am Lesen juristisch verklausematuckelter Texte schadet deshalb nicht. Letztendlich ein Terrain für den aktiven Anleger, der sich ein eigenes Bild machen kann und will.

Tagesgeld oder Anleihen für den risikoarmen Teil des Depots?

Richtig simpel ist nur Tages- oder Festgeld bei einer westeuropäischen Bank mit AAA-Rating. Alle anderen Zinsprodukte sind keine Selbstläufer, sondern bedürfen des prüfenden und abwägenden Anlegers.
Sollte ich jemals Lust verspüren, aktiv am Börsengeschehen teilzunehmen, würde ich mir immer die Bond-Märkte als Spielwiese wählen.
Warum?
Aktien kann jeder, Anleihen sind die intellektuelle Champions League. Ich stelle mir einen erfolgreichen Anleihen-Anleger so vor: Ein Teil Trüffelschwein, kombiniert mit einer ordentlichen Portion Sherlock Holmes, abgeschmeckt mit einem Pfund furztrockener, vollkommen humorbefreiter Buchhalter.

Neugierig, scharfsinnig, detailversessen sind die passenden Adjektive.

Deshalb ist meine Empfehlung: Setzen Sie auf Tages- und Festgeld (Sparbriefe), wenn Sie nur passiv den RK1-Anteil, also den risikoarmen Teil Ihres Weltportfolios – so wie hier beschrieben – aufbauen wollen. Solange Sie unter 100.000 Euro am Start haben, greift noch die Einlagensicherung. Wenn das Vermögen dann mit der Zeit größer wird, ist immer noch Zeit, sich zum Anleihen-Fuchs weiterzubilden.

Zwei Nachteile will ich dem Tages-/Festgeld zugestehen:

  1. Tagesgeld ist wie offen im Haus herumliegende Süßigkeiten: Man braucht einen Willen aus Stahl, um nicht doch ein bisschen zu naschen.
  2. Wenn man am Ende seiner Festgeldleiter angekommen ist, muss man neu anbauen. Das macht Arbeit – oder man gibt das Geld einfach für den nächsten Urlaub aus.

Ein ETF auf deutsche Staatsanleihen oder deutsche Pfandbriefe ist als Ewigkeits-Anleihe "aus den Augen, aus dem Sinn". Man nimmt zwar die Kursschwankungen mit, bleibt aber investiert. Vielleicht besser, wenn Sie zu den Naschkatzen gehören.

Fazit

Ich hoffe, ich konnte Ihnen zeigen, dass Anleihen eine spannende und lukrative Wertpapierklasse sind. Aber ich denke, eines ist auch klar geworden: Die Strategie

"Ich habe mir gaaaaanz viel Mühe mit der Auswahl meiner Aktien-ETFs gegeben. Für den risikoarmen Teil meines Depots tackere ich mir geschwind ein paar Anleihen-ETFs zusammen und dann bin ich endlich fertig."

wird nicht aufgehen.

(awa)

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Kommentare

Lars sagt am 26. Juni 2015

Hallo,

ein wirklich augenöffnender Artikel, der Komplexität einer Anleihe nochmal deutlich vor Augen führt - vielen Dank dafür.

Auch ich bin ja bereits mit Ihnen in Mailkontakt getreten - da ging es ja unter anderem auch um die Thematik "Anleihen sind sicher, deshalb möchte ich die Schwankungen meines Aktien-Depots mit Anleihen "beruhigen"", daher finde ich diesen Artikel gerade besonders interessant.

Ich selbst werde nun bis zum Erreichen meines ersten Sparziels bei der "klassischen" 70/30 Welt/EM - ETF-Aufteilung bleiben & dann mal schauen ...

Herzliche Grüße aus Mecklenburg-Vorpommern, Lars.


