24. April 2014


Ich investiere mein Geld passiv

Mein persönlicher Ansatz für den passiven Investor:

Schritt 1 ‒ Finanzfeuerwehr aufbauen

Aufbau einer Liquiditätsreserve von 7.000 Euro bis 15.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto.

Schritt 2 ‒ Klären „Wie mutig bin ich?“

Das anzulegende Geld wird in einen risikoarmen und einen risikobehafteten Teil aufgeteilt. Der risikoarme Teil wird in Festgeld, Tagesgeld und Anleihen erstklassiger Schuldner (AAA-Rating), wie beispielsweise in Anleihen der Bundesrepublik Deutschland angelegt. Die bringen zwar kaum die Inflationsrate ein, werden aber praktisch garantiert zurückgezahlt.
Vor 2008 war dieser Teil des Vermögens der „risikolose“ Teil. Zu dieser Bezeichnung kann zumindest ich mich nicht mehr durchringen. Risikoarm, ja. Risikolos, nein. Der risikobehaftete Teil wandert an die Börse und erwirtschaftet dort die Rendite.

Stellt sich die Frage: Wie werden risikoarmer und risikobehafteter Teil gewichtet? Das ist Ihr Individualproblem.
Klären Sie: Was halte ich aus? Kriege ich Schnappatmung, wenn sich mein Gesamtvermögen um 10 % verringert oder kann ich auch einen Kursrückgang von 50 % locker aussitzen?

Wichtig: Das ist keine Macho-Frage, bei der mehr automatisch besser ist, sondern eine Frage nach Ihrem Wohlbefinden. Wer sicherheitsbewusst ist oder beispielsweise aus familiären Gründen sein muss, teilt sein Depot eben anders auf, als jemand, der eine eher robuste Konstitution hat. Es geht hier nicht um richtig oder falsch, sondern darum: „Passt das für Sie?“

Beispielrechnung

Das Gesamtvermögen beträgt 100.000 Euro. Schwankungen bis zu 10 % werden toleriert. Wie viel Euro landen im risikoarmen Teil, wie viel im risikobehafteten Teil? Die Annahme: Wenn es an den Börsen richtig übel wird, ist ein Kursrutsch von 50 % drin. In diesem Szenario wandern 80.000 Euro in den risikoarmen Teil und 20.000 Euro in den risikobehafteten Teil. Wenn sich bei einem Kursrutsch die 20.000 Euro halbieren, dann sinkt das Gesamtvermögen trotzdem nur um 10 % auf 90.000 Euro.

Schritt 3 ‒ Aufbau des Weltportfolios

Der risikobehaftete Anteil wird in ein sogenanntes Weltportfolio investiert. Das Weltportfolio ist ein breit gestreutes Aktienportfolio. Es enthält Firmen der verschiedensten Größen und Branchen aus allen wichtigen Ländern dieser Welt. Die breite Streuung macht das Weltportfolio relativ unempfindlich gegen starke Kursschwankungen, denn wie der Münchner sagt „A bisserl was geht immer.“ Wenn die Branche A in der Region B schwächelt, dann fangen das die Firmen der Branche C in der Region D auf und umgekehrt.
Am schnellsten und kostengünstigsten lässt sich ein Weltportfolio mit zwei Indexfonds abbilden. Der erste Indexfonds bildet den weltweiten Index MSCI World ab, der zweite Indexfonds setzt auf Aktien aus Schwellenländern und bildet den Index MSCI Emerging Markets ab. Eine sinnvolle Aufteilung wäre:

  • 70 % MSCI World, dieser Index umfasst 1.514 Firmen
  • 30 % MSCI Emerging Markets, dieser Index umfasst 827 Firmen

Damit sind Sie weltweit und sehr breit aufgestellt. Ein Wort noch zum Begriff „Schwellenländer“. Damit sind nicht Länder wie Südsudan oder Burkina Faso gemeint, sondern Länder wie die BRIC-Staaten. Brasilien, Russland, Indien und China. Die aktuelle größte Position des EM-Index ist Samsung aus Korea. Wir reden also auch bei den Firmen des Schwellenländer-Index nicht von irgendwelchen putzigen Klitschen, sondern von Namen wie Samsung, Gazprom oder Hyundai.

Mit diesen beiden Indizes erschlagen Sie die gesamte Anlageproblematik. Mehr brauchen Sie nicht.

Wer nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) gewichten will, landet bei vier Indizes: Nordamerika (28 %), Europa (25 %), Pacific (11 %) und Schwellenländer (36 %).

Dabei kommt einem dann aber wieder die Praxis in die Quere. Man braucht ja letztendlich einen Fonds, in den man investieren kann. Dieser Fonds sollte eine gewisse Größe haben und kostengünstig sein.
Nehmen wir als als Beispiel die 28 % Nordamerika. Nordamerika = Kanada + USA + Mexiko. Jetzt find’ mal einen real existierenden Fonds, der genau das abbildet. Die meisten Fondsmanager sagen ‒ nicht zu unrecht - Nordamerika = USA und bieten einen Fonds an, der einen US-amerikanischen Index wie den S&P oder Dow Jones abbildet. Das Gefummel mit Kanada und Mexiko tun die sich einfach nicht an. Und schon ist unsere ganze schöne BIP-Gewichtung hinüber.
Dann fängt man an und sagt „Ok, Nordamerika ohne Kanada und Mexiko, setzen wir zu 24 %, die restlichen Prozente verteilen wir auf die drei anderen Sektoren“.
Kommt der Nächste und sagt: „Nordamerika zu 24 % ist ok, aber ich würde die 4 % bei Europa aufschlagen, schließlich leben wir hier und zahlen unsere Rechnungen in Euro. Da ist es doch nur richtig, Europa überzugewichten.“

Kommt der Dritte und sagt „Nun ja, aber Europa ist nicht gleich Euro. UK, Schweiz und das ölreiche Norwegen haben ihre eigenen Währungen. Da muss man schon differenzieren …“

Und dann differenziert man hin und her und landet letztendlich in der vollkommenen Beliebigkeit. Dabei vergisst man die wirklich wichtigen Punkte:

  1. Gibt es überhaupt real existierende Indexfonds, mit denen man seine Strategie umsetzen kann?
  2. Sind diese auch kostengünstig zu haben? Ein Welt-Index und ein Schwellenland-Index sind Brot-und-Butter-Indizes. Hier herrscht Konkurrenz unter den Anbietern, das hält die Verwaltungskosten, die man an die Fondsgesellschaft zahlt, angenehm niedrig. Draufgeschlagen wird bei den Spezial-Fonds. Dazu kommt, dass diese Dickschiffe immer genug Interessenten finden und deshalb nicht von der Schließung bedroht sind. Ein Indexfonds, der nicht mindestens 30 Millionen Euro verwaltet, hat keine lange Lebenserwartung.

Eine granulare und ausgefuchste Strategie mag auf dem Papier höhere Gewinne versprechen als eine Simpel-Strategie. Sie hat aber einen entscheidenden Nachteil: Man braucht Nischenfonds, um sie umzusetzen und die sind teurer als Standardfonds. Der Deal ist: Möglicherweise überlegene Gewinne in der Zukunft kassieren versus jetzt Gebühren sparen. Wobei Gebührensparen bedeutet: Der Zinseszinseffekt kann früher und stärker wirken. In meinen Augen ein weiterer Vorteil der Einfachstrategie.
Dazu John Bogle, Gründer der Investmentgesellschaft „The Vanguard Group“ und neben Warren Buffett, Peter Lynch und George Soros einer der vier „Finanz-Giganten des 20. Jahrhunderts“:

„Simplicity is the master key to financial success. When there are multiple solutions to a problem, choose the simplest one.“

Der Artikel "Gibt es eine optimale Depotzusammenstellung für Buy-and-hold-Anleger?" zeigt ebenfalls, dass „breit investieren“ nicht bedeutet, ein Sammelsurium von Anlageklassen sein eigen zu nennen.

Welche Fonds kommen infrage?

Die Plattform JustETF listet 12 ETFs auf, die den MSCI World abbilden und 12 ETFs auf den MSCI EM.

Schritt 4 ‒ Finden eines sicheren Hafens

Den risikobehafteten Teil sinnvoll zu investieren war einfach. Doch wie platzieren wir den risikoarmen Teil unseres Geldes in einer Zeit, in der es keine risikolosen Zinsen mehr gibt, sondern nur noch zinsloses Risiko?
Grundsätzlich gilt für alle Investitionen in diesem Bereich: Sie werden sich schwer tun, die Inflation zu schlagen, die Kaufkraft Ihres Geldes wird also sinken. Sehen Sie es als Stabilitätsabgabe. Sie bezahlen dafür, um im Falle eines Falles den Spatz in der Hand zu haben, wenn die Taube auf dem Dach schon lange davon geflogen ist.
Besser, 5 Jahre Inflation zu 2 % haben aus 10.000 Euro 9.000 Euro gemacht, als dass ein Börsencrash 10.000 Euro in 5.000 Euro verwandelt.

Tagesgeld

Bei einer Bank, die dem deutschen oder einem vergleichbaren Einlagensicherungsfonds unterliegt und die dauerhaft gute Zinsen bietet, kann man sein Geld parken.
Meine persönliche Meinung: Ich mache das Zinshopping nicht mehr mit. Drei bis sechs Monate Traumzinsen und dann der Absturz, das ist mir der Aufwand nicht wert. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Unterschied oft nur 0,1 % bis 0,2 % beträgt. Das bedeutet, pro 10.000 Euro Einlage erhalte ich pro Jahr 10 Euro bis 20 Euro mehr. Davon gehen dann noch 25 % Kapitalertragssteuer und der Soli ab. Dafür alle 6 Monate ein neues Konto eröffnen und ein altes schließen und der Aufwand bei der Steuer und den Freistellungsaufträgen? Das lohnt nicht, finde ich. Die ganzen türkischen und estnischen Banken habe ich ‒ für mich ‒ ebenfalls aussortiert. Zwar bieten diese Banken höhere Zinsen, aber sie unterliegen auch nicht dem strengen deutschen Einlagensicherungsfonds.
Da wir hier vom „sicheren Hafen“ sprechen, ist es für mich konzeptionell unsinnig, solche Angebote anzunehmen. Wenn ich bereit bin, ein höheres Risiko zu tragen, dann gehört dieses Geld in den risikobehafteten Pool.

Festgeldleiter

Eine Festgeldleiter, auch Sparbriefleiter genannt, ist eine feine Sache. Wie beim Tagesgeld sucht man sich eine oder mehrere Banken, die dem deutschen Einlagensicherungsfonds angehören, und legt sein Geld dort in mehreren Tranchen an. Da man bei einer Sparbriefleiter sein Geld einer Bank über mehrere Jahre anvertraut, ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass diese Bank zahlungsfähig bleibt.
Angenommen, Sie möchten 25.000 Euro anlegen. Dann teilen Sie das Geld in 5 Tranchen zu je 5.000 Euro und legen die ersten 5.000 Euro für ein Jahr fest, für die nächsten 5.000 Euro kaufen Sie einen zweijährigen Sparbrief und der letzte Sparbrief hat eine Laufzeit von 5 Jahren. In einem Jahr, wenn der Einjährige fällig wird, verlängern Sie Ihre Leiter mit dem Kauf eines weiteren 5-Jahres-Sparbriefes um eine Sprosse.
So bekommen Sie noch halbwegs passable Zinsen und kommen trotzdem jedes Jahr an ein Fünftel Ihrer Ersparnisse.

Deutsche Staatsanleihen oder Pfandbriefe

Als dritte Variante bietet sich der Kauf von Staatsanleihen oder Pfandbriefen an. Sie sollten hier auf Schuldner mit Top-Rating achten, deshalb kommt hier eigentlich nur die Bundesrepublik Deutschland als Schuldner infrage. Da die Zinsen so niedrig sind, empfiehlt es sich nicht, langlaufende Anleihen zu kaufen. Papiere mit einer Restlaufzeit von 1 Jahr bis 5 Jahre wären aktuell das Mittel der Wahl.
Ihre Optionen:

  1. Direktkauf mehrerer Anleihen zwecks Aufbau einer Anleihenleiter (so wie unter Festgeldleiter besprochen). Vorteil: Kostenminimierung und genau die Papiere im Depot, die Sie ausgewählt haben. Nachteil: Sie müssen sich drum kümmern.
  2. Kauf eines Indexfonds (ETF), der in Anleihen mit dieser Laufzeit investiert. Vorteil: Sie bekommen das fertige Paket und müssen nichts mehr tun. Nachteil: Sie zahlen laufende Verwaltungskosten.

Bei JustETF finden Sie einen Überblick, welche ETFs in deutsche Staatsanleihen und Pfandbriefe investieren.

Checkliste richtig investieren

Ihr Grundsatz sei: Mach’s einfach!
Verheddern Sie sich nicht bei der Anzahl der Positionen. Wenn Sie nicht genug Geld haben, um zwei Aktien-ETFs zu besparen, dann schmeißen Sie den Schwellenland-ETF raus und besparen Sie nur den Welt-ETF.
Wenn Ihnen eine Sparbriefleiter nur unwesentlich mehr Geld einbringt als Tagesgeld, dann lassen Sie das Geld auf dem Tagesgeldkonto und verzichten Sie auf die Sparbriefleiter.
Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Die ganzen Optimierungen sehen auf dem Paper immer großartig aus, aber Steuern und Inflation lassen den Zusatzgewinn ordentlich zusammenschnurren. Wenn man dann noch die Arbeitszeit („Schatz, ich muss noch den Freistellungsauftrag für unser XY-Konto fertig machen, wo finde ich die Briefmarken?“) gegenrechnet, dann kommt oft genug ein Minusgeschäft heraus.

Jetzt aber die Checkliste

  1. Solange sparen, bis die Liquiditätsreserve auf dem Tagesgeldkonto groß genug ist.
  2. Risikotoleranz festlegen. Wie sollen sich risikoarmer und risikobehafteter Anteil zueinander verhalten?
  3. Risikobehafteter Anteil
    1. 70 % gehen in einen ETF, der den Index MSCI World abbildet
    2. 30 % gehen in einen ETF, der den Index MSCI Emerging Markets abbildet
  4. Risikoarmer Anteil Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:
    1. Tagesgeld
    2. Festgeld/Sparbrief-Leiter
    3. Anleihen von Schuldnern mit Top-Rating in mittlerer Laufzeit (1 Jahr bis 5 Jahre Restlaufzeit)

Fehlt da nicht was?

Nö, da fehlt nix! Riester, Rürup und den wüstenroten Fuchs würde ich sehr kritisch hinterfragen. Sicher gibt es Fälle, in denen der Abschluss eines solchen Vertrags sinnvoll, weil profitabel, ist. Aber das sind immer Einzelfallentscheidungen, die ich hier im Blog nicht abdecken kann.
Da muss dann mit spitzem Bleistift unter Einbeziehung aller Kosten gerechnet werden.
Das Argument: „Aber das macht man doch so! Mein Bruder/Schwester/Arbeitskollege/Nachbar/Hund hat auch so einen Vertrag abgeschlossen.“ lasse ich nicht gelten. Diese Lemming-Nummer ist noch nie gut ausgegangen. Ich sage: Verstehen und dann selber rechnen, macht reich.

Ein Wort zum Schluss

So stelle ich mir einen sinnvollen Investitionsansatz vor. Wichtig sind hier die Worte ich und mir. Das hier ist mein Beitrag zur Debatte und keineswegs das Patentrezept für finanzielle Glückseligkeit.

Nachtrag

Das Thema alternative Investments wie unternehmerische Beteiligungen an Immobilien-, Schiffs- und Öko-Fonds, Rohstoffe und Sammlungen (Briefmarken, Münzen, etc.) behandelt der Artikel "Alternative Investments".

(awa)

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Abgelegt unter Strategie, Investieren, Weltportfolio, Liquiditätsreserve, ETF, Tagesgeld, Festgeld, Staatsanleihen



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Kommentare

Alex von Reich-mit-Plan.de sagt am 24. April 2014

Hallo Finanzwesir,

zuerstmal, der wüstenrote Fuchs ist von der Schwäbisch Hall ;-) Ansonsten ist deine Übersicht ganz passabel. Allerdings verstehe ich nicht, warum Privatanleger immer wieder Gelder in Produkte angeleen die eine Negativrendite erzielen. Festgeld, Anleihen, Pfandbriefe usw. Wozu? Warum gibt man freiwillig sein Geld wohin, um es später weniger wieder zu bekommen. In dem Fall aufgrund der Negativrendite durch die Inflation. Ist heut zu Tage "sicher", wenn man Zinsen zahlen muss fürs Geld anlegen? Warum werden diese Gelder nicht in defensive Konsumwerte angelegt? Gegessen und getrunken wird doch immer. Das sind die weltweit größten Unternehmen die kontinuierlich ihre Dividenden erhöhen. Unterm Strich vermehrt sich das Geld und wird nicht "hinten rum" weniger. Sicher hat auch hier alles ein gewisses Risiko, aber soll dies so viel höher sein wie bei Pfandbriefen, Anleihen und Co? Da bin ich mir nicht mehr so sicher nach den Erfahrungen der letzten Jahre. Klar wird bei Aktien in schwierigen Börsenphasen immer auf den kleiner gewordenen Aktienkurs geschaut und gejammert, aber die Dividendenerträge bleiben ja stabil (bei den richtigen Unternehmen). Am Ende muss es ja jeder selber wissen, aber das bewußte anlegen von Geldern um einen Verlust zu erzielen, gehört für mich nicht in eine Vermögensplanung.

Gruß Alex

Auf dem Blog von Alex von Reich-mit-Plan.de gibt es hierzu diesen Artikel: Der groe Crash kommt erst noch


Finanzwesir sagt am 25. April 2014

Hallo Alex, danke für Deinen Kommentar. Warum die Menschen trotzdem Geld in Produkte stecken, die eine Negativrendite einbringen? Ich denke, es sind zwei Gründe.

Grund 1 Ich brauche eine bestimmte Summe Geldes definitiv in x Jahren. Wenn x kleiner als 5 Jahre ist, dann kann ich mit dem Geld nicht an die Börse. Dann muß ich versuchen den Inflationsverlust durch Zinszahlungen zu minimieren. Der Verlust ist sozusagen eine Verfügbarkeits-/Liquiditätspämie, die ich zahle um das Geld am Tag X auch wirklich zu haben. Diesen Grund kann ich nachvollziehen. Das ist für mich vernünftige Finanzplanung

Grund 2 Psycholgie! Viele Menschen halten die von Dir beschriebene Vorgehensweise nicht aus. Schon Kostolany wußte "An der Börse sind 2 mal 2 niemals 4, sondern 5 minus 1. Man muß nur die Nerven haben, das minus 1 auszuhalten." Diese Nerven haben die meisten nicht. Deshalb ist es in meinen Augen immer noch besser eine Tagesgeldleiter oder einen Staatsanleihen-ETF zu besitzen, als das Geld gleich in den Konsum zu stecken. Wenn man sich mit der Materie beschäftigt und einen der bessere Durchblick mutiger macht, dann hat kann man immer noch umschichten. Verkonsumiertes Geld ist dagegen für immer weg.

Gruß Finanzwesir


Dummerchen sagt am 30. April 2014

Hallo Finanzwesir, sehr schöne Step-by-Step-Übersicht! Ich teile Deine Auffassungen sowohl zum Aufbau eines sinnvoll strukturierten Depots (Keep it simple) ebenso wie die Einschätzung zu weiteren Produkten (Riester, Rürup, KLV, FLV, BSV, ...). In wenigen Einzelfällen mögen auch diese Produkte ihre Daseinsberechtigung haben - für das Gros halte ich sie auch für wenig förderlich. (Einige Mitbürger haben das Problem, einen Vertrag zu brauchen, um sich selbst einem Sparzwang auszusetzen. Nachvollziehen kann ich das zwar nicht, aber es gibt sie. Dann sind auch langfristige Verträge besser als nichts zu tun. Ich würde es aber erstmal mit "Einsicht" versuchen.)

Bei der Aufteilung World/EM wäre ich nicht zu sehr auf die 70/30-Verteilung fixiert. Ob 90/10 (Marktkapitalisierung), 65/35 (BIP) oder irgendwas dazwischen, spielt wohl eh eine untergeordnete Rolle. Aber Du schreibst ja selbst, ggf. geht's auch erstmal ohne EM.

Auch die von Dir beschriebene Rolle eines risikoarmen Depotanteils kann ich nur unterschreiben und möchte sie noch um einen weiteren Aspekt erweitern. Wer z.B. eine Sparbriefleiter besitzt, kann in Zeiten gefallener Börsenkurse beim Auslaufen eines Sparbriefs gezielt wieder das Verhältnis von risikoarmen zu risikoreichem Anteil zurechtrücken und günstig Aktienanteile (ETFs) nachkaufen. Wer nur aus laufenden Einnahmen nachkaufen kann, weil er zu 100% in Aktien investiert ist, hat diese Gelegenheit so nicht. Mal abgesehen davon, dass man schon ganz schön abgebrüht sein muss, um wirklich zu 100(!)% in Aktien investiert zu sein.

Bei den Anleihen-ETFs sollte vielleicht noch auf eine Besonderheit hingewiesen werden. Wer eine Einzel-Anleihe bis zur Fälligkeit hält, kann beim Kauf schon die Rendite vorhersagen, die er auf jeden Fall erzielen wird. Verkauft er die Anleihe jedoch vorzeitig, sind Kursschwankungen relevant. Einige Anleihen-ETFs halten die Anleihen allerdings nicht bis zum Ende sondern verkaufen früher. Daher würde ich hier nicht grundsätzlich von einem analogen Umsetzung wie bei einer Sparbriefleiter sprechen. Dass der vorzeitige Verkauf sowohl vor- als auch nachteilig sein kann, ist natürlich klar.

Gruß Dummerchen

PS: Dein Blog gefällt mir richtig gut! Mach weiter so! (Schon erstaunlich, wie groß der Kreis finanzbloggender Ingenieure und ingenieursähnlich Tätiger ist. Die Affinität zu Zahlen und die oftmals nüchterne Art der "Spezies" scheint ja geradezu prädestiniert hierfür zu sein ;-)!)


Finanzwesir sagt am 05. Mai 2014

Hallo Dummerchen, dabei würde ich mir - argumentative gut vorgebrachte - Kritik durchaus wünschen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir uns hier in einer klassischen Filter Bubble befinden. Dieser Blog erreicht nur Leute, die sowieso schon von passivem Investieren überzeugt sind. Trader oder Menschen, die ihr Geld in eine Lebensversicherung stecken kommen hier gar nicht vorbei.

Gruß Finanzwesir


Stranger sagt am 12. Juli 2014

Hallo Finanzwesir,

wenn Dir etwas daran liegt, Dich außerhalb Deines Blogs mit (vermeintlich erfolgreichen) Tradern oder finanzaffinen Leuten auseinanderzusetzen, dann schau Dir mal die Kommentare zum Beispiel beim Handelsblatt Online an (hier speziell die zu den Dax-Berichten). Falls ein Marsmensch diese eines Tages mal in die Hände bekommen sollte, dann denkt er, dass es nur erfolgreiche Anleger gab in der heutigen Zeit.

Dann doch lieber Finetuning mit Gleichgesinnten:-)

Viele Grüße Stranger


Finanzwesir sagt am 13. Juli 2014

Hallo Stranger, nee, lieber nicht ;-) Die meisten Trader verlieren nur Geld. Die Privaten gehen still und leise pleite, die Großen verabschieden sich mit einem Knall wie Nick Leeson, der die Barings Bank zugrunde richtete. Das ist mir zu stressig und die Prahlereien in den Foren sind die Zeit nicht wert.

Gruß Finanzwesir


Juanito sagt am 14. Juli 2014

Hallo Finanzwesir,

ich würde ja gerne eine einfache MSCI World ETF-Lösung wählen, aber dann wird das ganze nach ausgiebigen Einlesen dann doch wieder kompliziert.

1) Steuereinfach vs. steuerkompliziert - z.B. ausländischer Teilthesaurierer wie mein präferierter ETF von ishares 2) Physisch replizierend vs. synthetisch - ich möchte Ersteres, scheitere aber an 1)

Die günstigere "Core"-Variante wäre steuerlich Harakiri. Ergo, es gibt aktuell keine gute, einfache Lösung für mich. Eine Kombi aus Stoxx Europe 600 und S&P 500 lässt sich aber schon preiswert und steuereinfach zusammenbauen.

Wie ist Deine Einschätzung dazu?

Danke Juanito


Finanzwesir sagt am 14. Juli 2014

Hallo Juanito, ich habe den iShares MSCI WORLD (WKN: A0HGZR). Den habe ich 2008 gekauft, da war die Auswahl noch etwas eingeschränkt. Was das steuerliche Thema angeht. Für mich sieht das Ranking so aus:

  • geringe Kosten sind das wichtigste Kriterium. Warum? Weil diese Kosten hier uns jetzt auflaufen und bekannt sind. Das ist eine Größe, mit der ich rechnen kann. Alles was ich hier spare geht direkt in meine Kasse.
  • Fondsvolumen > 100 Mio € oder $. Warum? Weil sich der der Fonds dann wirtschaftlich betreiben läßt und - hoffentlich - nicht geschlossen wird.
  • steuerliche Gesichtspunkte. Eher unwichtig. Warum? Weil sich dieser Punkt schneller ändern kann, als einem lieb ist. Der Fonds kann sein Domizil wechseln, die Steuergesetze können sich ändern. Das bedeutet, wenn ich mir heute mit viel Aufwand einen Fonds aussuche, dann kann es sein, daß ich in 2,3 oder auch erst in 10 Jahren doch im Steuerkuddelmuddel lande. Meine Perspektive ist die dabei die von Warren Buffet "Mein liebster Zeithorizont ist: für immer." Wer einen Steuerberater hat, läßt den den Job erledigen. Wer keinen hat, muß sich das einmal ansehen und dann jedes Jahr wiederholen. Es macht Arbeit ja, aber es kann nicht sein, daß eine staatliche Lenkungsmaßnahme meine Investmententscheidung beeinflußt. Zuerst muß immer die Investmententscheidung kommen, der muß sich alles unterordnen. Dann sieht man weiter. Diese Steuernummer wird in meinen Augen auch sehr aufgeblasen. Das ist doch kein Hexenwerk, da reichen die vier Grundrechenarten. Und im Übrigen: Einfach mal beim Finanzamt nachfragen. Das Finanzamt ist laut § 89 Abgabenordnung grundsätzlich zu Auskunft und Beratung verpflichtet. Dabei müssen sie die Steuerpflichtigen zwar nicht auf jede sich bietende Möglichkeit hinweisen, wie sie Steuern sparen können. Bei offenkundigen Fehlern oder Versäumnissen hat das Finanzamt aber geradezu eine Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgern:

Fürsorglicher Fiskus - Zitat § 89 AO

"Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind."

Also: Einfach nett im Finanzamt anrufen und den Sachbearbeiter unbürokratisch bitten mal zu helfen. Das Finanzamt hat ein Interesse daran, daß Du als Steuerpflichtiger einen Steuerbescheid akzeptierst und keinen Widerspruch einlegst. Die wollen das auch vom Tisch haben.

Gruß Finanzwesir


Juanito sagt am 14. Juli 2014

Hallo Finanzwesir,

vielen Dank für Deine schnelle und vor allem umfassende Antwort.

Ich möchte Deinen schönen Blog ungern für Produktfragen nutzen, u.a. weil das immer der letzte Schritt sein sollte, aber da ich nun mal an dem Punkt bin, hoffe ich, dass Du mir noch eine zweite Frage erlaubst.

Wenn man die Steuerproblematik nicht scheut, dann dürfte doch der "neue" Core-ETF auf den MSCI World von ishares einen Blick wert sein. Macht genau das Gleiche, wie der andere, ist thesaurierend und kostet mit einer TER von 0,2% etwas weniger als die Hälfte (WKN A0YBR3).

Da Kosten ein wesentlicher Faktor sind, den ich beeinflussen kann, dann würde doch absolut nichts gegen den Core sprechen oder?

Es muss ja nicht gleich in eine Art "ETF-Hopping" ausarten, aber wenn man beim Portfolioaufbau noch die Wahl hat...

Danke & viele Grüße Juanito


Finanzwesir sagt am 14. Juli 2014

Hallo Juanito, Vorsicht! Die beiden sind ähnlich aber nicht zu 100% identisch. Geh auf die iShares-Seite und vergleich die beiden mal.

Dann siehst Du, daß der Core 1.459 Aktien hält, der "normale" MSCI World aber 1.508 Aktien. Deshalb ist die Top-Aktie Apple im Core mit 1,82% enthalten und im klassichen World nur mit 1,78%. Bei den weiteren Positionen geht das Delta dann immer mehr zurück. Bei GE ist das Verhältnis schon 0,82% / 0,83%. D.h. das nimmt immer weiter ab.

Die Gesamtrendite des Core ist pro Jahr ca 0,1% besser als die des klassischen MSCI World. D.h. das große TER-Delta schlägt nicht voll durch.

iShares gibt an, daß aus $ 10.000, investiert am 11.7.2013 in einem Jahr (Stichtag 11.7.2014) $ 11.819,63 (MSCI classic) bzw. $ 11.828,02 (MSCI core) geworden wären.

Kein so riesiger Unterschied. Schau´s Dir noch mal an und entscheide dann selbst. Denn (so steht´s ja oben im Blog-Header): Das hier ist eine Veranstaltung für Leute, die über ihre Finanzen selbst entscheiden. ;-)

Ich wünsch Dir viel Erfolg. Und bedenke eins: Die optimale Zusammensetzung bekommst Du eh nie. Gut genug reicht und das sind beide Fonds. Dann gilt es nur noch stur Kurs zu halten. Aber darüber habe ich ja auch was im Blog geschrieben.

Gruß Finanzwesir


Juanito sagt am 14. Juli 2014

Hallo Finanzwesir,

Danke für die Antwort und Deinen Vergleich der beiden ETFs. Keine Sorge - bin Selbstentscheider und der (konstruktive) Dialog hier hilft mir sehr weiter.

Vielleicht stolpert ja noch jemand über diese beiden ETFs und hat dann schon mal etwas hier zum nachlesen.

Noch 1-2 Anmerkungen zu Deinem Vergleich:

1) Beide verwenden einen repräsentativen Korb (Sampling/Optimierung) und halten nicht die volle angegebene Aktienanzahl. In der Regel sind das 200-300 Aktien. 2) Der "Core" wurde erst im Juni 2014 auf die 0,2% TER runtergesetzt (im Zuge des Preiskampfes zwischen den Anbietern). Das heisst, es gibt noch nicht ausreichend Werte, um das Durchschlagen der TER sinnvoll zu vergleichen.

Meine aktuelle Überlegung innerhalb meines Entscheidungsprozesses ist einfach, dass beide meine (inhaltlichen) Hauptkriterien erfüllen + leider steuerlich aufwändig sind (kein Unterschied). Der Core würde mich pro 10.000 Euro aber nur 20 Euro p.a. kosten + der "Classic" eben 50 Euro p.a. - bei 20 Jahren+ Anlage sind das mal schlappe 600 Euro pro 10.000 Euro Kostenunterschied (20x50 - 20x20).

Es ist wirklich befreiend zu wissen, dass es keine perfekte Lösung gibt:-)

Viele Grüße Juanito


Finanzwesir sagt am 14. Juli 2014

Hallo Juanito, Du schreibst: 1) Beide verwenden einen repräsentativen Korb (Sampling/Optimierung) und halten nicht die volle angegebene Aktienanzahl. In der Regel sind das 200-300 Aktien.

So wie ich das sehe: Sampling stimmt, aber es sind nicht nur 200 - 300 Aktien im Korb, sondern eigentlich fast alle. Der MSCI World umfaßt laut MSCI Factsheet 1.611 Positionen. Siehe: http://www.msci.com/resources/factsheets/index_fact_sheet/msci-world-index.pdf

Beim klassische MSCI World steht laut iShares unter "Anzahl der Positionen (per 11. Juli 2014)" die Zahl 1.508. Wenn Du Dir das entsprechende CSV runterlädst, siehst Du, dass dort 1.508 Positionen gelistet sind. Das Problem: Excel rundet die irgendwann zu 0,0%. Es fehlen also nur 103 Firmen zum vollständigen MSCI World. Analog gilt das für den Core auch. Nur fehlen hier 152 Positionen.

2) Der “Core” wurde erst im Juni 2014 auf die 0,2% TER runtergesetzt

Das wußte ich nicht. Dann besteht ja noch Hoffnung, daß auch "mein" ETF noch billiger wird. Ich hoffe es schichten genug andere Leute um, so dass iShares sich genötigt sieht hier nachzubessern.

3)... sind das mal schlappe 600 Euro pro 10.000 Euro Kostenunterschied Und da ist der Zinseszinseffekt noch nicht mal drin ;-)

Also denn, go! Das sieht doch alles ganz vernünftig und gut aus. Und was die Zukunft bringt? Wer weiß das schon. Vorn daher: Mach die aktuell bestmögliche Entscheidung und starte damit.

Gruß Finanzwesir


Juanito sagt am 19. Juli 2014

Folgendes steht dazu noch auf der ishares-Webseite:

"Ein voll replizierender ETF kauft in der Regel alle Wertpapiere des zugrunde liegenden Index und hält sie als Fondsvermögen. Manchmal ist es nicht kosteneffizient, alle Wertpapiere des Index zu kaufen (z.B. wenn ein Index nicht sehr liquide ist). In diesen Fällen greift ein als Optimierung bezeichneter Prozess, und es wird nur ein Teil der Wertpapiere im Index gekauft, um die Wertentwicklung exemplarisch nachzubilden. Ein Beispiel für dieses Vorgehen ist der iShares MSCI World UCITS ETF, der etwa 700 Wertpapiere hält, wohingegen der zugrunde liegende Index mehr als 1800 Einzeltitel umfasst."

Wie Du schon sagtest, welche 700 das sind, wird nirgendwo erwähnt.

Ich würde sagen, dass man sich wohl damit zufrieden geben sollte, dass man über einer repräsentative Auswahl annähernd die Wertentwicklung des Index zu einem relativ günstigen Preis bekommt und das "wie" (Optimierung, Wertpapierleihe oder SWAP bei den Synthetischen etc.) leider nicht so optimal & transparent ist, wie es sein sollte.

Da beneide ich die Anleger in den USA, die ja auf diversen Blogs bzw. in Foren (bogleheads etc.) immer wieder die kostengünstigen und einfachen Produkte beschreiben, die ihnen zur Verfügung stehen. Von den steuerlichen Rahmenbedingungen & Förderungen der Altersvorsorge ganz zu schweigen.

Es ist nun mal, wie es ist. Und bevor ich jetzt mit lauter Einzelaktien oder diversen ETFs "meinen MSCI" baue, nehme ich lieber das, was verfügbar ist.

Nochmals vielen Dank, dass Du auf das Thema eingegangen bist!

Sonnige Grüße Juanito


Juanito sagt am 19. Juli 2014

Hallo Finanzwesir,

ich würde gerne noch einen Punkt "nachreichen". Es hat mir doch keine Ruhe gelassen und ich habe mal etwas weiter recherchiert, wie denn ishares genau "optimiert" repliziert.

Auszug aus der Beschreibung der Replikation:

"Der iShares MSCI World ETF macht von der optimierten Replikationsmethode Gebrauch, um die Performance des MSCI World Index nachzubilden. Um die Transaktionskosten in Grenzen zu halten, wird von der optimierten und nicht vollständigen Replikation Gebrauch gemacht. Dabei investiert der ETF in etwa nur die Hälfte der über 1600 Indexmitglieder."

Die Angabe auf deren Website (Anzahl der Aktien) bezieht sich anscheinend auf den Index.

Das macht keinen großen Unterschied und man kann die Dinge sicherlich unendlich kompliziert machen etc. - keines der verfügbaren Produkte ist perfekt und dann nimmt man eben die beste Lösung, die verfügbar ist. Ich wollte aber dennoch wissen, in was man den überhaupt anlegt.

Viele Grüße Juanito


Finanzwesir sagt am 19. Juli 2014

Hallo Juanito,

Die Angabe auf deren Website (Anzahl der Aktien) bezieht sich anscheinend auf den Index.

Hm, das kann auch nicht sein, den auf der MSCI-Site steht, dass der Index 1.611 Positionen umfasst. Deshalb bin ich ja auf die Idee gekommen, es handele sich hier um die Zahl der gesampleten Positionen.

Das kann ja dann nicht sein, nachdem was Du recherchiert hast. Wenn ich mir die CSV-Datei des ishares MSCI World A0HGZR herunterlade, so hat dieses Sheet 1.509 Positionen. So steht es auch auf der Web-Site. D.h. iShares nimmt schon von Beginn an nicht den Gesamtindex als Maßstab. 75 Positionen dieser Auflistung sind 0%-Positionen. Wenn aber iShares auf ca. 50% samplet, bedeutet das, dass nicht nur diese Positionen nicht im Fonds enthalten sind, sondern auch noch sehr viele andere. Ich vermute der Longtail der 0,01%- und 0,02%-Positionen entfällt ebenfalls. Da stellt sich natürlich die Frage: Wo zieht iShares den Schlussstrich? Ist es legitim zu vermuten, dass die ersten 754 Firmen im Index enthalten sind? Das wären 50%. Oder sind es nur 730 Firmen oder doch 800? Diese 50% beziehen sich auf die 1.509 Positionen, mit denen iShares anfängt und nicht auf den von MSCI angegebenen Umfang.

Dazu habe ich nichts gefunden. Letztendlich bedeutet das: Blackbox - man weiß nicht zu hundert Prozent, in welche Firmen man investiert. Soviel zum Thema "Tranzparenz im Finanzbusiness".

Gruß Finanzwesir


Finanzwesir sagt am 20. Juli 2014

Hallo Juanito,

Es ist nun mal, wie es ist. Und bevor ich jetzt mit lauter Einzelaktien oder diversen ETFs “meinen MSCI” baue, nehme ich lieber das, was verfügbar ist.

Das sehe ich auch so. Ich möchte die Sachen verstehen, dann weiß ich auch, wo ich in der Praxis von der Ideallinie abweichen muß, einfach weil es kein Produkt gibt, mit dem ich meine Strategie umsetzen kann. Dann ist das aber eine informierte Entscheidung und ich weiß, worauf ich verzichte.

Nochmals vielen Dank, dass Du auf das Thema eingegangen bist!


Reinsch sagt am 28. August 2015

Irgendwo hatte der Wesir doch letztens mal eine Grafik gepostet, wo die Rendite einiger Branchen, Anleihen, Rohstoffe etc. jährlich in Ranglisten geordnet war.

Fazit: Quasi jede Branche war in einigen Jahren an der Spitze, in anderen am unteren Ende. Der "gesunde Mix" hingegen war immer im vorderen Drittel dabei, wenn auch nie auf dem Spitzenplatz.

Von daher würde ich nur auf die Branchen-ETFs gehen wenn du wirklich gezielt auf eine Branche gehen willst, oder aus z.B. moralischen Gründen einzelne unbedingt ausschließen willst.


Finanzwesir sagt am 28. August 2015

Hallo Patrick,
der MSCI World besteht aus 10 Sektoren. Du kannst jeden Sektor auch einzeln erwerben. Aktuell sind Finanzinstitute mit gut 20% gewichtet, Gesundheit mit knapp 14% und Versorger mit stellen mit 3% die kleinste Fraktion dar.
Dieses Verhältnis ändert sich laufend. Willst Du das dann rebalancen?

Punkt 2: Diese Sektoren sind nicht nach moralischen Kriterien aufgebaut. Das bedeutet es gibt die Sektoren Rüstung oder Rauchen nicht. Ich vermute, die Rüstung steckt im Industriesektor und die Raucher findet man in einem der beiden Konsumgüter-Sektoren.

Ich sehe da vor allem operative Probleme. Wie gewichtest Du und wie hälst Du diese Gewichtung konstant. Wenn Du den ganzen MSCI World kaufst, dann passiert eine etwaige Neugewichtung automatisch innerhalb des Fonds. Das kostst Dich weder Zeit noch Geld.

Ansonsten stimme ich Reinsch zu: Bloß weil etwas die letzten 20 Jahre schlecht gelaufen ist, muss das nicht so bleiben und umgekehrt.

Mir persönlich wäre das viel zu viel operativer Aufwand. Auch weil man eben nicht nach ethisch/moralischen Kriterien vorgehen kann.

Gruß
Finanzwesir


Nicolas sagt am 28. August 2015

Hallo Finanzwesir,

in dem oben stehenden Kommentaren aus dem letzten Jahr wurde auch das Thema Kosten und TER als wesentliches Auswahlkriterium betrachtet. Finanztip hat nun am Beispiel eines Vergleichs der ETFs auf den MSCI World herausgefunden:

  • "Verwaltungskosten,... sogenannte Total Expense Ratio (TER) ..." sind "kein geeignetes Auswahlkriterium"
  • "Der Vermögensverwalter Robeco konnte in einer Studie keinen klaren Zusammenhang zwischen Verwaltungskosten und ETF-Rendite entdecken" (http://www.finanztip.de/indexfonds-etf/etf-vergleich/)

Steigern hier Verleiherträge oder sonstige Einnahmen der Fondsgesellschaften, die durch das Eingehen von Risiken generiert werden, die Rendite?

Wie schätzen Sie das ein?

Grüße
Nicolas


Linke sagt am 19. Januar 2016

Hallo Finanzwesir,

interessanter Artikel =), vielleicht noch ergänzend - sollte man sich Gedanken machen wie man rebalancen möchte. Durch unterschiedlich starkes Wachstum ändert sich die Risikoverteilung über die Zeit.

Eins verstehe ich noch nicht so ganz. Hier wird häufig über das TER des ETFs gesprochen. Ist der Tracking-Error eines ETFs doch im Bezug zu seinen Vergleichindex nahe 0 sind die Kosten doch egal. Ein ETF verdient ja auch Geld z.B. durch das Verleihen eines teils seines Warenkorbs und verrechnet das mit seinen Aufwendungen. Oder sehe ich da was falsch? :)

Beste Grüße

Philipp


Dummerchen sagt am 27. Januar 2016

Hallo Stefan,

vom 3%-Signal-System höre ich zum ersten Mal. Woher kommen die 3%? Langfristige durchschnittliche Rendite von SmallCaps? Dass SmallCaps zwar langfristig höhere Renditen versprechen als LargeCaps, dafür aber auch längere Phasen der Underperformance haben, weißt Du? Man braucht also Sitzfleisch.
Ich stelle mir ganz praktisch vor, was in einem Jahr passiert, in dem die Rendite der SmallCaps einfach mal 0% ist. Du schichtest viermal 3% um. Am Ende des Jahres ist dann rund 90% im SmallCaps-Anteil und 10% im Anleihenanteil. Wiederholt sich das ganze um ein weiteres Jahr, ist der komplette Teil des Portfolios in Aktien. Ist das der Plan?

Ich persönlich kann mit der extremen Übergewichtung von SmallCaps ggü. dem Gesamtmarkt wenig anfangen und halte das System für einen Börseneinsteiger für wenig geeignet.
Du hast kaum Erfahrungen mit den Schwankungen und wirst erfahrungsgemäß hauptsächlich von den großen Indizes (S&P500, Dax, Stoxx 600, Nikkei) medial informiert und während diese steigen, kann Dein Depot trotzdem in die Miesen rauschen - stehst Du das nervlich durch?

Lieben Gruß
Dummerchen


Michael sagt am 28. Januar 2016

@Stefan

http://jasonkelly.com/books/3sig/: The 3% Signal is an investing plan that beats the general stock market by moving money into or out of a stock fund once per quarter based on the price of the fund only. When the fund grows 3% in a quarter, the investor does nothing. When it grows more than 3%, the investor sells the surplus profit and moves it into a safe bond fund. When it grows less than 3% or falls in value, the investor uses money from the safe bond fund to buy the stock fund up to the 3% growth line.

Bei "moving money into or out of a stock fund" kann man eigentlich aufhören zu lesen. Da braucht man nicht nur Sitzfleisch, sondern produziert auch noch regelmäßig (unnötige?) Gebühren. Dann lieber das Geld nur in ein/zwei ETF stecken und nicht mehr anfassen. Ob sich die "safe bond fund" z.Z. lohnen? Fest/Tagesgeld tuts da glaub' ich auch.

Gruß
Michael


Barbaz sagt am 29. Januar 2016

Ich habe dieses 3% Dingens grade mal mit den Daten vom MSCI NA SC ab 93 durchgespielt. Als "safe bond fund" hab ich ein Tagesgeld mit durchgängig 2% pa genommen. Gebühren und erhöhte Kreditzinsen habe ich NICHT berücksichtigt.

Im Mittel ist man mit 91% in SC investiert. Gegenüber einer 90/10 Aufteilung ohne Rebalancing erreicht man über die gesamte Zeit ca 110%-Punkte (15%) mehr Rendite (740% vs 850%). Insgesamt rutschte das Tagesgeld 6 mal ins negative, am längsten von März 2008 bis November 2010. Im März 2009 wäre man zu 215% in SC investiert gewesen (dh mehr als die Hälfte des Vermögens sind Schulden).

Also nichts gegen etwas an den Markt angepasstes antizyklisches Investieren, aber ... neee.


Chris sagt am 29. Januar 2016

@Stefan

Noch nie was von diesem 3%-System gehört, lol watt es nich alles so gibt...
Interessant wie man damit anscheinend 336 Seiten füllen und ein ganzes Buch damit verkaufen kann ^^

Wenn du sagst das du von Excel noch wenig Ahnung hast, würd ich das aber schnell mal ändern, denn im Gegensatz zur simplen statischen Allokation, die man fast noch im Kopf ausrechnen kann, braucht man dafür schon ein paar weitere Rechenschritte, und eben am besten eine Tabelle um nicht den Überblick zu verlieren.

Höhere Komplexität verspricht vielleicht bessere Performance, hat aber auch immer das Risiko, dass es schwerer ist sich langfristig auch wirklich an das System zu halten (bzw. man versucht ist, an den vielen Variablen eigenständig herumzudoktern).

Was die Performance des Systems angeht, steht doch auf der Seite was ( http://jasonkelly.com/resources/strategies/ , http://www.jasonkelly.com/worksheets/Mark%27s%20Plan%20from%20Chapter%207%20of%20The%203%25%20Signal%20by%20Jason%20Kelly.pdf ). Inwiefern das (a) glaubhaft und (b) für uns replizierbar ist, musst du selber beurteilen. Wir Deutschen haben z.b. keine steuerfreien Altersvorsorge-Depots wie die Amis, nicht genau die gleichen Anlageprodukte und unsere Handelsgebührenstruktur ist auch eine andere.

Gerade wenn du sagst, noch am Anfang des Berufslebens zu stehen, sehe ich da als ersten Kritikpunkt, dass du bei einem kleinen Depot erstmal u.U. nur Kleinstbeträge sinnlos hin- und herschiebst.
Bei einem 10.000€ Depot (aufgeteilt auf 80% Aktien, 20% Anleihen) würdest du zum Beispiel, wenn sich der Aktienteil im Quartal nur 2% statt der "angepeilten" 3% entwickelt hat, für nur 80 Euro Anteile von den Anleihen verkaufen und den Aktien nachkaufen.
Wenn dazu noch, wie bei den großen deutschen Standartbrokern, eine Transaktion jeweils mindestens 10 Euro kostet, ist das ein Ausdruck dessen, wofür das Sprichwort "hin und her macht Taschen leer" erfunden wurde.

Nach mehreren Jahrzehnten wirst du, wenn du das System konsequent durchgezogen hast, vielleicht einen Mehrwert gegenüber dem simplen statischen B&H(+rebalance) sehen, aber der Weg dahin ist erstmal etwas mühseliger. Keine Ahnung ob du dir das antun willst.

Ein weiteres Problem (Barbaz hats schon angesprochen) wird sein, wenn die Aktien zu lang und zu stark abkacken, wird auch bald der Anleihe-Teil aus dem du sie "zufütterst" aufgebraucht sein.
Wie eben 2008 passiert. Dann ist dein Aktienanteil 100% und deine Anleihen bei 0%. Weiter gehts dann eigentlich nicht mehr. Um das System in seiner Reinform weiterzubetreiben, müsste man also entweder ins "Negative" gehn (Kredit nehmen um neue Anleiheanteile kaufen zu können), oder (wie es Kelly gemacht hat, siehe Transaktionsliste) das Zukauf-System quasi "aussetzen" bis es wieder eine Quartals-Aktienrendite von über 3% gibt, von der man den Überschuss wegnimmt und wieder in Anleihen investieren kann.
Gut, zugegeben, im System sind auch regelmäßige frische Einzahlungen von Sparüberschuss-Geld auf den Anleihe-Anteil vorgesehen, was die Sache etwas verbessert, aber je nachdem wie niedrig die Raten sind, hilft auch dass nicht und das System kommt an /bzw überschreitet seine Grenzen.

Wenn du das System benutzen willst, musst du es zuerst wirklich verstehen. Und um es zu verstehen, kommst du nicht umhin es in Excel zu programmieren.

  • Hol dir von den Produktanbietern die Kursdatenbank von den zwei ETFs die du benutzen willst (beispielsweise einen MSCI World und einen Euro Aggregate Bond)
  • Erstelle daraus eine Liste der jeweiligen Quartalsrenditen
  • Gib einen Anfangswertbestand (z.b. 10.000€) und eine Verteilung (z.b. 80% Aktien / 20% Anleihen) an und rechne die Wertentwicklung für beide ETFs aus - MIT der Bedingung, dass der Differenzbetrag (um auf +3% Aktienwertentwicklung zu kommen) jeweils vom Anleiheanteil zu- oder abgeschlagen wird. Dazu ist es auch nötig, den Betrag wieder in ETF-Anteile umzurechnen, die gehandelt werden.
  • Baue darüber hinaus noch die Funktion ein, dass jedes Quartal auch noch zusätzlich eine bestimmte Summe X auf den Anleihe-ETF von aussen frisch dazuinvestiert wird
  • Achja und baue die Ausnahmeregel ein, dass der Anleiheanteil nicht negativ werden darf, sondern dass System da einfach "aussetzt"
  • Für wirklich praxistaugliche Ergebnisse tue darüber hinaus auch noch Transaktionskosten und Steuerabzüge/rückstattungen mit einbauen

Wenn du diese kleine Arbeit (ich hab das Spreadsheet dafür in ca 10 min zusammengezimmert) nicht machen kannst oder willst, würde ich dir nicht raten darin zu investieren, weil es dann nicht beherrschbar/verständlich ist und man sich deshalb wahrscheinlich auch in der nächsten Krise nicht dran halten kann.

Die "simple" Methode, einfach 80% Aktien, 20% Anleihen (oder Tagesgeld etc.) zu halten und nur einmal im Jahr wieder auf die Ausgangsgewichtung zurückzubalancen, ist vielleicht nicht so "sexy" wie dieses etwas esoterischere 3% System, aber dafür braucht man eben auch kein Excel und du kannst es leichter nachvollziehen (und damit auch langfristig befolgend umsetzen).
Und dir kann beim klassischen Rebalancing nicht einfach so stellenweise das (Anleihe)Geld "ausgehen".


Stefan sagt am 02. Februar 2016

Hallo Community,

vielen Dank für die Antworten! Ich war mir nicht ganz sicher wie gut/schlecht das 3%-System ist, v.a. da es für den amerikanischen Anleger geschrieben ist, deswegen auch die Nachfrage in diesem Forum :), und die hat sich gelohnt.

Sympathisch fand ich daran, dass der Faktor des antizyklischen investierens automatisch mit eingebaut ist. Aber der Kostenfaktor für das quartalsweise Rebalancing ist natürlich nicht von der Hand zu weisen.

Ich habe ein bisschen Hausaufgaben vor mir (Danke @Chris: "erst verstehen, dann investieren"), und bedanke mich nochmals für die ganzen Antworten.

Gruß
Stefan


Gurki sagt am 18. Februar 2016

Hallo Finanzwesir,

was ist eigentlich mit dem Europa-Anteil? Da gibt es doch auch den Europe 600 STOXX ETF.
Momentan investiere ich zu 70% in den World und 30% in den EM. Bin aber am überlegen nicht doch auch noch in einen EU ETF zu investieren, da der World ja stark USA-lastig ist.
Ich würde dann auf folgende Prozentzahlen gehen: World 50%, EM 30%, EU 20% - Also aus der zweier Kombi, mach eine 3er ETF-Kombi. Sinnvoll oder eher nicht sinnvoll?


chaostrader sagt am 18. Februar 2016

Es hat ja schon seinen Grund, warum die USA über 50% des MSCI World ausmachen.
Wenn du jetzt 20% EU extra kaufst, wird damit die EU überrepräsentiert. Warum willst du das machen? Und für wie lange?


Chris sagt am 18. Februar 2016

@Gurki

Europa ist auch schon zu etwa 30% mit im MSCI World enthalten, holst du dir dazu nochmal extra einen dezidierten EU-ETF dazu, wirst du einige Überschneidungen (mindert die Diversifikation) und bewusste Übergewichtungen haben.

Ich meine, das kann man ja von mir aus gern machen, wenn man sich von einer bestimmten Region (oder Branche etc.) besonders attraktive Zukunftsaussichten verspricht, aber auch dabei drängt sich mir unser oller Kontinent nicht unbedingt als erster Gedanke auf ;-)

Die Verteilungsverhältnisse im MSCI World sind ja nunmal durch die Marktkapitalisierungsgewichtung so zustande gekommen. Also letztendlich die historisch entwickelte Meinung aller Marktteilnehmer zusammen. Wer eine davon abweichende Meinung hat, kann damit langfristig besser oder schlechter liegen (in den letzten Jahren liefen Amis zB. besser als der Rest der Welt), aber ich selbst würde das nicht unbedingt machen, solange ich meine Meinung zumindest nicht besser begründen könnte als "och im MSCI World sind mir aber gefühlt schon zuviele Amis drinne".

Wenn man schon individuell an der Regionen-Gewichtung herumdoktern will, warum nicht gleich nur Regionen-ETFs benutzen statt World ? Hol dir jeweils ETFs für Amerika (SP500 gibts zB schon extrem günstig ab 0,05% TER), Europa, developed Asien/Pazifik und die Schwellenländer. Da kannst du die Verteilung ganz nach eigenem Gutdünken austarieren, ohne gleichzeitig unnötige Überschneidungen einzugehen, und langfristig durch das Rebalancing die unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung der einzelnen Regionen antizyklisch glättend ausgleichen. Ansonsten lies auch nochmal, was der Wesir schon zu Sinn und Unsinn verschiedener ETF-Aufstellungen (von einfach bis komplex) geschrieben hat http://www.finanzwesir.com/blog/etf-index-rendite-vergleich


Der Finanzfisch sagt am 21. Februar 2016

Hallo Finanzwesir, der Beitrag war wirklich interessant für mich. Die Festgeldleiter klingt interessant. Das werde ich wohl bald mal in Angriff nehmen.

Aktuell beschränke ich mich noch auf eine Kombination aus Tagesgeld und ETF-Sparplänen. Die Basis bilden auch bei mir eine Mischung aus MSCI World und Emerging Markets ETF.

Meine Reserve auf dem Tagesgeld ist allerdings deutlich niedriger. Allerdings bin ich auch ledig, habe kein Auto und kaum Risiken, die ich im Notfall wuppen muss. Deshalb sind es bei mir nur zwischen 5000 und 10000€.

Meine ETF-Aufteilung habe ich auch in meinem Blog nieder geschrieben.

Auf dem Blog von Der Finanzfisch gibt es hierzu diesen Artikel: ETFs Teil 2: Jetzt aber richtig!


Matthias sagt am 21. Mai 2016

Hallo zusammen, meine Bank hat mir gestern einen Brief gesendet und mitgeteilt, dass die BlackRock Asset Management Ireland eine Änderung des Verwaltungsreglements für die ETFs A0HGWC und A0HGV0 zum 23.05.2016 vornehmen wird. Näheres kann auf iShares.com eingesehen werden. Ich finde keine verständlichen Informationen. Kann jemand von euch erklären, worum es hier geht? Danke!


ChrisS sagt am 23. Mai 2016

@Matthias:

schau mal ganz unten in der Mittelung nach. Die ETFs mit DE-ISIN werden auf IE-ISIN überführt.
Das sollte normalerweise nichts weltbewegendes sein, und als kleiner Privatanleger kriegt man von solchen Vorgängen im Hintergrund ja auch nicht viel mit.


Sabinchen sagt am 23. Mai 2016

@Matthias Könnte sich um https://www.ishares.com/de/individual/de/literature/fund-announcement/ishares-plc-rns-scheme-of-arrangements-de-de-rc-fund-announcement.pdf handeln. Erklären kann ich es aber nicht.


Matthias sagt am 23. Mai 2016

@ChrisS und Sabinchen:

Danke euch. Es wird wohl tatsächlich um die Umstellung von DE-ISIN auf IE-ISIN gehen.
Klingt nicht besonders aufregend, obwohl ich das inhaltlich nicht bewerten kann.

Merkwürdig fand ich nur den "Standardsatz" meiner Bank am Ende der Mitteilung, die besagt, dass ich die betroffenen Fonds verkaufen kann, wenn ich damit nicht einverstanden bin. Das hat mich etwas hellhörig gemacht, da ETFs sowieso, also unabhängig von ggf. stattfindenden Änderungen des Verwaltungsreglements, jederzeit verkauft werden können.


ChrisS sagt am 23. Mai 2016

@Matthias

"Merkwürdig fand ich nur den "Standardsatz" meiner Bank am Ende der Mitteilung, die besagt, dass ich die betroffenen Fonds verkaufen kann, wenn ich damit nicht einverstanden bin. Das hat mich etwas hellhörig gemacht, da ETFs sowieso, also unabhängig von ggf. stattfindenden Änderungen des Verwaltungsreglements, jederzeit verkauft werden können."

Das steht generell bei so ziemlich allen solchen Mittelungen dabei, Standard eben, ist wohl auch rechtlich so vorgeschrieben - damit es eben ja keiner "vergisst" , dass man sich, wenn einem die Änderungen nicht gefallen, auch vom Produkt trennen kann.
Gibt ja auch einige "wesentlichere" Änderungen, bei denen tatsächlich Handlungsbedarf bestehen könnte (wenn zB. ein ETF mal den zugrundeliegenden Index wechselt, oder von ausschüttend auf thesaurierend umstellt, und so weiter, alles schon vorgekommen).

Zu diesem speziellen Vorgang hier nochmal ein Zitat von iShares:

"„In diesem Zusammenhang findet über Wertpapiermitteilung ein Tausch der ISINs statt, welcher vollautomatisiert erfolgt. Bei diesem Tausch handelt es sich um eine steuer-neutrale Umbuchung von der alten DE-ISIN in die neue IE-ISIN. An der Struktur des ETFs ändert sich nichts, durch die neue ISIN wird lediglich das Clearing und Settlement für uns und alle Marktteilnehmer vereinfacht“, teilt iShares mit."


Christopher sagt am 16. Juli 2016

Ein gelungener Artikel zu einem einfachen und robusten Investitionsansatz. Ich denke ein Weltportfolio ist genau das Richtige für die meisten Leute, da man nicht viel Zeit in Planung und Umsetzung stecken muss.

Ich möchte mich hier mit einem kleinen Beitrag einbringen: Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich ein typisches Weltportfolio - 50 % MSCI World, 20 % MSCI EM und 30 % Renten - über die letzten Jahrzehnte für einen Privatanleger tatsächlich entwickelt hätte, habe ich eine Simulation ("Backtest") aufgesetzt. Das Besondere: Ich berechne unter anderem die tatsächliche Netto-Wertentwicklung (d.h. was landet bei Verkauf aller ETFs tatsächlich auf dem Konto?) unter Berücksichtigung von Transaktionskosten, Steuern (für ein Modell des momentan gültigen Steuerrechts, inkl. Verlustverrechnungstopf), Geld-Brief-Spanne, etc.

Ich selbst war eine ganze Weile auf der Suche nach entsprechenden Informationsquellen (solcher Simulationen), man findet nichts, also habe ich selbst etwas programmiert. Es hat sich herausgestellt, dass es wichtig ist, all diese Faktoren (vor allem Steuern!) zu berücksichtigen, da die Ergebnisse ohne die Berücksichtigung dieser Faktoren zu drastisch höheren - aber realitätsfernen - Erwartungen an die Netto-Wertentwicklung führen.

Natürlich ist die Wertentwicklung in der Vergangenheit kein Garant für ähnliche Ergebnisse in der Zukunft, aber man sollte ein Gefühl dafür haben, was typischerweise möglich ist.

Viele Grüße,
Christopher

Auf dem Blog von Christopher gibt es hierzu diesen Artikel: Das Weltportfolio


Leser sagt am 25. Juli 2016

@ Stefan: Siehe "Schritt 1": Aufbau einer Liquiditätsreserve von 7.000 Euro bis 15.000 (oder ca. 6 Netto-Einkommen) Euro auf dem Tagesgeldkonto.

Die Liquiditätsreserve ist kein Teil des Portfolio/Depot. Das Portfolio/Depot wird in Risikoklassen aufgeteilt.

Ob dein risikoarmer Anteil nun in Tagesgeld, Staatsanleihen, Pfandbriefen oder Sparbriefen liegt, bleibt dir überlassen (Einlagensicherung beachten).


ChrisS sagt am 25. Juli 2016

@Stefan,

mhm irgendwie hatten wir das Thema letztens schon an anderer Stelle im Blog behandelt, leider weiß ich aber nicht wie ich auf einzelne Kommentare verlinken kann, so wiederhol' ich halt mal das wesentliche:

Für Anfänger würde ich eigentlich empfehlen, den Notgroschen vom sonstigen Investmentportfolio erstmal direkt zu trennen, gedanklich und praktisch durch ein eigenes Konto.
Denn, wir erinnern uns, was ist denn überhaupt der Sinn davon ? Unvorhergesehene, kurzfristige Eventualitäten und Notlagen schnell und unkompliziert überbrücken zu können (Liquidität eben) ohne in die Schulden geraten zu müssen (wenn man überhaupt keine Rücklagen hat), oder gezwungen zu sein Investmentkapital ungewollt zu veräussern (wenn man es darin gesteckt hat).
Natürlich kann man es auch gemeinsam im RK1-Anteil mit unterordnen, allerdings sollte man dann auch weiterhin immer gedanklich klar trennen können, wieviel Prozent davon zum Investment gehören (also zB. bei Rebalancing betrachtet werden können), und welcher Anteil davon als Notreserve stets gesockelt vorgehalten werden sollte.
Die genaue Höhe der Reserve entspricht dabei, abseits aller x-Monatsgehälter Daumenregeln, in der Praxis meist immer nur dem jeweils individuellen Sicherheitsbedürfnis, Ansprüchen und Lebenssituationen der Leute. Natürlich gehören zB. deine 15k€ bei einer allgemeinen Vermögensaufstellung mit aufgelistet, in welche Kategorie genau (eigener Bereich "NR" oder anteilig RK1) ist dir überlassen was für dich übersichtlicher ist, und am Ende auch nicht so wichtig wie das eigentlich Entscheidende daran: dass die 15k auch immer dann verfügbar sind, wenn du sie eben mal brauchst :-)


Finanzwesir sagt am 26. Juli 2016

Hallo Stefan,
Leser und ChrisS haben alles gesagt, was Du wissen mußt. Ich schließe mich dem an ;-)
Danke Jungs, fürs Antworten.

Gruß
Finanzwesir


Tobi sagt am 11. Oktober 2016

| Hallo zusammen!

Hm. Jetzt habe ich dieses Jahr fein mein 70/30 MSCI World / MSCI EM ETF (ETF110/ETF127) Depot mit Sparplänen bei der Comdirect gestartet - nun soll der Comstage Bereich von der Commerzbank verkauft werden.
Wie würdet ihr euch verhalten?
Die Comstage ETF habe ich aufgrund der extrem günstigen TER gewählt, der nächste, liquide ETF ist von dbxtrackers mit TER 0,4 mehr... ärgerlich.

Wie würdet ihr euch verhalten? Laufen lassen, bis klar ist, wer Comstage übernimmt?

Lieben Gruß und Danke
Tobi


ChrisS sagt am 12. Oktober 2016

@ Tobi

"Wie würdet ihr euch verhalten? Laufen lassen, bis klar ist, wer Comstage übernimmt?"

Mhm schauen wir erstmal an was die Comstage selbst dazu sagt: http://www.comstage.de/News/PressArticles.aspx?c=94576

Eine neue Gesellschaft ist dafür geplant, die auch 100%ige Tochter der Commerzbank sein wird - so wie die Comstage eigentlich jetzt schon, aber haja die werden schon wissen was die sich dabei gedacht haben und solche Organisationsstruktur-Spielchen sind eh oberhalb meines Dienstgrades :-D
Für Comstage-ETF Kunden soll sich jedenfalls nichts wesentliches ändern, irgendwann wird halt mal ein neuer Name draufgestempelt, aber ansonsten läuft alles weiter wie gehabt und es gibt keinen Anlass zur Sorge....
tja, gut dass kannst du denen nun entweder so glauben oder halt nicht, musst du selbst entscheiden ob du lieber einfach "laufen lassen" willst, oder dich auch schon mal gleichzeitig schon lieber den nächst-bestmöglichen Alternativen umsiehst.


Dummerchen sagt am 12. Oktober 2016

Hallo Tobi,
das wird nicht das letzte mal sein, dass irgendwas anders läuft als von dir erwartet. So ist das Leben eines Anlegers.

Da ich bezüglich Comstage in der gleichen Lage wie du bin, kann ich deine Irritation verstehen. Solange mir nicht klar ist, was das ganze denn konkret bedeutet, halte ich die Füße still. Ich harre der Dinge. Im schlimmsten Fall werden die ETFs wieder verkauft und in andere ETFs investiert. Alles halb so wild.

Liebe Grüße
Dummerchen


Leser sagt am 13. Oktober 2016

@ Tobi:
Laufen lassen, solange du damit zufrieden bist. Ist doch wumpe, wer das übernimmt; deine Kohle zählt zum Sondervermögen.

Bedenke aber bei der Auswahl eines ETF nicht nur die TER; die Trackingdifferenz ist wichtig.
Ein ETF mit höherer TER kann von der Gesamtrendite besser performen als ein Konkurrent mit kleinerer TER, wenn er den Index genauer trackt und via Wertpapierleihe erfolgreich Kosten drückt.


michiX sagt am 13. Oktober 2016

hallo tobi,
Ich habe dieselbe Kombi gewählt und warte einfach mal ab. Dass der Bereich verkauft/ausgelagert werden soll, ist ja nicht automatisch das Ende. Ich beschäftige mich mit diesem Thema erst dann, wenn es sich konkret stellt, vorher nicht. Ärgerlich wäre es natürlich, sehr sogar.
Schönen Gruß
MichiX


barolo01 sagt am 13. Oktober 2016

Tja das ist ärgerlich. Aber es ist halt ein Problem, wenn man nur in Bankprodukte (=ETF) investiert und nicht zumindest teilweise in Einzelaktien. Bei BMW oder Microsoft weiß ich in was ich investiere. Aber bei Comstage mit dem synthetischen Gebilde drum rum ......?


Tom sagt am 13. Oktober 2016

@barolo01 - Naja, mehr als das stört mich der extrem hohe Finanztitel-Anteil im MSCI World von über 20%....allein Wells Fargo hat 0,80%.
Soviel von diesem Sauhaufen möchte ich mir eigentlich nicht gern ins Depot legen...
Das ist eigentlich der einzigste Grund was mich immer noch bei den Einzeltiteln hält, obwohl mir klar ist, dass das langfristig gesehen wahrscheinlich nicht der beste bzw. einfachste Weg ist....aber wie hat mal jemand so schön gesagt? "Das Ziel eines Privatanlegers ist es nicht reich zu werden, sondern nicht arm zu sterben." ;)


barolo01 sagt am 15. Oktober 2016

@ Tom. Ich bevorzuge Einzeltitel, weil ich an einem Unternehmen und nicht an einem Finanzprodukt wie beim ETF beteiligt bin. Und ich glaube nicht, dass man mit einer Auswahl an Standardwerten, quer durch Branchen und Länder, auf Dauer schlecher fährt als mit dem MSCI World.
Und meine Alterversorgung würde ich bestimmt nicht auf Comstage und Swaps setzen. Wird Frau Merkel bei der nächsten Finanzkrise vor die Kamera treten und verkünden: "Ihre Anlage in Swapprodukten ist sicher, wir garantieren dafür"? Lachhaft. Das macht sie auch nicht bei Einzelaktien, aber gute Unternehmen haben bisher alles überlebt.
Im Übrigen investiere ich seit Oktober 1987 (eine Woche nach dem Crash habe ich meine ersten Bayer-Aktien gekauft) und bin sehr gut damit gefahren.
Stutzig macht mich vor allem, wenn Viele das einzig Richtige erkannt zu haben glauben (ETF's), dann wars langfristig an der Börse eingentlich immer das Falsche. Wobei auch ich z.B. in den Emerging Markets ETF-Investor bin. Aber viele der neuen Anleger werden die Nerven verlieren, wenns mal wieder richtig in die Baisse geht und ihr ETF 1:1 mit.


Matthias sagt am 15. Oktober 2016

@barolo01:

Du schreibst: "Stutzig macht mich vor allem, wenn Viele das einzig Richtige erkannt zu haben glauben (ETF's), dann wars langfristig an der Börse eingentlich immer das Falsche."

Ein physisch voll replizierender ETF ist doch nichts anderes als ein Bündel von Einzelwerten.
Wenn dann also ein solcher ETF falsch ist, dann sind deine ausgewählten Einzelaktien auch falsch, oder?

Matthias


Abdul sagt am 16. Oktober 2016

Hallo Zusammen!
Nun habe auch Ende 2015 mit Comstage ETF´s einen Sparplan begonnen. Was soll nach der Umstrukturierung negatives passieren? Ich könnte zu Luxor wechseln nur macht das Sinn?


Ungläubiger sagt am 17. Oktober 2016

@barolo1

Und wie erkennst Du diese Einzelwerte, mit denen Du in der Zukunft den Index/MSCI World schlägst?
Dividenden Aristokraten mit KGV >25? Versorger? VW? Novo Nordisk?
Übrigens, wer nicht eindimensional denkt, könnte auch erkennen, dass es ETFs gibt ex Finanzwerte oder auf bevorzugte Branchen wie Consumer Staples, Health Care, usw.


barolo01 sagt am 17. Oktober 2016

@Matthias

Da hast du natürlich recht. Ich bezog mich aber nicht auf die Aktienanlage als solches, sondern dass die ETF's von vielen unerfahrenen Privatanlegern für die langfristige Altersversorgung erworben werden, ohne erfahren zu haben, was es bedeutet, wenn die Börse einmal 50 % und mehr einbricht. Gerade bei Leuten, die Gebühren im Promille-Bereich vergleichen und sparen wollen, habe ich meine Bedenken, ob die erhebliche (vorübergehende) Verluste des Kapitals durchstehen werden.
Und für mich persönlich stellt die Beteiligung an internationalen Konzernen eine werthaltigere Anlage dar als an einem Swap-Produkt. Auf pysische reproduzierende ETF bezog sich die Kritik nicht.
Ich kenne mehrere Freunde und Kollegen, die inder Finanzkrise 2008 und Anfang 2009 die damals stark beworbenen Zertifikate mit hohen Verlusten auf den Markt geworfen haben. Aber ich möchte meine Erfahrungen nicht verallgemeinern, vielleicht ist es ja beim nächsten Mal anders....


Onkel Dagobert sagt am 17. Oktober 2016

Ich suche schon lange nach einem marktbreiten ETF mit geringem Finanztitelanteil.
Die grossen ETF auf den MSCI World haben erhebliche Anteile an Bankstern, so um die 20 %... Das ist mir viel zu gefaehrlich, um den ueberwiegenden Teil meines Portfolios oder gar alles hierein zu investieren. Wer hat heutzutage schon gern 20 % seiner Anlagen in Bank- und Versicherungswerten investiert ?? Ich nicht...

Kennt jemand einen marktbreiten ETF mit geringerem Bank-/Versicherungsanteil ? Bei just ETF bin ich nicht fuendig geworden. Alternativ sollte man bei einem groesseren Depot m.E. strategisch Qualitaetsaktien/ Einzeltitel beimischen oder sogar uebergewichten, die nichts mit Finanzen/Versicherungen/Versorger und andere Nieten zu tun haben.


Tobi sagt am 18. Oktober 2016

Danke für eure Antworten - ich mache es ganz einfach passiv: abwarten :-)
Ärgere mich schon nicht mehr - habe ja auch noch ein Aktiendepot, da kann es ich meinem Ärger Raum geben :-)


Ungläubiger sagt am 18. Oktober 2016

@Onkel Dagobert

Und wenn jetzt Pharma die neuen "Nieten" sind? Zum Beispiel, weil die neue Präsidentin Clinton massiv gegen deren Preise vorgehen möchte?
Gemessen an den KGVs (was man nicht isoliert betrachten darf) sind Qualitätswerte aktuell in einer Preisblase, weil eben "alle" so denken. Da ist viel Luft drin, die bei einer Korrektur abgelassen werden kann. Mehr Luft als bei Werten, die aktuell noch mit 10er oder 15er KGVs bewerten sind.


ChrisS sagt am 18. Oktober 2016

@ Dagobert

"Kennt jemand einen marktbreiten ETF mit geringerem Bank-/Versicherungsanteil ?"

Naja, ob man noch wirklich von "marktbreit" sprechen kann, wenn Finanzunternehmen rausgenommen werden (egal wie man sie findet, gehören sie halt auch zum Markt dazu) sei mal dahingestellt. In den ETF-Plattformen gibt es jedenfalls kein großes Angebot an ex-Financials ETFs (hpts ein paar Anleihen-ETFs, für Aktien eigentlich nur ne Dax- und ES50 Version, naja die taugen auch so nix).
Wenn du wirklich partout keine Finanzunternehmen dabei haben willst, musst du dir wohl oder übel dein Portfolio von grund auf selbst bauen, um auch wirklich die Kontrolle darüber zu behalten, zB mit ETFs für die übrigen Branchen oder gleich ganz mit Einzeltiteln.
Ist dann zwar auch nicht mehr "marktbreit" und hat demgegenüber auch seine eigenen Risiken, aber haja investieren ist halt immer nur ein Abwägen von Kompromissen, und irgendeinen wird man halt eingehen müssen.

@ barolo

ETFs selbst sind einfach nur Vehikel, wenn es dir also eigentlich darum geht dass viele Anleger beim nächsten Knick wieder das große Schlottern kriegen und damit falsche Entscheidungen treffen, sind ja doch nicht unbedingt die ETFs an sich daran schuld, sondern eben die Anleger selbst, die mit diesem Vehikel schlecht umgehen.
Weak hands, kennt man ja - schon immer so gewesen, wird auch immer so sein. Was andere Leute dann machen ist mir eigentlich auch relativ müßig, jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ich investiere seit zwei Jahrzehnten und sag auch jedem gerne dass man dafür eben ausreichend Durchhaltefähigkeit mitbringen muss, ob sie dass auch umsetzen ist halt ihre Sache.


Zinskraft sagt am 13. November 2016

Bezüglich des Tagesgeldes ist aktuell auch das Termingeld bei der abcBank (klingt komisch, heißt aber wirklich so) mit 0,85% Verzinsung interessant. Es hat eine dreimonatige Kündigungsfrist aber 0,85% bei einer Bank mit deutscher Rinlagensicherung gibt es sonst nur bei Festgeld ab 1 Jahr Laufzeit


Riester sagt am 30. November 2016

Hallo zusammen,

erst einmal Komplimen an den Bloginhaber. Wunderbare Informationen zu einem wichtigen Thema, das ich nun endloch selber in die Hand nehmen möchte.

Ich bin 30 und habe zu Arbeitsbeginn mit 25 einen fondsbasierten Riestervertrag abgeschlossen und frage mich nun was ich damit machen soll. Klar ist, die Abschlusskosten sind bezahlt aber die jährlichen Verwaltungskosten, die Unsicherheit einer Versicherung die nächsten 30 bis 37 Jahre auageliefert zu sein behagt mir beim Thema Altersvorsorge nicht.

Was ich möchte: eine ähnlich konservative Strategie des passiven investierens wie hier im Blog aufgezeigt anstreben. Nur was mache ich mit dem Riestervertrag: nebenher voll weiter laufen, reduziere ich ihn oder setze ich ihn ganz aus oder kündige ich mit weiteren Verlusten komplett. Ich weiß, dass ist sehr vom Einzelfall abhängig aber ich würde sehr gerne ein paar Meinungen, Erfahrungen oder Tipps von euch bekommen.

Vielen Dank und einen tollen Abend'


Robert sagt am 01. Dezember 2016

Hallo Riester,

am besten fragst du erstmal bei deinem Anbieter nach, wieviel Geld du am Ende der Laufzeit rausbekommst (garantiert).
Dann fragst du, wieviel du raus bekommst, wenn du den Vertrag jetzt auflöst und dir das Guthaben auszahlen lässt.
Mit diesen Zahlen kannst du dann hier (link: http://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php) ein bisschen rumspielen und ausrechnen, welche Rendite der Riester tatsächlich hat und wo du rauskommst, wenn du das freiwerdende Kapital und die Monatlichen Raten in einen ETF oder ähnliches investierst.

Ich habe meinen Riester auch nach ca. 6 Jahren gekündigt und wenn ich mich recht erinnere 1000 Euro weniger rausbekommen als ich einbezahlt habe. Die Zuschüsse und Steuervergünstigungen werden natürlich einbehalten.

Du kannst den Vertrag natürlich auch weiterlaufen lassen und ihn als RK1 Kapital verbuchen. Soweit ich weiß gibt es bei fondsbasierten Riesterverträgen auch einen Garantiebetrag, den du ausbezahlt bekommst, egal was an der Börse passiert.

Viel Glück bei der weiteren Entscheidungsfindung,
Robert


Lucky 7 sagt am 04. Januar 2017

Hallo ,

Danke für den tollen Überblick zu anderen gleichgesinnten.
Das hilft mir sehr meinen eigenen Blog zu gestalten und neue Investment Ansätze zu sehen.

@Stefan
Hier findest du eine Vorlage mit Google Sheets mit der du easy dein Depot und die performance tracken kannst www.financial-----freedom.blogspot.com

Cheers
Lucky7

Auf dem Blog von Lucky 7 gibt es hierzu diesen Artikel: Live Updating Portfolio tracker


Kujo sagt am 12. Januar 2017

Hallo zusammen,

ich liebäugle auch schon länger mit einer Investition in den Aktienmarkt und habe mich unter anderem aufgrund dieses Blogs für den "Klassiker" in Form von World/EM ETFs entschieden. Eine Sache die mir bei aller Risikoabschätzung aber nicht ganz klar geworden ist, bzw die ich gerne konkret bestätigt hätte ist die Sache mit der Liquiditätsreserve, die bei den meisten Einsteiger Artikeln zur Erstellung eines Portfolios sogar komplett ausgelassen wird.

1) Ist die Reserve Teil meines "Gesamtvermögens" oder steht sie noch einmal gesondert? Stichwort Verlusttoleranz bei theoretischem 50% Börseneinbruch. Unter Gesamtvermögen verstehe ich - nunja, mein gesamtes Vermögen, würde sie also als Teil dessen rechnen.

2) Angenommen mir stünden 10'000€ erspartes Kapital zur Verfügung. Davon 3000€ in ETFs und 7000€ in Tagesgeld angelegt ergäbe eine 70/30 Aufteilung von risikoarm zu risikobehaftet. Nach meinem Verständnis wäre das mein "Portfolio", meine Liquiditätsreserve müsste aber noch oben drauf kommen? Ohne zusätzliches Kapital müsste ich also meine Portfoliogewichtung (gedanklich) ändern oder den Aktienanteil reduzieren. Sagen wir z.B. von den 7000€ Tagesgeld sind 3000€ mein risikoarmer Anteil (=> ergibt 50/50 Gewichtung) und 4000€ meine Reserve.

Ist das so richtig? Die Sache mit der Reserve wird im Allgemeinen ziemlich ausgeschwiegen oder nur kurz angekratzt, was ich sehr verwunderlich finde. Erst durch einen Kommentar hier zu diesem Artikel bin ich überhaupt auf meinen wohl bisherigen Denkfehler aufmerksam geworden, dass die Reserve nicht Teil des risikoarmen Anteils ist...


Schwachzocker sagt am 12. Januar 2017

Hallo Kujo,

die Liquiditätsreserve sollte völlig getrennt von dem Portfolio betrachtet werden.
Die Liquiditätsreserve ist für Konsum und Notfälle gedacht und hat mit Geldanlage nichts zu tun.
Das Portfolio hingegen besteht aus einem riskanten und einem mehr oder minder sicheren Teil. Der sichere Teil kann eben auch Tagesgeld sein. Das darf aber nicht für Konsum- oder Notfallzwecke angetastet werden. Der sichere Teil wird benötigt, um das Gesamtrisiko auf das individuell gewünschte Maß zu beschränken und um ggf. ein Rebalancing durchführen zu können, falls die Aufteilung zu sehr aus dem Ruder gelaufen ist.


T. sagt am 12. Januar 2017

@Kujo: ja, das ist ein typischer Denkfehler: der risikolose Teil ist Teil des Portfolios und auch erforderlich zum rebalancen, während die Reserve/Finanzfeuerwehr nicht (!) zum Portfolio gehört.
Also: Finanzfeuerwehr bestimmen und dann den Rest ins Portfolio und aufteilen zwischen risikobehaftet (z.Bsp. Aktien-ETFS im Verhältnis 70 World:30 EM) und nichtrisiokobehafteter Teil (z. Bsp. Tagesgeld, Festgeld, kurzlaufende Staatsanleigen mit Bonität AAA).

Gruß,
T.


ChrisS sagt am 12. Januar 2017

@ Kujo

kein Problem, solche Basic-Fragen kommen ja öfters :-)

Wenn wir den Begriff "Liquiditätsreserve" mal aufdröseln, werden darunter oft zwei verschiedene Dinge verstanden, die aber eigentlich unterschiedlich sind und wir der Klarheit halber erstmal nicht vermischen wollen.
Einmal der klassische "Notgroschen", also eine bestimmte vorgehaltene Summe an Rückstellungen um unerwartete persönliche Sonderausgaben schnell und flexibel begleichen zu können.
Und dann wird der Begriff eben auch noch oft so verwendet (wie bei dir?) dass damit der risikoarme (= nicht bzw wenig schwankende) Anteil des Investmentvermögens gemeint ist.

"Ist die Reserve Teil meines "Gesamtvermögens" oder steht sie noch einmal gesondert?"

Prinzipiell natürlich ja, für ihren Einsatzzweck kommt es eben darauf an welche Art von Liquiditätsreserve du meinst. Beispielhaft, "die Waschmaschine ist kaputt und eine neue muss her" ist eine Aufgabe für den Notgroschen, während der risikoarme Teil des Investmentvermögens dafür zuständig sind beim Aktiencrash im Rebalancing die ursprüngliche Allokation wieder herzustellen (indem man aus dem risikoarmen Anteil umschichtet). Inwieweit man das nun (gedanklich, und konkret auf verschiedenen Konten) trennen will ist jedem selbst überlassen, solang man eben nicht in Verlegenheit kommt, wenn die Waschmaschine kaputtgeht während gleichzeitig auch Börsenkrise ist. :-D

"Angenommen mir stünden 10'000€ erspartes Kapital zur Verfügung. Davon 3000€ in ETFs und 7000€ in Tagesgeld angelegt ergäbe eine 70/30 Aufteilung von risikoarm zu risikobehaftet. Nach meinem Verständnis wäre das mein "Portfolio", meine Liquiditätsreserve müsste aber noch oben drauf kommen?"

Je nachdem wie du halt gedanklich kontierst. Wenn wir zB. das trennen und zuerst einen Notgroschen als Sockelbetrag festlegen (zB per klassischer X-mal-monatliche-Ausgaben Faustregel fürs persönliche Sicherheitsbedürfnis), dann hat dieser Betrag eigentlich nichts mehr mit den Investments zu tun (und sollte, für Leute die ansonsten leichter in "Versuchung" kommen auch lieber getrennt verwahrt werden).
Zum Investieren steht dann nur noch das zur Verfügung, was über den Notgroschen hinaus geht (in deinem Beispiel also zwar erstmal weniger als 10.000€, aber das kann (und sollte) ja durch weitere regelmäßige Zuzahlungen in Zukunft immer weiter aufgestockt werden).

"Ohne zusätzliches Kapital müsste ich also meine Portfoliogewichtung (gedanklich) ändern oder den Aktienanteil reduzieren. Sagen wir z.B. von den 7000€ Tagesgeld sind 3000€ mein risikoarmer Anteil (=> ergibt 50/50 Gewichtung) und 4000€ meine Reserve."