Timo sagt am 26. Juni 2015

Ein Anleihen-ETF gewichtet meist nach ausstehendem Anleihe-Volumen, d.h. die grössten Schuldner werden am höchsten gewichtet.Macht mich zum Gläubiger der grössten Schuldenmacher. Kaufe ich mir einen €-Land Anleihen ETF bin ich zum größtenTeil in Italien und Spanien investiert. Risikoarm sieht für mich anders aus.
Bei einem ETF auf deutsche Staatsanleihen werde ich gleichzeitig zum Gläubiger und Schuldner. Ich hafte für die Schulden der Regierung und hoffe darauf, daß sie mir genügend Steuern abknöpft, um die Zinsen bedienen zu können. Bei Fälligkeit bekomme ich mein Kapital zurück, indem die Regierung neue Schulden aufnimmt und somit meine Soll-Seite wieder erhöht. Auch nicht prickelnd.
Tagesgeld und Festgeld bieten vielleicht gerade mal Kapitalerhalt, mit dem Risiko, dass das österreichische Beispiel der Abschaffung der staatlichen Einlagensicherung, Schule macht.
Ich persönlich habe mich von der Illusion, es gebe so etwas, wie einen risikolosen/risikoarmen Depot-Anteil, verabschiedet.


Gerhard sagt am 26. Juni 2015

"Anleihen dagegen sind ein ziemlich bösartiges Zeug und nicht so einfach zu verstehen, wie man immer glaubt."
In dieser Aussage und so auf den Punkt gebracht, habe ich das bisher noch nicht gelesen! Aber die vorangehende Beweisführung ist (jedenfalls für mich) schlüssig und einleuchtend. Ich habe bei diesem Artikel viel gelernt und muss sagen, dass ich bei meinen frühen Anlagen (mehr als 15 Jahre her) mit Anleihen ganz offensichtlich nicht ahnte, worauf ich mich dabei eingelassen hatte. Damals ging das gut, aber die Zeiten ändern sich!
Heute verzichte ich weitgehend auf Anleihen und setze eher auf Tages- und Festgeld. Warum?
Bisher hatte ich darauf keine schlüssige Antwort; es war eher ein "Bauchgefühl". Jetzt kann ich das rational begründen. Danke für die "augenöffnende" Lehrstunde!

Liebe Grüße

Gerhard


Phoenix sagt am 26. Juni 2015

"Rentenpapier heißt die Anleihe, weil man sich als Anleger regelmäßige und sichere Zinszahlungen erhofft. Wie bei einer Rente eben."
Uha. Also meines Wissens nach kommt das vom englischen "to rent" - "leihen" und hat mit der "Rente" nichts zu tun.


Covacoro sagt am 27. Juni 2015

Vielen Dank für diesen unterhaltsamen Artikel zur Bondanlage.

Endlich verstehe ich, warum ich als aktiver Anleger mit 70% Aktien und 30% Anleihen (Corporate Bonds) die letzten 10 Jahre so erfolgreich war.

"Ein Teil Trüffelschwein, kombiniert mit einer ordentlichen Portion Sherlock Holmes, abgeschmeckt mit einem Pfund furztrockener, vollkommen humorbefreiter Buchhalter. Neugierig, scharfsinnig, detailversessen sind die passenden Adjektive."

Auf dem Blog von Covacoro gibt es hierzu diesen Artikel: Covacoro


geldexperimente sagt am 28. Juni 2015

"Tagesgeld und Festgeld bieten vielleicht gerade mal Kapitalerhalt, mit dem Risiko, dass das österreichische Beispiel der Abschaffung der staatlichen Einlagensicherung, Schule macht."

Soweit ich weiß, setzen wir nur die EU-Vorgaben um, dass die Banken vorab gemeinsam einen Fonds aufbauen müssen um etwaige Ausgleichszahlungen bis € 100.000,-- im Fall des Falles auch leisten zu können. Bisher war die Einlagensicherung ja nur eine Verpflichtung, die nicht mit Geld hinterlegt war.

Die Einlagensicherung ist ja grundsätzlich diskussionswürdig, weil sie unverantwortlich handelnde Banken einen Vorteil verschafft, weil sie teilweise den Markt ausschaltet, ala ob ich mein Geld einer "guten" oder "schlechten" Bank gebe, ist egal, da ich mein Geld (bis € 100.000) auf jeden Fall zurückbekomme.

ciao,
christian

Auf dem Blog von geldexperimente gibt es hierzu diesen Artikel: geldexperimente


Oli sagt am 28. Juni 2015

Genialer Artikel.


Uwe P. sagt am 29. Juni 2015

Vielen Dank für diesen Aufsatz. Ich habe auch ein paar Anleihen in meinen Anlagen. Zumindest einige davon wurden durch diesen Aufsatz entlarvt:

An die Privatanleger wendet man sich nur, wenn es bei den Profis nicht geklappt hat.