Der "risikoarme Teil des Investmentvermögens" ist nun dazu da, die (unvermeidlichen) Aktienschwankungen, bezogen aufs Gesamt(investment)vermögen, in erträglichen Grenzen zu halten.
Wenn wir das mal anhand der einfachen 50%-Crashtest Regel durchexerzieren, kannst du so anhand eines vorher definierten Maximalverlustes überschlagen, wieviel Prozent des Investmentvermögens in Risikoanlagen (wie Aktien etc.) investiert werden sollten. Wer zB nur 25% Verlust ertragen kann, sollte eben nur die Hälfte seines Investmentvermögens in Aktien stecken, der Rest in ruhigere Anlagen (auch und gerade für kleine Summen ist da eben das Tagesgeld am einfachsten).


Kujo sagt am 13. Januar 2017

Super, vielen Dank an euch drei. Das waren ausgesprochen klare und hilfreiche Antworten.
Das bedeutet also auch, dass ich meine Verlusttoleranz ausschließlich anhand meiner Portfoliogröße bestimme und mein "Notgroschen" dabei keine Rolle spielen darf. Verstanden.
Ich bin froh das Missverständnis noch bemerkt zu haben, denn das Thema wird wie gesagt meistens nicht klar genug angesprochen. Wenn man es dann weiß erkennt man aber auch wie der ein oder andere Artikel wirklich gemeint war.


Karsten sagt am 07. März 2017

Hi,

Wann werden die Gebühren für einen ETF eigentlich fällig? Werden die beim Kauf nach Verkauf oder nach einem Jahr fällig? Bspw. investiere ich 5k€ in eine ACWI ETF. Die Kosten liegen bei 0,4%. Wann sind die 20€ zu zahlen?


Dummerchen sagt am 07. März 2017

Hallo Karsten,
die laufenden Kosten (TER, etc) werden laufend fällig, d.h. sie senken den aktuellen Kurswert. Über das komplette Jahr gesehen entstehen dann Kosten in Höhe von z.B. 0,4%. Du zahlst die 20€ also nicht in einem konkreten Moment, der Index wächst einfach über das komplette Jahr betrachtet 0,4% weniger als er es ohne laufenden Kosten tun würde.
(Kauf- bzw. Verkaufgebühren fallen natürlich eben dann an.)
Liebe Grüße
Dummerchen


Philipp S. sagt am 08. März 2017

@Karsten: Die unter die TER fallenden Kosten werden automatisch aus dem Fondsvermögen beglichen (Egal ob klassischer Fonds oder ETF). Du musst da gar nichts mehr machen, das ganze mindert also "nur" die Performance des Fonds.


T. sagt am 08. März 2017

@Karsten: die Gebühren werden täglich dem Fondsvermögen entnommen.

Gruss, T.


ChrisS sagt am 08. März 2017

@ Karsten

Die Gebühren werden meist "laufend" aus dem ETF-Vermögen entnommen (zB monatlich anteilig). Wenn dich die jeweiligen Einzelheiten interessieren, einfach bei jedem Anbieter einzeln in den Verkaufsprospekten unter dem Punkt fees & expenses policy nachschauen.


Andreas sagt am 18. Juni 2017

Hier hat Prof. Sinn hat mal bemerkt: "Staaten sind die unsichersten Schuldner überhaupt, weil sie keine Richter über sich haben und jederzeit einen Schuldenschnitt verfügen können." (Quelle: http://www.focus.de/finanzen/altersvorsorge/top-oekonom-sinn-warnt-vor-rentendebakel-um-unseren-lebensstandard-zu-halten-brauchen-wir-32-millionen-migranten_id_4362357.html)


Max sagt am 28. September 2017

Hallo Finanzesir,

Ich bin mich seit einiger Zeit intensiv über Investmentmöglichkeiten am informieren und freue mich über solche konstruktive Blogs, wie deinen. Dies bringt mich enorm weiter! Danke

Jedoch habe ich noch ein Anliegen, bzw noch etwas nicht ganz verstanden...:
Bei allen Tipps zu ETFs spielt die Währung, in der der ETF gehandelt wird nie eine Rolle, aber ist es nicht ein Risiko (bezüglich den schwankenden Wechselkursen von zum Beispiel Euro und Dollar)? Sollte man dann nicht lieber bevorzugt in ein ETF investieren, der in Euro gehandelt wird?

Oder spielt die Währung durch das langfristige Anlegen und besparen hier keine Rolle.

Ich hoffe auf Ihre Antwort
LG Max


Schwachzocker sagt am 29. September 2017

Hallo Max,
die Währung, in der der ETF notiert spielt keine Rolle, da ja spätestens bei Verkauf ohnehin wieder in Euro umgerechnet wird.
Gleichwohl gibt es natürlich ein Währungsrisiko, wenn man in Regionen außerhalb des Euroraumes anlegt. Dieses Risiko geht aber aber von den Aktien der einzelnen Firmen aus, die der ETF hält. US-Aktien notieren natürlich in US-Dollar, auch wenn der ETF in Euro notiert.
Wenn man weltweit diversifiziert anlegen will, kommt man um das Währungsrisiko nicht herum.
Irgendwo wurde hier darüber auch schon ausgiebig diskutiert.


Finanzwesir sagt am 29. September 2017

Hallo Max, schaum mal hier: https://www.finanzwesir.com/blog/geldanlage-etf-waehrungsabsicherung

Gruß
Finanzwesir


Matthias sagt am 29. September 2017

Hallo Max, oder schau mal hier:
https://www.justetf.com/de/news/etf/der-einfluss-von-waehrungsrisiken-auf-etfs.html

Gruß
Matthias


DomenicusBenacus sagt am 31. Oktober 2017

Erstmal super Finanzwesir,

klar und unter Einbeziehung aller Erkenntnisse ein weg aufgezeigt. Du hast natürlich recht das wenig Komplexität und somit wenige und einfache Titel im Depot der key sind und sehr lange Rattenschwänze vermeiden.

Eine faktor prämie möchte ich trotzdem nicht missen, da empirisch belegt und nicht kompliziert. Es gibt inzwischen auch echt günstige small cap etf.

Also warum nicht 20% small cap ? Und jetzt gehe ich noch weiter: Warum nicht 20% Berkshire Hathaway?

Es wäre ein oder zwei Positionen mehr und bei berkshire hat man sich die laufenden Kosten gespart?

Aus meiner Sicht ist es immer noch KISS.

Was meinen die anderen dazu?
Grüße Dominik


ChrisS sagt am 01. November 2017

@ Domenicus Benacus

Smallcaps wurden zB hier auch schon besprochen
https://www.finanzwesir.com/blog/etf-world-small-caps

Genauso wie andere Faktor-Strategien ihre Artikel hatten (einfach Suchfunktion)

Wenn du fragst "warum nicht 20% Smallcap?" (oder was auch immer, das Prinzip ist ja das gleiche), soll erstmal noch daran erinnert werden, dass das Zielpublikum hier vor allem Anfänger und Einsteiger sind, also Leute die sich zum ersten Mal über Sparbuch etc hinaus in den Kapitalmarkt begeben. Bei denen geht es vor allem darum, erstmal eine einfache solide Grundlage mit wenig Komplexitäts-Überfrachtung zu legen, deshalb wird auch meist die Basisempfehlung World+EM für die meisten Leute als ausreichend gegeben.

Natürlich heißt das nicht, dass sich darüber hinaus fortgeschritten Interessierte nicht auch mit Spezialstrategien etc (und entsprechenden ETFs) beschäftigen können, nein wer das will soll das gerne machen, da hat hier niemand was dagegen.
Es ist aber von der Reihenfolge/Priorität für Anfänger erst hinterher mehr "Kür" als "Pflicht". Wie gesagt, das allgemeine Ziel ist hier erstmal die Leute überhaupt vom Tagesgeld hinein in den MSCI World zu bekommen (das macht ja auch langfristig den Großteil des Renditedifferenzials aus).
Ob die Leute dann danach, wenn sie schon im MSCI World sind, auch noch nen Smallcap-ETF oder sonstewas dazunehmen, ist dann nur noch viel weniger wichtig (macht auch fürs langfristige Renditedifferenzial nicht mehr sooo viel aus, im Ggs zur großen Grundsatzentscheidung, überhaupt in Aktien anzulegen).

Von daher also - wenn du in Smallcaps anlegen will, mach das gerne, da wird dir hier niemand widersprechen, und einige hier machen das ja auch. Wir gehen ja auch alle davon aus dass du weißt was du tust und selbstverantwortlich damit richtig umgehen kannst, also weder eine "Erlaubnis" oder ein "Verbot" dafür brauchst.
Darüber zu diskutieren ist auch etwas müßig, denn am Ende spiegeln die verschiedenen Meinungen dafür und dagegen ja auch immer nur die jeweils persönlich Situation der Anleger wieder mit ihren jeweils individuellen Ansprüchen und Bedürfnissen (also, was für den einen richtig ist, muss nicht auf dich zutreffen, und was für dich stimmt, muss nicht für den anderen auch genauso gut passen).


Finanzwesir sagt am 01. November 2017

Hallo DomenicusBenacus,

"Was meinen die anderen dazu?"

Das ist doch belanglos, was andere meinen. Es ist Dein Leben und Dein Depot muss zu Dir passen. Formal gibt es nichts einzuwenden, da es keine überteuerten Abzockprodukte der Finanzindustrie sind.
Es gibt nur ein Muss: Kannst Du für Dich begründen, warum diese Depotkonstellation langfristig die von Dir gewünschte Rendite abwerfen wird und Du deshalb auch in Krisenzeiten nicht verkaufen wirst?
Wenn Du das kannst, kauf so viele Prozente Small Caps und Berkshire Hathaway wie Du magst.

Wichtig: Mit diesen Depots ist es wie mit den Frauen. Deine Traumfrau ist Deine Traumfrau - unabhängig davon ob ich neidisch bin oder nur den Kopf schüttele. Es gibt da keine abzuhakende Checkliste sondern nur ein: Paßt zu mir, will ich.

Gruß
Finanzwesir


CarstenP sagt am 01. November 2017

@ DomenicusBenacus

Bei der "faktor prämie" ist Vorsicht angesagt. Erstens sind Faktoren nur Korrelationen, mit denen sich Renditen von Aktien-Portfolios im Nachhinein erklären lassen.
Alle Über/Unter-Renditen, die nicht durch einen Faktor erklärbar sind, landen im Alpha. Zweitens sind Prämien für einzelne Faktoren zeitlich variable, und es ist keineswegs gewiss, dass bestimmte Faktoren eine positive Rendite in der Zukunft haben.
Es gibt zwar verschiedenste Erklärungen, warum einzelne Faktoren mit einer Prämie belohnt werden sollten (Value und Small Caps sind riskanter, Momentum spiegelt menschliches irrationales Verhalten wieder, usw.), aber es besteht nicht wirklich Einigkeit unter den Experten.

Letztendlich sind Faktor-Strategien ziemlich aktive Strategien, die zwar im Kleid von passiven Investment-Vehikeln daherkommen (Smart-Beta-ETFs), aber eigentlich wird suggeriert damit höhere Risiko-adjustierte Renditen als der Markt zu erhalten. Das ist meiner Meinung nach ziemlich naiv, irgendwo gab es dazu mal den passenden Ausspruch:
"smart beta = very stupid no alpha"

Es spricht nichts dagegen Small Caps in sein Portfolio mit aufzunehmen, doch man sollte sich da ein paar Fragen stellen:

  • Warum will man dabei deutlich von der Gewichtung nach Marktkapitalisierung abweichen?
  • Geht es nur darum das Risiko zu erhöhen und damit um eine evtl. höhere Rendite?
  • Warum stattdessen nicht einfach die Aktienquote des Portfolios erhöhen?

LetItBe sagt am 27. November 2017

Hallo Finanzwesir,
ich bin begeistert von Deinen treffenden und klaren Darstellungen. Helfen mir, bei der Geldanlage einfach, klar und konsequent zu bleiben. Zum Thema Aktien habe ich jedoch eine Frage: Die Welt schrieb kürzlich, an der Börse werde es einsam, will sagen, vom Aktienmarkt verschwinden seit Jahren mehr Unternehmen als dazu kommen. Dies sei eine Gefahr für Anleger und Sparer. Auf Deiner Seite habe ich keine Betrachtung zu diesem Sachverhalt gefunden. Wie siehst Du die Situation?

Gruß
LetItBe


ChrisS sagt am 27. November 2017

@ Letitbe

wäre vllt am zielführendsten wenn du einfach den betreffenden Artikel der Welt verlinken könntest, damit alle auf dem gleichen Stand sind und die gegebenen Argumente bewerten können (also wo genau dabei jetzt die Gefahr für die Anleger liegen soll, und was sie zB als Alternative/Lösung vorschlagen, denn ohne Lösung ists ja auch relativ müßig).

Ansonsten bleibt ja erstmal nur die reine historische Einordnung der Entwicklung von IPO-Zahlen vs Delistings.
Ja, die IPOs haben im Vgl zu ihren Hochzeiten in den 90ern etwas abgenommen, aber nunja, ob das direkt gleich nur was "schlechtes" sein muss (damals ging auch viel Mist an die Börse, was eigentlich nur heiße Luft war) ist halt persönliche Ermessenssache, je nachdem was man denn auch für ein "gesundes/normales" IPO-Volumen ansieht (worüber sich meine Meinung enthält, um es mir nicht mit "es soll halt einfach alles so bleiben wie es immer schon war" zu einfach zu machen).
Es spielt auch ein bischen rein das viele junge Companies heutzutage wohl auch viel leichter/eher auf privaten/ ausserbörslichen Wegen, VC usw. an ihr Kapital kommen, als gleich den (regulatorisch stressigeren) Weg eines richtigen öffentlichen Börsengangs gehen zu müssen, wie noch früher.
Eine Wertung davon entzieht sich meinem Dienstgrad, ob das also "schlimm" ist, und wie schlimm genau, soll mir ruhig jemand anderes erklären der sich damit besser auskennt :-D Ich könnte da auch nur in Generalitäten reden, wie "ja (Über)Konzentrierung ist halt schlecht...".
Wen die Fakten etwas tiefer interessieren, kann sich zB diesen Report zum Thema von der Credit Suisse durchlesen
http://www.cmgwealth.com/wp-content/uploads/2017/03/document_1072753661.pdf
der sich damit auseinandersetzt. Am Schluss wird auch noch relativ beiläufig erwähnt, dass das hpts ein ziemliches US-spezifisches Problem zu sein scheint, in anderen, aufstrebenden Teilen der Welt gibt es noch positivere IPO-Aktivität.


Martin sagt am 06. Dezember 2017

Hallo zusammen!

Ich lese hier immer wieder, dass ein Portfolio zu einem "passen" soll. Das kann ich ja noch nachvollziehen, was die Gewichtung Risikoteil zu risikoarmer Teil betrifft. Ich verstehe auch noch "einfach" vs. "komplex" bei Portfolios, diese Entscheidung muss man wohl für sich treffen. Und dass man bei einem 10.000 Euro Portfolio nicht weiter über komplexe Strategien diskutieren muss, ist mir auch klar.

Die Diversifikation bei den Aktien ist aber doch weniger eine Frage des persönlichen Geschmacks sondern eine Frage der wissenschaftlichen Fakten. Ist es tatsächlich egal, ob ich mit der World/EM Kombi die Region Europa und den Euro als Währung massiv unter den Tisch fallen lasse (ca. 15% für Europa gesamt, vom Euro rede ich da gar nicht)? Ist es tatsächlich egal, ob anerkannte Faktoren wie Größe oder Value in die Gewichtung der Aktien einbezogen werden oder nicht?

Hat das mal jemand simuliert, von welcher Art Abweichungen (Risiko, Zuwachs etc.) gegenüber anderen Aufteilungen wir da reden? Oder geht das alles im Rauschen der Unsicherheit unter? Kann man am Ende des Tages wirklich machen, was man persönlich als gut "empfindet"? So nach dem Motto: "Egal, ob ich jetzt Europa mit 15% oder 30% drin habe. Macht eh keinen seriös bewertbaren Unterschied".

Ich meine das wirklich nicht sarkastisch, aber das wäre dann ja wohl wirklich ein Armutszeugnis für jegliche finanzwissenschaftliche Forschung im Bereich Diversifikation bei passiven Strategien. Wenn ich schon jedem Basispunkt bei den TERs nachlaufe, sollte ich das nicht auch beim Allocation-Tuning tun, solange ich nicht in ein totales Overengineering mit 20 Produkten hineinlaufe?

Und bitte sagt mir jetzt nicht: "Dann mach doch Allocation Tuning, wenn es dir besser gefällt!". Ich bin kein Experte, aber ich hätte gerne belastbare Argumente und wenn der ganze Allocation-Tuning Aufwand auch für engagierte Privatanleger wirklich nur Woodoo ist, dann soll es mir auch recht sein :-)

Gruß
Martin


Tammo sagt am 06. Dezember 2017

@ Martin: Eine Schwierigkeit ist m.E. dass man sehr stark in den Bereich Glauben kommt. Also was glaube ich, was die Zukunft bringen wird: Wird sich Europa besser entwickeln als die USA? Schaffen es die Schwellenländer aufzuholen? Kaufen Firmen wie Apple alle innovativen kleinen Firmen auf? Werden Rohstoffe wie ÖL überflüssig? Oder steigt der Meeresspiegel um 2 Meter?

Auf diesen Glaubenssätzen basiert dann die eigene Strategie, also z.B. 10% mehr Europa oder 30% EM. Aber da es die Zukunft betrifft, ist alles Spekulation. Ob ich richtig liege? Wird man sehen. Rückblickend kann man heute sagen, welche Strategie man früher hätte nehmen müssen, die Zukunft ist ungewiss.

Anders die Kosten, die sind keine Spekulation, die weiß ich, also kann ich sie minimieren.


CarstenP sagt am 06. Dezember 2017

@Martin

Die Asset-Allokation (Portfolio-Konstruktion) ist mehr Kunst als Wissenschaft und beruht darauf, dass man die Zukunft nicht vorhersagen kann und die Märkte ziemlich effizient sind. Die moderne Portfoliotheorie kann dabei ein Leitfaden sein, demnach wäre das Tangentialportfolio (theoretisch das globale Marktportfolio, alle investierbaren Assets nach Marktkapitalisierung gewichtet) das effizienteste Portfolio welches am meisten Rendite pro Risiko erwarten lässt. Vom Prinzip her weicht aber jeder Anleger von diesem Ideal ab, aus den verschiedensten Gründen:

  • Bestimmte Assets sind schwer investierbar, z.B. Immobilien oder Picassos.
  • Es enthält zu viel Dinge, die man nicht halten möchte, z.B. Unternehmensanleihen oder Schwellenlandaktien.
  • Es enthält zu wenig Dinge, die man halten möchte, z.B. japanische Staatsanleihen oder Small Caps.
  • Es enthält zu viel Währungsrisiko.
  • Es ist nicht riskant genug oder zu riskant, also die Markt-Rendite/Risiko-Erwartung passt nicht mit der eigenen Vorstellung zusammen.
  • Man hat keinen Zugang zu günstigem Kredit um das Ideal-Portfolio auf das gewünschte Risikolevel zu hebeln, stattdessen möchte man einzelne Marktbereiche anders gewichten.
  • Unwissenheit und Ignoranz.

All das können gute Gründe sein vom Ideal-Portfolio abzuweichen, solange man dabei das Prinzip der Diversifikation nicht aus den Augen verliert, sollte man trotz Abweichungen ein gut genuges (effizientes) Portfolio zusammenbauen können. Nur wenn man zu stark vom Markt abweicht, dann geht man evtl. zu viel Risiko ein ohne dafür eine angemessene Risikoprämie erwarten zu können.

All das ist ziemlich schwammig und gibt nur eine grobe Orientierung, doch die oft empfohlene breit diversifizierte Aktien/Anleihen-Kombi ist ein guter Startpunkt für die persönliche Asset-Allokation. Ob man nun bestimmte Risiko-Faktoren oder riskantere Aktien höher gewichtet, ist echt Geschmackssache, höhere Renditen können zwar erwartet werden, aber sie werden nicht garantiert.
Ein Extremfall wäre nur noch in die Aktien eines einzelnen "Emerging Markets Small Cap Value Quality Momentum" Unternehmens zu investieren, da geht man sehr viel Risiko ein, aber hat man wirklich Grund zur Annahme dafür eine entsprechend höhere Rendite zu erhalten???
Man kann Glück haben und eine von den wenigen Überflieger-Aktien erwischen und in kurzer Zeit den Vermögensaufbau abgeschlossen haben, oder man erwischt eine von den vielen Nieten und kann nach kurzer Zeit den Vermögensaufbau nochmal von vorne beginnen.

  • Als passiver Investor ändert man sein Portfolio nur wenn sich die persönliche Situation geändert hat, man bleibt dabei möglichst breit diversifiziert um langfristig die Marktrendite mit nicht mehr Risiko als nötig einzusammeln.
  • Als aktiver Investor ändert man sein Portfolio ständig dem aktuellen Marktgeschehen und den eigenen Prognosen entsprechend, und versucht durch Konzentration auf die zukünftigen Gewinner den Markt zu schlagen.

Die Performance von aktivem Fondsmanagement (siehe z.B. SPIVA reports) zeigt recht deutlich, dass die Märkte noch effizienter sind als anscheinend viele aktive Investoren glauben, und somit sehr schwierig langfristig auf risikoadjustierter Basis zu schlagen sind.


Finanzwesir sagt am 07. Dezember 2017

Hallo Martin,
solange Du der heiligen Dreifaltigkeit huldigst ist alles im grünen Bereich.

  1. Geringe laufende Kosten. Alles kleiner 0,7% ist ok
  2. Breit diversifziert sein. Jeder Index der mehr als 500 Firmen umfaßt ist ok
  3. Stur sein. Jeder Zeitraum länger als 15 Jahre ist ok

Dann gilt: Die Mischung ist egal, siehe https://www.finanzwesir.com/blog/etf-mischung-egal

Für Privatanleger gilt: Die Börse hilft uns nicht arm zu sterben, aber sie macht uns nicht reich.

Der Renditehebel liegt im Aktiven

  1. Beruflicher Aufstieg als abhängig Beschäftigter oder erfolgreiche Selbständigkeit. Das eigene Business hat sich als der beste Weg herausgestellt um wirklich vermögend zu werden. Wen Du richtig Geld verdienen willst: Mach lieber aktiv in Immobilien als diesen Börsenkram (egal ob aktiv oder passiv).
  2. Sieh zu, dass Dir keine Scheidung ins Haus steht.
  3. Bleib gesund und pflege Deine Freundschaften.

Such Dir eine Mischung (oder ein Produkt wie den ACWI), die Du magst, fang an das aggressiv zu besparen und wende Dich dann den wichtigen Dingen zu.

"Ich muss also auf Basis irgendwelcher Fundamentaldaten und Prognosen an etwas glauben und auf Basis dieses Glaubens eine Entscheidungen zur Verteilung meiner (in Indexprodukten aggregierten) Investitionen treffen."

Trifft das nicht auf alle Lebensbereiche zu?

  • Im Job: Hoffnungsvoll bei Firma A angeheuert, läuft gut, Hauskredit aufgernommen, dann kauft Investor B Firma A auf und zerlegt alles.
  • In der Beziehung: Mit Traumfrau vorm Altar, 3 Jahre später Rosenkrieg.
  • Beim Sport: Joggen, Wurzel, Knie verdreht, Hinkefuss auf immer

"Gibt es dazu zumindest qualitativ fundierte Aussagen oder bin ich wieder bei Glauben und Kunst?"

100% Leben = 90% (Glauben + Kunst) + 10% Excel ;-)

Gruß
Finanzwesir


CarstenP sagt am 07. Dezember 2017

@Martin

Das Marktportfolio stellt das Optimum in der Portfoliotheorie dar und es ist nach Marktkapitalisierung gewichtet. Die "BIP-Gewichtung" hat keine Basis in der Finanzmarkttheorie, es ist mehr ein praktischer Erklärversuch um abweichende Gewichtungen zu rechtfertigen.
Das spielt aber alles keine riesengroße Rolle, da die Theorie nicht vollständig in der Praxis anwendbar ist und das tatsächlich optimalste Portfolio erst im Nachhinein identifiziert werden kann.

Es gibt tatsächlich unglaublich viele Studien, die sich mit Marktanomalien, verschiedensten Investment-Strategien oder Faktoren beschäftigen, leider besteht nur selten Einigkeit unter den "Experten".
Und viele Erkenntnisse lassen sich in der Praxis auch nicht nutzen, da in den Studien gerne mal Kosten und Steuern ignoriert werden oder die Studien schlichtweg Fehler beinhalten. Mit dieser Unsicherheit muss man als Investor halt leben.

Für die Risiko-Faktor Sachen kannst du dir die Arbeiten von Fama/French anschauen, die haben systematisch untersucht wie sich die Performance von Aktien-Portfolios durch Faktoren erklären lassen.
Aber auch hier gibt es keine Garantie, dass man damit höhere Renditen in der Zukunft erhalten wird. Ein Hauptgrund, weshalb die exakte Gewichtung (ob nun 10% oder 20% Europa oder EM) gar nicht so wichtig ist, ist dass man hier von Aktien spricht und die werden alle hauptsächlich vom Marktrisiko (Beta) getragen.
Daher spielt die Aufteilung Aktien/Anleihen eine viel wichtigere Rolle in der Asset-Allokation, da das wirklich unterschiedliche Assets sind.

Es gibt aber ein paar ziemlich gut empirisch bestätigte Erkenntnisse:

  • Wer mehr Rendite will, muss bereit sein ein höheres Risiko zu ertragen.
  • Diversifikation kann das Risiko senken bei gleich bleibender Renditeerwartung.
  • Aktives Investieren ist ein Nullsummenspiel.
  • Es ist sehr schwierig den Markt auf risikoadjustierter Basis konsistent zu schlagen.
  • Nach Kosten gewinnt passives Investieren gegenüber aktives Investieren.

Du solltest erst einmal für dich selbst klären, ob du lieber aktiv oder passiv investieren möchtest, da tickt ja jeder anders.
Für einen passiven Investor sollte das nach Marktkapitalisierung gewichtete Marktportfolio die Basis darstellen, alle Abweichungen davon sollten einen guten Grund haben, wie z.B. dass er mehr/weniger Risiko ertragen kann oder möchte.
Der passive Investor wählt eine fixe Asset-Allokation mit der er durch dick und dünn gehen will, kein Stockpicking und kein Market Timing. Er muss natürlich davon überzeugt sein, dass das alles Sinn ergibt und er auch ohne Exit-Strategie durch den nächsten Bärenmarkt kommt, daher ist es sehr wichtig schon vorher über die Risiken nachzudenken und das in die Asset-Allokation einfließen zu lassen.


Martin sagt am 08. Dezember 2017

Vielen Dank für das ausführliche Feedback zu meinen Fragen. Dann werde ich mal auf die optimale Asset Allocation und auch das Rebalancing innerhalb des Aktienteils in meinem Portfolio pfeiffen. Kostet offenbar eh nur unnötig Gebühren und Steuern.

Gruß
Martin


Timo sagt am 03. Januar 2018

Hallo zusammen,

ich lese seit geraumer Zeit hin und wieder diesen Blog, mit steigendem Interesse.
Selbst "investiert" bin ich in Fonds seit einem starken Jahr, allerdings bis auf einen passiven ETF, den Ishares Global Water nur in aktiven Fonds, noch dazu Branchenfonds. Ich habe in diesem Jahr ein Depot im Wert von 10000 Euro angespart.

Nun allerdings irgendwie von heute auf morgen ins überlegen und trudeln geraten.

"Wie wird meine zukünftige Situation ausfallen, was kann ich verbessern, wie kann ich mein Risiko und meine Gebühren minimieren und gleichzeitig eine vernünftige Altersvorsorge ansparen?"

Ich hatte bisweilen zuletzt immer 400.- Euro per Monat zu je 25.- Euro in 16 verschiedene aktive Fonds einbezahlt:

  • Candriam Equities L Biotechnology D, WKN:939839
  • DWS Deutschland LC, WKN:849096
  • FCP OP MEDICAL BioHealth-Trends EUR, WKN:941135
  • Fidelity Funds - Asian Smaller Companies Fund A (USD), WKN:A1JTXM
  • Fidelity Funds - Asian Special Situations Fund A (USD), WKN:974005
  • Fidelity Funds - China Consumer Fund A (EUR), WKN:A1JH3J
  • Fidelity Funds - Global Consumer Industries Fund A (EUR), WKN:941083
  • Fidelity Funds - Global Technology Fund A (EUR), WKN:921800
  • Fidelity Funds - Greater China Fund A (USD), WKN:973265
  • iShares Global Water UCITS ETF, WKN:A0MM0S
  • Metzler European Small and Micro Cap, WKN:A1JCJW
  • OP Food, WKN:848665
  • Pictet - Digital-P dy USD, WKN:A0MQMT
  • Pictet - Robotics-P dy EUR, WKN:A141RC
  • Pictet - Water-P dy EUR, WKN:A0LFWM

Die Gebühren dementsprechend hoch, vor 2 Tagen die Kurzschlussreaktion, alle Fonds verkauft!
Keine Verluste, sogar etwas Gewinn, aber nach Monaten von Überlegungen und schlaflosen Nächten der Auswahl.

Jetzt am lesen und lesen und lesen...........

Und ich muss sagen, 70/30 oder ACWI vielleicht gar ACWI IMI oder 90/10, alles ist mir unsympathisch!

Ich dachte schon folgendes, wie auch schon bei FFB angelegt :

  • Ishares Core MSCI World, WKN:A0RPWH 200.- Euro
  • Ishares Core Emerging Markets IMI, WKN:A111X9 100.- Euro
  • UBS MSCI EMU Small Cap, WKN:A1JHNE 50.- Euro
  • SPDR MSCI World Small Cap, WKN:A1W56P 25.- Euro
  • SPDR MSCI Emerging Markets Small Cap, WKN:A1JJTF 25.- Euro

Oben genannte Fonds 2-monatlich für die nächsten 25-30 Jahre besparen, vorausgesetzt (am Mast festgebunden und die Ohren mit Wachs verschlossen) ich knalle nicht vorher durch.

Ich weiss, alle meine Vorstellungen scheinen sehr kompliziert, am liebsten wäre mir die 1, 2 oder 3 Fonds Lösung.
Aber Verteilung nach Marktkapitalisierung finde ich bescheuert, auch passt es mir nicht das z.B. China mit knapp nur 3% im ACWI enthalten ist, das kann doch nie und nimmer der Realität entsprechen!

Irgendwer einen Tip (Paukenschlag) für mich?

Beste Grüße


BigMac sagt am 05. Januar 2018

@Timo:
Ich empfehle vor allem das Verinnerlichen dieses Beitrags: https://www.finanzwesir.com/blog/etf-sparplan-diversifikation
Wenn du von diesen Ausführungen nicht überzeugt wirst, mach das, von dem du überzeugt bist, aber bitte beschwere dich hinterher her nicht ;-)


Alex13 sagt am 05. Januar 2018

@Timo

Jeder versteht den Wahnsinn, dem man am Anfang verfällt, aber China mit 3, 4 oder 7% wird es wahrscheinlich nicht reißen.

Jetzt Paukenschlag!!! Dein Motor läuft und jetzt leg den Gang ein und gib Gas, wenn du vorwärts kommen möchtest und vor allen Dingen lass die Emotionen raus ("..alles ist mir unsympathisch!").

Mit Verlaub sollte ein ACWI bei deinen Investitionssummen passen, aber wenn du dich damit wohler fühlst, dann den World und den EM. Der Rest kommt weg!

Grüße


Leser sagt am 05. Januar 2018

Ich hatte bisweilen zuletzt immer 400.- Euro per Monat zu je 25.- Euro in 16 verschiedene aktive Fonds einbezahlt:

Mini-Beträge in teure Fonds & Branchenwetten, das halte ich auch nicht für sinnvoll.

Und ich muss sagen, 70/30 oder ACWI vielleicht gar ACWI IMI oder 90/10, alles ist mir unsympathisch!

Warum? Was ist die Alternative und warum wird die Alternative in Zukunft bessere Renditen abwerfen?

Aber Verteilung nach Marktkapitalisierung finde ich bescheuert, auch passt es mir nicht das z.B. China mit knapp nur 3% im ACWI enthalten ist, das kann doch nie und nimmer der Realität entsprechen!

Wieso kann das nie und nimmer der Realität entsprechen? Weil China so viele Einwohner hat?
China ist erst vor kurzer Zeit in den MSCI EM Index aufgenommen worden; dort gibt es nämlich nur einen stark regulierten Aktienmarkt und dazu viele Aktien nicht in Streubesitz sind.
Die MSCI (und sicherlich viele andere) basiert nämlich auf der free float-adjusted market capitalization, also den handelbaren Aktien. Wenig Aktien trotz großem BIP = wenig Anteil im Index.


ChrisS sagt am 05. Januar 2018

@ Timo

"Irgendwer einen Tip (Paukenschlag) für mich?"

Nuja, da dass jetzt nicht wirklich ne konkrete Frage auf irgendwas im Einzelnen ist, bleibt ja nur eine allgemeine Kommentierung dessen was du so geschrieben hast. Ich schau mal was mir so auffällt:

Du bist seit einem Jahr investiert? Und dann in diesen Fonds?
Frage - hast du die dir selbst rausgesucht? Mit welchen Überzeugungen, welchen strategischen Grundüberlegungen?
(falls es überhaupt welche gab). Und bestehen diese immer noch, oder haben die sich geändert ?
Gab es irgendne Struktur hinter diesem (für aussenstehende) planlos zusammengewürfelten Wildwuchs von "Trend-& Themen-" Investments?
Oder waren das Fonds vom Bankberater?

Und jetzt hat sich das alles geändert? Was sind deine neuen Grundüberzeugungen, deine strategische Ausrichtung (und die theoretischen Hintergründe, mit denen sie unterfüttert werden) und wie fest sind die?

Weil als einziger Grund gegen die Fonds wurde nur beiläufig erwähnt "Gebühren zu hoch", aber erstens, das konnte man doch schon vorher sehenden Auges erkennen, und zweitens, nuja die Entscheidung aktive oder passive Anlage sollte eigentlich schon an tiefgründigeren Aspekten gemacht werden, also einfach grundlegend von wessen Sinnhaftigkeit man eher überzeugt ist.

Also eigentlich ist es besser, anstatt das wir dir was erklären, dass du erstmal umgekehrt uns was erklärst, und zwar die Hintergedanken deiner aktuellen ETF-Verteilungswünsche. Wenn du die offenlegst und darstellst, welcher Plan dahintersteht, und welchen Sinn du dir davon erhoffst, können wir ja schauen ob das zusammenpasst oder nicht.

Das sage ich nur, um nicht nochmal einfach ins blaue alle bereits hier gesagten Grundlagen des passiven Investierens wiederholen zu müssen, und verweise dazu lieber auch auf die schöne Übersichts-Artikelliste

Ich empfehle nochmal die Lektüre der Artikel, da steht vieles schon drin was dir hilft deine Fragen (auch wenn du jetzt eigentlich garkeine konkret bezogenen, nur ein allgemeines "sagt mal was dazu", gestellt hattest, was auch nicht besonders förderlich ist) selbst zu beantworten, und das ist ja das Ziel hier.

"Und ich muss sagen, 70/30 oder ACWI vielleicht gar ACWI IMI oder 90/10, alles ist mir unsympathisch!"

Okay? Warum ist dir das "unsympathisch", und was würdest du stattdessen lieber machen ?

"Ich weiss, alle meine Vorstellungen scheinen sehr kompliziert, am liebsten wäre mir die 1, 2 oder 3 Fonds Lösung.
Aber Verteilung nach Marktkapitalisierung finde ich bescheuert, auch passt es mir nicht das z.B. China mit knapp nur 3% im ACWI enthalten ist, das kann doch nie und nimmer der Realität entsprechen!"

Deine Vorstellungen sind nicht kompliziert, nur ein bischen widersprüchlich. Am liebsten wäre dir die einfache 1/2/3 Fonds Lösung... ABER... dann bitte auch die Länder trotzdem noch in deiner Wunschgewichtung?
Have your cake and eat it, gibts leider so nicht (vielleicht kämen noch "GDP-Weighted" Index-ETFs als Kompromiss deinen Ideen am nächsten, aber für die gibts zuwenig Produktangebot). In einen der beiden sauren Äpfel muss man halt beißen, man kann sich nur aussuchen welchen.
Entweder du "akzeptierst" die MK-Gewichtung und kannst dafür dann mit den einfachen großen Standardwelt-ETFs arbeiten. Oder du bestehst unbedingt auf deinen persönlichen Gewichtungswünschen, und musst dir dann aus dem vorhandenen Angebot an einzelnen Länder/Regionen-ETFs eine kleinteiligere Auswahl zur genaueren Umsetzung abbilden.

Und was die "Realität" angeht...
Warum ist China nur 3% im ACWI gewichtet? Weil eben die Marktkapitalisierung chinesischer Unternehmen nur 3% Anteil entspricht. So einfach, nichts weiter. Das kann man anders sehen, und meinen dass (aus X Y Gründen) der "korrekte" Anteil von zB China "in Wirklichkeit" Z Prozent betragen sollte, aber am Ende ist das alles auch nur immer wieder dieselbe alte Gretchenfrage:
Wie will man den "korrekten" Anteil (eines Landes bzw den Unternehmen) im Index eigentlich bemessen?
Da gibt es verschiedene Ansätze, alle mit ihren Pros und Contras. Marktkapitalisierung ist halt einer davon, und es hat schon seine Gründe, warum sich der jahrzehntelang als Standard etabliert hat (lies dich darüber halt ein bischen ein, um den Argumenten besser folgen zu können).
Ich würde mich, gerade als Anfänger der bisher ja noch nicht durch überlegene Kapitalmarktkompetenzen aufgefallen ist, auch etwas zügeln im Anspruch, jetzt daherkommen zu können und zu sagen, das ist alles "bescheuert" und "ich weiß es besser".
Okay, dann beschreib mal worauf sich deine Gewichtungsmethoden beziehen, systematisiere das in ein Regelmodell und mach ein paar Backtests, erst dann ist das wirklich was wert worüber man ernsthaft diskutieren kann.
Klar, du kannst auch nach BIP gewichten, da hat China zB grad laut IMF ugf 15% Weltanteil. Das stimmt genauso wie die 3% MK eben für die MK stimmen, alles nur eine Frage des Betrachtungsstandpunktes.


Schwachzocker sagt am 06. Januar 2018

@ Timo

"...von heute auf morgen ins überlegen und trudeln geraten"
"..Kurzschlussreaktion, alle Fonds verkauft"
"...schlaflosen Nächten"
"...mir unsympathisch"
"...finde ich bescheuert"
"...ich knalle nicht vorher durch"

So wird das nichts! Die Emotionen müssen weg!

  • SPDR MSCI Emerging Markets Small Cap, WKN:A1JJTF
  • Ishares Core Emerging Markets IMI, WKN:A111X9

Hier sind diverse Überschneidungen.

  • SPDR MSCI World Small Cap, WKN:A1W56P
  • UBS MSCI EMU Small Cap, WKN:A1JHNE

Hier auch!


Joerg sagt am 02. März 2018

"ich habe diese Start- zu End-Punkt" Performance-Vergleiche satt"

Hallo, heute quaele ich Euch mit weiteren Spitzfindigkeiten: Manege auf fuer Excel-Hokuspokus 4.0
Warum? Ausloeser waren gutgemeinte und wertvolle Posts wie die von ChristophG (https://www.finanzkueche.de/aktienmarktrenditen/) oder ChristianK (https://menschenzahlensensationen.wordpress.com/2018/02/15/hiiilfe-ich-habe-amazon-google-facebook-und-apple-verpasst-was-tun/)

Weshalb? Weil sie unnatuerlich sind! Die allergroesste Mehrzahl der Sparer-Zyklen sieht doch so aus:

  • zaghaftes Anfangen in den 25-35er Lebens-Jahren (Yolo!)
  • im Alter von 35-45 schon eher "Hoppla, sollten wir nicht langsam was fuer die Rente tun?"
  • über 45 Jahre "Oh, jetzt aber Gas geben, sonst wird's vielleicht spaeter doch eng?"

Man spart also als junger Mensch eher wenig, danach ein bisschen und zum Ende hin immer panischer?

"Egal, macht doch keinen Unterschied, worauf willst du hinaus? Hauptsache Aktien/ETFs - sind doch prima?!"

"Auch als Rentner halte ich das Depot weiter ... irgendwann ist die Sparrate der Tropfen auf den heissen Stein, der die Depot-Masse nicht mehr gross bewegt"

Ja, stimmt ... worauf ich aber hinaus will:

  1. Start- zu Endpunkt Performance Vergleiche sind unnatuerlich. Unsere gelebte Realitaet ist ein persoenlicher Investment-Pfad ueber die Ansparzeit. Meistens "stimmt": je frueher dein Pfad beginnt desto Zinseszins. Manchmal aber leider auch: Nicht soviel in der Hausse sparen sondern moeglichst viel in der Baisse anlegen ("im guenstigen Einkauf liegt der Gewinn") Sei also mutig, wenn's kracht!
  2. Deine Performance durch den Sparplan ist meistens hoeher als du denkst (und hoeher als Anfangs- Endpunkt-Betrachtungen geschaetzter Blogger und Kommentatoren dir glauben machen wollen). Einfach wegen deines pers. Investment-Pfades, weil zwischendurch Baissen dabei sind.
  3. Deshalb Chill-mal bezueglich kommender Draw-Downs (Boersen-Dips) und sei lieber genau dann etwas aggressiver?!

Disclaimer: In Wirklichkeit muesste der Sparplan-Anteil noch zum Ende hin ansteigen, weil bei den meisten Erwerbsbiographien erst zum Ende die Sparraten stark ansteigen.
Das kann dann "gut" sein (wenn dann gerade Baisse herrscht) oder "schlecht" (wenn's nur hoch geht bis zum Entsparzeitpunkt) - das hat man nicht in der Hand.
In der Wissenschaft wurde deshalb ernsthaft erforscht und vorgeschlagen als junger Anleger mit Hebel (1,2-1,5x) zu "investieren", um das Investitionspfad-Risiko zu mindern ... und frueher mehr Geld am Aktienmarkt zu haben.

So, genug geschwallt, jetzt ein paar Rendite-Bsp jeweils Start-Endpunkt sowie die jeweilige Sparplan-Betrachtung
Daten: von MSCI (https://www.msci.com/end-of-day-history), EURO, NET-variante (max.Quellenstr.Abzug), Wiederanlage d. Ausschuettungen Methode: 10 a Ansparen, 100 EUR monatl. Sparrate in Anteile umrechnen und ueber den Zeitverlauf akkumulieren,

SprplanInterv J01-D10 J02-D11 J03-D12 J04-D13 J05-D14 J06-D15 J07-D16
Invest_Kapita .12.000 .12.000 .12.000 .12.000 .12.000 .12.000 .12.000
AnlageDauer ..10,00 ..10,00 ..10,00 ..10,00 ..10,00 ..10,00 ..10,00
Anfang
Index .102,90 ..87,95 ..56,50 ..68,11 ..71,64 ..89,98 ..97,78
Endpnkt_Index ..87,91 ..85,82 ..97,87 .118,62 .141,75 .156,52 .173,31
pa.Rend.1xAnl ..-1,6% ..-0,2% ...5,6% ...5,7% ...7,1% ...5,7% ...5,9%
AnzahlAnteile .157,90 .158,99 .155,00 .146,14 .138,21 .130,55 .124,98
€jew.z.30.12. .13.881 .13.645 .15.170 .17.335 .19.591 .20.434 .21.660
pa.Rend.Sprpl ...2,9% ...2,6% ...4,7% ...7,3% ...9,6% ..10,4% ..11,5%

Beobachtung: Start-zu-End Betrachtung beim MSCI WORLD EUR NET sehen beschaemend aus, da kann man ja richtig Pech haben! Von -1,6 bis 7,1% p.a. ist alles dabei, Oh, Hilfe!
Dein Retter, der Sparplan "glaettet" jetzt aber alles: Hurra, 2,6 bis 11,5%! Da ist doch ein Oktober-Fest Besuch mit einigen Mass Bier locker drin!

Fazit:
Freue dich, wenn's runter geht und du noch mind. 5 Jahre bis zur Entnahme hast. Volatilitaet ist Sparplaners-Freund, nicht dein Feind!
Laechle muede, ueber jegliche Start-zu-End-Punkt Performance-Vergleiche, es kommt auf deinen persoenlichen Invest-Pfad an! Jetzt weisst du Bescheid.

Die Kehrseite: beim Entsparen ist alles umgekehrt ... bis dahin ueberlegen wir uns dann auch noch was :-D
Und spaetestens am Ende - wenn du die Sparplaene durchhaelst - "trifft es ja dann keinen Armen"


Joerg sagt am 19. April 2018

Ist deine Notfall-Reserve (Finanzfeuerwehr) auch zu hoch und du verpasst dadurch Ertrag am Aktienmarkt (hohe Opportunitaets-Kosten)? - Achtung nix fuer Anfaenger, nur fuer Fortgeschrittene -

https://earlyretirementnow.com/2018/04/18/emergency-fund-in-stocks/

Karsten, rechnet in seinem Post diese Woche vor, weshalb er persoenlich so gut wie keine Notfall-Reserve (emergency fund) haelt.

Damit stellt er sich ketzerisch gegen die weitlaeufig akzeptierte Mehrheitsmeinung irgendetwas zwischen 3-12 Monatsverbraeuchen fuer Unvorhergesehenes in zB Tagesgeld zu halten (zB f. Waschmaschine, Auto-Reparatur, Arbeitslosigkeit, unvorhergesehene Notfall-Ausgaben) und jedem Anfaenger wird geraten erst mal so ein Wohlfuehl-Polster aufzubauen, bevor es (endlich) an einen Depot-Sparplan geht ...

Seine interessante Argumentation gliedert sich wie folgt:

  • an historischen 36 Monats-Perioden (die Zeit fuer den Aufbau eines Notfallpolsters in 36 Monatsraten bis zu einer Summe X) zeigt er, dass in 3/4 der Kohorten die Entnahme aus dem ansonsten angesparten Depot effizienter gewesen waere
  • dann verkettet er solche Perioden und Notfall-Situationen (5-10 ueber ein Anlegerleben) und kommt zu dem Schluss, dass sich auf die Gesamtsituation bezogen, quasi immer das Investieren in ein Aktien-Depot mit nur sporadischen Teil-Verkaeufen in Notfaellen "gelohnt" haette.
  • er vergleicht eine Notfall-Reserve bezogen auf die Anleger-Lebenszeit (Lebenseinkommen) mit nicht-existenziellen Versicherungsloesungen - die keiner braucht (vglb mit Handy-, Fahrrad-, Geraete-Garantie-Verlaengerungsversicherungen)
  • Gruende fuer eine Notfall-Reserve liegen vielmehr in emotionalen oder psychologischen Bereichen
  • die mathematisch/roboter-verhaltensmaessige Antwort ist also: "Du brauchst keine/kaum eine Notfall-Reserve!" Spare sofort in ein Werpapier-Depot und wenn's ein Problem gibt, verkaufe etwas daraus. Meistens gibt's kein Problem. Falls es ein Problem gibt und du mit Verkaeufen zur Unzeit oder Kredit-Aufnahme reagieren musst, ist es - betrachtet auf das Anlegerleben - eine hinzunehmende, seltene Ausnahme. Auf die Anleger-Lebenszeit gesehen, ueberwiegen dann trotzdem die Vorteile der anderen 4-9 Situationen bei denen der Verkauf aus dem Depot die finanziell guenstigere Loesung war.
  • Bonus-Effekt: Ohne Notfallpolster waere man gezwungen - bei ploetzlichem Geldbedarf - die jeweils schlechteste/meist "gehasste" Asset-Position aufzuloesen. Also endlich kommt von aussen der noetige "Schubs" sich von den Depot-Leichen der Vergangenheit/viel zu hohem RK1-Anteil/"setzte-hier-ein-welche-Deiner-Anlagen-dich-stoert" zu trennen!
  • aber wer verhaelt sich schon immer rational und wie ein Roboter/regelbasierte Software?

Fuer mich persoenlich spielen die Opportunitaetskosten einer Notfall-Reserve keine so grosse Rolle (mehr).
Wenn das "Spiel gewonnen ist", kann man sich natuerlich einen Porsche, Schwimmbad, Yacht oder fettes "Notfall-Reserve-Polster" leisten.

Wenn man erst noch dahin will, muss jeder selbst entscheiden, wie "hart er am Wind Segeln will".

Immerhin, die Argumentation von Karsten ist gut und korrekt. Oder was meinst Du (erst seinen Post lesen)?


Niko sagt am 19. April 2018

@Joerg:
Interessante Betrachtungen, die du da zusammengefasst hast. Ich geb' mal meinen unqualifizierten Senf zu dem Artikel dazu:

  • Punkt 1/2: welche Aussagen Betrachtungen des historischen Aktienmarktes für die Zukunft haben ist ja hinlänglich bekannt.
  • Punkt 3: im Gegensatz zu einer Versicherung, die keiner braucht, kann man eine Barreserve immer gebrauchen. Außerdem ist sie liquider ;-)
  • Punkt 4-...: das Dumme ist nur, wenn Murphys Gesetz gerade dann zuschlägt, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann.

Fazit für mich (man kann das aber auch anders sehen): bei mir ist die Cashreserve die Feuerwehr, die mir Murphys Gesetz fernhält und mir kompromisslos Liquidität bereitstellt. Und da würde für mich der Spaß und die Zockerei aufhören. Mag sein, dass mir ein paar Prozent Rendite durch die Lappen gehen, dafür schlafe ich besser :-)


ChrisS sagt am 19. April 2018

Hallo Joerg,

erstmal nur zum Verständnis, wer ist der adressierte "Du", den du im Beitrag immer ansprichst, meinst du jemand speziellen (Finanzwesir, etc) oder eher allgemein rhetorisch jeden Leser?

Zum Inhalt allgemein, haja das sind halt so typabhängige Excelgeschichten. Ich könnte dazu auch einige Beiträge amerikanischer Finanzblogger rauskramen, die in eine ähnliche Richtung gehen - zB wo mal vorgerechnet ( ;-) wurde dass die "übliche Empfehlung", man solle ja im Alter seine Aktienquote reduzieren, historisch meist "unvernünftig" war (im Sinne von: der Rentner, der bis zum Tod ne volle 100% Aktienquote aufrechterhalten hat, konnte in der überwiegenden Zahl der Perioden länger/mehr davon zehren als jemand der dem "Allgemeinwissen" gefolgt ist, einen Großteil in Anleihen umzuschichten).
Das Prinzip dahinter ist ja so trivial wie offensichtlich - der Aktienmarkt hat halt nen langfristigen Aufwärtstrend, und je mehr/länger man daran partizipiert, umso mehr profitiert man auch davon.

Man muss halt nur die Schwankungen aushalten, und das ist eigentlich der ganze Knackpunkt bei solchen Geschichten - die Übertragung von Excel-Theorie in Lebens-Praxis.
Ich traue den Finanzbloggern, die sowas durchrechnen, und einer Minderheit ihrer aufgeklärteren Leser solche konsequente Durchhaltefähigkeit schon durchaus zu, aber habe über die allgemeine breite Massentauglichkeit doch so meine Zweifel, weil die Mehrheit der Leute dann doch nicht so rationale homo oeconomicusse sind wie es das Konzept vorraussetzt. Aber daran kann man ja arbeiten :-)

Ist ja dasselbe wie bei der Diskussion die wir auch hier schon öfter hatten:
Sollte ein Anfänger eine größere Summe lieber auf einmal komplett oder lieber "in mehreren Raten gestückelt" investieren?
Das fragt ja mit schöner Regelmäßigkeit immer mal wieder ein Neuer, und dann sagen wir ihm eigentlich auch immer das gleiche - auf der Vernunftsebene ist die Einmalanlage besser, weil sie in den meisten Fällen den größeren finalen Kapitalwert gebracht hatte (Grund siehe oben, der Aktienmarkt hat halt nen langfristigen Aufwärtstrend, an dem man auch am stärksten partizipiert wenn sofort das ganze Kapital auf einmal zum Wachsen eingesetzt wird).
Aber da ist ja noch die verflixte psychologische Ebene bei der Sache auf der anderen Seite ;-)
Genauso wie man auch nen Schwimmanfänger nicht als erstes sofort vom 5-Meter Brett stößt, sondern vom seichten Ende des Beckens behutsam ranführt, muss es auch beim Anlegen noch einen gewissen "Wohlfühl"-, oder sagen wir zumindest "nachts noch ruhig schlafen können"-Faktor geben müssen, und wer dazu meint, lieber mehrere kleinere Schritte benötigen zu brauchen, dem lass ich das auch gern so.
Mir egal wie, hauptsache die Leute kommen überhaupt mal zum Investieren.

@ Niko

"Punkt 1/2: welche Aussagen Betrachtungen des historischen Aktienmarktes für die Zukunft haben ist ja hinlänglich bekannt."

Historische Betrachtungen können durchaus sinnvolle Aussagen machen, man muss nur gewisse Einschränkungen beachten.
Erstens, eine längerfristige Betrachtung ist immer mehr Wert als eine kürzerfristige - idealerweise sollten mindestens mehrere Makrozyklen, also Jahrzehnte, mit Aufs und Abs, betrachtet werden, je länger umso mehr Verallgemeinerungspotential hat das ganze, wegen mehr Datenpunkten, weniger zeitpunktabhängiges Zufallsrauschen.
Zweitens, zwischen Betrachtungszeitraum und Prognosezeitraum muss einigermaßen Übereinstimmung sein. Soll heißen, man kann nicht aus langfristigen (zB mehrere Jahrzehnte zurück) Betrachtungen Aussagen über die kurzfristige Zukunft (zB Kursentwicklung der nächsten Monate) ableiten. Und umgekehrt gehts natürlich auch nicht.
Über die kurzfristige Zukunft lässt sich sowieso nichts sinnvolles sagen. Aber aus dem allgemeinen langfristigen Aufwärtstrend des Aktienmarktes seit über hundert Jahren kann man zB aber zumindest die berechtigte Überzeigung ableiten, dass er auch in weiteren hundert Jahren sehr wahrscheinlich noch höher als heute stehen wird.
Drittens, man muss ein gewisses Verständnis für Statistik, insbesondere Verteilungsfunktionen entwickeln. Soll heißen, wenn zB überall davon geredet wird, dass die "langfristige Rendite des Aktienmarktes bei ugf 5~8 % o.ä. beträgt" (was ja auch erstmal so stimmt, kann ja jeder selbst nachrechnen), soll man dass eben nicht so naiv verstehen, als wäre damit gemeint dass der Aktienmarkt immer, jedes Jahr und garantiert auch genausoviel Prozent erwirtschaftet.
Nein im Gegenteil, das was am Ende so lapidar als "langfristige Durchschnittsrendite" zusammengefasst wird, setzt sich im einzelnen aus vielen verschiedenen Jahresrenditen zusammen, die auch weit von diesem Mittelwert abweichen können (und tun). Das war so, ist so, und wird auch weiter so bleiben, also muss man damit umgehen können.

"Punkt 3: im Gegensatz zu einer Versicherung, die keiner braucht, kann man eine Barreserve immer gebrauchen. Außerdem ist sie liquide"

Wenn man die Barreserve immer gebraucht, ist sie bald aufgebraucht, und damit keine Reserve mehr. Wir reden ja hier auch eigentlich eher davon, den "eisernen Notgroschen" als einen abgetrennten Bereich (der eben nur für Notfälle zuständig ist) zu betrachten, und der nicht dem allgemeinen Konsum oder Spaßausgaben zur verfügung steht.
Aber wie gesagt, da muss jeder selber entscheiden, welches Kontenmodell am besten zu ihm persönlich passt.

"Fazit für mich (man kann das aber auch anders sehen): bei mir ist die Cashreserve die Feuerwehr, die mir Murphys Gesetz fernhält und mir kompromisslos Liquidität bereitstellt."

In Punkto "Liquidität" (was im Grunde erstmal nur sowas wie (schnelle) "Verfügbarkeit" meint) unterscheiden sich Standard-Aktien und -ETFs nicht wesentlich von Tagesgeld o.ä.
Beides kann man mit einem Klick ziemlich zeitnah zu Cash machen, wenn man es denn sofort will/braucht.
Und was "Murphys Gesetz" angeht (die Waschmaschine geht kaputt und es ist grad dazu noch Börsenkrise), am Ende ist das vielleicht auch vor allem ne Frage der Depotgröße.
Soll heißen, wieviel Aktienschwankungen kann ich mir sprichwörtlich "leisten", bis es wirklich meinen Lebensstandard angreifen würde, wenn ich in einer Krise durch Notsituation zum Verkaufen gezwungen wäre und dann nicht mehr genug Geld da ist? (Krisen behandeln wir hier meist einfach mit dem "-50% Crashtest", also einfach mal eine Halbierung des Depots durchspielen).
Das betrifft einen Anfänger natürlich viel mehr als so alte Hasen wie es Joerg am Ende schon angesprochen hat - wer wie wir schon ein gewisses Depotvolumen aufgebaut hat, der könnte sich auch bei einer Krisenhalbierung davon trotzdem auch noch tausend neue Waschmaschinen leisten, wenns denn nötig wäre :-D


Joerg sagt am 19. April 2018

Moin @Niko, hast du eine bessere Idee, wie man

  • erkenntnistheoretisch die These "Finanzfeuerwehr vs Technisches Depot-Entnahme-Hilfswerk" simulieren/ueberpruefen kann als mit einem Blick in den Rueckspiegel?
  • Liquide: eine Depotentnahme von ein paar Tausend fuer einen Notfall ist zwei-drei Klicks und 10-15€ Gebuehr entfernt. "Barreserve" schmiegt sich schon gefaehrlich an und ist viel schutzloser als "(Nur-im-auessersten-)Notfall-Reserve".
  • Murphys-Law ist hier beruecksichtigt worden: Baissen und pers.Notfaelle sind ja unkorreliert und mitteln sich deshalb ueber deinen Anlagezyklus heraus.

Oder wenn es bei dir anders waere, koenntest du vielleicht den Markt mit deinen pers. Notfaellen perfekt Timen (Nikos-Notfall-Indikator+Lombard-Kredit)? :-D

Aber ehrlich, ich finde ein Cash-Polster auch gut ...

Allerdings: 5.000€ zuviel im Tagesgeld (ca. 6% Rendite-Unterschied) kosten auf einen Anlagezyklus von zB 30 Jahren doch schon erhebliche: 28.700€. Wieviele von uns halten aber sogar 10, 15, 20k "zuviel"?

Naja, "besser Schlafen" ist halt auch teuer ... ;-D
LG Joerg


Joerg sagt am 22. April 2018

| Moin @Chris "wen meine ich mit DU"? Tja eigentlich nur Niko und Dich ...
Ihr seid die einzigen zwei, die meinen Post gelesen und kommentiert haben ;-)

Spass. Also bei "DU" denke ich immer an dieses Werbeplakat mit dem freundlichen aelteren Onkel. Der hat so'nen lustigen Zylinder auf, mit blau, weis - so bandiert und gesternt.
Mit einem knorrigen, grotesk langen Zeigefinger deutet er energisch auf die Betrachter und sagt: "we want YOU".
Lustige Werbung fuer eine Pfadfindergruppe? oder war es so etwas wie Wehrsport? Egal.
Jedenfalls das stelle ich mir immer vor, wenn ich "DU" schreibe :-)
LG Joerg


Reinsch sagt am 23. April 2018

Naja, einige Argumente sind ja aber arg an den Haaren herbeigezogen. Wer z.B. einen finanziellen Notfall braucht um Depotleichen auszusortieren, der ist wohl kaum der knallharte Excel Optimierer der das letzte Promill Rendite ausquetscht…

Ich bin kein Fan davon, die Cash-Reserve an Monatsverbräuchen oder gar den Gehältern festzumachen. Entscheidend ist da eher die persönliche Situation.

Ein Familienernährer, der selbstständig arbeitet und dabei auf sein Auto angewiesen ist und zudem in einem Eigenheim lebt wird natürlich mehr Geld puffern müssen. Der kinderlose Single, der zur Miete wohnt und mit dem Fahrrad zu seinem Arbeitgeber fährt, der kommt warscheinlich mit einem Tausender locker aus.

Letztendlich ist es eben ein Feuerlöscher. Die Frage ist also, wie groß ist das Feuer was maximal gelöscht werden muss? Mal ungeachtet irgendwelcher schwarzen Schwäne, die sowieso alles über den Haufen werfen…
Und daran wird dann die Reserve festgemacht. So groß wie nötig, so gering wie möglich.

Klar ist auch: Das Ganze ist eine Versicherung. Und Versicherungen kosten Geld. Wenn nix passiert zahlt man drauf…


Gabriel sagt am 29. Mai 2018

Hallo Zusammen

Viele schlagen eine Aufteilung von 70 % gehen in einen ETF, der den Index MSCI World abbildet und 30 % gehen in einen ETF, der den Index MSCI Emerging Markets abbildet.

Weshalb nicht in einen SPDR MSCI ACWI UCITS ETF oder Xtrackers MSCI AC World Index UCITS ETF 1C investieren? Beide 0.4% TER.

Oder der Vanguard FTSE All-World UCITS ETF mit nur 0.25% TER?
Ich überlege mir 75% in EFT's zu investieren und 25% mein Geld Risikoarm in Tagesgeld anzulegen.

Da ich in Zukunft auch von Dividenden profitieren möchte und würde wie folgt investieren:

-Vanguard FTSE All-World UCITS ETF 25%, Dividendenendite von ca. 2% -The Global X SuperDividend® ETF 25%, Dividendenendite von ca. 6.5% -iShares Mortgage Real Estate ETF 25%, Dividendenendite von ca. 8.5%

Danke für euren Feedback!

Gruss
Gabriel


ChrisS sagt am 30. Mai 2018

@ Gabriel

Die Frage "70/30 oder einfach einen gesamtglobalen ETF" ist kein so großer Gegensatz wie du vielleicht denkst. Wir hier können jedenfalls beides guten Gewissens empfehlen, bzw würden auch von keiner Variante besonders abraten.

Wofür sich jeder einzelne Anleger letztendlich entscheidet, hängt von seiner individuellen Situation, Ansprüchen und Bedürfnissen ab, in der persönlichen Abwägung der Eigenschaften der beiden Varianten.

Ein einfacher gesamtglobaler ETF (wie zB auf den ACWI oder FTSE-All World) kommt vor allem für Leute in Frage, die es eben wortwörtlich einfach wollen. Man muss nur ein Produkt ansparen, hat weniger operativen Aufwand (aber, Menschen unterscheiden sich ja auch in dem ob/was sie überhaupt als "Aufwand" empfinden, von daher...) und brauch sich um weniger zu kümmern.
Sagen halt die Leute, die sich für so eine Variante entscheiden, und das mag für sie auch alles stimmen, sei ihnen also gelassen.

Andere Leute entscheiden sich dagegen trotzdem lieber für die 70/30 Variante (oder noch kleinteiligere Regionensplits).
Warum?
Weil sie persönlich eben größeren Nutzen darin sehen, die Weltregionen damit individuell (also von der vorgegebenen Marktkapitalisierungsgewichtung im gesamtglobalen Index) nach eigenen Wünschen abweichend gewichten zu können (zB verbreitet ist eine Orientierung am Regionen-BIP, was eben auch die 70/30 Variante vereinfacht darstellen soll).

Über die Vor- und Nachteile beider Varianten könnte man lang und breit diskutieren, haben auch wir hier des öfteren schon getan.
Am Ende ist es aber relativ müßig, denn langfristig am wichtigsten bleibt immer noch die Grundsatzentscheidung, überhaupt mal mit dem investieren angefangen zu haben, und weniger so Detailfragen wie die "beste Aufteilung" - da sollen sich die Leute einfach aus all den vernünftigen und begründeten Ansätzen dann einfach für das entscheiden, was sie am ehesten überzeugt, das heißt also auch was sie am ehesten auch lange durchhalten und dranbleiben können (da sind wir wieder beim wichtigsten Punkt).

"Da ich in Zukunft auch von Dividenden profitieren möchte und würde wie folgt investieren:"

Haja, die lieben alten Dividenden mal wieder...
Mir fehlt grad die Motivation, da nochmal die durchgekaute Diskussion zu führen, vielleicht können einige andere Kommentatoren ja mal einspringen ? :-D

Ansonsten ne wie oben bereits gesagt - wenn du das machen willst, dann machs halt :-)


Marius sagt am 14. Juni 2018

Wer nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) gewichten will, landet bei vier Indizes: Nordamerika (28 %), Europa (25 %), Pacific > (11 %) und Schwellenländer (36 %).

Also nach meinem Verständnis werden hier die Größen der Aktienmärkte der einzelnen Länder mit den Größen ihrer Volkswirtschaften (BIP) gleichgesetzt. Das ist m.E. aber nicht richtig.

Beispiele:

Yum China (ISIN US98850P1093) ist eine Aktie aus dem US-Aktienmarkt, die nur das Chinageschäft von Yum! Foods enthält (Pizza Hut, Kentucky Fried Chicken). Ein Investment würde also zu 100% in die Kategorie EM und nicht Nordamerika fallen wenn man nach dem BIP und nicht nach den Aktienmärkten gewichten möchte.

Mit fast allen anderen Aktien ist es ähnlich. VW produziert weltweit und verkauft auch weltweit. McDonald's stellt weltweit die Burger mit Zutaten aus dem Endverbraucherland her (siehe Bigmacindex zum Kaufkraftvergleich). Medtronic hat den Firmensitz von USA nach Irland verlegt. Burger King gehört zur kanadischen Restaurant Brands obwohl nicht nur in Kanada Whopper gegessen werden. Eventuell verkauft Samsung genausoviel in Europa wie Apple und auch nicht wenig.

Die in Tschechien produzierten Skodas erhöhen das BIP des Schwellenlandes Tschechien aber den Börsenkurs von VW. Der Toyota Aygo wird auch in Tschechien produziert, der Fiat 500 aber in Polen.

Ich kann deshalb die 70/30 Aufteilung nicht nachvollziehen. Die EM-Aktienmärkte sind m.E. übergewichtet. Die 36% des weltweiten BIP der EM sind wahrscheinlich in einem normalen MSCI World AC mit rund 10% EM-Aktienmarkt ziemlich gut berücksichtigt, da ja auch in den EM-Ländern Waren und Dienstleistungen der Industrieländer-Aktienmärkte erzeugt werden.


ChrisS sagt am 14. Juni 2018

@ Marius

BIP-Gewichtung versus Marktkapitalisierungsgewichtung haben wir hier auch schon des öfteren immer wieder mal durchgekaut.
Abseits aller Detaildiskussionen über Vor- und Nachteile jeder Variante und der letztendlichen "Was ist denn nun besser?"-Gretchenfrage, über die sich die Anhänger und Gegner gerne untereinander streiten können, sollte man das auf der Meta-Ebene nicht so dogmatisch sehen wie die Teilnehmer manchmal so tun.

Dem Finanzwesir selbst ist es zB wahrscheinlich ziemlich schegal wie genau jeder einzelne Anleger seine Aktien-ETFs gewichtet - die Entscheidung BIP oder MK ist am Ende viel weniger wichtig als die grundlegende Entscheidung, einfach überhaupt mal mit dem Anlegen anzufangen*, von daher wird hier eigentlich von der Hausmeinung her wenig Zeit darauf verschwendet, an einer eher so unbedeutenden Stelle noch langwierige Glaubenskriege führen zu wollen.

Artikelbeispiele, die diese offene Haltung demonstrieren, sind zB

Also auch wenn sich die 70/30-Aufteilung als abgekürzte Standardempfehlung ziemlich verbreitet hat, wird hier niemand vom Hof gejagt wenn er die nicht teilt und lieber was anderes machen will.
Jeder muss da seine eigene Vorgehensweise finden, von der man begründet überzeugt ist, denn nur mit Überzeugung schafft man es, das Anlegen auch langfristig konsequent durchzuziehen (und das ist ja eigentlich das wichtigste).


Marius sagt am 14. Juni 2018

Es geht NICHT um BIP-Gewichtung vs. Marktkapitalisierung sondern darum, dass es sich bei der vermeintlichen BIP-Gewichtung 70/30 um KEINE BIP-Gewichtung handelt.

Bei einer BIP-Gewichtung müsste man für jede einzelne im Index enthaltene Aktie die Aufteilung auf den weltweiten Volkswirtschaften ermitteln und anschließend die BIP-Gewichtung des Indexes ermitteln.


ChrisS sagt am 14. Juni 2018

@ Marius

Weiß ich, ich wiederhole in früheren Kommentaren zu BIP etc ja auch vieles des gleichen. ;-)

70/30 ist "nur" ein sehr grob gehobelter Annäherungsversuch für normale kleine Privatanleger, dem allgemeinen BIP-Verhältnis zwischen Industrie- und Schwellenländern einigermaßen näherzukommen.
Näher jedenfalls als das 90/10 im MK-gewichtetetn ACWI. Die Gretchenfrage in dem Zusammenhang ist eigentlich nur "warum macht man das überhaupt" / "was soll das nützen" / "was ist besser" ?
Und in dem Zusammenhang wollte ich erstmal die Leser, die über sowas grübeln, nur darauf hinweisen, dass man von uns aus beides machen kann, bzw sich jeder einfach für das entscheiden soll wovon man eher überzeugt ist.

Ganz abgesehen davon, dass der 70/30 Standart wohl eh selbst schon ein paar Jahre bissel veraltet ist, aktuell sind wir je nach Betrachtung der Daten eigentlich schon bei 65/35 oder gar 60/40. :-D

Wie gesagt, dass ist eh nur der grobe, oberflächliche Holzschnitt.
Ne "richtige" BIP-Gewichtung, die also wirklich auf die einzelne Länder-Ebene alle Volkswirtschaften demnach gewichtet, übersteigt aber eh den praktischen Umsetzungshorizont der meisten kleinen Privatanleger.
Sich zB 46 einzelne Industrie- und Schwellenland-ETFs ins Depot zu legen um damit die "exakt passende" Verteilung auszutarieren ist dann doch zuviel des Guten. Wenn überhaupt, versucht man sich dann wenigstens mit 4-5 Regionen ETFs der ganzen Sache noch etwas weiter anzunähern, aber auch das ist nur mehr oder wengier eine Abstraktion.

Inhaltliches zu solchen komplexeren BIP-Gewichtungen kann man beispielsweise von den Indexanbietern lesen, die es vor Jahren mal probiert haben, solche danach angepassten Indexserien rauszubringen und populär zu machen.

Das klingt alles auf dem theoretischen Papier ganz nett, scheint sich aber im konkreten Praxisgebrauch danach auch nicht so wirklich durchgesetzt zu haben - erkennt man schon daran dass es eigentlich wenig bis garkeine ETF-Produkte auf solche "GDP-weighted Indices" gibt.
Vielleicht ist die mangelnde Nachfrage auch ein Zeichen des Marktes, das solche "Gimmicks" als doch eher nicht so wichtig eingeschätzt werden.

Und ja klar - gerade die international tätigen Multikonzerne, die auf der ganzen Welt rundherum wirtschaften, machen eine "BIP-Betrachtungsweise" mit ihren implizit geschlossenen Volkswirtschaftsräumen eher altmodisch bzw nicht mehr zeitgemäß angebracht.
Ich bin auch kein Anhänger/Praktikant davon, weil ich mich nie so recht damit hab anfreunden können was der Zusammenhang zwischen dem Land, in welchem ein Aktienunternehmen zufällig noch ansässig ist, mit der Gewichtung der Aktie zu tun haben sollte.
Also zB warum sollte ein gutes/großes/wichtiges Unternehmen untergewichtet werden, nur weil das Land in dem es sitzt ein verhältnismäßig geringes BIP hat? Dafür kann das Unternehmen doch nichts, das sollte also für so einen zweifelhaften Zusammenhang nicht noch "bestraft" werden.

Es gibt statt der "Länder-BIP"-Methode auch noch einige andere alternative Gewichtungsansätze, die wirklich speziell nur auf die Unternehmen, und ihre wirtschaftliche Größe/Bedeutung an sich allein, abzielen und damit den Zusammenhang zwischen Marktkapitalisierung einer Aktie und Anteil der Aktie im Index aufbrechen wollen.
Einer der ältesten und bekannten ist das "Fundamental Weighting" von RAFI. Dabei werden verschiedene Fundamentalkennzahlen (zB Gewinne, Umsätze, Buchwerte) herangezogen und aufsummiert, und geschaut welchen Anteil jedes einzelne Unternehmen mit seinen Bilanzwerten zu diesen Gesamtwerten beiträgt und danach ihre Gewichtung im Index sortiert.
Damit kann man vielleicht besser die Effekte (also die tatsächliche wirtschaftliche Größe/Bedeutung eines Unternehmens) die du in deinen Beispielen beschreibst, besser abbilden, zumindest passender als da noch irgendwie auf der Länder-Ebene herumzudoktern.
Nachzulesen zb hier https://www.researchaffiliates.com/en_us/strategies/rafi/rafi-fundamental-index.html (grob) und hier https://www.researchaffiliates.com/documents/FAJ_Mar_Apr_2005_Fundamental_Indexation.pdf (etwas ausführlicher).

Aber wie oben schon gesagt gilt natürlich auch hier, zwischen "klingt in der Theorie ganz nett" und "ist praxistauglich, hat sich durch/umgesetzt" wird immer ein gewisser Unterschied sein, von daher habe ich auch kein großes Problem damit erstmal nur weiter bei meinen "normalen" MK-Index ETFs zu bleiben.


Marius sagt am 15. Juni 2018

Näher jedenfalls als das 90/10 im MK-gewichtetetn ACWI. Die Gretchenfrage in dem Zusammenhang ist eigentlich nur "warum macht man das überhaupt" / "was soll das nützen" / "was ist besser" ?

Genau das war ja meine Frage. Ich kann keinen Sinn an dieser Aufteilung erkennen. In folgendem Link kann man in der Grafik sehen, dass die EM in den letzten 10 Jahren ein deutlich größeres Wirtschaftswachstum hatten als die Industrieländer:

www.capital.de/wirtschaft-politik/die-schwellenlaender-wachsen-schneller

Vergleicht man nun zwei ETF-Charts von einem MSCI World und einem MSCI EM so performte der EM-ETF in den letzten 10 Jahren deutlich schlechter als der Industrieländer-ETF.

Man kann also sogar davon ausgehen, dass in einer 70/30 Aufteilung weniger EM "drin ist" als in einer normalen 90/10 Aufteilung. Offensichtlich profitieren hauptsächlich Aktien aus Industrieländern von der steigenden Wirtschaftskraft in den EM.

Mit einer 70/30 statt 90/10 Aufteilung hat man sich in den letzten 10 Jahren in etwa den gesamten Kostenvorteil ETF vs. aktiven Fonds zerschossen.

Wer hatte sich das denn ausgedacht? Traut er sich nicht sich zu melden?


Finanzwesir sagt am 16. Juni 2018

Hallo Marius,

"dass die EM in den letzten 10 Jahren ein deutlich größeres Wirtschaftswachstum hatten als die Industrieländer"

Wie wird es in den nächsten 10 Jahren aussehen? Es ist immer gut mehrere Eisen im Feuer zu haben. Ein Beispiel hier: https://finletter.de/8005/about-fintech-17-die-riesenameise-ant-financial/

In diesem Artikel geht es um Ant Financial, das äußert erfolgreiche Banking-Spin-off des chinesischen Ecommerce-Riesen Alibaba.

"Auch die weiteren Kennzahlen sind beeindruckend und lassen den Bankenschreck der westlichen Welt – PayPal – geradezu niedlich aussehen: Bei der Anzahl der verarbeiteten Transaktionen in 2017 liegt Ant mit 239 Milliarden gegenüber 7,6 Milliarden schier uneinholbar vorn.
Auch beim Transaktionsvolumen hat die Riesenameise mit 16,7 Billionen US-Dollar die Nase gegenüber PayPal mit gerade mal 0,45 Billionen klar vorn."

Aktuell mögen die Ströme noch vom Industrieland ins Schwellenland gehen: Coca Cola und Apple verkaufen der erstarkenden Mittelschicht ihre Produkte.
Aber irgendwann dreht sich das um. Dann verkaufen die Chinesen und Inder uns Medizintechnik für eine alternde Bevölkerung.
Beim Stahl ist es schon so weit. ArcelorMittal ist der größte Stahlproduzent der Welt. Formal ein Luxemburger Unternehmen, aber Hauptaktionär ist die indische Familie Mittal mit 40,83 % der Aktien bzw. 42,22 % der Stimmrechte. Zweitgrößter Einzelaktionär ist der luxemburgische Staat mit lediglich 2,5 % der Aktien bzw. 2,58 % der Stimmrechte.

Da niemand weiß, was die Zukunft bringt geht es einfach darum in beiden Regionen (Industrie- und Schwellenländer) investiert zu sein.

Warum 70/30?

Vor allem, weil es eine schöne Kombi ist. Man ist signifikant in den Entwicklungsländern investiert, aber die soliden Industrieländer stellen den Löwenanteil. Für deutsche Anleger, die einen soliden Home Bias pflegen sind 30% schon eine Hausnummer.
Punkt 2: Das Auge investiert mit: 70/30 sieht einfach gut aus. Wobei 75/25 für Leute, die in einen Dezimalsystem aufgewachsen sind ohne Zweifel auch seinen Charme hat. :-) Hätte ich bis vor einem Jahr auch nicht geschrieben. Aber meine Erfahrungen seit 2014 haben nich das gelehrt.

Schau Dir mal die Top-Liste der Trades an der Börse Stuttgart an:
https://www.boerse-stuttgart.de/de/boersenportal/wertpapiere-und-maerkte/top-flop-serien/umsatzspitzenreiter/?ID_CATEGORY_INSTRUMENT=4937
Eine fast 100%ig deutsche Veranstaltung.

Ein Wort noch zu "Entwicklungsländern". Ich habe das schon mit Absicht hingeschrieben. China, Indien, Russland, Süd Korea, Brasilien sind formal Schwellenländer, keine Entwicklungsländer. Aber gefühlt sind es eben doch Entwicklungsländer mit komischen Regierungen, Umweltproblemen und Korruption.
In meiner täglichen Praxis sehe ich immer wieder, dass Anleger überhaupt nicht in Schwellenländer investieren, weil es ihnen zu unseriös ist. Machen machen 90/10, andere 75/25, 60/40 habe ich noch nie gesehen. Mir ist das letzlich egal.
2014 - 2016 habe ich das auch so erklärt. 90/10 vs. 80/20 vs. 75/25 vs. 70/30 - langatmig, genau, fundiert. Das Ergebnis: Verwirrung und die Frage:
"Ja was soll ich den tun?"
Antwort: "Was immer Du für richtig hälst."
Antwort auf die Antwort: "Das muss ich mir überlegen."
Gehen 6 Monate ins Land.
Finanzwesir fragt: "Und?" Antwort: "Ooch, bin noch bei Tagesgeld."

Im Laufe des Jahres 2017 habe ich mir dann angewöhnt zu sagen: 70/30. Klare Ansage und der Schwung bleibt erhalten. Tagesgeld ist der Teersumpf in dem die Leute feststecken. Da müssen sie raus. Ob mit oder ohne Emerging Markets.

Gruß
Finanzwesir


Gainde113 sagt am 16. Juni 2018

Ich denke, dass die 1-Fond-Lösungen à la MSCI ACWI und FTSE All-World (RK3) in Zukunft noch wichtiger werden für den einfachen Privatanleger. Simple Lösung ohne Rebalancing und kostensparend. Wichtiger ist ja die Asset-Allokation.
China wird ja jetzt auch in den MSCI World aufgenommen und es fragt sich inwieweit die Unterscheidung zwischen entwickelt und Schwelle nich Sinn macht.
Persönlich will ich einfach an den wertvollsten Unternehmen weltweit teil haben (Marktkapitalisierung) und da ist mir das Land mit dem Hauptsitz egal. Die Korrelation nimmt ja laufend innerhalb der Aktienwelt zu.


ChrisS sagt am 16. Juni 2018

@ Marius

"Ich kann keinen Sinn an dieser Aufteilung erkennen."

Musst du auch nicht - wenn du mit dieser Standardempfehlung unzufrieden bist und sie dich nicht überzeugt, bzw du lieber aus Gründen XY eine andere Aufteilung/Methode nutzen willst, wird dir hier niemand das verbieten wollen, oder zähe Glaubenskriege um die Ermittlung irgendeiner "objektiv richtigen" Allokation für Alle führen (wenn sowas überhaupt möglich ist).
Jeder soll das machen wovon er am ehesten überzeugt ist, denn gerade diese Überzeugung ist das eigentlich wichtige, denn die ermöglicht es einem in der gewählten Allokation auch lange genug dranzubleiben. Und diese Durchhaltefähigkeit ist das Entscheidende bei der Anlage, nicht so sehr die Detailaufteilung - siehe: die beste Aufteilung der Welt nützt nichts, wenn ich sie wegen mangelnder Überzeugung nach einem Jahr schon wieder aufgebe und abändere.

Ich gehe mal stark davon aus dass du schon allgemein investiert bist - gut so, mehr brauch man sich eigentlich garnicht darüber zu streiten. Uns interessiert es wie gesagt ziemlich wenig, ob jemand seine Aktien nun 70 / 30 oder 90 / 10 oder WasAuch / Immer investiert, hauptsache dass er überhaupt mal investiert und nicht nur unschlüssig im Sparbuch klebenbleibt.

"Vergleicht man nun zwei ETF-Charts von einem MSCI World und einem MSCI EM so performte der EM-ETF in den letzten 10 Jahren deutlich schlechter als der Industrieländer-ETF."

In der letzten 10j-Periode (also 2008-2018) hat EM schlechter als der World performt, ja. Geht man noch weiter zurück und schaut sich die vorletzte 10j-Periode an (zB 1998-2008), war der EM viel besser als der World... von daher, panta rhei, Zyklen und mean reversion überall.
Mit so "Rückspiegel-Backtesting" sollte man eh vorsichtig sein und dessen Aussagekräfte nicht überschätzen.
Weder lässt sich daraus wirklich definitiv ableiten, dass für die Zukunft EMs "total schlecht und unnötig sind, also keiner sollte mehr darin investieren", oder dass EMs "absolut das beste sind und jeder sollte nur noch darin investieren".
Irgendwo zwischen diesen beiden übertriebenen Extremen muss jeder Anleger selbst eine persönliche Verteilung finden, die zu ihm selbst und seinen Überzeugungen passt, und ob das am Ende nun eine 10% Allokation oder eine 30% Allokation, oder irgendwas dazwischen sein wird, sei ihnen selbst überlassen.

"Mit einer 70/30 statt 90/10 Aufteilung hat man sich in den letzten 10 Jahren in etwa den gesamten Kostenvorteil ETF vs. aktiven Fonds zerschossen."

Wie gesagt, Rückspiegel-Investieren, vorsicht. Wenn wir diese Argumentation mal weiterführen, könnte man ja auch sagen "das meiste Aktienwachstum in den letzten 10 Jahren ging mehrheitlich vor allem von den USA aus, die anderen Regionen hinkten zurück -> demnach hätte man alles nur in die USA investieren brauchen /bzw soll für die Zukunft auch alles nur in die USA investieren!".
Wenn du da (richtigerweise) einhakst und sagst "halt, so einfach kann man das ganze natürlich nicht sehen, das ist eine unvernünftige Fehlableitung, da sich das ja auch mal wieder für die Zukunft ändern kann und wird"... dann muss das im Prinzip auch für die EMs gelten.

"Wer hatte sich das denn ausgedacht? Traut er sich nicht sich zu melden?"

Man wird nicht "den einen" Schuldigen finden, der sich das ursprünglich ausgedacht hat und den man dafür verantwortlich machen kann. Wie du an den PDF-Links siehst, ist es relativ verbreitet, dass sich viele Leute/Institutionen um solche alternativen Gewichtungsideen Gedanken und Untersuchungen machen.