Da ich diese vor paar Jahren erworben hatte, es 6% Zinsen gibt und diese auch gezahlt werden, behalte ich das dennoch. Ich weiß aber jetzt noch deutlicher, dass ich notfalls mit einem Totalausfall leben muss.

Uwe.


Finanzwesir sagt am 29. Juni 2015

@Phoenix:

"Mit einer Anleihe kann der Anleger zwei Arten von Erträgen erwirtschaften: In Form von Zinsen (Rente) (ordentliche Erträge)..."

Siehe Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Verzinsliches_Wertpapier

Rente = alte Bezeichnung für Zinsen. Deshalb hießen die Menschen, die von den Erträgen ihrer Anleihen lebten früher Rentier (http://www.duden.de/rechtschreibung/Rentier_Rentner).

@geldexperimente:

"auch bedingt durch ihre Wahrnehmung als "sicherer Hafen" bei guter Bonität..."

Als deutsche Staatsanleihen noch deutsche Staatsanleihen waren und auf DM lauteten, galt dieser Satz uneingeschränkt. Das steckt auch noch so in den Köpfen der Anleger drin. Ich wollte mit meinem Aufsatz beleuchten, dass in einer deutschen Staatsanleihe mittlerweile eine Menge Europa steckt.
Natürlich hoffen wir alle, dass es so ausgeht, wie Du es beschreibst. Leider wird die Korrelationen der einzelnen Märkte im Internet-Zeitalter immer stärker.
Deshalb würde ich nicht davon ausgehen, dass die Staatsanleihen "zick" machen, wenn die Aktien "zack" machen.

Der Vorteil von Tagesgelds / Sparbriefen ist, das man eine planbare Summe zur Verfügung hat. Es gibt kein Kursrisiko und bei Beträgen unter 100.0000 Euro greift die Einlagensicherung. Hier würde ich - zumindest bei deutschen, niederländischen, britischen und eventuell noch fransösischen Banken - davon ausgehen, das das Geld auch sicher ist. Einfach weil diese Staaten stark genug sind, um eine Garantie geben zu können.

@Uwe P.:
Anleihen sind ja nichts Schlechtes, man darf ihnen nur nicht die Generalabsolution "Du bist sicher." geben ;-) 6% sind doch eine feine Sache und wenn diese 6% dem risikobehafteten Teil des Portfolios zugerechnet werden, paßt es.

Gruß
Finanzwesir


HPM sagt am 23. September 2015

Bevor ich diesen Artikel gelesen habe, wollte ich mir und mein erwachsenen Kindern

iShares Pfandbriefe (DE) WKN: 263526 | ISIN: DE0002635265 | Kategorie: Rentenfonds EUR/EUR hedged als Stabilisator ins Depot legen. Ich lasse es wohl lieber oder bin ich nur verunsichert ?

Ich weiß weder was ein Spammer oder Robot ist. Und, ob ich ein Blogger bin, entzieht sich auch meiner Kenntnis. Aber es muss ja auch dumme Menschen geben. Ich haben den Finanzwesir gestern erst entdeckt und mich spontan registrieren lassen; noch bin ich begeistert aber ausgesprochen misstrauisch.


Finanzwesir sagt am 24. September 2015

Hallo HPM,
der iShares Pfandbriefe ETF bildet den Rentenindex eb.rexx® Jumbo Pfandbriefe (Preisindex) ab. Der ETF bündelt rund 130 Einzelpositionen.Jeder der Jumbo Pfandbriefe hat ein ausstehendes Volumen von mindestens zwei Milliarden Euro und eine Restlaufzeit zwischen 1,5 und 10,5 Jahren.
Eine rein deutsche Sache, keine Währungsrisiken und von der Bonität alles "Investment-Grade", also ein Rating zwischen AAA und BBB. Das klingt erst einmal gut.

Wenn man sich auf der [iShares-Seite](http://www.blackrock.com/de/finanzberater-und-banken/fonds/251778/?referrer=tickerSearch ) umschaut, dann findet man dort unter "Effektivverzinsung per 22.September 2015" die Zahl 0,18%. Das ist eine Verzinsung unterhalb des Tagesgeld-Niveaus.

Zwar liegt der Kupon per 22.September 2015 bei 1,65%. Pro 100 € werden also 1,65% Zinsen gezahlt. Wieso liegt dann die Effektivverzinsung nur bei rund 0,2%?
Weil die Pfandbriegfe so sicher sind, dass die Anleger bereit sind für einen Pfandbrief mt einem Nominalwert von 100 € deutlich mehr zu bezahlen.
Nehemn wir als Beispiel die größte Position des ETF, die Hypothekenbank Frankfurt-Anleihe: 4,375% bis 02.07.2019 mit der ISIN DE000EH1A311.
Diese Anleihe hat einen Kupon (eine Ausschüttung von 4,375%), notiert aber zur Zeit bei 116,19%. Das bedeutet: Anleger sind bereit für eine Anleihe im Nennwert von 100 € die stolze Summe von 116,19 € zu bezahlen. Das drückt die Rendite auf Verfall auf 0,0113%.
Der ETF ist nur aus solchen Anleihen zusammengesetzt und rentiert deshalb natürlich auch eher mau. Wenn man die Transaktionskosten betrachtet, stellt sich die Frage: Warum nicht Tages- oder Festgeld wählen bei einer Bank mit westeuropäischer Einlagensicherung in Euro?

Beste Grüße Finanzwesir

PS: Warum sind Sie misstrauisch?


Florian sagt am 24. November 2015

Lieber Finanzwesir,
danke erst einmal für deine wirklich gut gelungenen Erklärungen.
Eine Anregung zu diesem Beitrag: Hier könnte man noch ein paar Worte zu Stückzinsen, Clean und Dirty Pricing verlieren; das war mit mit das Erste worüber ich gestolpert bin beim Thema Anleihen.
Viele Grüße!


Daniel sagt am 19. Oktober 2016

Hallo zusammen, Ich tue mich immer noch sehr schwer bei der "risikoarmen" Allocation. Die Zinsen sind so am Boden und daher für mich eher weniger rentabel in Anleihen ETF zu investieren. FG ist für mich aus der Schweiz ebenfalls nicht gut realisierbar (hohe Summen +-100k sowie schlechte Verzinsung).

Was wären eure Vorschläge?

Was zu mir:

  • 27 Jahre alt
  • verheiratet
  • Eigenheim in den nächsten 8-10 Jahren kein Thema
  • Familie wird ein Thema werden ;-) (Hoffendlich)

Daher für mich etwas unklar wie hoch der "risikoarme" Teil in etwa sein sollte.
Bin gespannt auf eure Gedankengänge.
LG Daniel


ChrisS sagt am 19. Oktober 2016

@ Daniel

"Daher für mich etwas unklar wie hoch der "risikoarme" Teil in etwa sein sollte."

Der risikoarme Teil sollte so hoch oder niedrig sein, wie es deine Risikotoleranz auf Gesamtportfolio-Ebene eben nötig macht.
Da ist auch keine allzu pauschale oder allgemeine Angelegenheit wo man leicht für andere entscheiden könnte, sondern hängt immer von der individuellen Situation des Einzelnen ab (also wie ausgeprägt deine eigene Risikotoleranz bzw dein persönliches Sicherheitsbedürfnis ist, und desweiteren eben auch, von welchen Anlagen du selbst dir noch am ehesten ebendiese Sicherheit erwartest).

Es geht dabei jedenfalls ziemlich wenig darum, ob die Sicherheitsanlagen jetzt selbst noch mehr oder weniger rentabel sind, das spielt wenn überhaupt nur weit hinter anderen Kriterien eine Rolle.
Für die Rentabilität des gesamten Portfolios sind vor allem die Aktien als der wesentliche langfristige Renditetreiber zuständig - die dabei zwangsläufig auftretenden Schwankungen sollen eben durch das individuell angepasste Beimischen von weniger schwankenden Anlagen auf ein persönlich ertragbares Maß begrenzt werden.
Die Frage kann man also auch andersherum stellen - wie hoch soll denn der "risikoreiche" Teil deines Vermögens sein ? (Konkret gesagt, wieviel Verlustpotential kannst/willst du dabei aushalten).
Wenn du das weißt, ist ja eigentlich auch klar wieviel dann für den Rest des "risikoarmen" Teils noch bleiben muss. Hier auf dem Blog gibt es schon eine ganze Menge guter Artikel die sich über solche Themen wie Asset Allocation und die persönlich angepasste Mischung der verschiedenen Anlageklassen drehen, schau vllt auch in diesen zum Beispiel:
http://www.finanzwesir.com/blog/maximaler-verlust-drawdown-depot