Da ich selber kein Anhänger/Praktikant der BIP-Gewichtung bin, habe ich kein großes Bedürfnis sie noch inhaltlich gegenüber den (berechtigten, da ich auch vieles davon ähnlich sehe) Kritikpunkten verteidigen zu müssen, aber wer weiß, vielleicht meldet sich ja hier nochmal der ein oder andere BIP-Benutzer zu wort und legt seine Sicht der Dinge dar, dann kann man mit denen weiter über die Pros und Contras an sich diskutieren. :-)

Wie gesagt, der Finanzwesir hat ja schon ein bischen weiter erklärt, warum er überhaupt 70/30 als "Standardempfehlung" benutzt.
Dahinter steht nun nicht so sehr ein wissenschaftlich-autoritärer Anspruch, dass das nun schon die "optimalst berechnete" Assetallokation sein soll, sondern es geht erstmal einfach nur darum, den Anfängern und Unschlüssigen, die von selbst nicht auf den Trichter kommen, überhaupt mal irgendeine Zahl hinzuwerfen, zu der sie sich positionieren können.
Also wie oben gesagt, können sie die auch ablehnen und das anders machen, aber dafür müssen sie sich ja erstmal selbst eigene Gedanken machen warum sie das ablehnen und was besser sein soll. Der Bildungsprozess wird dadurch also (hoffentlich) angeregt.
Aus seinen Leserzuschriften hat sich die Überzeugung herauskristallisiert, dass die meisten Einsteiger eben kein abwägendes wischi-waschi "ja äh also man kann das so oder so oder so... machen, dafür gibts viele verschiedene Ansichten, sucht euch einfach was raus.."- Geblubber haben wollen, dass sie weiter orientierungslos und gelähmt zurücklässt, sondern den metaphorischen Arschtritt um überhaupt mal zu Potte kommen zu können.

Klar, für "Fortgeschrittene", die schon eigene gefestigte/begründbare Meinungen zu den Allokationen haben, mag so eine holzschnittgrobe Basta-Ansage eher unbefriedigend sein, da man ja endlos alle möglichen Details weiter ausdiskutieren kann - aber wie gesagt, wir sind damit ja auch eigentlich garnicht mehr das beabsichtigte "Zielpublikum" solcher Empfehlungen, und jeder der schon weiß was er tut soll auch tun was er für richtig hält :-)


Schwachzocker sagt am 16. Juni 2018

Hallo Marius,

die 70/30-Gewichtung hat sich jemand ausgedacht, der nach BIP investieren wollte. In den Jahren von 2009 bis 2011 war das etwa der BIP-Anteil der Schwellenländer. Heute sind es eher 38%. Man hätte die Gewichtung also laufend anpassen müssen, oder auch nicht.
Ob das Sinn ergibt, musst Du selbst entscheiden.
Genauso gut könnte man sagen, dass das Investieren nach Marktkapitalisierung in der Vergangenheit keinen Sinn ergeben hat, weil andere Dinge (im Rückblick) besser waren. Was sagt uns das für die Zukunft? Richtig! Nichts!

Deine Betrachtungen im Rückspiegel sind sehr problematisch. Du wählst willkürlich einen bestimmten Zeitraum (10 Jahre) und machst daran alles fest. Was vor dieser Zeit passiert ist, interessiert Dich nicht. Eine solche Betrachtung ergibt in der Tat keinen Sinn.

Mein Anteil an Schwellenländern beträgt übrigens 20%. Welchen Sinn das ergibt, möchtest Du wissen? Keinen besonderen! Es muss ja auch nicht alles einen Sinn ergeben.


Marius sagt am 16. Juni 2018

@Finanzwesir

Da niemand weiß, was die Zukunft bringt geht es einfach darum in beiden Regionen (Industrie- und Schwellenländer) investiert zu sein.

Das ist schon klar, aber das war auch nicht meine Frage bzw. Kritik. Es geht mir darum WIE man es umsetzt um in "beiden Regionen" investiert zu sein.

Man kann doch nicht einfach nach den ersten beiden Zeichen der ISIN gehen und damit bestimmen in welchen Ländern das Geschäft der Aktiengesellschaft spielt.

Beispiel:
Jemand ist mit 30000 Euro in drei Einzelaktien zu jeweils 10000 Euro investiert.

  • Mondelez ISIN: US6092071058
  • Yum China ISIN: US98850P1093
  • Kraft Heinz ISIN: US5007541064

Nach Deiner Logik wäre er zu 100% in den USA investiert, da er nur US-Aktien im Depot hat.

Nach meiner Logik wäre er zu mindestens 33,3% in China investiert, da Yum China nur das Chinageschäft von Yum (z.B. Pizza Hut, KFC) enthält.
Er wäre weiterhin mit Mondelez zu 0% in USA und Kanada investiert, da Mondelez das Nordamerikageschäft in Kraft Foods ausgegliedert hatte (z.B. Milka, Philadelphia Käse). Also zu 100% in der restlichen Welt ohne Nordamerika.

Mit Kraft-Heinz wäre er in USA und Kanada und nur für das Heinzketchupgeschäft weltweit investiert.

Er wäre also zu weniger als 33% in den USA investiert. Die 33,3% Kraft-Heinz minus Nicht-USA-Anteil von Heinz Ketchup minus Kanadaanteil von Kraft.

Er wäre zu über 33% in Schwellenländern investiert. Die 33,3% Yum China plus den EM Anteil von Mondelez plus den EM-Anteil von Heinz-Ketchup. Also zusammen vielleicht so 45% EM.

Also zusammen geschätzt ca. 45% EM, 25% USA und 30% Europa, Pazifik und Rest.

Dass eine BIP-Aufteilung nach Aktienmärkten auch nicht in etwa Pi mal Daumen so grob sondern überhaupt nicht funktioniert hatte ich versucht mit den Daten der gegenläufigen Aktienentwicklung der EM und des Wirtschaftwachstums der EM zu erklären.
Wirtschaft in den EM lief deutlich besser in den letzten 10 Jahren und Aktien liefen deutlich schlechter als in den Industrieländern.

Schau Dir mal die Top-Liste der Trades an der Börse Stuttgart an: Eine fast 100%ig deutsche Veranstaltung.

Also an der Börse Stuttgart kann man doch fast nur deutsche Aktien handeln. Was möchtest Du mir damit sagen? Stuttgart ist eigentlich die Börse für Zertifikate. Wenn man japanische Aktien an einem deutschen Börsenplatz ordert zahlt man ca. 3% mehr als in Tokio. Also ca. 6% Spread.
Ich habe mal versucht eine Order für Pola Orbis ISIN JP3855900001 an einem deutschen Börsenplatz einzugeben. Stuttgart kann ich gar nicht auswählen, nur Frankfurt und Berlin.

Die Frage ist doch wie ich den Anteil am Geschäft in den EM erhöhe wenn ich das möchte. Gibt es dafür spezielle ETFs? In einzelne Branchen kann man ja per ETF investieren aber auch in Wirtschaftszonen? Oder geht das nur per aktiv gemanagten Fonds und per Einzelaktien?

Gruß Marius


Finanzwesir sagt am 16. Juni 2018

Hallo Marius,

"Gibt es dafür spezielle ETFs?"

Ja, nennt sich Emerging Markets ETF. Da gibt es mehr als genug zur Auswahl (mehr als 10). Entweder basieren Sie auf dem MSCI- oder dem FTSE-Framework.

MSCI macht das seit 1969, siehe https://www.msci.com/indexes

Ich nutze dieses Framework als Grundlage für meine Investition und bin fertig. Das ist vergleichbar mit der Programmiererei. In meiner Jugend programmierten echte Männer in Assembler. Heute hat man fertige Bibliotheken und muss nicht mehr jede Eingabemaske selbst programmieren. Oder wie die Automobilfirmen. Die ziehen die Strippen nicht selbst durchs Auto, sondern lassen sich fertig konfektionierte Kabelbäume anliefern, die dann zack, zack einrasten und weiter geht's.

Mit ETFs kannst Du ganz einfach die vier großen Wirtschaftszonen abbilden.

  • Nordamerika: Ein ETF auf den MSCI USA oder MSCI Nordamerika oder der S&P 500, oder das FTSE-Pendant
  • Europa: Ein ETF auf den STOXX 600 Europe oder den MSCI Europe, bzw. FTSE Developed Europe
  • Pazifik: Ein ETF auf den MSCI Pacific oder MSCI Japan
  • Schwellenländer: Ein ETF auf den MSCI Schwellenländer bzw. FTSE Schwellenländer.

Diese vier Blöcke kannst Du dann hin- und herschieben, wie es Dir gefällt.

Gruß
Finanzwesir


Marius sagt am 16. Juni 2018

@Finazwesir

Bitte lies Dir meinen Post durch. Was soll ein ETF auf Aktien deren Firmenzentrale sich in Schwellenländern befinden bringen? Das hat nichts mit investieren in Wirtschaftszonen zu tun sondern mit investieren in Aktienmärkten.

Gruß Marius


Mark85 sagt am 17. Juni 2018

An Marius: Ich teile deine Ansichten, aber wir können daran nichts ändern. Irgendwer im Wertpapier-Forum hat wohl mal 70:30 und 30:30:30:10 als Standardempfehlungen durchgesetzt und danach wurden diese Aufteilungen ohne größeres Hinterfragen im Netz verbreitet und weiterempfohlen. Natürlich gibt es auch andere Stimmen, aber die gerade erwähnten Standardempfehlungen halten sich erstaunlich hartnäckig. ;-)

Ich verstehe den Sinn dahinter auch nicht, weil es gegen die passive Anlagephilosophie verstößt (man weicht bewusst aktiv ab), es laut Herrn Kommer keine Zusammenhänge zwischen Bruttoinlandsprodukten und Kapitalmarktrenditen gibt und sich maximal Pseudo-BIP-Gewichtungen umsetzen lassen.

Selbst wenn es nur die Unternehmensform Aktiengesellschaft in der Welt gäbe, diese rein national agierten und alle zugeordneten Länderkürzel stimmten, kriegte man keine saubere BIP-Gewichtung hin, weil innerhalb jedes ETFs wiederum nach Marktkapitalisierung gewichtet wird. Konsequent angewandt müsste man also für jeden einzelnen Staat einen eigenen ETF im Depot haben.

Oft liest man als Begründung : ,,Die USA sind stark übergewichtet." Vielen scheint dabei nicht klar zu sein, dass durch die Globalisierung die Welt immer enger zusammengewachsen ist. Ich sehe das wie du, man könnte man auch schreiben: ,,Klasse, man hat in nur einem Produkt die XXXX größten international/multinational agierenden Aktienunternehmen der Welt." :-)


Marius sagt am 17. Juni 2018

@Mark85

Danke für Deine Antwort. Bei der Gewichtung nach Marktkapitalisierung kommt noch hinzu, dass zusätzlich von den Indexerfindern der prozentuale Streubesitz berücksichtigt wird.

Das macht natürlich Sinn wenn viele Marktteilnehmer nach Indexen investieren, da es sonst zu Verknappungen und ungewollten Kursausschlägen kommen kann (siehe VW damals bei ca. 1000 Euro pro Aktie).

Aber ist das dann passives oder aktives Investieren wenn ich zwei gleichgroße Unternehmen unterschiedlich gewichte, da sie unterschiedlichen Streubesitz haben?

Die Slowakei, mitten in der EU mit dem Euro als Währung ist nicht mal ein Schwellenland. Nach welchen Kriterien legt das denn wer fest?

Zitat aus Wikipedia: Die Slowakei führt mittlerweile den Spitznamen eines „Detroit Europas“.[122] Im Jahr 2013 wurden 980.000 Fahrzeuge in der Slowakei produziert. Mittlerweile macht die Automobilindustrie laut der slowakischen Automobilvereinigung 12 % des BIP aus und trägt 26 % zum Gesamtexport des Landes bei.


Anton sagt am 19. Juni 2018

@Mark85

Die Mischungen 70:30, 50:30:20 oder 30:30:30:10 haben sich in der Praxis bewährt. Wenn dir diese Mischungen nicht behagen, mische einfach nach deinem Gusto.
Mit Hilfe von historischen Daten kannst du berechnen, wie sich deine Mischung in der Vergangenheit entwickelt hat. Wenn du das goldene Ei gefunden hast: Bravo! Hoffentlich verliert diese goldene Ei in der Zukunft nicht seine Zauberkräfte ;-)


Lukas sagt am 19. Juni 2018

@Marius

Du beschwerst dich ernsthaft darüber, dass man mit Aktien-ETFs nur in Aktienmärkte investieren kann? Langsam wird es echt skurril.


ChrisS sagt am 19. Juni 2018

@ Gainde113

"China wird ja jetzt auch in den MSCI World aufgenommen und es fragt sich inwieweit die Unterscheidung zwischen entwickelt und Schwelle nich Sinn macht."

Da hast du vielleicht was missverstanden. Bis "China jetzt auch in den MSCI World aufgenommen" wird, dauerts noch eine ganze Weile. Die eigentliche Meldung, die du wohl meinst ist eher die aktuelle Entscheidung von MSCI, jetzt nach und nach auch einige chinesische Onshore A-Aktien mit in die entsprechend passenden Regionalindizes (zB MSCI Emerging Markets) mit aufnehmen wollen. :-)
Artikel mit mehr Details dazu kann man sich zuhauf ergoogeln, zB https://www.reuters.com/article/us-china-stocks-msci-explainer/what-is-chinas-a-share-msci-inclusion-idUSKBN1HY0BO


Marius sagt am 20. Juni 2018

@Lukas

Du beschwerst dich ernsthaft darüber, dass man mit Aktien-ETFs nur in Aktienmärkte investieren kann? Langsam wird > es echt skurril.

Der Finazwesir kam doch auf die Idee mit ETFs auf Volkswirtschaften zu setzen, nicht ich. Ich denke er wird uns noch erklären wie das geht.

Außerdem gibt es auch ETFs die z.B.auf Branchen und nicht auf Aktienmärkte von Ländern setzen. Man könnte sich zum Beispiel den hier kaufen: iShares Healthcare Innovation UCITS ETF

Warum sollte es jetzt nicht auch einen geben der z.B. auf die Wirtschaftsentwicklung von China oder der der gesamten EM setzt?


Dummerchen sagt am 21. Juni 2018

@Marius:

Ich wollte mich ja ursprünglich aus der Diskussion raushalten, aber vielleicht braucht es eine kurze knappe Antwort, damit es klar wird:

"Der Finazwesir kam doch auf die Idee mit ETFs auf Volkswirtschaften zu setzen, nicht ich. Ich denke er wird uns noch erklären wie das geht."

Du irrst im Detail. Der Finanzwesir kam auf die Idee(*) möglichst breit gestreut in den Aktienmarkt zu investieren.
Das geht am leichtesten, wenn man sich ein paar ETFs schnappt, die den gesamten Markt abdecken, so dass man möglichst an jedem Unternehmenserfolg der Welt partizipiert.
Ob das nun die 1-Fonds-Lösung (MSCI ACWI), 2-Fonds-Lösung (MSCI World + EM) oder noch komplizierter umgesetzt wird, ist vollkommen zweitrangig und in meinen Augen eher Geschmackssache. Auch die Aufteilung in 70:30, 75:25, 60:40 oder gar 62,4:27,6 ist total egal.
Der Finanzwesir hat ja schon oben erklärt, dass er die 70:30-Empfehlung deshalb gibt, weil es schöne glatte Zahlen sind und die Ratsuchenden damit einen Anhaltspunkt haben, der ihnen weiterhilft.
Gerade Neulingen ist mit einem konkreten Rat oftmals mehr geholfen als wenn ich hier schreibe: "Ist doch total egal wie Du das genau machst - streu halt breit. Was die bessere Aufteilung gewesen wäre, weißt Du eh erst hinterher." Dann wird tagelang gegrübelt und im schlimmsten Fall gar nicht gehandelt.

Der ganze BIP-/Marktkapitalisierungs-Quatsch (sorry!) ist nett für Rückblicke. Ich würde mir davon aber nicht mehr als eine Orientierungshilfe versprechen. Breit streuen ist das wichtige daran.

"Außerdem gibt es auch ETFs die z.B.auf Branchen und nicht auf Aktienmärkte von Ländern setzen. Man könnte sich zum Beispiel den hier kaufen: iShares Healthcare Innovation UCITS ETF"

Statt einer Investition in Unternehmen, die unterschiedlichen Wirtschaftsregionen zugeordnet sind, kann man natürlich auch andere Kriterien heranziehen.
Theoretisch geht dies natürlich auch mit Branchen-ETFs. Wenn man nun die Maxime der möglichst breiten Streuung auch hier anwenden will, muss man jedoch mehr als ein Dutzend ETFs kaufen, um wieder mehr oder weniger die komplette Welt abzudecken. Es ist also ein höherer Aufwand nötig, um das gleiche Resultat zu erreichen.

"Warum sollte es jetzt nicht auch einen geben der z.B. auf die Wirtschaftsentwicklung von China oder der der gesamten EM setzt?"

Den einen wird es geben. Es ist geradezu töricht, Aktien von mehr als einem Unternehmen, mehr als einer Region, mehr als einer Branche oder mehr als eines Landes zu kaufen, wenn man sich 100% sicher ist, dass dieser eine ETF/diese eine Aktie sich besser entwickeln wird als der Rest.
Wenn jemand die/den Gewinner der Zukunft kennt, sollte er tunlichst vermeiden, sein Geld in die ganzen Loser am Markt zu investieren. (Da meine Glaskugel leider ziemlich trübe ist, kann ich solche Vorhersagen nicht treffen und streue daher lieber breit - wenn jemand anders da mehr Vertrauen in seine Zukunftsprognosen hat: Bitte sehr. Jeder investiert sein eigenes Geld.)

Ich hoffe, es wird langsam klarer.

Liebe Grüße
Dummerchen

(*) Naja, nicht wirklich. Die Idee ist nichts neues und wurde nicht von ihm entwickelt.


ChrisS sagt am 21. Juni 2018

@ Marius

"Warum sollte es jetzt nicht auch einen geben der z.B. auf die Wirtschaftsentwicklung von China oder der der gesamten EM setzt?"

Es gab mal von Comstage einen ETF auf den "MSCI World with EM Exposure"
https://www.msci.com/documents/10199/a7493e51-dfa6-422c-9547-b6217dcaf7dc
In dem wurde so was ähnliches gemacht wie du es dir vielleicht vorstellst.
Aus allen Firmen des MSCI World wurde eine kleinere Unterauswahl (ca 300) gebildet/gewichtet, die den höchsten Anteil an Umsätzen in/aus der EM-Region haben.

Der konkrete Comstage ETF (LU0947416961) darauf wurde 2013 aufgelegt und 2016 wieder geschlossen, weil er mangels Anlegerinteresse nie auf ein ausreichendes Fondsvolumen kam, sondern nur einen einstelligen Millionenbetrag einsammeln konnte.

Das könnte man also in gewisser Weise auch so deuten dass - egal wie nachvollziehbar und berechtigt deine Unzufriedenheit/Kritik an den klassischen Standard-Aktienkategorisierungs-Modellen ja auch sein mag - du damit relativ allein dastehst und die überwiegende Mehrheit der Anleger das noch nicht so wirklich problematisch findet oder interessiert.

Am Ende gehts nach allen idealtheoretischen Überlegungen halt immer nur noch um eins, sie müssen auch konkret umsetzbar sein, es müssen Investitionsvehikel dafür vorliegen. Wenns die nicht gibt, tja dann kann ich noch so lange drauf warten oder rumkritisieren, aber es bringt ja nichts. :-)


Marius sagt am 22. Juni 2018

@ChrisS

Es gab mal von Comstage einen ETF auf den "MSCI World with EM Exposure" https://www.msci.com/documents/10199/a7493e51-dfa6-422c-9547-b6217dcaf7dc In dem wurde so was ähnliches gemacht wie du es dir vielleicht vorstellst.

Danke für die Info, das ist sehr interessant. Wie man sieht hat sich der Index auch nicht viel besser in den letzten zehn Jahren entwickelt als der normale MSCI World. Auf stark wachsende Volkswirtschaften zu setzen um stärkere Aktiengewinne einzufahren ist also nicht so einfach.

"Das könnte man also in gewisser Weise auch so deuten dass - egal wie nachvollziehbar und berechtigt deine Unzufriedenheit/Kritik an den klassischen Standard-Aktienkategorisierungs-Modellen ja auch sein mag - du damit relativ allein dastehst und die überwiegende Mehrheit der Anleger das noch nicht so wirklich problematisch findet oder interessiert."

Also nochmal, ich habe kein Problem mit den normalen Modellen sondern mit diesem schrägen 70:30 Modell. Das Ziel soll sein vom stärkeren Wachstum der EM zu profitieren, was ja definitiv unlogisch ist. Da könnte man auch Apple-Aktien kaufen wenn man in Obst investieren möchte oder Bayer-Aktien wenn man in Bayern investieren will.


CarstenP sagt am 22. Juni 2018

Ich möchte noch ergänzen, dass die Gewichtung nach Marktkapitalisierung gewisse Besonderheiten aufweist. Der Markt ist nach Marktkapitalisierung gewichtet, d.h. alle Marktteilnehmer haben das gesamte Kapital genauso verteilt. Und alle Investoren können das gleiche Marktportfolio halten ohne die Zusammensetzung des Marktes zu verändern, das gilt für keine andere Gewichtung.
Unter der idealistischen und unrealistischen Annahme, dass der Markt vollständig effizient ist, also alle verfügbaren Informationen eingepreist sind, ist das Marktportfolio die neutrale Wahl. Rückwärts schauend lässt sich natürlich immer ein besseres Portfolio identifizieren, aber wenn der Markt effizient ist, dann kann man das nicht systematisch schon im Voraus tun. Ein effizienter Markt kann nicht systematisch geschlagen werden, sondern nur per Zufall.
Selbst in einem ineffizienten Markt ist das Marktportfolio eine gute Wahl, weil man damit trotzdem passiv an die Marktrendite kommt ohne die Kosten, die aktive Investoren haben um Markt-Ineffizienzen auszunutzen.

Es gibt evtl. einen guten Grund warum alle Investoren in Summe deutlich weniger Kapital in Schwellenland-Aktien investieren als in Industrieland-Aktien.
Vielleicht wird die zu erwartende Rendite nicht als hoch genug empfunden um das höhere Risiko zu rechtfertigen, der Grund könnte z.B. hierin liegen, dass das höhere Wirtschaftswachstum der Schwellenländer nicht beim Schwellenland-Aktionär ankommt wegen zu starker "share dilution":

Share Dilution in Emerging & Developed Markets


Gainde113 sagt am 23. Juni 2018

Kurze Frage, wie verhält sich die Assetklasse Aktien (global) im Vergleich zu Unternehmensanleihen global (Investement Grade)? Hat man langfristig mit Unternehmensanleihen eine niedrige Korrelation und Depotschwankungen?

Z. B. https://www.ishares.com/ch/privatkunden/de/produkte/251813/ishares-global-corporate-bond-ucits-etf

Für den risikoärmeren Portfolioteil machen für Schweizer Staatsanleihen zurzeit wenig Sinn, da negativ verzinst. Ausländische Anleihen sind dem Währungsrisiko ausgesetzt. Bin auf der Suche nach einer Alternative, um das Tagesgeld nicht versauern zu lassen. Aktuell möchte ich auch nicht zu 100% in Aktien investiert sein.


Marius sagt am 23. Juni 2018

@CarstenP

"Es gibt evtl. einen guten Grund warum alle Investoren in Summe deutlich weniger Kapital in Schwellenland-Aktien investieren als in Industrieland-Aktien."

Wie soll das gehen (gleich viel in EM und Industrieländer investieren) ohne dass die Kurse/Bewertungen der Schwellenländeraktien in die Höhe schießen? Es gibt dort halt weniger Aktien.

Kennt jemand den Grund warum in den letzten Jahren die EM schlechter performt haben? War es eine andere Branchengewichtung (zu viele Rohstoffaktien z. B.) oder eine ursprünglich zu hohe Bewertung oder was war der Grund?

Wie viele Aktien fliegen denn eigentlich bei den großen MSCI pro Jahr aus dem Index und werden durch neue ersetzt? Da muss doch dann ziemlich viel im ETF getradet werden, oder?

Wenn ich mir zum Beispiel den DAX selber baue und Beiersdorf wird im DAX gegen Wirecard ersetzt dann muss ich nicht nur Beiersdorf verkaufen und Wirecard kaufen sondern auch noch die Gewichtung der anderen 29 Aktien anpassen wenn nicht zufällig Wirecard und Beiersdorf die gleiche Marktkapitalisierung haben. Das wären beim DAX also 31 Trades. Bei einem Index mit 1600 Aktien dann 1601 Trades. Das kostet doch dann jedes mal Transaktionsgebühren, oder?


Ramstein sagt am 23. Juni 2018

Zur Korrelation: Ich beobachte (berechne) diese seit 2009 für die Assetklassen in meinem Depot.

Dabei ergeben sich zu meinem ETF-Weltdepot folgende Koeffizienten:

  • REXP: -0,29
  • HY-Anleihen: 0,6
  • DAX: 0,7
  • MSCI World ACWI IMI: 0,97

CarstenP sagt am 24. Juni 2018

@Marius

Wie soll das gehen (gleich viel in EM und Industrieländer investieren) ohne dass die Kurse/Bewertungen der Schwellenländeraktien in die Höhe schießen? Es gibt dort halt weniger Aktien.

Die Kurse der Schwellenland-Aktien müssen nicht zwangsläufig in die Höhe schießen, es könnten stattdessen auch die Kurse der Industrieland-Aktien einbrechen.
Die Anzahl der Aktien sagt alleine nichts aus, Marktkapitalisierung ist Anzahl der Aktien mal Preis pro Aktie. Wenn die Marktteilnehmer im Durchschnitt der Meinung wären, dass Schwellenland-Aktien wertvoller (größeres Gewinnwachstum) als Industrieland-Aktien sind, dann könnten sie diese Meinung über den Preis in die Marktkapitalisierung einfließen lassen.
Wie weiter oben schon erwähnt, ist "share dilution" eine Erklärung, warum da kein direkter Zusammenhang zwischen Schwellenland-Wirtschaftswachstum und Gewinnwachstum für den Schwellenland-Aktionär zu sein scheint.


Eichelhäher sagt am 05. August 2018

Macht es Sinn einen Riester- oder Rürup-Vertrag einem Depot vorzuziehen allein aus dem Antrieb heraus das Geld vor der Sozialhilfe zu schützen?
Fällt man in die Sozialhilfe sind Riester und Rürup vor staatlichen Zugriffen geschützt ein Aktiendepot aber leider nicht.
Hierbei geht es mir nicht um die gewollte Sozialhilfe sondern viel mehr um die erzwungene bspw. durch Altersdiskriminierung im Falle der Arbeitslosigkeit ab 50 Jahren bei Bewerbungen.


einfacher Geist sagt am 16. August 2018

Bekomme ich ein 70 % MSCI World und 30 % MSCI Emerging Markets nicht auch ganz gut durch 100% MSCI ACWI bzw. MSCI ACWI IMI hin? Das sind doch im großen und ganzen dann die gleichen Aktien im Topf.

Finde den SPDR MSCI ACWI UCITS ETF (WKN A1JJTC) da eigentlich ganz interessant. 900 Mio Fondsgröße, 0,4% Kosten und laut justETF ist er auch Steuertransparent.

Was halten die Experten hier von dem ETF? Taugt der was?


ChrisS sagt am 17. August 2018

@ einfacher Geist

"Bekomme ich ein 70 % MSCI World und 30 % MSCI Emerging Markets nicht auch ganz gut durch 100% MSCI ACWI bzw. MSCI ACWI IMI hin? Das sind doch im großen und ganzen dann die gleichen Aktien im Topf."

Im ACWI (oder FTSE All-World, wer Vanguard will) sind die Industrie/Schwellenländer aktuell (per ihrer jeweiligen Marktkapitalisierung) eher so im Verhältnis 90/10 gemischt (und das verändert sich langfristig auch mit dem jeweiligen Wachstum der Regionen weiter).

Die "klassische" 70/30 Empfehlung kommt noch aus der Idee, die Regionen nach (ihrem Anteil am Welt-) BIP statt MK zu gewichten.

Ob die 20% Differenz in der Gewichtung jetzt so das langfristig kriegsentscheidende sind, tja, mir ist das relativ bolle, aber wer sich darüber ne eigene Meinung leisten kann, kann sie mit der Wahl der Variante ausdrücken.
Es gibt für beide Ansätze vernünftige und nachvollziehbare Argumente, deswegen wollen wir hier da meistens auch keine großartigen Grabenkämpfe darüber führen, beides ist ein gangbarer Weg und jeder Anleger kann/soll sich selbst raussuchen was ihn eher überzeugt, damit er langfristig dranbleiben kann beim investieren. :-)

"Was halten die Experten hier von dem ETF? Taugt der was?"

hat der Oberexperte schon einen Artikel geschrieben, der dir vielleicht helfen könnte

https://www.finanzwesir.com/blog/msci-acwi-imi-fm


Philip sagt am 24. August 2018

Lieber Finanzwesir,

nach intensiver Lektüre deines Buches und dem von Gerd Kommer habe ich mich auf diversen Websites weiter mit dem Thema Geldanlage auseinandergesetzt. Für mich steht inzwischen fest, dass ich für den risikobehafteten Teil ein Weltportfolio aufbauen werde.

Mir stellt sich eine Frage, die die Aufteilung auf den risikoarmen und den risikobehafteten Teil betrifft:

Wenn ich davon ausgehe, heute noch 25 Jahre als Angestellter mein Gehalt zu erwerben, kann ich mir gut vorstellen, 100 % auf den risikobehafteten Teil zu setzen.
Aber macht es nicht Sinn, auch für die Allokation auf risikoarm/risikobehaftet eine Regel festzusetzen, nach der ich Jahr für Jahr größere Anteile in der risikoarmen Anlageform anlege, um zu einem Zielzeitpunkt (z. B. 5 Jahre vor dem geplanten Ende der Festanstellung) eine Zielallokation (z.B. 50-50) zu erreichen?

Grundgedanke: heute kann ich große Kursschwankungen sehr gut ertragen, in 20 Jahren nicht mehr.

Beste Grüße,
Philip


Anfänger sagt am 08. September 2018

Reicht folgende Konstellation für eine Altersvorsorge aus?

  • 85% Vanguard FTSE Developed World (TER 0,18%, ausschüttend, physisch) => 226,60 EUR (Normales Depot bei der Consorsbank)
  • 15% iShares STOXX Europe 600 (TER 0,20%, ausschüttend, physisch) => 40,- EUR (VL-Depot bei ebase, Entgeltumwandlung inkl. Arbeitgebergeld: 6,65 EUR)

Ich stamme aus Ostdeutschland und verdiene nicht viel Geld (900 EUR netto), davon bezahle ich 235 EUR Miete und brauche 200 EUR pro Monat zum leben. Für mich habe ich dann noch 198,4 EUR übrig. Ich bin Single.


ChrisS sagt am 08. September 2018

@ Philip

"Aber macht es nicht Sinn, auch für die Allokation auf risikoarm/risikobehaftet eine Regel festzusetzen, nach der ich Jahr für Jahr größere Anteile in der risikoarmen Anlageform anlege, um zu einem Zielzeitpunkt (z. B. 5 Jahre vor dem geplanten Ende der Festanstellung) eine Zielallokation (z.B. 50-50) zu erreichen?"

Klar kann das Sinn machen, oder sagen wir mal andersrum, genau aus diesem Grund gibt es ja schon seit langem dazu bereits so bekannte und verbreitete Standardempfehlungen wie die Daumenregel "100 minus Lebensalter = Aktienquote" usw., um eben diesem Umstand der sich verändernden Risikotoleranzen gerecht zu werden.
Das ist also kein besonders neuer, unbekannter oder revolutionärer Gedanke, sondern hört/liest man eigentlich ziemlich oft zu diesem Thema.

Also, ob und wie (mit welcher Methode) du deine Allokation im Zeitverlauf anpassen willst, ist dir persönlich selbst überlassen. Du kannst dich ein bischen dazu einlesen, es gibt ja viele Vorgehensweisen dazu die von relativ simpel bis ziemlich komplex (pseudo-)optimiert reichen - damit kannst du, wenn es dir für's Wohlbefinden hilft, schon jetzt deine Investitionen für die nächsten 25 Jahre durchplanen, mehr oder weniger ;-)
Am Ende zählt eh nur eins, man muss sich die ganze Zeit dann auch konsequent dran gehalten haben.
Da sich die Menschen eigentlich zu sehr voneinander unterscheiden (also zB darin in welchem Alter sie jeweils welche Kursschwankungen ertragen können), halte ich da von pauschalen "one-size-fits-all"-Lösungen eigentlich recht wenig, oder starren Regeln für Jeden.
Es gibt Leute, die ertragen schon in jungen Jahren keine großen Kursschwankungen, und das ist genauso legitim wie es eben auch Leute gibt, die ebensogut noch im hohen Alter eine volle Aktienquote fahren können/wollen. Die Vielschichtigkeit solcher Themen haben der Finanzwesir und die Kommentatoren zB schon in Artikeln wie hier https://www.finanzwesir.com/blog/altersvorsorge-depot-entsparen diskutiert, vielleicht ist da ja auch was informatives für dich dabei :-)


ChrisS sagt am 09. September 2018

@ Anfänger

"Reicht folgende Konstellation für eine Altersvorsorge aus?"

Naja, die Frage ist ein bischen schwammig, bzw falschherum, gestellt.
Überleg dir lieber mal auf der anderen Seite, was "Altersvorsorge" für dich eigentlich konkret bedeutet - also zB in Euro-Beträgen, die du dann zur Verfügung haben möchtest.
Dann könntest du nämlich mit einem Abgleich der Ist-Soll-Projektion einigermaßen bestimmen, ob das was du tust schon "ausreichend" zur Zielerreichung ist oder nicht (aber dafür muss eben das Ziel erstmal konkreter definiert werden).

Der erste Knackpunkt wäre zB das 900€ Netto-Gehalt. Nun weiß ich ja nicht, wie lange du das schon verdienst, bzw wie lange noch, und ob sich das mal ändern wird, aber von diesem Lohn allein ist wohl eine staatl Rente auf Grundsicherungsniveau vorprogrammiert.
Von daher wäre der erste Ansatz, um auf eine "bessere Altersvorsorge" zu kommen, sich irgendwie mal um bessere Jobs zu kümmern - so blöd und trivial das auch klingt (brauchst mir also nicht erklären, warum das nicht geht, ich weiß).

Was die ETFs angeht, kann man so machen, sind ja klassische Standardindizes.
So Detailfragen wie "warum nicht einfach FTSE All-World statt nur Developed World?" oder "was soll noch die nebensächliche Europa-Übergewichtung?" könnte man diskutieren, die sind aber nicht das langfristig wirklich Kriegsentscheidende bei der allgemeinen Altersvorsorge, sondern nur noch Excelfurzereien an der Nachkommastelle.

Wie gesagt, um mal die schwammige "reicht das?"-Frage etwas zu konkretisieren, kannst du ja mal für dich selbst die Übung machen, das ganze ein bischen zuende zu rechnen. Geh zB auf https://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php
Bei "Anfangskapital" trägst du ein, wieviel schon in die ETFs bis jetzt investiert ist, bei "Sparrate" deine weiteren monatlichen Neueinzahlungen.
Beim "Zinssatz" unterstellen wir mal die langfristige/durchschnittliche Nettorendite des Weltaktienmarktes von ugf 5 oder 6 Prozent, und bei der "Ansparzeit" gibst du halt an wie lange du noch so weitersparen willst bzw wieviele Jahre bis du dann mal zum Entnehmen kommst. So und nach dem Klick auf "Berechnen" steht dann irgendein Endbetrag im Raum.
Da ich einige deiner genauen Parameter nicht kenne (dein Alter bzw deine Ansparzeit, dein bereits investiertes Depotvolumen, etc.) weiß ich auch nicht wie groß oder klein das Endkapital ist, aber es reicht ja wenn du allein es siehst, denn nur du allein musst dann auch bewerten, ob das viel oder wenig ist, also für eine "ausreichende Altersvorsorge" in deinem individuellen Fall reicht. :-)


42sucht21 sagt am 09. September 2018

@Anfänger
Etwas zu sparen ist immer gut. Nach meiner Meinung ist aber ihre Sparrate viel zu hoch für 940€ Einkommen. Sie müssen ja neben dem sparen fürs Alter auch noch jetzt leben.

Verwenden Sie ihr Geld und Zeit für die Bildung ihres Humankapitals und ihrer berufliche Zukunft. Arbeiten Sie darauf hin das doppelte oder besser das 3-fache netto zu verdienen und erhöhen Sie dann die Sparrate successive. Bis dahin ist 1 ETF ausreichend. Welcher der großen, diversifizierten Indices ist eigentlich egal.
(In der Annahme, dass Sie relativ jung sind, kein weiteres Vermögen haben, und aktuell keine große Erbschaften oder ihr Hochschulabschluss oder die Heirat in Zugewinngemeinschaft mit einem / einer Millionär/in ansstehen o.ä..)


Anton sagt am 09. September 2018

@Anfänger

Für den Anfang ist das schon mal sehr gut! Wenn dein Portfolio etwas grösser geworden ist und du etwas mehr verdienst, könntest du noch "Emerging Markets" dazunehmen.

Standardmischungen sind ja bekanntlich:

  • 1 ETF: MSCI World oder FTSE Developed World --> ohne Emerging Markets
  • 1 ETF: MSCI ACWI oder FTSE All-World --> mit Emerging Markets
  • 2 ETFs: World (70%) und Emerging Markets (30%)
  • 3 ETFs: World (50%), Emerging Markets (30%) und Europe (20%)
  • 4 ETFs: North America (30%), Emerging Markets (30%), Europe (30%), Pacific (= Japan, Australien, Neuseeland) 10%

Eurologe sagt am 09. September 2018

@Anfänger:
Mache ich ähnlich: 80% Vanguard FTSE All World (einschl. Schwellenländer) und 20% iShares STOXX Europe 600.


Pierre Weikamp sagt am 09. September 2018

@Anfänger:
Deine Entscheidung ungefähr 28% deines Einkommens zu sparen ist schon mal sehr lobenswert.

  • Von welchem Zeitraum sprechen wir, bis du deine Altersvorsorge in Anspruch nehmen möchtest?
  • Soll der Sparbetrag deine Einkommenslücke vollständig füllen?

Darf ich fragen warum du ausschüttende ETFs gewählt hast? Für das dauerhafte Sparen ist thesaurierend etwas einfacher. Verloren geht dir aber bei beiden Varianten kein Geld, also keine Sorge.

  • Ausschüttend = Erträge werden dir auf dein Konto gutgeschrieben.
  • Thesaurierend = Erträge werden direkt wieder in den ETF reinvestiert.

Schönen Gruß,
Pierre


Nostradamus sagt am 10. September 2018

@Anfänger: Respekt für deine hohe Sparquote trotz niedrigem Gehalt! Sieht für mich solide aus. Die VL hätte ich wohl noch eher in Emerging Markets gesteckt (wenn das geht). Wie lange hast du denn noch bis zur Rente?


Mr. Wolf sagt am 10. September 2018

@ Anfänger

Der Vanguard FTSE hat bei mir im Laufe des Jahres so um die 3,5% Plus gemacht. Ich mag den ;)
Stoxx 600 lief nicht so doll, aber da fließt ja auch nicht so viel Geld rein.
Ich finde die Kombi ganz gut (wenngleich der Stoxx 600 zwar ganz nett ist, (home-bias und so) aber nicht unbedingt sein müsste).

Wie genau das in der Zukunft läuft, kann man natürlich nicht sagen. Auf jeden Fall ist es gut anzufangen. Viel Erfolg!


Grimmelshausen sagt am 16. September 2018

@ Finanzwesir

Wie sieht es eigentlich mit Gold als risikoarmer Bestandteil des Portfolios?

Bevor wir das Geld als Festgeld (zu 0% Zinsen) anlegen wäre es doch besser, reales Gold zu erwerben. Bis 10.000 EUR völlig anonym und auch steuerfrei. Und nach dem Crash des EURO (oder einer erzwungenen Währungsreform), tauschen wir das Geld ohne großen Verlust um in die neue Währung (Neu-EURO oder Neu-Deutschmark).

Wichtig ist nach meinem Ermessen nur, dass der Kauf anonym erfolgt und das Gold sicher (ohne Bankschließfach) verwahrt wird.


Anfänger sagt am 17. September 2018

@ChrisS:
Ehrlich gesagt weiß ich nicht welche Euro-Beträge ich zur Verfügung haben möchte, ich möchte einfach nur irgendwie überleben. Ich habe einige Artikel des Finanzwesirs gelesen, ebenso Gerd Kommer und ein Buch vom John Bogle.
Von denen weiß ich, dass niemand sagen kann welche Rendite in der Zukunft im Aktienmarkt liegt, daher wäre doch jede Annahme darüber oder das Festlegen eines Zielbetrages faktisch falsch, oder nicht?

Bessere Jobs kriege ich nicht, ich habe nur einen Realschulabschluss mit 3,9 und eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung mit 3,2 abgeschlossen.
Das ich den 900-Nettoeuro-Job bekommen habe war schon ein Glücksgriff. Ich habe über die letzten 3 Monate 500 Bewerbungen geschrieben, es ist aussichtslos. Das Geld verdiene ich seit 3 Jahren. Ich bin jetzt 31 Jahre alt und wohne in Gera, Thüringen.

@42sucht21:
Das mit dem jetzt Leben kriege ich nicht hin, dafür reicht das Geld einfach nicht und an mehr komme ich nicht. Wenn ich mir über die ETFs zumindest soviel zusammen sparen kann damit ich im Alter meine Medikamente bezahlen und relativ schmerzfrei leben kann, dann soll mir das reichen. Was ist Humankapital?

@Pierre Weikamp:
Naja so früh wie möglich, damit ich nicht mehr arbeiten gehen muss.
Wie hoch ist meine Einkommenslücke?
Vanguard sind die Guten weil die, die Philosophie haben sich nur das zunehmen was sie zum Leben brauchen und alle Vorteile darüber hinaus an den Kunden weiterreichen, während die anderen Banken nur auf Profit aus sind.
Darum ist es ein Vanguard geworden. Die haben keine Thesaurierer, darum der Ausschütter. Der iShares dazu gemixt für den Fall das Vanguard pleite geht, damit wenigstens ein bisschen was übrig bleibt. Anbieterdiversifikation nennt sich das glaube ich.

@Nostradamus:
Die Emerging Markets wollte ich nicht, da ich nicht weiß was da mit dem Klimawandel auf die zurollt. China & Co. erwirtschaften ihr Renditeplus auf Kosten der Umwelt. Wenn die mal gezwungen sind mit ihrem Geld etwas für die Umwelt zutun dann sausen die Kurse mit Sicherheit in den Keller. Die Industrienationen sind da besser abgesichert, glaube ich zumindest. Ich habe noch 36 Jahre bis zur Rente (mit 67).