Matthias sagt am 19. Oktober 2016

@Daniel: Du hörst dich nett an. Deine Frau will bestimmt Kinder in den nächsten Jahren. Und dann will sie ins Eigenheim, ein großes Familienauto und in den Urlaub. Überlege es dir gut! Man kann leider nicht alle Wünsche auf einmal erfüllen. Der RK1-Anteil wird in 5 Jahren das geringste Problem sein. Und im Zweifelsfall ist es besser, wenn die Frau glücklich ist.

Das sind meine Gedanken dazu.


Dummerchen sagt am 20. Oktober 2016

Hallo Daniel,

mein Vorschlag wäre, die Realität zu akzeptieren und trotzdem in FG/Anleihen zu investieren. Entscheidend ist eh die Realrendite und diese ist historisch gesehen selten deutlich positiv gewesen. Wenn die Inflation die nominell schön hohen Renditen wieder auffrisst, sieht die höhere Zinszahlung auch nur auf dem Papier gut aus.
Mir persönlich ist es lieber, ich habe in einem Umfeld mit einer Inflationsrate von 0,5% eine Rendite von 0,5% als in einem Umfeld von 3% eine 3%-Rendite. Warum? Ich zahle weniger Steuern auf meine Gewinne.

Vor allem rate ich Dir, nicht die Asset-Klasse für den risikoarmen Anteil zu wechseln - ich habe den Eindruck, dass vereinzelt Anleger auf P2P-Kredite ausweichen, um höhere "Zinsen" zu erhalten.
Der Vorgang "Ich gebe jemandem Geld und erhalte später den Betrag mit Zinsen zurück" mag ähnlich aussehen, das Risiko schätze ich aber ggü. FG/Staatsanleihen deutlich höher ein - ich bin auf die nächste größere Wirtschaftskrise mit massenhaft ausfallenden Krediten gespannt.

"Daher für mich etwas unklar wie hoch der "risikoarme" Teil in etwa sein sollte."

Mich irritiert das Wörtchen "daher" in Deinem Satz. Ich sehe keinen Kausalzusammenhang zwischen der Suche nach einem risikoarmen Investmentvehikel und der Anlagenhöhe.
Die Höhe sollte von Deiner Risikobereitschaft bestimmt werden und nicht von der aktuellen Zinshöhe. Und es gilt NICHT: Je weniger "risikoarm" desto "toller" der Anleger. Geldanlage ist individuell und sollte nicht in einem Vergleich irgendwelcher Körperteile enden.

Wer 100% in Aktien investiert und beim nächsten Crash dann doch nicht bereit ist, dieses Risiko durchzustehen, wäre mit 30% Aktienanteil wohl doch besser gefahren.
Ich selbst habe meine Aktienquote langsam über viele Anlegerjahre gesteigert und mich dabei an meine persönliche Risikobereitschaft herangetastet. Nun beginne sie von einem relativ hohen Niveau langsam aber sicher wieder kontrolliert herunterzufahren.
Es gibt da keine gute Faustformel - rechne Dir aus, wie stark Dein Gesamtvermögen einbricht, wenn der nächste Crash z.B. 50% Deines Aktienvermögens wegfrisst. Je größer der Anleihen/FG-Anteil, desto weniger trifft Dich so ein Einbruch. Womit kannst DU leben?
(Und glaube mir - die Realität ist intensiver als ein 2-Minuten-Gedankenspiel. So eine Krise durchlebt man mitunter mehrere Jahre - hinterher weiß man erst, dass man nur Buchverluste hatte und kann über die Delle im Kursverlauf lachen. Wenn man im Börsental sitzt, fühlt sich das weniger toll an - ich würde mich also als relativ junger Anleger nicht überschätzen.)