@Mr. Wolf:
Ich schwanke immer noch zwischen STOXX 600 Europe und Euro STOXX, also zwischen Europa und dem Euroraum. Die Franzosen, die Spanier und Engländer brauche ich nicht unbedingt, aber ich will eben nicht auf die Schweiz und die Skandinavier verzichten. Gibt es einen ETF der Europa so ähnlich wie folgt gewichtet?

  • 30% Deutschland (CDAX, alternativ HDAX, mindestens MDAX)
  • 42,5% Skandinavien (30% Norwegen, 40% Schweden, 20% Dänemark, 10% Finnland) - MSCI Nordic
  • 10% Niederlande - MSCI Netherlands
  • 7,5% Schweiz - MSCI Switzerland
  • 5% Österreich - MSCI Austria
  • 2,5% Belgien - MSCI Belgium
  • 2,5% Luxemburg - MSCI Luxembourg

7 Einzel-ETFs nur für Europa sind mir einfach zuviel. Andersherum will ich auch nicht alles nur auf ein Land wie Deutschland setzen.


Schwachzocker sagt am 19. September 2018

@Grimmelshausen

"Wie sieht es eigentlich mit Gold als risikoarmer Bestandteil des Portfolios?"

Schlecht! Hast Du Dir die Schwankungen schon einmal angesehen?

"Bevor wir das Geld als Festgeld (zu 0% Zinsen) anlegen wäre es doch besser, reales Gold zu erwerben. Bis 10.000 EUR völlig anonym und auch steuerfrei. Und nach dem Crash des EURO (oder einer erzwungenen Währungsreform), tauschen wir das Geld ohne großen Verlust um in die neue Währung (Neu-EURO oder Neu-Deutschmark)."

Das ist eine wilde und riskante Spekulation, die nichts mit "sicher" zu tun hat.


Leser sagt am 19. September 2018

@ Anfänger:

Gera, Thüringen.

Ist der 900€-Netto-Job als Anwendungsentwickler?
Dann stimmt was nicht, Programmierer werden händeringend gesucht. Ob es an Thüringen (Umzug?), deinen spezifischen Programmiersprachenkenntnissen oder an etwas anderem liegt, weiss ich nicht. Ich will damit nicht sagen, dass du auf jeden Fall Silicon-Valley-Gehälter erreichen kannst, aber 1200€ brutto als FiAe in Vollzeit ist nicht das Maximum.

Was ist Humankapital?

Der Wert deiner Arbeitskraft. Du bildest dich fort? Lernst neue, Programmiersprachen?

Vanguard sind die Guten weil die, die Philosophie haben sich nur das zunehmen was sie zum Leben brauchen und alle Vorteile darüber hinaus an den Kunden weiterreichen, während die anderen Banken nur auf Profit aus sind.

Ja, die Struktur der Mutterfirma in den USA ist genossenschaftsähnlich. Aber ich glaube, du versprichst dir für deine Zwecke zuviel davon.

Der iShares dazu gemixt für den Fall das Vanguard pleite geht, damit wenigstens ein bisschen was übrig bleibt. Anbieterdiversifikation nennt sich das glaube ich.

ETFs sind doch Sondervermögen. Hast du dich ein bisschen mit dem Thema Indexfonds beschäftigt, bevor du investiert hast?


slowroller sagt am 19. September 2018

@Anfänger: Bitte nimm mir das nicht übel, aber ich denke du willst uns ein wenig trollen - zumindest sind deine Angaben nicht plausibel.

  1. 900€ netto sind bei einer Vollzeitbeschäftigung deutlich unter Mindestlohn. Das hieße, dass du nur Teilzeit arbeitest, zumindest das könntest du angehen, falls es wirklich stimmt.
  2. 500 Bewerbungen in 3 Monaten? Wirklich? 6 Bewerbungen am Tag, auch an Samstagen/Sonntagen? Und das offensichtlich nur in Gera, da du ein wenig weiter nördlich oder westlich wohl sicher etwas finden würdest?

Ich sehe da jetzt aber mal drüber hinweg und hoffe auf ein Missverständnis (was ich aber nicht wirklich glauben kann ;-) )

Humankapital ist deine Arbeitskraft, dieses lässt sich steigern durch (Weiter-)Bildung, Gesundheitsbewußtsein, Auftreten...
Gerade als fertig ausgebildeter Informatiker gibt es hunderte Möglichkeiten seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt massiv zu erhöhen - wir leben in einer Zeit, wo ständig neue Aspekte der Digitalisierung auftauchen, das Wissen im Grunde frei verfügbar ist und man spätestens dann deutlich nachgefragt wird.
Wenn du wirklich Kommer und Bogle gelesen hast (und zumindest zum Teil verstanden), dann hast du deutlich das Zeug dich auch in gefragte Sachverhalte einzuarbeiten.
Dazu kann man natürlich auch an der eigenen Mobilität arbeiten. Selbst wenn du nicht weit weg willst (z.B. wegen Familie oder dem Angelverein), liegt Leipzig gleich um die Ecke.
Spätestens im Frankenland (Nürnberg/Erlangen/Fürth) solltest du etwas finden, das ist eine prima Entfernung um am Wochenende zu pendeln (wenn du deinen Angelverein so magst).
Und wenn es in deinem Beruf nicht klappt, dann bleibt der Weg in eine andere Branche - einen Job zu Mindestlohn in Vollzeit (ca +250€) findest du irgendwo IMMER.
Findest du es nicht deprimierend als junger Mensch von wenig Geld noch so viel zurückzulegen, damit du im Alter zumindest die Medikamente zahlen kannst?

Falls du zu allem sagst: Komm, scher dich, es ist so wie es ist, würde ich dir raten: spar dir ein Paar tausend Euro als eiserne Reserve an und geh vom Rest 5 mal im Monat lecker essen. Deine Ersparnisse nimmt dir das Sozialamt so oder so weg...


ChrisS sagt am 19. September 2018

@ Anfänger:

"Ehrlich gesagt weiß ich nicht welche Euro-Beträge ich zur Verfügung haben möchte, ich möchte einfach nur irgendwie überleben."

Das solltest du aber wissen, denn sonst können wir nur irgendwie schwammig im Nebel rumstochern. Das nützt uns nix, weil wir wenig sagen können, und das nützt dir nix weil du nie weißt ob du bei der Erreichung deiner Ziele auf Kurs bist oder nicht.

Du musst es ja nicht bis auf den letzten Centbetrag spezifizieren können, aber zumindest mal grobe Größenordnungen sollten drinne sein. Mal nur als Beispiel, ich habe Bekannte für die "(gut) leben" zB ein Monatseinkommen von nur 500€ bedeutet, weil sie eben einen sehr sparsamen studentischen Lebensstil ohne größere Ansprüche haben. Demgegenüber habe ich auch andere Bekannte, für die wäre alles unter zB 2500€ im Monat schon menschenunwürdig.
Es kommt halt auf dich selbst und deinen individuellen Typ an - welche (wie gesagt, ungefähre) Ausgabenhöhe du fürs erträgliche "leben" meinst brauchen zu werden, und demnach eben auch wie die "Altersvorsorge" (mit dem man dieses Ziel dann erreichen kann) aussieht.

"Von denen weiß ich, dass niemand sagen kann welche Rendite in der Zukunft im Aktienmarkt liegt, daher wäre doch jede Annahme darüber oder das Festlegen eines Zielbetrages faktisch falsch, oder nicht?"

Jein. Natürlich gibt es Einschränkungen beim Annehmen über Renditen etc, aber was wir einigermaßen seriös machen dürfen, ist aus langfristiger Historie grobe Schätzwerte für langfristige Zukünfte ableiten zu können (dabei natürlich nie vergessen, dass es nur grobe Schätzwerte, also Orientierungspunkte statt Garantien sind).
Zum Beispiel können wir aus der Historie so berechtigte Annahmen (wie gesagt, keine Garantien) wie etwa "die langfristige (wir reden hier von vielen Jahrzehnten) Durchschnittsrendite des Weltaktienmarktes liegt bei ungefähr 6%" o.ä. ableiten.
Es ist nicht unseriös, damit zu rechnen, auch wenn man natürlich noch nicht genau vorher weiß ob in weiteren 50 Jahren die Rendite nun eher bei 5% oder bei 7% liegen wird, etc. Ein bischen Streuung um den Mittelwert wird es immer geben.

"Bessere Jobs kriege ich nicht..."

Wie gesagt, brauchst du mir nicht erzählen. Ich kenn das alles und komm auch aus derselben Ecke (bzw ne halbe Autostunde entfernt).
Ich wollte dir nur die triviale Erkenntnis vorwegnehmen, dass eine "Steigerung deines Einkommens" (wie und woher du es auch immer generierst) im Prinzip erstmal die direkteste Möglichkeit zu einer "besseren Altersvorsorge" mal später ist.
Nicht nur per höherer staatl. Rente, sondern auch weil du dann mehr Geld zum eigenen Investieren zur Verfügung hast.

"Was ist Humankapital?"

Ist das Gegenteil von Finanzkapital. Grob gesagt besteht das Finanzkapital aus allem was du so in der Brieftasche, auf dem Bankkonto, im Depot oder sonstwie an Vermögenswerten hast. "Humankapital" ist nun das was du zwischen den Ohren, in den Armen, und wenn man noch Beziehungen mit dazuzählt in deinem Adressbuch so alles hast. Also deine Fähigkeiten, Wissen, Arbeitskräfte, Kreativität, Qualifikationen, Netzwerke, etc.

Ist ein ziemlich nützlicher Begriff, auch wenn er für manche eher ein Unwort ist (weil es tendenziell die Humanität entmenschlicht und dem reinen wirtschaftlichen Nutzen unterwirft).

"Die Emerging Markets wollte ich nicht, da ich nicht weiß was da mit dem Klimawandel auf die zurollt. China & Co. erwirtschaften ihr Renditeplus auf Kosten der Umwelt. Wenn die mal gezwungen sind mit ihrem Geld etwas für die Umwelt zutun dann sausen die Kurse mit Sicherheit in den Keller."

Das siehst du zu einseitig. Zwischen den Extremen "Megarenditen auf Kosten der Umwelt" und "Umweltkosten führen zum Crash" gibt es ja noch die viel wahrscheinlichere Normalität - nämlich das die steigenden Umweltkosten halt die hohen Renditen etwas senken, aber doch nicht gleich automatisch zu einem simplen großen Crash führen müssen.
Dann sind halt statt zB 8% langfristiger EM-Rendite in der Vergangenheit vielleicht nur noch 6% oder so für die Zukunft drin, das ist auch okay und kein Weltuntergang.
Der "Übergang" von umweltschädlicher Aufbauwirtschaft zu umweltfreundlicher gesättigter Wirtschaft hat ja auch bei uns Industrieländern relativ funktioniert ohne jetzt große ewige Crashs auszulösen (oder sagen wir mal andersherum, die Börsencrashs dir wir hatten, lagen nicht an der Umwelt), und die Schwellenländer haben zumindest den Vorteil dass sie als "Nachahmer" auf unsere Erfahrungen dabei aufbauen können und auf höherem technischen Niveau als wir einsteigen.

"Gibt es einen ETF der Europa so ähnlich wie folgt gewichtet?"

Äh nein ich glaub nicht, oder mir ist zumindest kein Europa-ETF bekannt in dem die Skandis zB >40% bekämen ... warum überhaupt? Also auf welchen wirtschaftlichen Kenngrößen fußt diese Gewichtung? Meistens wird nach Marktkapitalisierung gewichtet, da gibts halt relativ wenig Wunschkonzert.

"Ich schwanke immer noch zwischen STOXX 600 Europe und Euro STOXX, also zwischen Europa und dem Euroraum. "

Deine Prioritätensetzung ist ein bischen falschrum.
Du willst dir jetzt schon auf die Nachkommastelle genau überlegen, wie du so Länder wie Belgien und Luxemburg gewichten willst (!!?), aber das wird später auf deinen Anlageerfolg/Endkapitalwert nach 30-40 Jahren investiertsein eigentlich überhaupt keine Relevanz/Einfluss/Wichtigkeit haben, bzw da sind andere grundlegendere Dinge erstmal viel wichtiger.
Kriegsentscheidend ist das alles nicht. Such dir einfach eine simple Lösung (1 = ACWI / All-World, 2 = dev World / EM, oder Regionensplit), steck da immer regelmäßig deine Raten rein (und versuch die vllt auch mal zu steigern, zB indem du mehr verdienst, haja das doofe Arbeitsthema wieder), der Rest kommt über die Zeit schon von ganz allein :-)


BigMac sagt am 19. September 2018

@Grimmelshausen:

Wie kommst du zu der Erkenntnis, dass Gold risikoarm ist? Wie definierst du risikoarm? IMHO ist Gold vieles nicht und vor allem nicht risikoarm.

@Anfänger:

Ehrlich gesagt weiß ich nicht welche Euro-Beträge ich zur Verfügung haben möchte

Plattitüden, aber wahr: Wer Wünsche hat, hat auch Ziele. Und ein Ziel ohne einen Plan bleibt ein unerfüllter Wunsch.


Anfänger sagt am 20. September 2018

@Schwachzocker: Mit 31 eine neue Ausbildung beginnen?
Vergiss es, kein deutscher Arbeitgeber lässt so etwas zu. Wenn du nicht blutjung bist, dann hast du bei sowas keine Chance mehr.
Altersdiskriminierung nennt sich das. Deswegen hat man das ja auch ins Grundgesetz geschrieben: Weil sich keiner dran hält, insbesondere die Arbeitgeber nicht. Meine einzige Alternative zu meinem jetzigen Job ist die Sozialhilfe, mehr nicht.

Was zum Teufel hast du gemacht, dass du auf 3000 EUR netto mit Realschulabschluss kommst? Sowas schaffst du nur entweder als Profisportler wie Fussballer oder wenn du Drogen, Waffen und ähnliches handelst.
Das ist eine absolut illusorische und völlig realitätsferne Summe für einen Realschüler. Bei 3000 EUR BRUTTO hätte ich ja noch gesagt ok, das ist eben ein Wessi aus gehobenen Verhältnissen mit genug Vitamin B, aber netto?
NETTO? Meine Eltern sind fast 60 und bekommen ZUSAMMEN 2400 EUR netto!
Um hier Missverständnissen aus dem Weg zu gehen: Netto ist das Gehalt NACH Abzug von Steuern und Sozialversicherung. Brutto ist das Gehalt OHNE Abzug von Steuern und Sozialversicherung. Du meinst doch bestimmt brutto? Also du verdienst als Realschüler 3000,- EUR BRUTTO, oder?

@Leser: Naja, ich habe in dieser Firma eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung absolviert und wurde danach übernommen. Ich mache noch genau das selbe wie zu Ausbildungszeiten also nehme ich mal an, das ich als Anwendungsentwickler eingestellt bin.

Fortbilden musste ich mich bisher nicht, mir wurde gesagt was ich wie zu machen habe und das mache ich eben. Also du meinst aber nicht, dass die Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung eine Fortbildung ist, oder? Falls ja habe ich die halt gemacht. Als Programmiersprachen beherrsche ich HTML und SGML. Ich mache auch ab und zu XML, aber nicht all zu oft.

Na ich habe halt Bücher von Kommer und Bogle gelesen und Artikel von dem finanzwesir. Ich weiß das man sich ein Weltportfolio aufbauen soll und nicht auf Branchen oder Markettiming setzen soll.
Deswegen wollte ich in den Developed World von Vanguard monatl. was einzahlen. Investiert habe ich noch gar nichts, ich wollte ja erstmal wissen ob der Plan mit dem Vanguard- und dem iShares-ETF so ok ist.

@slowroller: Da muss ich dich leider enttäuschen, ich habe nicht die Absicht jemanden zu trollen. Ich wollte nur wissen ob mein Sparplan so ok geht, aber ihr hier wühlt wieder alte Wunden auf die ich am liebsten begraben lassen würde.

Zu 1.) Mein Ausbildungsbetrieb hat mir gesagt, dass ich in der Ausbildung so schlecht gewesen bin dass die mir nicht mehr zahlen können als das wo am Ende ca. 900 EUR netto rauskommen. Da ich keine Alternative zu dem Betrieb habe und nun mal gezwungen bin Geld zu verdienen bin ich nunmal in dem Betrieb geblieben. Mein Arbeitsvertrag enthält eine Klausel in welcher drinnen steht, das wir uns einvernehmlich auf dieses Gehalt geeinigt haben und ich von gerichtlichen Maßnahmen absehe.

Zu 2.) Ich habe nochmal nachgesehen, es sind 483 Bewerbungen. Juni: 143, Juli: 167, August: 152, September: 21. Sry, es sind nicht ganz 500 ich hatte die Zahl nicht genau im Kopf ich habe nur grob überschlagen aufgrund der Anzahl der Bewerbungen auf der ersten Seite meiner Strichliste.
Die meisten davon habe ich am Samstag/Sonntag geschrieben, unter der Woche weniger. Ich habe an den Wochenenden nicht viel Freizeit gehabt und oft bis spät in die Nacht hinein daran gesessen, falls du darauf hinaus willst.

Naja, ich bewerbe mich nicht bundesweit und will schon in der Region bleiben, damit meine Eltern Hilfe für ihre Gartenarbeit haben, da sie doch nicht mehr die Jüngsten sind. Meine Noten sind halt scheiße und deswegen finde ich nichts.

Ich habe versucht mich da reinzuarbeiten und herausgekommen ist am Ende die ETF-Kombi die ich genannt hatte. Ich wollte das eben nochmal von den Profis hier bestätigt haben, dass es kein Unsinn ist, den ich da zusammengewürfelt habe, denn für mich geht es dabei um viel Geld.

Findest du es nicht deprimierend als junger Mensch von wenig Geld noch so viel zurückzulegen, damit du im Alter zumindest die Medikamente zahlen kannst?

Machst du dich über mich lustig? Ich habe mir mein Leben nicht ausgesucht!
Ich habe nie, noch absolut niemals in meinem gesamten Leben bis jetzt soviel Geld gehabt, dass ich mir jemals die Frage gestellt habe ob ich mehr haben kann als es minimal notwendig ist um zu überleben.
Das Aktiensparen mache ich auch nur für mein Alter, da ich sehe wie meine Eltern zu kämpfen haben um überhaupt über die Runden zu kommen. Die hatten früher auch nie das Geld um irgendwas zurückzulegen.
Um deine Frage zu beantworten: Ja, freilich ist es deprimierend, aber bitte was soll dazu die Alternative sein? Kein Arbeitgeber auf diesem Planeten wird mehr als das zahlen was sie minimal zu zahlen gezwungen sind.
Würden sie das tun, würden sie reihenweise Pleite gehen. Deswegen wird ja unser Niedriglohnsektor immer größer. Mein Arbeitgeber will sich für mich ja nicht mal den Mindestlohn leisten. Mangels Alternativen muss ich mich damit zufrieden geben.

Dann wird es mir im Alter genau so schlecht gehen wie das meinen Eltern in den nächsten 20 Jahren bevorsteht. Davon wollte ich ja eigentlich weg, deswegen die Idee mit den Aktien/ETFs.

@ChrisS: Dann gehe ich von 900 EUR netto aus, das ist das womit ich im Moment über die Runden komme. Was muss ich machen, damit ich nach Renteneinstieg 900 EUR netto bekomme?

Die Gewichtung möchte ich so ähnlich haben weil die Engländer sehr entscheidungsfreudig sind und heute mal sich zu den USA bekennen, morgen vielleicht Europa und bei denen die arrogante Mentalität vorherrscht "Die da drüben vom Festland", die Franzosen gerne auf die Nase und weniger auf die Leistung bei Einstellungsprozessen achten und die Spanier es mit ihrer Siesta doch recht gemütlich angehen.
Europa ist viergeteilt: Die Arbeits- und Strebsamen (Deutschland, Niederlande, Skandinavien, Schweiz, Österreich, Luxemburg), die Gutsituiert-Gemütlichen (Frankreich, England), die Nichtsogutsituiert-Gemütlichen (Spanien, Portugal, Süditalien) und dann noch unsere Freunde aus dem Osten (Russland, Weißrussland, Ukraine).
Wenn es um Kapitalanlagen auf Basis der Arbeitskraft geht, was Aktien ja sind, dann favorisiere ich hierbei die Strebsamen. Die anderen Länder dürfen zwecks Diversifikation sehr gern auch dabei sein, aber bitte nicht ganz so präsent.
80% Strebsamkeit und 20% Gemütlichkeit sind auch ok. Bei den ETFs die ich so finde sind es meist immer 55% Gemütlichkeit und 45% Strebsamkeit.
Dabei spielt es keine Rolle ob man UK mit ex UK eliminiert.
Das verteilt sich dann auf Frankreich, Spanien und den Rest. Achja und die Skandinavier werden den Klimawandel mit am Besten überleben zusammen mit Neuseeland, nur sind die Skandis zusammen wirtschaftlich deutlich stärker als der kleine Inselstaat.

Wenn ich den All-World nehme, habe ich weniger Länder drinnen als wenn ich den Developed World + Emerging Markets nehme. Heißt, dass der 70% World + 30% EM sind hier aufgrund der breiteren Diversifikation besser? Ich habe mir auch schon überlegt anstatt World+EU+EM sowas wie Word+World Value+World Small Caps zu nehmen.
Laufen beide Kombinationen nach 30-40 Jahren auf die selbe Rendite hinaus? Der Finanzwesir hat mal einen Artikel geschrieben mit einem ETF-Mix 9 aus USA, EUR, Value und Small Caps, welcher der Bestperformende war aber aus 8 ETFs bestand.
Meine Idee: Anstatt 8 ETFs, einfach 3 ETFs in der Kombi World + World Value + World Small Caps. Wenn es nach deiner Aussage keine relevanten Unterschiede gibt wie man gewichtet, dann kann man ja gleich die Kommer-Strategie (Smart Beta, Multifaktor) zu Finanzwesirkonditionen (So einfach wie möglich) fahren, oder?

Oder sollte ich zu meinem rein privaten Developed World noch einen MSCI World für mein VL-Depot anstatt des STOXX Europe 600 nehmen?
Ich kann leider nicht mehr umwandeln als 40 EUR pro Monat und meine VL auch nicht auf mein privates Depot eingezahlt bekommen, deswegen muss ich zwangsläufig zweigleisig fahren.

@BigMac: Nur sind es keine Wünsche wie ein Schloss, einen fetten Audi oder Urlaub auf den Malediven, sondern nacktes Überleben. Das ist kein Wunsch sondern bittere Realität.


Schnapp-Lurch sagt am 20. September 2018

BigMac

Ehrlich gesagt weiß ich nicht welche Euro-Beträge ich zur Verfügung haben möchte

Plattitüden, aber wahr: Wer Wünsche hat, hat auch Ziele. Und ein Ziel ohne einen Plan bleibt ein unerfüllter Wunsch.

Das sehe ich etwas anders. Ich weiß auch nicht, welche Euro-Beträge ich später zur Verfügung haben möchte (nur dass).
Ich glaube aber zu wissen, dass ich mit meiner Sparquote ganz ordentlich aufgestellt bin, ich sehr sicher im Leben stehe und dass später auch ohne der frühzeitigen finanziellen Freiheit ein 'ordentliches' Sümmchen bei raus kommt.
Ich muss doch nicht wissen, welche Beträge ich mit 60 oder 65 erreichen will,- ich darf halt nicht den Weg aus den Augen verlieren und frühzeitig alles auf den Kopf hauen.


BigMac sagt am 21. September 2018

@Anfänger:

Der Typ, der mir gegenüber sitzt, hat nur einen Hauptschulabschluß. Ausbildung als Maler. Er ist mein und der Chef von fast 30 Mitarbeitern in einer IT-Abteilung eines 25.000-Personen-Konzern. Brutto-Einkommen p.a. ca. 125.000 Euro plus Boni. Da bleibt auch bei Stkl. 1 mehr 3.000 Euro netto p.m..

Sorry, aber auch ich glaube wenig von dem, was du hier schreibst.

@Schnapp-Lurch:

ich darf halt nicht den Weg aus den Augen verlieren

Genau das nennt man "den Plan einhalten". Ob das Ziel besser präzise oder vage beschrieben wird, ist m.E. "Mentalitäts-abhägig".


Anfänger sagt am 21. September 2018

@BigMac:

Sorry, aber auch ich glaube wenig von dem, was du hier schreibst.

Ich schätze das kann ich wohl nicht erzwingen und das will ich auch garnicht. Aber ich kann dir sagen, dass ich dir gegenüber auch so meine Zweifel hege: Ein Hauptschüler mit 125.000 EUR Jahresgehalt vor Steuern... wenn das wirklich stimmen sollte, wozu sollte man dann heutzutage überhaupt noch studieren gehen?
Wahrscheinlich verdient man ohne Schulabschluss noch wesentlich mehr :-D

Du arbeitest doch bestimmt bei Apple, Google, Siemens, der Allianz oder in der Schweiz.
Frag den mal wen er wie hoch bestechen musste um an die Stelle zu kommen. Wem oder was auch immer er das zu verdanken hat, auf legalem Weg ist der nicht dahin gekommen wo er ist, vorausgesetzt was du hier geschrieben hast stimmt auch wirklich.

Ich kann dir auch noch was erzählen: Ich kenne jemanden persönlich der arbeitet in einer Drecksbude nach Leistungsakkord.
Der geht mit 735 EUR netto nach Hause, wenn er sein normales Pensum schafft.
Wenn er krank wird, sieht der keinen Cent von seinem Arbeitgeber. Der ist jetzt 56 Jahre alt und zählt die Tage bis zur Rente. Er beschreibt das immer als seine "Errettung" oder "Erlösung". Ich habe ihm auch gesagt, dass er sich was anderes suchen soll, aber er findet einfach nichts. Das ist auch in Thüringen, Umfeld Gera.

Ich kenne einen Juristen mit 2. Staatsexamen, der arbeitet in einer Kanzlei im südlichen Teil von Sachsen-Anhalt, der bekommt 1050 EUR netto, für 7 Jahre Studium, 2 Jahre Referendariat und 1. wie 2. Staatsexamen!
Als er nach mehr verlangte sagte man ihm, dass er MINDESTENS das dreifache von dem erwirtschaften muss, was er selber BRUTTO verdienen möchte. Der Hauptschülerleiter müsste demnach MINDESTENS 375.000 EUR der Firma pro Jahr einbringen, besser 500.000 EUR um auch die Betriebs- und Personalverwaltungskosten zu decken, die er ganz allein für sich kostet.

Einer meiner Chefs in Gera hat mir mal ernsthaft gesagt, dass wir als Arbeitnehmer eigentlich ihm etwas dafür bezahlen sollten, dass wir bei ihm arbeiten DÜRFEN!

Ich schwöre bei allem was mir heilig ist auf dieser Erde, in diesem Leben und jedem das darauf folgt: Nicht ein einziges Wort von dem was ich hier schrieb ist gelogen!


slowroller sagt am 21. September 2018

@Anfänger:

Wenn du noch ein bisschen weiter hier im Blog liest, dann wirst du auch eine der Key-Messages des Wesirs lesen: Bevor du an deinen Anlagen schraubst, schraub an deinen Einnahmen.

Du sagst, dass du dir dein Leben nicht aussuchen könntest?
Wer denn sonst?
Wir leben hier nicht in einem Kastensystem wie im alten Indien oder in den Südstaaten im 18ten Jahrhundert.
DU kannst nicht alles schaffen - aber du kannst vieles zum Guten ändern.
Dass du hierfür das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen musst ist klar: Du bist 31 - wenns in Gera keine guten Jobs gibt dann ab nach Leipzig, Halle, Nürnberg oder ganz woanders hin.
Der deutsche Durchschnittsverdienst liegt bei 3200€ Brutto. Der für Fachkräfte bei 4700€. Du hast eine Ausbildung, mit der du eine Grundlage hast, überall gern gesehen zu werden - wenn du etwas dafür tust.
Und nein, deine Ausbildung ist keine Fortbildung, aber was spricht gegen eben diese? Kauf dir ein Buch und lerne den Umgang mit Datenbanken und einer (beliebigen) Hochsprache.
Mach einen Onlinekurs zu einem "Hippen" Thema: Big-Data, Digitalisierungstrategien, Mobile Working etc. Das macht dich interessant, bringt dich weiter und an die derzeit weitgehend leeren Fleischtöpfe.
Und wenns dich wirklich treibt fängst du noch ein Studium an - mit Berufserfahrung geht das an einer FH problemlos. Mit 35 spätestens bist du dann fertiger Wirtschaftsinformatiker. Wenn es allerdings wichtiger ist deinen Eltern den Rasen zu mähen (ich mache das z.B. am Wochenende), dann ist das eben deine Entscheidung - nicht aber dein Schicksal.

Nochmal ein Nachtrag:
Dein Arbeitgeber handelt (so das so stimmt) rechtswidrig: Natürlich kann man den Mindestlohn nicht mit einem einfachen persönlichen Ausschluß im Arbeitsvertrag umgehen. (hier kannst du sogar Nachforderungen prüfen wenn du dich mal umorientieren solltest)
Darüberhinaus sind 150 Bewerbungen im Monat vielleicht technisch möglich. Dabei kann aber defintiv keine vernünftige, auf die Firma zugeschnittene Bewerbung rauskommen.
Was gehört dazu?
Verstehen was die Firma tut, verstehen was sie wollen, vorher persönlichen Kontakt aufnehmen um sich bekannt zu machen und im Anschreiben verweisen zu können und last but not least: Ein auf die Stelle zugeschnittenes Anschreiben verfassen. Ich denke mehr als 3-5 gute Bewerbungen pro Woche sind unrealistisch.

Du sagst, dass kein Arbeitgeber mehr zahlt als er muss - das ist korrekt.
ABER: In meiner Branche (dieselbe wie deine Branche) sucht man händerringend Kräfte und um diese zu finden sucht man im allgemeinen soviel wie man muß. Die Beträge, die du in den vorherigen Beiträgen gelesen hast sind durchaus nicht unrealistisch.


ChrisS sagt am 21. September 2018

@ Anfänger:

"Mit 31 eine neue Ausbildung beginnen? Vergiss es, kein deutscher Arbeitgeber lässt so etwas zu."

Ich habe einige Bekannte, die auch jenseits der 30 noch ne neue Ausbildung/Umschulung gemacht haben.
Da war alles dabei wie Monteur, Verkäuferin, Koch, Pflegerin, etc. Also nur damit du nicht denkst es wäre ja achso-total-unmöglich.
Es gibt natürlich Arbeitgeber die sowas machen, man muss nur nach ihnen auch suchen. (Du erkennst an der Aufzählung sicher auch schon dass wenn es vor allem die Mangel- und Problemberufe betrifft, die Firmen da eher weniger wählerisch sind).
Und selbst wenn du keinen AG für ne neue duale Ausbildung findest, könntest dich theoretisch auch selbst um ne Umschulung bei nem Bildungsträger kümmern, wenn gewünscht, Förderkosten gibts vom Amt.
Oder selbst wenn du dich eigentlich garnicht besonders weiterbilden sondern einfach nur arbeiten willst, auch das ist nicht unmöglich - ich kenn Leute die machen als Vermittelte/Ungelernte/Helfer aufm Bau, in der Fabrik, im Lager etc mit rum und bekommen netto mehr raus als wie du als eigentlich ausgebildeter Programmierer.
Intellektuell ist das keine große Herausforderung, man steht da teils neben Schulabbrechern etc, und Leute dafür werden immer gesucht, man darf halt nur keine Mimose sein. Es ist vieles möglich, man muss nur ein gewisses Maß an Einsatz mitbringen.

"Als Programmiersprachen beherrsche ich HTML und SGML..."

Ich bin kein großer IT-Checker aber so ein Fauxpas triggert selbst mich hart :-D
Jetzt erklärt sich auch einiges...

"Ich wollte nur wissen ob mein Sparplan so ok geht, aber ihr hier wühlt wieder alte Wunden auf die ich am liebsten begraben lassen würde."

Dann reagier einfach nicht auf das persönliche bzw gib auch garnichts weiter persönliche preis und beschränke dich nur auf die Diskussion der Finanzanlagen. Ist uns ja auch viel lieber, denn so allgemeine Lebenshilfe können/wollen wir hier ja auch nicht wirklich leisten.

"Dann gehe ich von 900 EUR netto aus, das ist das womit ich im Moment über die Runden komme. Was muss ich machen, damit ich nach Renteneinstieg 900 EUR netto bekomme?"

Wie gesagt, mit 900€ Gehalt bekommst du später eine staatl. Rente auf Grundsicherungsniveau. Wir können jetzt lange drüber fabulieren, wie man diesen Betrag durch Kapitalanlagen wieder reinholt, aber das ist eigentlich bolle.
Der größte "Hebel" in deinem Leben liegt darin, dein Arbeitseinkommen zu steigern. Egal wie wenig du das hören willst oder wie sehr du dich schon darauf versteift hast dass das ja nicht ginge. Wenn du das Prinzip dahinter lieber nochmal vom Wesir höchstpersönlich erklärt bekommen haben willst, lies zB:

Deine anthropologischen Studien über die Arbeitsmoral der verschiedenen europäischen Ethnien soltest du eigentlich auch gleich wieder zurückstellen.
Mit Vorurteilen auf Stammtisch-Niveau ist man beim Anlegen eher schlecht beraten - zumal du an anderer Stelle ja auch selbst zugibst, unwissender Anfänger zu sein, wo's nämlich zB um das Prognostizieren von Aktienrenditen ging, aber jetzt meinst du an dieser Stelle wieder daraus eine ernsthafte volkswirtschaftliche Analyse machen zu können und daran die "guten, investierbaren" von den "schlechten, vermeidenden" Ländern rauspicken zu können? Das ist eigentlich anmaßende Selbstüberschätzung.
Du sollst ja auch nicht in "die Franzosen" oder "die Spanier" etc investieren.
Investiert wird immer nur in Aktien von Unternehmen (nicht in Völker oder Länder), die halt zufällig noch irgendwo ihren Stammsitz angemeldet haben, aber du kannst auch davon ausgehen dass selbst in Frankreich oder Spanien noch durchaus fähige, global tätige und gutprofitable Großkonzerne sitzen, die nichts damit zu tun haben wie was du nun über die Leute denkst.

"Wenn ich den All-World nehme, habe ich weniger Länder drinnen als wenn ich den Developed World + Emerging Markets nehme."

Nein, der All-World ist nur das addierte Kombiprodukt aus devWorld+EM. Du verpasst da also nix.

"Wenn es nach deiner Aussage keine relevanten Unterschiede gibt wie man gewichtet, dann kann man ja gleich die Kommer-Strategie (Smart Beta, Multifaktor) zu Finanzwesirkonditionen (So einfach wie möglich) fahren, oder?"

Relevante Unterschiede wird es nur geben wenn man eben auch relevant unterschiedlich gewichtet.
So popel-Diskussion wie zB über plus oder minus 5% Europa/USA-Anteil im Aktienportfolio spielen langfristig keine Rolle bzw ist nur ein Furz an der Nachkommastelle.
Wenn du über Smart Beta nachdenkst (also, mehr nachdenken als nur einfach "mhm ich hab irgendwo mal drüber gelesen und das klang gut, also will ich auch..."), kannst du ja mal ergoogeln was der Finanzwesir dazu schon so alles geschrieben hatte.


Finanzwesir sagt am 21. September 2018

Hallo Anfänger,
schau mal beim Finanzrocker (https://finanzrocker.net) vorbei. Daniel und ich sind Podcast-Partner. Deshalb kenne ich ihn persönlich.
Als Daniel Anfang 30 war, sah sein Leben auch nicht so rosig aus. Sicherlich kein Vergleich zu Deiner Situation. Aber auch nicht berauschend, schon gar nicht als Marketing-Mann. Die werden - anders als Programmierer - nicht so wirklich gesucht.
Damals hat sich Daniel irgendwann entschieden anzugreifen.
Er hat einfach gemacht. Hat seinen Blog aufgemacht, angefangen zu podcasten. Alles ohne große Vorbereitung und entsetzlich naiv.
Er hat Fehler gemacht, diese korrigiert und seine Erfolge ausgebaut. Schritt für Schritt.
Jetzt hat er einen reichweitenstarken Blog, ist der König der Finanz-Podcasts, ein gefragter Redner, Buchautor und immer noch ein Metalhead ;-)
Gibt doch diesen Spruch: Das geht nicht! Dann kam einer, der wusste nicht, das es nicht geht und hat es einfach gemacht. Daniel ist einer dieser Typen und dafür bewundere ich ihn.

Gruß Finanzwesir

PS: Inhaltlich schließe ich mich slowroller, BigMac und ChrisS an.


DerBerndDerBerndDerBernd sagt am 24. September 2018

Hallo Albert, Hallo Gleichgesinnte,

nach intensivem passivem Agieren auf der Seite wage ich mich aus dem Dunkeln und stelle mal meine Frage.

Kurz zu mir:

  • Hauptverdiener
  • 36 Jahre jung
  • Eigenheimbesitzer (frei von Schulden)
  • Vater von Zwillingen <10 Jahre
  • Neuwagen in der Garage
  • keine größeren Ausgaben in den nahen Zukunft geplant

Status quo:

  • Mein primäres Ziel war zunächst der vollständige Abbau der Belastung auf meiner Immobilien. Done!
  • An liquiden Mitteln (Tagesgeld, Giro, Geldmarktkonto, …) habe ich >50t€. Done!
  • Monatlich fließen nach der klassischen 70/30 Regel 3t€ in zwei ETFs (A1XB5U / ETF127). Mein Depot erreicht bald die 100t€-Marke. Plan ist es an diesem (Spar-)plan mindestens die nächsten 20 Jahre festzuhalten.

Frage:
So Weitermachen oder auf 3 ETFs umsatteln? U.a. im Rückblick auf das Fincamp 2018 habe ich gelesen, dass man seine Rate ab 100t€ Depotvolumen auf drei ETFs aufteilen soll.

Bis dahin
Der Bernd


Finanzwesir sagt am 25. September 2018

Hallo Bernd,

"U.a. im Rückblick auf das Fincamp 2018 habe ich gelesen, dass man seine Rate ab 100t€ Depotvolumen auf drei ETFs aufteilen soll."

  1. Wasser auf meine Mühlen, dass gute Folien nur im Kontext eines Vortrags funktionieren.
  2. Nicht "aufteilen soll", sondern ein mauliges "Na gut"! Von mir aus dann eben drei ETFs. Aber das bringt nicht mehr Diversifikation, sondern nur mehr Meinung. Du bist nach wie vor in 23 Industrieländern und 24 Schwellenländern investiert. Siehe https://www.finanzwesir.com/blog/investment-universum

Gruß
Finanzwesir


DerBerndDerBerndDerBernd sagt am 25. September 2018

Danke für die Antwort! Ich werde meine bisherige Vorgehensweise beibehalten.

Gruß
Der Bernd


El Chavo sagt am 19. Dezember 2018

Hallo,

ich bin schon seit einiger Zeit am Lesen und Verstehen, aber eine Sache ist mir noch unklar.
Folgender Sachverhalt:
Auf dem Tagesgeldkonto liegt der Notgroschen, sowie Geld für eine Reise im nächsten Jahr.
Angenommen ich übernehme die Anlagestrategie vom Finanzwesir 1 zu 1 und kann monatlich 300,- EUR sparen.
Die 70% MSCI World und 30% MSCI EM könnte ich mit einem Sparplan umsetzen (monatlich 20% von 300 EUR), aber wie soll ich mir die Festgeld- oder Anleihenleiter vorstellen?
Vielleicht bis 720 EUR (3 Monate x 20% von 300 EUR) sparen und diese in 5 Tranchen teilen und im nächsten Jahr wird der gesamte Anteil (20% von 300 EUR x 9 Monate) auf die neue Festgeldstufe befördert? Da ist mir noch kein wirklich kluges System eingefallen.

Liebe Grüße


El Chavo sagt am 19. Dezember 2018

Ich meinte natürlich bei der Festgeldleiter 80% von den 300 €.

Liebe Grüße


42sucht21 sagt am 19. Dezember 2018

@El Chavo

Warum wollen Sie denn unbedingt eine Festgeldleiter - Welcher Baustein ist das in Ihrer Vermögensstrategie?

Im aktuellen Zinsumfeld mit den Ihnen genannten Gesamtsummen würde ich persönlich anstatt einer zusätzlichen Festgeldleiter oder gar Anleihen (Was passiert bei Zinserhöhungen -> Anleihen fallen) nur ein Tagesgeldkonto verwenden. Dort können Sie ja mental Notgroschen / Sparen auf Reise / Betrag Anlagereserve / usw. trennen.

Welchen Renditevorteil erwarten Sie sich davon monatlich 18€ (30% von 20% von 300€) in den EM ETF zu stecken anstatt erstmal das Tagesgeldkonto bis zu einem 'ordentlichen Betrag' zu füllen bis Sie sich damit wohl fühlen? In 5 Jahren hätten Sie dann 1080€ auf den ETF eingezahlt... Vielleicht geht der ETF in dem Zeitraum auch 20% runter...

Mein Vorschlag:

Erstmal nur 1 Welt-ETF monatlich besparen um Erfahrung zu sammeln und um anzufangen. Den Rest auf das Tagesgeld. Wenn das Tagesgeld gefüllt ist bis zum Wohlfühlbetrag, dann 2. ETF dazu nehmen wenn Sie das machen möchten und das angesparte Tagesgeld langsam von TG auf FG-Leiter umschichten falls der Zinsunterschied den Nachteil des fest-legens aufwiegt.


Moabeat sagt am 19. Dezember 2018

@El Chavo: Möchtest du mit 20% von 300€, also 60€ im Monat World und EM füttern? Dazu aber gleichzeitig 240€ in eine Festgeldleiter stecken?

Also eine Festgeldleiter funktioniert folgendermaßen: Du fütterst Festgeldkonten so, dass in Zukunft jeden Monat ein Festgeldkonto ausläuft. Dann hast du eine gewisse Flexibilität durch die monatlich freiwerdenden Beträge, während gleichzeitig ein relativ großer Teil Festgeldzinsen bekommt. Macht ein bisschen Arbeit und ob die aktuellen Zinsen ein solches Vorgehen rechtfertigen, muss jeder für sich entscheiden.


El Chavo sagt am 19. Dezember 2018

@42sucht21

Vielen Dank.
Statt der FG-Leiter eine gedankliche Trennung auf dem Tagesgeldkonto zu haben, finde ich gut. Ich denke, dass werde ich so machen. Dies soll einfach nur der risikolose Teil meiner Vermögensstrategie sein.

Die 30/70 Aufteilung war nur beispielhaft. Was ich mit dem risikobehafteten Anteil genau mache, muss ich noch überlegen.

Mir ging es nur darum, wie ich eine FG-Leiter ohne vorhandenes Kapital aufbauen könnte.
Dass dies einfach erst nach dem Ersparen einer lohnenden Gesamtsumme passieren kann, war mir wohl zu einfach. Danke für Ihren Kommentar.


Pascal sagt am 27. Dezember 2018

Hat jemand von Euch eventuell sein Depot bei ebase bzw. Erfahrungswerte dazu?

Ich überlege mir meine ETFs zukünftig über die ebase zu besparen.

Dort lese ich dann, dass der iShares Core MSCI World UCITS ETF USD ein Transaktionsentgelt von 0,34% hat. Wenn ich das richtig verstehe, dann sind da die 0,2% Transaktionsentgelt schon drin? Oder kommen die dazu?

Das heisst, für 500,- pro Monat zahle ich 1,70 Euro Gebühr. Das fände ich human und ich brauche kein Sparplan-Hopping mehr.


Klaus sagt am 22. April 2019

Hallo Finanzwesir,

wie ist bei einem ETF auf den MSCI World das Währungsrisiko (USD/EUR) einzuschätzen?

Viele Grüße
Klaus


ChrisS sagt am 22. April 2019

@ Klaus

"wie ist bei einem ETF auf den MSCI World das Währungsrisiko (USD/EUR) einzuschätzen?"

Artikel vom Blog dazu
https://www.finanzwesir.com/blog/geldanlage-etf-waehrungsabsicherung

oder von Justetf
https://www.justetf.com/de/news/etf/der-einfluss-von-waehrungsrisiken-auf-etfs.html

Wie das Währungsrisiko "einzuschätzen" ist, hängt davon ab was genau du mit der Frage eigentlich meinst.

Währungen (bzw. Veränderungen in den Wechselkursen zwischen ihnen) haben einen Einfluss auf die Gesamtwertentwicklung außer/überregionaler Anlagen wie den MSCI World (ist aber nichts Aktienspezifisches, dasselbe läuft auch ab wenn du zB. einfach nur ein Fremdwährungskonto etc. hälst).

Ob, und wie sehr, man das nun vor allem als "Risiko" ansieht, hängt halt davon ab, wie stark man sich vor allem auf die mögliche Negativseite dieses Einflusses (die eigene Währung wertet auf / die Fremdwährung wertet ab) konzentrieren will.

Die Stichpunkte am Ende des Justetf-Artikels fassen den umgang damit eigentlich schon gut zusammen:

Vermeiden - wer meint, dem ganzen entkommen zu können indem er einfach nur noch in Euro-Anlagen investiert, verstößt gerade bei Aktien wiederum ggü dem Gebot und Sinn der Diversifikation. Zumal sich das ganze eigentlich auch nur oberflächlich vermeiden lässt.
Auch wenn man nur in "europäische" Aktien anlegt, aber wenn die Konzerne weltweit Geschäfte machen, haben sie die Währungseinfflüsse eben in ihrer Bilanz, und damit spielt das auch wieder ins Depot mit rein.

Diversifizieren - bei einer Weltporftolio-Aktienanlage hat man automatisch mehrere Währungen mit dabei (klar, der Dollar dominiert, aber c'est la vie), von denen immer mal ein paar grad am auf- und abwerten sind, was sich insgesamt auch wieder untereinander etwas ausgleichend wirken kann

Langfristigkeit - Währungsschwankungen können sich auch über die Zeit immer wieder ausgleichen. Es reicht schon ein Blick auf den langfristigen Euro/Dollar-Chart, mal war der Kurs bei 0,80, mal war er bei 1,60, es pendelt immer ein bischen hin und her, von daher brauch man sich auch nicht allzu wuschig davon machen zu lassen bzw sich darauf zu versteifen nur ein Szenario von beiden (das negative) endlos fortschreiben zu wollen.

Hedging - nach den obigen Punkten also eher unnötig bzw. nur eine Placebo-Pille zur pseudo Beruhigung. Hedging sorgt auch nicht dafür, dass sich die grundsätzlichen Aktienrisiken, also ihre Schwankungen etc. substanziell minimieren.
Wer das erwartet, wird damit nur enttäuscht.
Hedging sorgt erstmal nur dazu dass es bei Aufwertung der eigenen Währung / Abwertung der Fremdwährung nicht zu "Umrechnungsverlusten" kommt wie beim ungehedgten Produkt. Auf der anderen Seite nimmt man sich dafür aber eben auch genauso die Möglichkeit, von "Umrechnungsgewinnen" zu profitieren, sollte die eigene Währung abwerten / die Fremdwährung aufwerten.
Ein Hedging ist also im Prinzip selbst auch in gewisserweise eine Währungsspekulation an sich, da sie eben eine Festlegung auf ein bestimmtes Szenario (zB. Aufwertung Euro / Abwertung Dollar, nur in dem Fall ist das Hedgeprodukt profitabler als das ungehedgte) der beiden Möglichkeiten ist. Ich meine, wer dazu eine begründete eigene Meinung hat welches Szenario und warum langfristig wahrscheinlicher ist, kann das ja gerne machen, aber wer das nicht hat, kann sich da auch gut einfach raushalten und den Spaß sparen (nicht zu vergessen, Hedgeprodukte sind ja auch naturgemäß immer teurer als die normalen Varianten).

Da du schon den MSCI World angesprochen hast
https://www.msci.com/documents/10199/ba7adc82-8a05-435d-831c-7e91c36606b3
hier kannst du dir die Entwicklung beider Varianten ansehen, einmal eben der hedged-Index, die ungefähr dem entspricht was ein hedged-ETF so macht (natürlich nicht exakt, da es in der praktischen Umsetzung immer gewisse Realfriktionen gibt), und die "MSCI World (Eur)" -Zahlen sind das, was du bei einem "normalen" ETF ohne Hedging als Entwicklung hättest.
Wie du an den Jahreszahlen siehst ist mal die eine Variante und mal die andere Variante besser, das wechselt sich immer wieder ab (je nachdem was grad in dem Jahr der Euro ggü den Fremdwährungen, vor allem natürlich Dollar, gemacht hat). Und auch in den langfristigen Werten (pa-Rendite seit 2001) sowie den Risikokennzahlen (Maximum Drawdown, Volatilität) unterscheiden sich beide Varianten nicht substanziell - weil wie gesagt das alles langfristig immer wieder ausgleicht/abwechselt.


CarstenP sagt am 23. April 2019

Man kann das Währungsrisiko auch so sehen, wer sein gesamtes Vermögen in einer Währung hält, geht mehr Währungsrisiko ein als jemand, der sein Vermögen über viele Währungen diversifiziert.
Insofern senkt ein EUR Hedge Wechselkursschwankungen, aber nicht das Währungsrisiko. Natürlich spielt die Währung, in der man hauptsächlich konsumiert, eine besondere Rolle und rechtfertigt eine höhere Gewichtung im Portfolio.


doodleman sagt am 09. September 2019

Hallo zusammen,

hat schon jemand Erfahrungen zur aktuellen Kommer Strategie (souverän investieren mit ETFs und Indexfonds) mit Multi Factor ETFs?
Haltet ihr es für einen guten Einstieg, wenn man sich an die Buchempfehlungen hält oder ist das schon zu sehr aufgebläht?


ChrisS sagt am 11. September 2019

@ doodleman

hat schon jemand Erfahrungen zur aktuellen Kommer Strategie (souverän investieren mit ETFs und Indexfonds) mit Multi Factor ETFs?

Was für "Erfahrungen" möchtest du denn eigentlich genau wissen?

Wenn es z.B. erstmal nur rein um die Performance geht - die ist auch bei den exotischeren Multi/Faktor-ETFs, genauso wie bei allen anderen ETFs, leicht öffentlich für jeden selbst zu finden. Man muss also nicht erst umständlich lange andere Leute nach ihrer privaten Rendite fragen, dass ist kein Spezial- oder Geheimwissen, sondern kann man sich ganz einfach, schnell und objektiv auf den entsprechenden Plattformen (z.B. Morningstar, JustETF, etc.) für die gesuchten Produkte ergoogeln. Bei vielen der Plattformen kannst du nach Registrierung auch kostenlos virtuelle Musterdepots anlegen (um deren Portfolio-Performance für die Zukunft gleich live mitverfolgen zu können, wenn dich der Vergleich so interessiert) oder ein bischen backtesten - allerdings meist nicht sehr weit zurück, da die konkreten verwendeten Spezial-ETFs oft sehr jung sind. Die eh schon begrenzte Aussagefähigkeit von Backtests ist damit also noch weiter eingeschränkt.

Oder falls du ansonsten "praktische" Erfahrungen meinst - auch da gibt es eigentlich nichts wirklich aufregend anderes zu berichten, denn auch die speziellen Multi/Faktor-ETFs sind am Ende auch "nur" ETFs, d.h. die werden bei deinem Broker über genau die selbe Ordermaske mit ähnlichen Eingaben wie alle anderen ETFs auch gekauft, und liegen dann in deinem Depot auch nur genauso rum. Welche konkreten davon abweichenden "Erfahrungen" willst du denn eigentlich sonst noch wissen?

Haltet ihr es für einen guten Einstieg, wenn man sich an die Buchempfehlungen hält oder ist das schon zu sehr aufgebläht?

Kommt halt immer auf den jeweilgen Endanleger und seine individuellen Ansprüche/Bedürfnissen an und wie überzeugt er selbst davon ist. Ich gehe mal davon aus, dass Kommer in seinem Buch schon lang und breit genug (ist ja schließlich in der Standardversion über 300 Seiten dick) alles nötige erklärt hat, dass ein Leser der auch wirklich alles durchgearbeitet und verstanden hat, keine Probleme mehr mit der konkreten Umsetzung hat, aber wer damit noch Schwierigkeiten hat (entweder in der Überzeugung bzgl. Faktoren, oder in der Praxis bzgl. Komplexität), soll das natürlich halt soweit reduzieren wie nötig, bis es für ihn wieder handhabbar wird - sagt Kommer ja auch selber und bietet auch einen simplen 1-ETF Vorschlag für solche Einsteiger an.

Die letzte Kommer-Ausgabe, die ich mal durchlas, (hatte das Buch für jemand anderen als Geschenk gekauft und vorher selber mal durchgeblättert) war die von 2015. Da war das komplexeste der vorgestellten Portfolios noch der Value/Smallcap NA/EU/AS-Regionenmix + EM (+ RK1, + optional noch Rohstoffe, Immobilien, Gold).
Die 2018er Variante mit den Faktor- und Multifaktor-Portfolien kenne ich also nicht und interessiert mich zuwenig, um mir allein dafür das Buch nochmal zu holen.

Aber das muss man auch nicht, wenn man sich eigentlich nur für die konkreten Musterportfolios interessiert. Denn Kommer hat zum Buch seit einiger Zeit auch die Webseite https://weltportfolio.net/ aufgemacht. Dort kann man sich kostenlos registrieren (z.B. mit einer Wegwerf-Emailadresse) und erhält (zeitlich beschränkten) Zugang zu einem Tracking-Tool für die verschiedenen von ihm aktuell vorgeschlagenen Portfolios.

Dort werden sogar auch schon konkrete ETF-Vorschläge für die Assetklassen mitgegeben, allerdings natürlich auch gleich mit dem Disclaimer, dass dies ja nur mögliche "Beispiele" seien und nicht den Anspruch haben irgendwie die jeweils "besten" ETFs zu sein (oder gar Anlageberatung zu konstituieren, tjaja). Wenn man bezahlt, bekommt man anscheinend auch noch mehr ETF-Vorschläge, aber ich poste einfach nur mal was mir hier in der kostenlosen Testvariante dafür so angezeigt wird. Die verwendeten ETFs können/werden sich also in Zukunft auch mal ändern.

Grundprinzip ist ansonsten immer gleich und eigentlich auch altbekannt/unanstößig. Man stellt erstmal sein allgemeines Aktien-Anleihen Verhältnis zwischen 0 und 100 % ein, also die klassische Risikosteuerungs-Methode, wie sie auch hier in der Laiencommunity oft empfohlen wird (z.B. per "-50% Crashtest" Methode ).
Als Vorschlag für den "risikoarmen" Portfolioanteil wird übrigens der iShares eb.rexx Money Market UCITS ETF verwendet.

Während Kommer im Aktienbereich also schon gewisse Spielereien und Neuerungen benutzt, bleibt er hier noch seiner Linie ganz fundamental-konservativ treu: nur kurzlaufende AAA-Staatsanleihen des Heimatlandes, basta und nichts weiter. Er begründet das zwar auf seinem Blog auch recht nachvollziehbar ( siehe z.B. hier und hier )
Also wen diese Argumentation überzeugt, den braucht man auch nicht davon abhalten, aber gerade für kleinere Vermögen bzw. Einsteiger tuts auch ein einfaches seriöses Tagesgeld noch genauso gut.

Daneben kann man dann noch als optionale Komponenten Immobilienaktien global (aktueller Vorschlag: HSBC FTSE EPRA/NAREIT Developed UCITS ETF USD), Rohstoffe (ETFS Longer Dated All Commodities GO UCITS ETF) und Gold (XETRA-Gold) mit hinzuwählen, wenn man denn unbedingt will. Über den Sinn und Unsinn dieser Assetklassen, bzw. ihre Wichtigkeit/Unwichtigkeit fürs Depot könnte man ja noch lang und breit diskutieren, aber ich geh mal davon aus, dass das im Kommer-Buch schon geschehen ist und sich jeder seine eigene Meinung dazu bilden kann. Ansonsten wurde ja auch schon hier in dem Blog das für und wider dieser Assetklassen mehrmals in Artikeln thematisiert.

Kommen wir aber nun zum eigentlich wesentlichen Kern, den Muster-Aktienportfolios. Da gibt es grad vier Varianten.

Ich fang mal beim "Weltportfolio Einsteiger 2019" als einfachsten Basis-Vorschlag an: Alles in den Vanguard FTSE All-World UCITS ETF Das wars schon (also für den Aktienteil). Joar, kann man sicher so machen, ist simpel, schnörkellos und wohl für die breiteste Masse der einfachste Zugang. Da wird auch hier niemand großartig widersprechen, bzw. auch hier hört man meist den gleichen Vorschlag wenn es nur um das simpelste Basis-Weltportfolio geht.

Schauen wir nun mal zurück was denn so 2015 en vogue war, das High End "Weltportfolio 2015 / BIP-Basis" aus Kommers letzter Ausgabe war noch so aufgebaut:

-16,5 % - Aktien dev. Europa Value (aktueller Vorschlag: iShares MSCI Europe Value Factor UCITS ETF)
-16,5 % - Aktien dev. Europa Smallcap (iShares EURO STOXX Small UCITS ETF)
-15 % - Aktien dev. Nordamerika Value (UBS (Irl) ETF plc - MSCI USA Value UCITS ETF (USD))
-15 % - Aktien dev. Nordamerika Smallcap (iShares MSCI USA Small Cap UCITS ETF)
-6 % - Aktien dev. Pazifik Value (SPDR S&P Pan Asia Dividend Aristocrats UCITS ETF)
-6 % - Aktien dev. Pazifik Smallcap (iShares MSCI AC Far East ex-Japan Small Cap UCITS ETF)
-25 % - Aktien Schwellenländer (iShares MSCI Emerging Markets Small Cap UCITS ETF)

Ohje, da fällt schon einiges mehr auf. Damals wie gesagt, war er noch auf dem Trip, die developed Regionen jeweils in Value und Smallcap aufzuspalten, genauso wie auch die allgemeine Gewichtung dieser eher auf BIP ausgelegt ist. Man könnte noch an den einzelnen konkreten ETFs rumdiskutieren und kritisieren, aber das wäre zu detailvertieft und garnicht nötig.

Nur soviel, man sieht schon wie eben das praktisch vorhandene Produktangebot doch noch nicht so ganz mit den fortgeschrittenen Wünschen mithalten kann - es gibt noch garnicht für alle Weltregionen genügend gleichermaßen kongruente ETF-Angebote, so dass man verschiedene Indexvarianten mischen muss bzw. Kompromisse eingehen (z.B. für Pazifik-Value mangels echtem Value ETF noch den Proxy über einen Dividenden-ETF als Ersatz gehen muss).

Warum bei Schwellenländern hier auch nur der Smallcap verwendet wird, (statt z.B. der umfassenden IMI-Variante) erschließt sich mir auch noch nicht, aber haja, wie gesagt, dieses Portfolio würde ich eh nicht als unbedingt empfehlenswert bezeichnen. Für Anfänger sowieso nicht, da dass eh erstmal unnötig überfrachtet ist, und für "Fortgeschrittene" die vielleicht trotzdem sowas komplexeres durchziehen wollen stört eher wiederum die diskongruente suboptimale ETF-Auswahl.

Kommen wir nun zu den neuen Vorschlägen seit der letzten aktuellen Buchausgabe. Hier das "Einfache Multifaktor-Weltportfolio 2018"

-20 % - Aktien Faktor Value (Xtrackers MSCI World Value Factor UCITS ETF 1C)
-20 % - Aktien Faktor Small Size (SPDR MSCI World Small Cap UCITS ETF)
-20 % - Aktien Faktor Quality (Xtrackers MSCI World Quality Factor UCITS ETF 1C)
-20 % - Aktien Faktor Momentum (Xtrackers MSCI World Momentum Factor UCITS ETF 1C)
-20 % - Aktien Faktor Political Risk (iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF Dis)

Ahja, wir sehen also schon, dass sich das "einfach" nicht unbedingt darauf bezieht, dass das Portfolio mit nur ein zwei ETFs aufgebaut ist, nein sondern das jeder einzelne Faktor halt mit einem dezidierten ETF dafür abgebildet werden soll. Na, da kann man ja von halten was man will. Auch hier wieder dasselbe Grundproblem - für Einsteiger ist sowas nicht unbedingt das, was man jetzt als erstes empfehlen würde und mit Fortgeschrittenen könnte man auch wieder endlos an der speziellen Faktor- und ETF- Auswahl rummäkeln. Der Faktor "Politcal Risk" (interessant auch das hierfür der EM IMI wieder aufgetaucht ist, der oben noch gefehlt hat) spielt z.B. in der akademischen Diskussion eine viel geringere Rolle als der Low Volatility Faktor, der hier aber noch völlig fehlt. Ebenso geht hier nun auch die anderswo noch verwendete BIP Gewichtung eher etwas verloren. Wie gesagt, Detail-Diskussionen.

Und das letzte vorgestellte Portfolio ist das "Integrierte Multifaktor-Weltportfolio 2018"

-75 % - Aktien Multifaktor Industrieländer (Invesco Goldman Sachs Equity Factor Index World UCITS ETF)
-25 % - Aktien Multifaktor Schwellenländer (Franklin LibertyQ Emerging Markets UCITS ETF)

Damit will Kommer wohl also die Variante hinkriegen für die Sorte der Leute, die zwar gern von den propagierten Vorteilen des Faktor-Investings was abhaben wollen, sich aber dafür nicht auch mit dem obigen kleinteiligeren Depotvorschlag überfrachtet rumschlagen wollen. Die Multifaktor Produkte sollen nun "unter der Haube" mehrere Faktoren wie Value, Quality, Momentum etc. zusammengefasst beackern, aber für den Endanleger auf seiner Depotebene als "all-inclusive" Produkt so einfach zu handhaben sein, wie es eben ein einfaches Standard World/EM Portfolio es auch ist. Also vom Aufbau her ist zumindest der Anfänger damit ja nicht überfordert, da's nur zwei ETFs sind, aber wie gesagt, auch hier könnte man mit Fortgeschrittenen noch endlos weiter über die konkrete Auswahl diskutieren.

Das ist auch, um mal abzuschließen, ein grundlegender Knackpunkt bei der ganzen Faktor- und Multifaktor Geschichte. Die hier im Blog / der Laiencommunity bisher immer so empfohlenen/verwendeten Standard-"Brot und Butter"-Produkte (World, EM, etc.) haben, abseits aller schönen Outperformance-Theorie der Faktoren, noch zwei entscheidende Praxis-Argumente auf ihrer Seite: WYSIWYG und Lindy.

What you see is what you get. Auf die meistverwendeten breiten Standard-Benchmarkindizes gibt es haufenweise Produkte von mehreren Anbietern (z.B. über ein dutzend MSCI World, EM, etc. Angebote). Das ist erstmal gut weil Konkurrenz die Auswahl erhöht und damit Kosten für uns drückt, aber auch weil alle Anbieter gegenseitig ständig im Wettbewerb stehen, denselben Referenzindex möglichst genau zu tracken. Das heißt also, die konkreten Produktrenditenunterschiede zwischen einem (bspw.) beliebigen SP500 ETF von Anbieter A und einem SP500 ETF von Anbieter B sind im laufenden Betrieb meist so insignifikant gering, dass man fast blind irgendeinen zugreifen könnte und nicht unbedingt viel Schlaf drüber verlieren muss, ob man damit nun eine gute / vielleicht gar die ewig beste / aber doch zumindest hoffentlich nicht die schlechteste Wahl getroffen haben wird.

Dieses Massen/Mainstream-Produktsegment ist alles mittlerweile so beliebig austauschbar durchkommodifiziert wie Schüttgut, es ist also nicht unbedingt nötig noch großartig lang und tief drüber nachzugrübeln ob man nun bspw. den MSCI World ETF von iShares, oder stattdessen den MSCI World ETF von xtrackers, oder doch nicht lieber den MSCI World ETF von Lyxor, oder.... nimmt. Spezis die meinen da noch unbedingt einen Vorteil rausschinden zu können, können das ja gerne machen, für alle anderen ist das aber nicht wirklich nötig.

Bei den Faktor/Multifaktor-Produkten ist WYSIWYG aber weniger gegeben. Nur weil zum Beispiel "Value" gleichermaßen auf verschiedenen ETFs draufsteht, heißt das nicht, dass sie auch die selbe Wertentwicklung liefern. Im Gegensatz zu den Standardprodukten, wo dutzende ETF-Anbieter alle den gleichen Benchmarkindex benutzen, werden hier noch viel mehr eigene Süppchen gekocht.

ETF Anbieter A benutzt als Value-Index den von Indexanbieter B, während ETF-Anbieter C einen anderen Value-Index von Indexfirma D nimmt, und so weiter. Die Vergleichbarkeit wie bei den Standardprodukten ist also viel weniger gegeben. Das mal ein Index sich so durchsetzt, dass er von mehreren Anbietern benutzt wird, ist eher selten, lieber bastelt sich da jeder was eigenes proprietäres zusammen - oft werden ja die Faktorindizes auch speziell auf Verlangen und genau nach den Spezifikationen des ETF-Anbieters erst auftragsweise konstruiert (z.B. Solactive ist da als Index "Custom Shop" sehr aktiv).

So unterscheiden die sich alle nun jeweils ein bischen in ihren Regelwerken (z.B. was Faktormesskriterien, Aktienauswahl und -gewichtung angeht) und dies wirkt sich am Ende auch in unterschiedlichen Wertentwicklungen der Produkte aus, auch wenn die erstmal scheinbar alle den selben Faktor beackern sollten.
Diese Wertentwicklungsunterschiede (also z.B. bei Value-ETF A vs. Value-ETF B) sind dann auch um einige Größenordnungen signifikanter als bei den Standardprodukten (also z.B. SP500 ETF A vs. SP500 ETF B), wo es meist nur um ein paar Basispunkte geht.

Der Anleger steht also in der undankbaren Aufgabe, auch etwas mehr Beschäftigungsarbeit mit dem Thema zu leisten, z.B. sich durch die verschiedenen Methodologies der Indexanbieter zu lesen und auswählen zu können welches Konzept er für langfristig am überzeugendsten hält (und wie bekommt er überhaupt das Fachwissen, dies einigermaßen gut einschätzen zu können? Tja, noch mehr Bildungsarbeit nötig).
Denn hier wird auch die Durchhaltefähigkeit viel mehr auf die Probe gestellt - wenn man sich einmal entschlossen hat, vom Standardprodukt wegen der Aussicht auf Outperformance abzuweichen, muss man dem Faktorprodukt auch treubleiben, wenn es (unvermeidlich!) mal zyklische Durchhängerphasen zu durchstehen gibt, oder grad wieder ein neues noch verlockenderes Faktorprodukt rausgekommen zum umschichten einlädt, etc.

Wie gesagt, dass soll nicht heißen dass es nun unmöglich wäre, damit vernünftig umzugehen, aber es ist eben auch nicht unbedingt anfängertauglich, sondern ehrlicherweise für eine eh nur kleinere Gruppe von interessierten Spezis wirklich umzusetzen.

Das zweite Argument, "Lindy" , dreht sich um die Langlebigkeit.
Die normalerweise empfohlenen klassischen Standardindizes wie World, EM, SP500 usw. sind alle mehrere Jahrzehnte alt und es gibt viele Produkte drauf die auch schon alt genug sind (ETFs gibt es zB seit ca. 25 Jahren schon, und wenn wir noch weiter fassen gibt es Indexfonds schon seit den 70ern), dass sie langfristige Überlebensfähigkeit bewiesen haben, man also relativ gut davon ausgehen kann, das sie auch noch Jahrzehnte weiter in der Zukunft existieren werden und nicht nur als Mode bald wieder verschwinden.

Bei den einzelnen Faktorprodukten ist das aber viel weniger gegeben. Wie gesagt, ob jetzt ein beliebiger Faktor-ETF X, der erst seit kurzer Zeit und nur mit geringem AUM-Volumen existiert und als einziges Produkt einen eben so jungen Spezialindex Y trackt, auch genauso wie der MSCI World, SP500, etc. und ähnliche Dickschiffe noch Jahrzehnte weiter in Zukunft bestehen wird (oder doch nicht eher untergeht und sich die Mode auf Faktor-ETFs A, B, C etc. weiterdreht), kann viel weniger gesagt sein. Wie oben bereits erwähnt, man hat nicht nur das Problem, dass man den "besten"/überzeugendsten Faktor-ETF selbst auswählen muss, sondern auch das Problem, dass auch genug andere Anleger das genauso sehen müssen, damit das Produkt nicht zu kurz wegen Erfolglosigkeit wieder geschlossen wird. Auch das mag nicht unbedingt etwas sein, was sich Anfänger gleich zu Beginn antun können oder wollen.

Wenn du also "Empfehlungen" willst, wirst du hier vor allem die einfachen "Brot-und-Butter" Rezepte bekommen. Da gibt es am wenigsten zu diskutieren - bzw. wer wirklich "diskutieren will", also meint schon "fortgeschrittenere", davon abweichende Depotvorstellungen zu haben, der brauch unsere Einsteigerratschläge ja auch garnicht mehr (muss man also auch darüber nicht noch diskutieren) und soll gerne machen was ihn sonst so überzeugt.

Für totale Anfänger bzw. wer einfach nur das bequeme 1-ETF all inclusive Simpelportfolio haben will, soll sich nen ACWI bzw. All-World Produkt nehmen. Wer meint, an der Industrie/Schwellenländer-Gewichtung noch individuell austarieren zu wollen (z.B. nach BIP), soll halt mit zwei Produkten, World und EM, sein Depot aufbauen. Wer darüber hinaus noch meint, die Regionen nach gusto einstellen zu wollen, soll sich halt bei nem 4er bzw. 5er Depot (US, Eur, Paz/Jp, EM) austoben.

Das ist dann eigentlich auch schon das Ende der Fahnenstange, was hier komplexitätsmäßig propagiert wird, also alles weitere (z.B. Spezial/Nischen/Themen/Branchen/Faktoren-Produkte) sind dann weniger allgemeine Empfehlung an jeden, sondern werden als individuelle "nice to have" Geschmacksfragen den Leuten selbst überlassen.

Für die Anfänger geht der Ratschlag dabei eher in die Richtung, sich von all dem ablenkenden Kram und sonstigen möglichen Verlockungen nicht wuschig machen zu lassen, sondern erstmal ein möglichst schnörkelloses Basisportfolio aufzubauen, den Umgang damit zu lernen und in der Praxis langfristig durchzuziehen.


Max Alpha sagt am 11. September 2019

@doodleman

Ich habe bislang noch keine Smart Beta ETF. Aber: Falsch wird es schon nicht sein, wenn man sich an die Buchempfehlung hält. Kommer weiß ja gut zu begründen, warum er dieses Vorgehen empfiehlt und ruht dabei auf einem Berg von Literatur, die selbiges empfiehlt.

Ihm scheint aber auch klar zu sein, dass Smart Beta für viele Teufelszeug ist, weshalb er ja auch sehr einfach umsetzbare Empfehlungen für Portfolioaufstellungen ohne Smart Beta auflistet. Auch das wird folglich in diesem Sinne nicht falsch sein. Man findet einiges an Literatur, die das Thema Smart Beta eher skeptisch beleuchtet. Auch hier im Blog findest Du sehr viel dazu.

Meine Entscheidung gegen Smart Beta war am Schluss eine einfache Bauchentscheidung. Irgendwann ist man einfach der Zahlen und PDF-Dateien überdrüssig und geht dann entweder links oder rechts ab. Die Frage, ob mein Portfolio nicht doch etwas smarter werden sollte beschäftigt mich aber immer wieder (mit unverändertem Ergebnis).

Gruß
Max Alpha


Anton sagt am 11. September 2019

@doodleman

Für den Einstieg ist die Kommer-Strategie viel zu aufgebläht. Auch als Profi würde ich mir das nicht antun wollen (da das Rebalancing einfach zu aufwändig wird). Ich arbeite aktuell mit 3 Aktien-ETFs (World, EM, Europe), aber inzwischen ist mir sogar das zu mühsam.
Ich strebe die 1-Aktien-ETF-Lösung an (MSCI ACWI oder FTSE All-World, natürlich am liebsten die thesaurierenden Varianten).


CarstenP sagt am 12. September 2019

@doodleman

Eine Anmerkung bzgl. Faktor-Investing-Diskussionen um das besser einordnen zu können.

Es gibt da im Wesentlichen 2 Glaubensschulen und einen entsprechenden Glaubenskrieg, beide Glaubensschulen halten ihr Vorgehen nämlich für besser diversifiziert:

  1. Die Faktor-Befürworter (z.B. Kommer und Swedroe). Für die enthält der Gesamtmarkt nur ein Faktor (Market Beta) und da Akademiker (Fama/French) noch andere Risikofaktoren identifiziert haben, die die Rendite treiben, halten sie es für sinnvoll auch über diese zu diversifizieren.
  2. Die Faktor-Ablehner (z.B. Bogle: "By and large I do not approve of factor funds."). Für die ist der Gesamtmarkt alles ,was man braucht, und Faktor-Investing nichts anderes als Stockpicking basierend auf Backtests (Performance Chasing, Datamining) und der Versuch durch Konzentration (das Gegenteil von Diversifikation) auf die Gewinner-Aktien den Markt zu schlagen.

Wie ChrisS schon sagt, ist die Aussagekraft von Backtests mit Vorsicht zu genießen, aber man kann durchaus noch weiter in der Geschichte zurückgehen und sich die Performance von real existierenden Multi-Faktor-Fonds anschauen, da sieht man, was Investoren tatsächlich hätten haben können und nicht nur theoretisch.

Nehmen wir zuerst Small Cap Value, das ist auch schon Multi-Faktor (Market, Size, Value). Seit Auflegung hat der DFA Fonds (Fama ist bei DFA involviert) mehr Rendite als der Markt geliefert, allerdings mit deutlich mehr Volatilität und nicht konsistent, die Outperformance beschränkt sich hauptsächlich auf 2000-2003: DFA US Small Cap Value vs. S&P 500

Multi-Faktor im Namen ist nicht ausreichend um den Markt zu schlagen, wie der älteste Fonds, den ich finden konnte, der Multi-Faktor im Namen hat, belegt: PNC Multi-Factor Large Cap Growth vs. S&P 500

Eine bereits vergessene Modeerscheinung ist Fundamental Indexing, was auch eine Art Multi-Faktor-Investing ist. Der älteste RAFI Fonds, den ich finden konnte, ist schwer vom Markt zu unterscheiden: Invesco FTSE RAFI US 1000 vs. S&P 500

Und zu guter Letzt ein aktuelles Exemplar eines Multi-Faktor-Produktes, das hebt sich bisher auch nicht vorteilhaft vom Gesamtmarkt ab: iShares Edge MSCI Multifactor Global vs. Vanguard Total World Stock

Also ich sehe da keinen eindeutigen Vorteil und finde das Argument für Multi-Faktor-Investing wird überverkauft und lenkt von der viel wichtigeren Entscheidung, der Asset-Allokation auf Gesamtportfolio-Ebene, ab. Ich würde keine großen Wunder von Multi-Faktor gegenüber simplen Gesamtmarkt erwarten, beides wird wahrscheinlich zum Ziel führen. Letztendlich ist "Faktor-Investing ja oder nein?" eine Geschmacksfrage und nur Detail-Optimierung, wo es kaum was zu optimieren gibt oder auch eine Verschlimmbesserung eintreten könnte, wenn man irgendwas falsch macht oder einfach nur Pech hat.


Smartinvestor sagt am 12. September 2019

@Albert:

So, musste diesen (vor-letzten) Beitrag wieder mal kommunikativ optimieren und habe ihn hoffentlich von den größten Klöpsen befreit. Meinen letzten Krisenschutz-Beitrag werde ich zum krönenden Abschluss auch noch bisschen verfeinern. Will ja schließlich in guter Erinnerung hier bleiben.

@doodleman

hat schon jemand Erfahrungen zur aktuellen Kommer Strategie (souverän investieren mit ETFs und Indexfonds) mit Multi Factor ETFs?

Ich habe mich da anhand "Souverän investieren" 2018 von Kommer und vieler anderer Literatur, wie gewohnt, tief in die wissenschaftlichen Grundlagen eingearbeitet. Denn ich wollte das Thema passives long-only Factor Investing / "Smart Beta" / "Very Dumb Alpha" komplett verstehen. Vor allem, ob und wie Bogle Recht hatte, dass das nur reiner Schund zum Abzocken überhöhter Gebühren ist. Nämlich primär, um einen Ausgleich für verlorene Gebühreneinnahmen wegen zu Recht zurückgehender Allokationen in Vermögens-schädliche aktive Aktienfonds zu erhalten. Zusammenfassend konnte ich nichts finden, was Bogle widerspricht. Ich kann also allen meinen Vorrednern absolut beipflichten.

Mein komplettes Wissen und Verständnis dazu ist meiner Kommer-Rezension zu entnehmen. Entsprechend zeigt u.a. der offensichtlich nach allen Regeln dieser "Marketing-Kunst" konstruierte iShares Edge MSCI World Multifactor ETF, sicher einer der Besten seiner Art, das übliche Verhalten aller Fonds dieser Produktklasse. Nämlich dass sie, genau wie unsinnige aktive Aktienfonds, ab Auflage ihrem MSCI-Mutterindex ohne Faktor-Load mindestens um ihre überhöhten Gebühren, Trading- und sonstigen Zusatzkosten im Durchschnitt hinterherhinken.
Und das, obwohl die "Smart Beta"-Strategien genau bis dahin über den gesamten Zeitraum der der Konstruktion zugrundeliegenden Backtests, die i.d.R. als erlaubte Werbung zur Erläuterung der Strategien in den Indexbeschreibungen zu finden sind, ihren Mutterindex outperformen. Weil das i.d.R. mittels primitivem Data Mining marketinggerecht überoptimiert wird. Denn sonst würde den neuen Fonds ja kaum ein unbedarfter (intuitiver) Anleger kaufen.

Dieser reinen Marketing-Kunst folgend, jubelt Kommer darüberhinaus sogenanntes Smart Beta - ganz entgegen seinem sonst verwendeten Schreibstil (!) - als "passiv anlegen mit Turbo" marktschreierisch hoch. Ich weiß auch nicht, warum sich Kommer, der mal ein gutes Image als Vorkämpfer für vorteihaftes rein passives Investieren in D aufgebaut hatte, jetzt für sowas hergibt. Und das preist er auch noch stolz als neuen Schwerpunkt seines aktuellen Hauptwerks an, der einen erheblichen Umfang einnimmt.

Einer der besten deutschen Hedgefonds-Experten bezeichnet "Smart Beta" daher in "Alternative Risikoprämien: Lars Jäger räumt mit den Mythen auf" treffend als "Schlagwort für etwas Mystisches", "wohlklingenden Namen für intuitive [!] Konzepte", "pseudo-wissenschaftliche Hedgefondsstrategien". Er rät hingegen, "Alternative Risikoprämien" als sinnvolle Anlagealternative auf Basis bewährt guter Hedgefonds-Strategien, wie z.B. Momentum- oder Value-Strategien, umgesetzt mit wissenschaftlich professionell long UND short gehebelten sehr liquiden Managed Futures (MF) als kostengünstigste Liquid Alternatives (LA) ETFs zu bevorzugen.

Die von mit bevorzugte und von Alert vor kurzem als gut befundene Trendfolge- bzw. "Time Series Momentum"-Strategie mittels moderner MF LA Fonds geht als effizienteste Hedgefondsstrategie auch schon in diese innovative Richtung. Jetzt werden weitere interessante unkorrelierte Risikoprämien sogar als kostengünstigste ETFs (!) angeboten, die hier dann wohl endgültig hoffähig werden sollten. Und zwar als weitere passende Kleinigkeit für Albert's Depot, um weiterhin Rendite einzufahren. Daher schaue ich mir die gerade als nächste evtl. wieder mal sinnvolle Finanzinnovation intensiv an. Dafür hat sich meine tiefe Einarbeitung in "Smart Beta" also schon mal sehr gelohnt, gerade weil es rein negatives Wissen ist. Besteht hier Interesse an weiteren Infos zu "Alt. Beta"?

Zu Kommer's pseudo-wissenschaftlicher "Smart Beta"-Empfehlung kommen seit Nov. 2018 auch noch extrem auffällige Unregelmäßigkeiten bei meiner kritischen Rezension erschwerend hinzu. Vermutlich weil sie mit mehr als 500 Likes bislang fast unglaublich hochgevotet und anerkannt wird. Die Dokumentation dieser krassen Unregelmäßigkeiten bei Amazon E. 2018 habe ich im letzten Eigenkommentar vor 3 Monaten direkt unter meiner Kommer-Rezension zusammengefasst.

Das alles spricht m.E. eine eindeutige Sprache, zumal es bislang vom Autor unwidersprochen blieb und Amazon daraufhin E. 2018 sogar das Downvoting wegen Missbrauchs abschaffte! Ein wahrlich unerhörter Vorgang im direkten Umfeld dieser schillernd "Kommer-ziellen" Person... 


Philipp sagt am 31. Oktober 2019

Hallo zusammen,

nun möchte ich hier auch mal einen ersten Post/eine erste Frage loswerden.

Im Vorfeld vielen Dank dem Finanzwesir für den wirklich gelungenen Blog - wirklich sehr hilfreich.

Momentan ist es so, dass ich seit einem guten Jahr in drei ETF´s via Sparplan "investiere":

  • X(IE)-MSCI AC WORLD 1C
  • XTR.DAX 1C
  • XTR.STOXX EUROPE 600 1C

Anfangs waren das für mich schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungen, in diese drei ETF´s zu investieren.
Nun, nach längerem Einlesen in die Materie, komme ich zu dem Schluss, die letzten beiden (Euro Stoxx und DAX) evtl. einfach zu stoppen und, so wie sie jetzt sind, liegen zu lassen und mich anschließend voll auf den MSCI World und zusätzlich einem World Emerging Market ETF zu stürzen.
Hierbei finde ich vor allem auch die 70/30-Teilung interessant, da ich bisher alle drei ETF´s immer mit derselben Summe bespart habe.

Bisher habe ich jeweils 100€ mtl. in jeden ETF per Sparplan gespart. Ein Notgroschen liegt auf einem seperatem Konto.

Was haltet ihr von der Idee bzw. dem bisherigen "Depot"? Ist es sinnvoll umzusteigen und die beiden (EU und DE) ETF´s zu stoppen?

Ich freue mich über Antworten und konstruktive Kritik!

Philipp


ChrisS sagt am 02. November 2019

Hallo Philipp

wie du schon selbst richtig sagst, sollte ein Depot auf schlüssigen und nachvollziehbaren Überzeugungen aufgebaut sein, denn wir wollen damit ja langfristiges Buy&Hold betreiben, und so ein paar gefestigte Grundüberzeugungen sind dafür nötig, damit mans auch lange genug durchhält und nicht alsbald wieder zu schnell daran herumdoktert und umbaut.

Das sich gerade am Anfang noch einiges am Bildungsprozess verändert ist normal und nichts ehrenrühriges, auch ist das wohl noch die beste Zeit etwas zu verändern da der "Schaden" (Umschichtungskosten etc.) einer Veränderung noch am kleinsten ist. Aber wie gesagt, da es eben um die dahinterstehenden Überzeugungen geht, wäre die eigentlich wichtigste Frage, statt an uns, erstmal wieder an dich gestellt (weil du es leider nicht selbst schon erklärt hast), was denn (a) die Gründe waren warum du dir dein Depot so aufgebaut hast und (b) was denn nun die neuen Gründe sind warum du was anderes (und was genau stattdessen) nun für überzeugender hälst? Die Frage hilft, dir darüber selber klarzuwerden und nicht einfach nur weiter blind was von aussen vorgesagtes zu kopieren.

Was eine "sinnvolle" Depotaufstellung ist, muss am Ende jeder Anleger selbst entscheiden, je nachdem wie seine individuellen Ansprüche, Bedürfnisse, Situation und Überzeugungen halt liegen. Da darf man sich auch ruhig voneinander etwas unterscheiden, es gibt also nicht unbedingt das "eine" richtige Depot für alle, sondern Hauptsache es passt jeweils zu einem selbst am besten, denn nur man selbst muss das Depot dann ja auch am Ende Jahre- und jahrzehntelang behalten und mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen leben können.

In vielen Artikeln zu dem Thema wurde hier im Blog schon oft genug die "Hausmeinung" zum Depotaufbau dargestellt, die Ratschläge werden dich also, wenn du hier schon länger/tiefer mitgelesen hast, nicht überraschen (und wenn du noch nicht viel gelesen hast, kannst du das ja erstmal in Ruhe noch nachholen). Im hier vertretenen passiv/prognosefreien Weltportfolio-Ansatz geht es darum, ein Depot aufzubauen, was möglichst (a) breit diversifiziert, (b) überschneidungsfrei und (c) selbststabilisierend ist.