LG
Dummerchen


Daniel sagt am 20. Oktober 2016

@Alle:
Herzlichen Dank für die Antworten. Ich finde diesen Blog super und schätze die sehr freundlichen und sachlichen Beiträge.

Ihr habt absolut recht, ich muss mir klar werden wieviel Cashverlust ich kurz/mittelfristig ertrage bei einem Crash.
Ich habe mir in einem Excel meine Werte mal durchgerechnet, ich denke dass ich mit folgendem Risikoverhältnis gut leben könnte wenn Märkte auch mal stark nachlassen ;-)

  • RK1 40%
  • RK3 60%

Im WPF gab es einige Stimmen welche eine höhere RK3 vorschlagen aufgrund meines Alters (28 Jahre). da ich natürlich ein hohes Humankapital habe. Aber eine exakte Definition gibt es nicht, und das ist für mich erstmal wichtig dies für mich definiert zu haben.

LG
Daniel


Felix sagt am 31. Dezember 2016

Hallo an alle,

Ich finde es einen sehr gelungenen Artikel und daher danke für die Mühen. Zum "iShares JPMorgan $ Emerging Markets Bond" würde ich aber gerne was schreiben. Erstens scheint mir die Volatilität nicht besonders hoch zu sein, auch wenn ich nichts berechnet habe. Zudem muss man wissen, dass die Beimischung eines volatilen Assets dafür sorgen kann, dass die Gesamtvolatilität des Portfolios abnimmt. Es kommt also mehr auf die Korrelation der Assets untereinander an und weniger auf die Vola des einzelnen Assets, aber natürlich kann man nicht genau sagen, welche Auswirkungen eine solche Beimischung hat, ohne dass man es kalkuliert hat und auch dann sollte man von der Historie nicht auf die Zukunft schließen. Trotzdem ein sehr interessanter Beitrag.

Liebe Grüße
Felix

Auf dem Blog von Felix gibt es hierzu diesen Artikel: Volatilität


Chris Hodges sagt am 05. Januar 2017

[quote] Banken müssen bei Investitionen in EU-Staatsanleihen im Gegensatz zu Unternehmenskrediten kein Eigenkapital einsetzen.

Das bedeutet: Auf Anordnung der Politik ist ein 100 Millionen Euro schweres Aktienpaket von VW unsicherer als eine 100-Millionen-Euro-Anleihe des griechischen Staates. [/quote]

Ich hab jetzt diesen Absatz vier Mal gelesen, aber mir ist der Zusammenhang nicht klar. Müsste es nicht sicherer statt unsicherer heißen, wenn eben das Aktienpaket mit Eigenkapital hinterlegt werden muss und die EU-Staatsanleihen nicht?


Markus H. aus K. sagt am 05. August 2019

Hallo Zusammen,

ich beschäftige mich seit nunmehr 4 Jahren mit ETF. Im vergangenen Jahr habe ich meine ersten Sparpläne auf den FTSE aufgesetzt. Ich fühle mich mit dem von mir gewählten Set-Up soweit wohl (A12CX1 75% + A1JX51 25%). Soweit alles in Ordnung.

Wir haben derzeit einen hohen Cash-Anteil, welcher ca. 5,8 Haushaltsnettoeinkommen entspricht. Die Sondertilgungen für unsere Immobilie sind ausgeschöpft. Sparpläne für die Kinder sind ebenfalls vorhanden.

Meine Frau hat nun die Möglichkeit, innerhalb der kommenden 3 Jahren, eine Praxis zu übernehmen und sich dort als Medizinerin niederzulassen. Der Plan ist nun, die ca. 3 Haushaltsnettoeinkommen, als Eigenkapital in diese Praxis mit einzubringen. Nun liegt das Geld im Moment einfach nur herum. Eine Einmalanlage in einen meiner ETFs scheint mir nicht der richtige Weg zu sein. Ich brauche das Geld ja innerhalb der nächsten 2-3 Jahre.

Ich spiele mit dem Gedanken dieses Geld in z.B. Vanguard USD Treasury Bond (A143JN) zu parken und diesen dann zu verkaufen.

Daher meine Frage: Ist das Parken von Cash in den A143JN eine sinnvolle Idee? Oder gibt es alternative Anlageformen, die ich noch nicht berücksichtigt haben sollte.

Vielen Dank

Viele Grüße
Markus


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