Breite Diversifikation ist wohl noch am einfachsten zu verstehen, dabei geht es vor allem darum, eine möglichst weite Abdeckung aller (relevanten) Weltregionen zu haben, bzw. zu verhindern, dass man sich nur auf zu fragile Einzelwetten konzentriert (z.B. Home-Bias, etc.).
Überschneidungsfrei soll heißen, unnötige Doppelungen soweit es geht möglichst zu vermeiden, da sie eben weniger zur Diversifikation beitragen. Ein gutes Beispiel dafür ist z.B. die World-Europa-Dax Geschichte. Die allermeisten/größten Firmen des Europa-Index sind auch eh schon im World enthalten, genauso wie auch die Firmen des Dax bereits im Europa-Index und im World mit drin sind.

Sich alles dreies gleichzeitig ins Depot zu legen ergibt eben gewisse Überschneidungen - die kann man ja bewusst eingehen, wenn dahinter bestimmte Überzeugungen stehen (man z.B. aus irgendwelchen Gründen Europa und speziell noch Deutschland übergewichtet haben will) und dazu solche Doppelungen und Trippelungen benutzen, aber das geht auch eleganter mit der überschneidungsfreien Methode, also gleich die Regionen des World schon selbst aufzusplitten (z.B. US; Europa, Asien-Pazifik, etc.) und dann die Gewichtungen der einzelnen Anteile nach eigenem Gusto austarieren. Im letzten Punkt der Selbststabilisierung geht es darum, dass das Depot robust gegenüber zukünftigen Veränderungen ist möglichst ohne/wenige weitere Eingriffe und Anpassungen zu erfordern. Beispielsweise ein Depot aus World und EM, wenn nun ein Schwellenland in Zukunft zum Industrieland aufsteigt, wird es eben in den World aufgenommen, und fällt nicht "zwischen die Stühle". Man muss selber auf Depotebene also z.B. keine neuen ETFs kaufen (höchstens das World/EM-Verhältnis nochmal nachstellen, wenn es ein gewichtiges Land war).

Als praktische Ableitung dieser theoretischen Leitgedanken in die konkrete Umsetzung gibt es daher meist folgende Depotkonstruktionen, die auch wenn es hier ja nicht direkt um Musterportfolio-Empfehlungen o.ä. geht, noch am ehesten rumgereicht werden, wenn halt Einsteiger und Anfänger immer wieder fragen, was denn nun "sinnvolle" Depotaufstellungen wären.

Simpelster Ansatz - einfach alles nur in einen MSCI ACWI -ETF oder alternativ Vanguard FTSE All-World. Erfüllt die obigen Anforderungen der breiten Diversifikation, Überschneidungsfreiheit, Selbststabilisierung, und bietet als 1-Produkt-Lösung die größtmögliche Bequemlichkeit für Leute die das Thema nicht noch weiter zu ihrem Hobby machen wollen.

Wer meint, unter der Haube des gesamtglobalen Produktes noch selber am Mischungsverhältnis der Industrie- und Schwellenländer individuell herumdoktern zu wollen (z.B. weil man eine Gewichtung nach BIP überzeugender hält), kann das machen in dem man sich 2 ETFs, einen für Developed World und einen für Emerging Markets, ins Depot holt. Erfüllt ebenso die Anforderungen und ist jetzt auch kein Komplexitätsmonster und die Produktauswahl für diese beiden Indizes ist auch größer.

Und wer noch weiter die Gewichtungen der einzelnen Weltregionen nach eigenem Geschmack austarieren will (z.B. wie gesagt, aus irgendnem Grund Europa noch zusätzlich übergewichten, oder USA gegenüber ihrer Marktkap untergewichten), macht einen weiteren Regionensplit, eben in Amerika, Europa, AsPaz/Japan und Schwellenländer. Wie gesagt, das ist je nach Anspruchslevel vielleicht etwas komplexer (kommt daher auch nicht für jeden infrage) als bspw. eine Europa-Übergewichtung mittels der World+Europa Doppelung herzustellen, aber eben auch überschneidungsfrei.

Achja, und wie gesagt, wer eben keine bestimmten Meinungen hinsichtlich besonders abweichender Regionengewichtungen hat, der kann gut und gerne auch darauf verzichten und im Depotaufbau-Level einige Stufen zurück gehen auf World+EM oder einfach nur ACWI/All-World bleiben, denn am Ende sind bei allen dieser Ansätze ja auch eh nur die selben Firmen dabei, nur halt die Gewichtungen der Regionen können, wenn gewünscht, so verschoben werden. Im Gegensatz zu dem was man vielleicht denkt, gilt beim Portfolioaufbau jedenfalls nicht, das "komplizierter" auch immer automatisch "besser" wäre.

Darüber hinaus kann man dann, nachdem die Basis in einem dieser allgemeinen Kernportfolios mal gelegt ist, natürlich auch noch individuell weiter ausdifferenzieren (Smallcaps, Faktor, Branchen/Themen, etc.) wenn man dazu bestimmte Überzeugungen hegt, aber das ist dann auch nicht mehr unbedingt das wirklich nötige für einen Anfänger zum Einstieg, sondern nach der "Pflicht" nur noch die Kür für darüber hinausgehende Spezis die damit noch individuelle Geschmacksfragen abrunden wollen (und da man über Geschmäcker ja nicht streitet, sei es auch jedem selbst überlassen mit was er, wenn überhaupt, dazu noch individuelle Schwerpunkte setzen will).

Nunja, ich hoffe das kann dir etwas beim nachdenken helfen. Weder kann ich dir seriöserweise sagen, ob du dein bisheriges Depot verwerfen sollst, noch ob und welches neue Depot du stattdessen machen solltest. Diese Entscheidung muss allein von dir kommen, denn nur du (und nicht ich) muss damit ja am Ende leben. Wie gesagt, am Anfang sind ein paar Umbauten und Weiterentwicklungen ja noch nicht so schlimm und auch nicht unüblich, sondern normal, denn deine Überzeugungen bilden sich ja gerade auch erst mit. Lies dich ruhig noch ein bischen weiter ins Blog ein, da gibt es schon viele gute Artikel die dir dabei helfen. :-)


Presskoppweck sagt am 02. November 2019

Mir persönlich ist die momentane Situation zu "heimatlastig".
Meint, wenn bei uns der Aktienmarkt gut läuft, dann besteht auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es auf dem Jobmarkt gut läuft. Und der Job ist bei den meisten das werthaltigste "Asset" im Leben. Man hat durch dem Job ein dickes Klumpenrisko Heimat, das man mit einer 2/3 Depotausrichtung auf die Heimat nochmals verstärkt.

Von daher stimme ich Dir bei, die D- und EU-EFT zu stoppen und stattdessen die vollen 300 in den ACWI zu geben. Der Finanzwesir hat auf ähnliche Fragen schon vorgeschlagen, reinen Tisch zu machen und auch die "Altfonds" zu liquidieren und in den ACWI zu stecken.

Was wenn Dir der Anteil EM beim ACWI zu gering ist?
Ich würde die 300 trotzdem in den ACWI investieren und allenfalls ein Teil des Erlöses von D und EU als Einmaleinlage in einen EM stecken. Der Finanzwesir warnt aber immer, dass man dann ein jährliches Rebalancinig (einen Teil vom Weihnachtsgeld reinbuttern) benötigt um das definierte Verhältnis (70/30 oder was auch immer gewünscht) dauerhaft zu behalten. Irgendwann reicht dazu das Weihnachtsgeld nicht mehr und man benötigt einen zusätzlichen Hunni für einen EM-Sparplan. Ich würde das als zusätzichen Ansporn sehen, die Einnahmesituation weiter zu verbessern. Immer nach der Decke strecken, Gruß an Bodo Schäfer.


diver sagt am 17. Januar 2020

Das anzulegende Geld wird in einen risikoarmen und einen risikobehafteten Teil aufgeteilt. Der risikoarme Teil wird in Festgeld, Tagesgeld und Anleihen erstklassiger Schuldner (AAA-Rating), wie beispielsweise in Anleihen der Bundesrepublik Deutschland angelegt.

Ist das eigentlich immer noch aktuell? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Die BRD ist doch, wie auch andere europäische Länder, in einer Schuldenkriese. Sollte der Euro crashen, würde der Staatshaushalt sich dadurch fast oder ganz ruinieren. Da kann man doch nicht mehr von "sicheren Anleihen" sprechen. Oder verstehe ich da etwas nicht richtig?


Presskoppweck sagt am 18. Januar 2020

So sieht das Jahr 2050 (nicht) aus https://www.youtube.com/watch?v=Ad2DkCJHKZE#t=5m15s
Auf diesen 30sec baut das ganze Gebilde auf.

M.W. spricht der Finanzwesir nicht von "sicheren Anleihen", sondern rät dem kleinen Anleger aktuell zu Tagesgeld (Festgeld bringt nur homöopathisch mehr Zins), da die "staatliche Garantie" bis 100k€ das Maximale ist, was man an Sicherheit kriegen kann. Bleibt man beim Tagesgeld (notfalls bei mehreren Banken) dann muss man auch nicht mit den Institutionellen konkurieren, die mit Bankeinlagen Negativzinsen einfahren und daher (Staats-)Anleihen wie bekloppt kaufen und dort ebenfalls für negative Renditen sorgen. https://www.youtube.com/watch?v=f6TAn8XpPh8

Eurokrise: Glaubt man tatsächlich an einem großen Crash mit massenhaften Bankpleiten, Währungsproblemen, Stromausfällen und dem beginnenden Zerfall der staatlichen Ordnung, dann ist ist jede Anlage unsicher. Egal ob Aktien(fonds), jedwedes Fiatgeld und natürlich auch Immobilien. Das Krisenmetall mit den passenden Treibladungen um es mit den finsterschwarzen Gestalten von 5min20sec aufzunehmen, kannst Du a.) nicht legal kaufen und b.) willst Du nicht benutzen müssen.

Wenn Du Sorge um die Zukunft hast, dann tue das, was von allen ordentlichen Bürgern erwartet wird. Sorge für die kleinen Dinge des täglichen Lebens: https://www.bbk.bund.de/SiteGlobals/Forms/Warenkorb/BBK/DE/Warenkorb_Formular.html;jsessionid=6D2620C8A61B9FBAED512D7F5E11B3AA.2_cid355?cart4256416=%2B1


ChrisS sagt am 18. Januar 2020

@diver

Die BRD ist doch, wie auch andere europäische Länder, in einer Schuldenkriese.

Welche Definition von "Schuldenkrise" benutzt du, dass du die BRD aktuell in einer solchen siehst? Bei manch anderen europäischen Ländern könnt ichs ja noch verstehen, aber von denen unterscheidet uns noch so einiges.

Sollte der Euro crashen, würde der Staatshaushalt sich dadurch fast oder ganz ruinieren.

Welche Definition von "Eurocrash" benutzt du, und wie sieht deine Kausalkette zum Ruin des Staatshaushalts aus? Wenn wir mal ein bisschen die Hysterie aus den Begrifflichkeiten rausnehmen, könnten wir darunter auch relativ handelsübliche Währungsabwertungen verstehen, und in gewissen Rahmen sind die ja auch politisch nicht ganz unerwünscht (cf. Exportwirtschaft).

Oder verstehe ich da etwas nicht richtig?

Naja, vielleicht hilft es deinem Verständnis wenn du dir über die oben gestellten Fragen Gedanken machst. Ich sag nur mal soviel - von einer Schuldenkrise spricht man eigentlich erst wenn der Schulder (hier z.B. die BRD) seinen Kapitaldienstverpflichtungen nicht mehr wie geordnet nachkommen kann. Davon ist Deutschland aktuell relativ weit entfernt, im Gegenteil, in manchen Metriken hat man sich in letzter Zeit demgegenüber sogar noch verbessert.

Für seine aktuell ausgegebenen Schuldscheine (Staatsanleihen) bekommt der Staat sogar Geld (negativer Zins) - die Anleger bezahlen also willens dafür, dem Staat Geld geben zu dürfen (ihm seine Schulden abzukaufen). Das ist also eigentlich eher das Gegenteil von dem, was man sonst so umgänglich unter "Schuldenkrise" versteht (der Staat findet zuwenig/keinen mehr der ihm noch seine Schulden abkaufen will, weil das Vertrauen in die Rückzahlung gering ist, in folge gehen die verlangten Zinsen hoch).

Man kann also die negativen Anleihezinsen in diesem Sinne auch dahingehend deuten, dass die aggregierte Masse der Anleger im Gegensatz zu dir Deutschland überhaupt nicht in einer Schuldenkrise sehen, sondern als sicher/risikoarm einschätzen (oder formulieren wir es lieber relativistisch, sicherer/risikoärmer als mögliche Anlagealternativen, in die sie ihr Geld sonst investieren könnten). Das ist wie gesagt erstmal nur die rein oberflächliche Lehrbuchbetrachtung aus dem VWL-Erstsemester, man könnte natürlich noch weitergehend dagegen argumentieren, dass z.B. inst. Anleger auch bestimmten Mandatsvorgaben dahingehend gebunden sind, oder was den EZB-Einfluss angeht, usw. aber das wollen wir an dieser Stelle erstmal nicht weiter vertiefen.

Oder gehen wir das lieber nochmal über die einfach-praktische Schiene. Die Aufzählung, die du zitierst, erwähnt Festgeld, Tagesgeld und Anleihen erstklassiger Schuldner (AAA-Rating) wie beispielsweise Deutschland. Interessant ist, dass du in deinem Kommentar ausschließlich über letzteres monierst - das ist ziemlich kurios, denn wer schon so auf dem Crashpropheten-Trip ist, dass er Deutschland in einer "Schuldenkrise" sieht, eigentlich gerade den bloßen Bankeinlagen ehrlicherweise gegenüber noch viel kritischer eingestellt sein müsste - von wem bekommen denn die Banken das Geld zugeschossen, wenn sie im Zuge irgendeiner zukünftigen Wirtschaftskrise vor der Pleite gerettet werden müssen? Na vom Staat, also kann man ja eigentlich auch gleich beim Staat selbst anlegen :-D Ne mal im Ernst, das Prinzip hinter dieser üblichen "Rangliste der Sicherheit" kann man sich mit Stichworten wie "sovereign ceiling" etc. ergoogeln.

Was ist überhaupt grundsätzlich mit dem "sicheren/risikoarmen" Portfolioteil gemeint? Anstatt uns nur vom Ende her gedacht nur auf bestimmte Produkte zur Umsetzung zu konzentrieren (und daran rumzumosern), schauen wir doch lieber vom Anfang her auf dessen Zweck / Sinn. Dieser Anteil ist dazu da, die (bei renditereicheren Anlagen wie Aktien unvermeidlich auftretenden) Schwankungen auf ein persönlich noch (er)tragbares/gewünschtes Toleranzmaß einzugrenzen, durch individuell angepasste Beimischung auf Gesamtportfolioebene.

Als Eigenschaft wird also von ihnen verlangt, dass sie selbst möglichst wenig schwanken, sondern eher in viel planbareren Bahnen verlaufen (was uns dann also zu solchen Anlageklassen wie Bankeinlagen oder AAA-Staatsanleihen in Heimatwährung als hierfür geeignete Instrumente zur Umsetzung führt, plus auf rein operativer Ebene spielt gerade bei ersterem noch ein nicht zu unterschätzendes Einfachheits-Argument mit rein, weswegen gerade hier für die Anfängerzielgruppe oft die Empfehlung gelegt wird), oder, wenn wir die Definitionen mal etwas erweitern wollen, dass ihre Schwankungen wenigstens unabhängig vom Aktienmarkt verlaufen (so wird z.B. klassischerweise fürs Gold argumentiert, oder moderner für Hedgefonds etc.), so dass man wenigstens damit noch über Diversifikationseffekte eine Reduktion der Schwankungen auf Gesamtportfolioebene bewirkt.

Andersrum kann man also auch sagen, je mehr willens/fähig du bist, die Schwankungen der renditereichen Anlagen auszuhalten, umso weniger brauchst du auch entsprechende "Sicherheitsanlagen" (jedweder Art) dafür vorhalten.
Ich selbst habe z.B. auch eher wenig Einlagen oder Anleihen - und zwar nicht unbedingt weil ich mir nun große Sorgen über die Risiken von Banken und Staaten mache, die mich davon abhalten - sondern weil ich sie einfach schlicht nicht brauche, da ich relativ große Aktienschwankungen aushalten kann und eine Risikoreduktion (mit der ja auch immer zwangsläufig eine mehr oder weniger entsprechende Renditereduktion verbunden ist) in diesem Sinne nicht nötig ist. :-)


Möchtegern sagt am 12. Februar 2020

Der berühmte Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto ist vorhanden.
Seit Mitte 2017 habe ich deswegen in unregelmäßigen Chargen aufgerundet 40 Tsd. Euro in inzwischen mehrere ETF investiert.
Bislang war mir vor allem wichtig loszulegen und dabei eigene Erfahrung zu sammeln.
Nach bald 3 Jahren möchte ich heute einen Rückblick wagen und gerne Eure Meinung zu den nächsten Schritten hören.

Folgende 7 ETF stecken mit dem jeweiligen Anteil im Depot (gemessen an den oa 40 Tsd.):

  • 2% HSBC MSCI Europe (DE000A1C22L5)
  • 3% UBS MSCI World Socially Responsible (LU0629459743)
  • 13% Lyxor MSCI World (FR0010315770)
  • 13% iShares MSCI ACWI (IE00B6R52259)
  • 13% Xtrackers MSCI EM (LU0292107645)
  • 16% HSBC MSCI World (DE000A1C9KL8)
  • 40% iShares Core MSCI World (IE00B4L5Y983)

Nach allem was ich im Vorfeld gelesen hatte, wollte ich breit, lang und kostenbewusst investieren:

  • MSCI, klar, World, klar, ACWI & EM erst später und weniger, weil riskanter und teurer.
  • Als lang habe ich für mich den Zeitraum bis zu meinem Renteneintritt in gut 20 Jahren festgehalten.
  • Und kostenbewusst weil ich eine TER von zunächst nicht höher als 0,3% und eine Kaufkostenquote von nicht höher als - 1% angestrebt habe.
  • Dass ich mich ganz grundsätzlich für ETF entschieden habe, zählt vielleicht auch irgendwie zum Kostenbewusstsein
  • Thesaurierend zum Vermögensaufbau im Fokus.
  • Ausschütter als Ergänzung, weil ich das Gefühl mag, geile emotionale Rendite zur echten dazu.
  • Zweitens um auch den Umgang damit zu lernen: Wie lege ich wieder an? Bin ich überhaupt so diszipliniert? usw.
  • Und drittens um künftige Steuern damit zu bezahlen.

Anpassen möchte ich in 2020 hin zu:

  • 50 Tsd Gesamtvolumen, rechnerisch möglich bei 1 Tsd. pro Monat, wie in der Vergangenheit.
  • 75% Thesaurierer und 25% Ausschütter, dh den heutigen Thesaurierer-Anteil erhöhen.
  • 75% World und 25% ACWI & EM, weil ich 70/30 und 90/10 genauso willkürlich finde.
  • Socially Responsible zu handeln klang gut, aber im Rückblick, naja, ich plane zur Vereinfachung zu verkaufen.
  • Gleiches gilt für den HSBC Europe, damit hatte ich "nur" angefangen, der Regel folgend, nichts zu kaufen, was ich nicht verstehe.
  • Es vereinfacht die Sache vermutlich weiter, wenn ich bei den Ausschüttern entweder auf den HSBC World oder den Lyxor reduziere.
  • Der HSBC ist der günstigere, was sollte meine Entscheidung zwischen den beiden noch beeinflussen? Die vergangene Entwicklung?
  • Gibts sonst noch Anstöße die Ihr mir freundlicherweise mitgeben möchtet?

Mittelfristig:

  • Das Depot möglichst wenig anfassen, vielleicht Rebalancen.
  • Die nächsten 10 Jahre weiter investieren mit geplant, gewünscht und gehofft 1 Tsd. im Monat im Schnitt.

Langfristig:

  • Je näher der Renteneintritt rückt, also so in 12-15 Jahren, mit dem Verkaufen anfangen.
  • Geplant zuerst die ACWI & EM Thesaurierer, dann die restlichen Thesaurierer und zuletzt die Ausschütter.
  • Wie entwickele ich dazu am besten einen Plan?
  • Angenommen es gibt dann noch ETF, sie können noch in sowas wie Geld getauscht werden und das Universum sorgt für gute Kurse zB in 12 Jahren - wieviel verkaufe ich dann...? Alles auf einmal?

Timo sagt am 12. Februar 2020

Hm, du hast ja schon ziemlich viel zu deinen Plänen gesagt. Was fehlt ist für mich eine klare Strategie. Um es mit ChrisS zu sagen: Warum sieht dein Depot heute so aus, wie es aussieht?

World + ACWI + EM. War das eine bewusste Entscheidung? ACWI = World + EM in fixer Aufteilung. Die Aufteilung 75% World, 13% ACWI, 12 % EM entspricht ca. 86% World, 14% EM. Warum durch die Brust ins Auge diese Aufteilung mit 3 ETF (bzw. 4, da du ja World in thesaurierend und ausschüttend hast)?

Wenn du die emotionale Rendite der Ausschütter ("jedes Jahr bekomme ich mehr Geld überwiesen") magst bzw. brauchst, warum dann nicht vollständig auf Auschschütter gehen? Macht dir das leben (Handhabung der Sparpläne, Rebalancing) leichter, weil weniger Positionen und die Renditeunterschiede sind nicht in dem Bereich, dass es heißt "trocken Brot oder Kaviar" sondern eher "Filetsteak oder Rumpsteak".

Meinung des Hausherren: Keine Postition unter 10%. Die Europe und SRI ETF "müllen" dir maximal das Depot zu. Damit setzt du weder ein Statement ("Nachhaltig ist toll"), noch beeinflusst es deine Rendite messbar ("Europa wird besser laufen als der Rest der Welt"). Aber die beiden positionen willst du ja eh eliminieren.

[...]z.B. in 12 Jahren - wieviel verkaufe ich dann...? Alles auf einmal?

Warum solltest du das tun? Renteneintritt bei dir ist in 20 Jahren. Hast du eine ungefähre Vorstellung, wie alt du werden willst? Hast du Kinder, die sich über ein Erbe freuen würden, oder "muss" mit dem letzten Atemzug der letzte Euro ausgegeben sein?
Persönlih würde ich (hypothetisch, da noch serh weit entfernt bei mir) zum Renteneintritt dafür sorgen, dass ich ca. 3 Jahresausgaben liquide zur Verfügung habe. Und diesen Vorrat dann regelmäßig und vielleicht mit Blick auf die Aktienentwicklung von Zeit zu Zeit aufstocken. (Rebalancing) Dabei fällt mir auf, ist deine Altersvorsorge zu 100% in Aktien? Bist du dir sicher, dass du das nervlich aushältst?

Soviel von mir, es haben bestimmt noch andere eine Meinung :)


Tammo sagt am 13. Februar 2020

@Möchtegern

Es scheint als würdest du dich verrennen. Du kaufst immer dasselbe von unterschiedlichen Anbietern. Warum reduzierst du deine ETFs nicht von 7 auf 1, z.B. den Vanguard FTSE All World. Da hast du deine 10% EM drin und MSCI World deckst du auch komplett ab. Vor allem hast du einen ETF und nicht 7 Sparpläne mit Rebalancing vom HSBC zum iShares MSCI.


ChrisS sagt am 14. Februar 2020

@ Möchtegern

Zuallererst ein Form-Ratschlag - so ganz allgemeine Aufrufe, einfach mal nur "irgendwas dazu zu sagen" sind echt suboptimal, für beide Seiten - zuerst einmal natürlich für dich: Wenn du uns nicht gerade einfach nur so als Monolog deine Investitionsgeschichte erzählen wolltest, sondern dich bestimmte, spezifische Dinge (Probleme über die du noch grübelst?) interessieren, wegen derer du das überhaupt gepostet hast, wärs doch viel zielführender, wenn du uns gleich deine spezifischen Fragen dazu stellst, damit wir dir genau darauf antworten können und somit viel eher helfen als einfach nur blind ins blaue gestochert unsere "Meinung" zu deinem Depot etc. zu sagen.

Was nützt dir auch unsere Meinung - wir alle haben unterschiedliche Ansprüche, Situationen und Bedürfnisse, deswegen ist es auch ganz okay und natürlich, wenn unsere Depots anders aussehen - meins passt zu mir, und deins passt (hoffentlich?) zu dir. Solange wir alle jeweils mit dem was wir machen zufrieden sind, sehe ich da eigentlich keinen großen Anlaß für noch viel Diskussionsbedarf - und wenn du mit deinem Depot doch nicht zufrieden bist, dann - siehe oben - spezifizier doch einfach gleich was dich genau daran noch stört bzw was du lieber gerne besser machen wollen würdest, dann können wir auch zielgerichteter helfen.

So, nachdem ich meinen Standardtext zu Depotbesprechungen angebracht habe, überflieg ich mal deinen Kommentar und zieh raus was mir so auffällt...

Folgende 7 ETF stecken mit dem jeweiligen Anteil im Depot (gemessen an den oa 40 Tsd.):

Das Depot ist voller Überschneidungen und Doppelungen. Du hast ja nach "Meinung" gefragt - meine persönliche dazu ist, dass ich sowas eher vermeiden als befördern will. Allein 3 oder 4 MSCI Worlds (je nachdem wie man den SRI noch mit dazuzählen will), das bringt realpraktisch null zusätzlichen Nutzen (z.B. keine Diversifikation, da die doch alle die gleiche Entwicklung mitmachen), sondern nur unnötigen Aufwand (z.B. Transaktionskosten) ohne entsprechenden Mehrwert.

Schon klar, du hast dir die verschiedenen gekauft, um damit eben "Erfahrungen" zu sammeln, aber nun gut, jetzt hast du sie hoffentlich genug gesammelt und kannst daraus endlich praktische Schlüsse ziehen?

Ich leg mal die Axt an und schilder' wie ich persönlich (wie gesagt, was du draus machst ist dir überlassen) das Schema beim Depotaufbau durchzieh:

Wir wollen ja weltweit breit diversifiziert, möglichst kostengünstig und langfristig investieren.
Als globale 1-Produkt all-inclusive-Lösung tut es einer der angebotenen ACWI-ETFs oder, mein eherer Favorit, Vanguard FTSE All-World. Kaufen/Ansparen, fertig.

Alles was darüber hinausgeht, braucht dazu noch extra Rechtfertigungsgründe vom jeweiligen Anwender. Einer, der ja auch relativ verbreitet ist, kann z.B. sein - "mir gefällt die Regionenverteilung im ACWI / All-World nicht und ich möchte am Industrie/Schwellenländer Verhältnis lieber noch individuell herumdoktern können, weil.... [und hier bitte die jeweiligen Gründe einfügen, warum man das für überzeugender hält]".
Dann holt man sich eben stattdessen zwei ETFs, einen auf World und einen auf EM. Und wenn man diese individuellen Gestaltungswünsche eben nicht hat, gibt es eigentlich auch keinen wirklich zwingenden Grund dazu, nicht einfach bei einem simplen gesamtglobalen ETF zu bleiben.
Oder wer darüber hinaus noch weitere Gewichtungsspielchen zum Wohlfühlen ausleben will (z.B. "ich möchte aber auch am USA/Europa/etc.-Verhältnis rumdoktern können, weil...[Gründe einfügen]", der macht eben den überschneidungsfreien Kontinental-Split mit 4 oder 5 ETFs. Wie gesagt, aber auch nur wenn man das wirklich meint unbedingt zu brauchen, ansonsten ist das unnötig und man kann ruhig ein paar Stufen weiter nach Anfang zurück gehen.

MSCI, klar, World, klar, ACWI & EM erst später und weniger, weil riskanter und teurer.

Spezifiziere mal, was am ACWI und EM "riskanter" sein soll, also in wirklich konkreten Maßzahlen (um mal von der "hab ich irgendwo mal gehört..." schwammigen Bauchgefühl-Ebene wegzukommen). In so üblichen Risikokennzahlen wie Volatilität oder Maximum Drawdown unterscheiden die sich nämlich nicht wirklich um signifikant spürbare Größenordnungen vom World - gerade der ACWI nicht, da er ja eh zu ugf. 90% nur aus dem World besteht, machen also im wesentlichen einen ziemlichen Gleichlauf mit. Und auch beim EM, der Unterschied zwischen einem MDD von -65% und -57% (World) beispielsweise ist eigentlich nur ein akademischer, denn für einen Anfängeranleger fühlt sich beides eh ziemlich gleich scheiße an, und ich würde nicht behaupten, dass diese eher irrelevanten 8 % dazwischen nun wirklich den Unterschied zwischen "der eine ist supersicher und für jeden Anfänger zu empfehlen" und "der andere ist ja tooootal riskant, huihui, da sollten Einsteiger unbedingt die Finger davon lassen, nur für ganz mutige Erfahrene geeignet!" ausmachen. Aber gut, das muss jeder selbst für sich bewerten.

Und "teurer"? Einfach nur auf die TER zu schauen (und da auch noch zu glauben, ein paar Basispunkte Differenz würden megawichtige kriegsentscheidende "alles-oder-nichts"-Auswirkungen haben) ist auch so ein typisches Anfängermissverständnis, dass man eigentlich überwinden sollte. Die TER allein sagt eigentlich garnichts aus - wichtig ist vor allem nur, wie gut und nah der ETF seinen jeweiligen Index auch trackt. Solang er das tut, ist die TER, nun ich will nicht sagen komplett egal, aber tritt als Auswahlkriterium doch eher zurück. Und es schaffen auch so manche ETFs mit heutzutage (da ja immer mal wieder neue, günstigere Produkte rauskommen) vergleichsweise "hoher" TER eine ziemlich genaue Indexperformance, oder andersrum gesagt, auch mancher von der TER her "günstigere" ETF kann trotzdem noch in der konkreten Endperformance mal hinterherhinken. Das ist eben alles kein so wirklich 100%-ig zwingender Automatismus, wie man sich das manchmal vielleicht noch vorstellt oder gerne hätte.

Dass ich mich ganz grundsätzlich für ETF entschieden habe, zählt vielleicht auch irgendwie zum Kostenbewusstsein

Naja, ETFs sollte man nicht einfach nur kaufen weil sie grad am günstigsten sind (auch wenn das ein netter Nebeneffekt ist, den wir natürlich gerne mitnehmen), sondern vor allem schon vorher aus anlagestrategischen Gründen weil sie einfach das optimale Vehikel sind um geringstmöglichem Aufwand größtmöglich diversifiziert zu investieren. Oder sagen wir mal andersrum, ETFs bleiben übrig, wenn man alle anderen möglichen Zugangswege zum Aktienmarktengagement per Ausschlussverfahren eliminiert. Zum Beispiel aktiv mit Einzelaktien hantieren - (je nach Ausgestaltung) zu zeitaufwändig, kostenintensiver und mit höherem Fehlerpotential (Unterperformance zur einfachen Marktrendite) verbunden. Oder wenn man das Stockpicking- und Timing lieber an einen Manager delegieren will, dem man da mehr Kompetenzen zutraut - auch aktive Fonds schaffen es langfristig mehrheitlich nicht, ihren Benchmarkindex outzuperformen (selbst vor Kosten, das liegt also nicht nur allein daran dass sie teurer sind, sondern schon daran dass sich die achsotollen Manager eben öfter/schwerwiegender mal "irren" als richtig liegen).

Ausschütter als Ergänzung, weil ich das Gefühl mag, geile emotionale Rendite zur echten dazu.

Was fühlt sich emotional so geil dabei an, wenn du aus nem 100 € - ETF mal 5 € abgezogen und überwiesen bekommst (oder eher 3,75 € da sofort Abgeltungssteuer einbehalten wird) und dein ETF-Anteilswert dann nur noch 95 € beträgt. Du hast nirgendwo etwas zusätzlich dadurch dazugewonnen (nur falls du glaubst, Ausschüttungen gäbe es von irgendwo anders her noch extra on top), sondern nichts bzw. realpraktisch wegen Steuer sogar weniger als vorher. Das ist der Inbegriff von linke Tasche - rechte Tasche.

Wenn das bei dir schon solche Emotionen auslöst, dass es ein ernsthaftes Argument ist um deine Anlagestrategie zu beeinflussen, dann leg einfach einen Batzen Geld auf ein Tagesgeldkonto und richte dir einen automatischen Dauerrücküberweisungsauftrag ein, so dass regelmäßig ein kleiner Teil wieder zu dir zurückfließt, das hat genau den selben Effekt.

Zweitens um auch den Umgang damit zu lernen: Wie lege ich wieder an? Bin ich überhaupt so diszipliniert? usw.

Und, was hast du daraus nun für Erkenntnisse gewonnen? Weißt du nun wie man wiederanlegt (warum war das überhaupt eine Frage) ? Hast du rausgefunden, wie diszipliniert du bist?

Und drittens um künftige Steuern damit zu bezahlen.

Das freut den Fiskus, die regelmäßigen Einnahmen in der Gegenwart sind ihm auch lieber als die viel weniger planbareren Steuern aus den Verkäufen unserer Thesaurierer in ferner Zukunft (tja, dafür haben wir jetzt Vorabpauschale, damit sich der Staat auch bei unseren Thesaurierern schon im regelmäßigen Betrieb laufend ein bissel was abknapsen kann).

Aber gut - Steuern die du heute bezahlt, mindern auch das Investitionskapital heute schon - es steht also weniger zum verzinsen in fortlaufender Zukunft zur Verfügung, ie. das Kapitalwachstum wird etwas geschmälert. Warum nicht lieber andersrum machen - im laufenden Betrieb möglichst wenig Steuern zu bezahlen, Investitionskapital wird nicht unnötig geschmälert und es steht mehr zum weiterwachsen zur Verfügung, am Ende hat man einen höheren Endwert davon. Ja, auf den würde man dann, da höherer Gewinnanteil, beim Verkauf auch wieder proportional höhere Steuerbeträge mit bezahlen, aber auch das kann man sich ja mit etwas Vorausplanung (Kursgewinnleiter etc.) schon so zurechtstrukturieren, dass man da noch etwas Gestaltungsspielraum hat.

75% World und 25% ACWI & EM, weil ich 70/30 und 90/10 genauso willkürlich finde.

Siehe oben der Absatz zu den Doppelungen und Überschneidungen. Nur zum Verständnis nochmal - der ACWI besteht ja schon aus World und EM, es gibt also eigentlich keinen Grund sich beides ins Depot zu legen (also entweder macht man eben nur ACWI, oder eben nur World+EM, aber mir fällt persönlich kein überzeugender Grund ein, beides gleichzeitig zu mischen).

Socially Responsible zu handeln klang gut, aber im Rückblick, naja, ich plane zur Vereinfachung zu verkaufen.

Mich überzeugt das ganze "gute Gewissens-Investieren" auch nicht - wenn du wirklich was für die Umwelt etc. machen willst, hat es viel größeren Impact wenn du mit ein bischen Geld ein lokales Projekt sponserst (und da siehst du auch konkret was du erreichst), als wenn man der Vorstellung erliegt, die paar tausend Euro die man in einen "ethischen" ETF investiert, moven oder shaken die Needle in der Welt auch überhaupt nur ein bisschen.

Gleiches gilt für den HSBC Europe, damit hatte ich "nur" angefangen, der Regel folgend, nichts zu kaufen, was ich nicht verstehe.

Was meinst du denn, beim MSCI Europe "besser zu verstehen" als beim MSCI World etc.?
Zu glauben, nur weil man halt in Europa wohnt, hat man irgendwie einen besseren Einblick oder gar "Insiderwissen" über die Geschicke der großen europäischen Multikonzerne, anstatt jetzt z.B. der amerikanischen Multikonzerne, etc.? Diese Art der Einbildung ist einer der Hauptverursacher des "Home Bias", was einer der Hauptgründe für irrationale Depotzusammenstellung und vermeidbarer Unterperformance ggü. der simplen gesamtglobalen Weltportfolioanlage ist.

Ich weiß ja, so mancher Anfänger braucht zum Einstieg noch die psychologische Krücke ala "von diesen Unternehmen hier hab ich wenigstens schonmal was gehört" zum Vertrauen, aber "schonmal gehört" allein ist noch kein Performancekriterium an sich. Mal abgesehen davon dass man wohl auch von den größten Unternehmen in Amerika, Japan etc. wohl auch genauso schonmal "gehört hat", von daher also...

Der HSBC ist der günstigere, was sollte meine Entscheidung zwischen den beiden noch beeinflussen? Die vergangene Entwicklung?

Wenn du meinst, aus den minimalen langfristigen (und wechselnden) Performanceunterschieden zwischen den beiden eine Entscheidung ableiten zu können, mach das so. Ich persönlich halte relativ wenig davon, ETFs, gerade solcherlei "Core" ETFs auf die großen Benchmarkindizes, sind im allgemein so irrelevant austauschbar, dass es langfristig, also nach 20 Jahren oder so, keinen Unterschied macht ob du dich erst nach langem Überlegen und Kaffesatzleserei im Chart für einen von beiden entschieden hättest oder das einfach mit ner Münze ausgewürfelt hättest. Ich selbst traue mir jedenfalls nicht zu, zu sagen welcher von beiden nach zwei drei Jahrzehnten besser performt als der andere, bzw. ich gehe eher davon aus, dass die nah genug beieinander liegen würden, dass jede weitere Grübelei darüber verschwendete Lebenszeit ist. Wenn du das anders siehst und dir da mehr zutraust als ich, tja dann versuchs eben.

Je näher der Renteneintritt rückt, also so in 12-15 Jahren, mit dem Verkaufen anfangen.

Warum schon vor dem Renteneintritt verkaufen? Hast du dir schon dahingehend Überlegungen zu deinem konkreten Kapitalbedarf gemacht, oder hängst du da noch irgendwo mal gehörten Allgemeinplätzen wie "man muss als Rentner weniger Aktien haben / sein Kapital in ruhigere Anlagen umschichten, weil..... " ja, warum eigentlich?
(natürlich, es gibt dafür legitime individuelle Gründe, aber treffen die eben auch auf dich zu?)

Geplant zuerst die ACWI & EM Thesaurierer, dann die restlichen Thesaurierer und zuletzt die Ausschütter.

Gibts dafür strategische Gründe? Oder ist das eher so niveaumäßige Gedanken wie "den Ausschütter am längsten behalten weil... wir wollen ja nicht gleich die milchgebende Kuh schlachten" oder? Über die "Ausschüttungs-Illusion" hatte ich ja schon oben geschrieben.

Wie entwickele ich dazu am besten einen Plan? Angenommen es gibt dann noch ETF, sie können noch in sowas wie Geld getauscht werden und das Universum sorgt für gute Kurse zB in 12 Jahren - wieviel verkaufe ich dann...? Alles auf einmal?

Ich kann ja nur für mich selbst sprechen, aber mal ganz allgemein:
Ich verkaufe, wenn ich das Geld haben will, und zwar soviel, wie ich eben grad haben will.
Nicht vorher (warum auch?) wenn ich das Geld noch garnicht benötige, und auch nicht mehr (oder weniger) als ich dann eben grad brauche.
Über einen pseudo-komplex optimierten "Entnahmeplan" mache ich mir auch keine großen Gedanken, weil ich das einfach garnicht brauche.

Ich habe einen eher frugalen Lebensstil (schon immer gehabt, werde ich auch immer haben), ich weiß daher, dass die normale Rente meine fixen Grundausgaben schon locker sicher abdeckt. Dazu habe ich noch weitere regelmäßige Zusatzeinnahmen (Mieteinnahmen, Darlehen, Beteiligungen etc.). Für die Aufrechterhaltung meines gewünschten Lebensstandards ist also ohne weiteres schon gesorgt, eine vielbeschworene "Rentenlücke" treibt mich also nicht um. Ich bin also in der recht glücklichen Situation, dass ich auf die Kohle aus dem ETF-Depot eigentlich garnicht angewiesen bin (im Ggs. zu manch anderen, die auf Entnahmen aus dem Portfolio als Zusatzrente wirklich angewiesen sind, um ihren gewünschten Lebensstandard zu halten, sich also deswegen lange Grübeleien über eine möglichst "optimale" Entnahmestrategie machen müssen, damit die Entnahme (a) so regelmäßig (b) so hoch und (c) so lang wie möglich klappt).

So kann ich es mir also jedesmal frei aussuchen, ob, wann und wieviel ich aus dem Depot entnehmen will, was für eine viel entspanntere Herangehensweise sorgt, da das Depot dann eigentlich nur noch für irgendwelche Spaßextras zuständig ist, die alle relativ verhandelbar und nicht fest verplant sind - wenn ich in einem Jahr mal nen Urlaub machen will oder Enkelgeschenke verteilen will, wird halt was entnommen, und wenn es keine solchen Gründe gibt, hätte ich auch kein Problem einfach mal ein Jahr nichts zu entnehmen, etc. Aktienquote reduzieren ist auch nicht vorgesehen, da es dafür keinen Anlaß gibt. Psychologisch bin ich die Schwankungen über die Jahrzehnte schon eh so gewöhnt, dass ich mich nicht aus Sicherheitsbedürfnis in renditemindernde Anlagen treiben müsste, Planungsbedürfnis habe ich wie gesagt auch keins, ganz große Einmalausgaben (wo also zu einem Zeitpunkt X auch garantiert eine bestimmte Summe Y da sein muss) liegen nicht an, und selbst wenn... ehrlich gesagt, das Depot ist schon so groß, dass die auch bei einer Halbierung noch zu stemmen wären.

So, nachdem ich nun so frei gelabert hab, wird dir das vielleicht nicht wirklich helfen (weil wir u.U. in unterschiedlichen Situationen stecken), aber haja so ist das halt wenn man nur allgemein "ja sagt halt mal einfach irgendwas" fragt, da kommt halt sowas bei raus :-D

Spaß beiseite, zieh einfach dein Ding weiter konsequent durch. Egal wie genau nun deine ETF-Aufstellung aussehen wird, einfach nur mal grob auf dem Bierdeckel mit deinen Angaben weitergerechnet (50k Depot, 1k monatl. Sparrate, unterstellen wir mal 5% Rendite) kommt dabei nach 20 Jahren über ne flotte halbe Mio bei raus.

Aber das wichtigste dabei ist eben nicht, welche genauen ETFs du nun in welcher genauen Aufteilung investiert hattest, das macht am Ende "nur" noch relatives Kleinvieh aus, sondern hauptsächlich, dass du das eben konsequent und diszipliniert durchziehst. Beispielsweise ein Reduzieren/Aussetzen der Sparrate oder gar vorzeitiger Verkauf (schlimmstenfalls noch grad im Crash, weil einem nur die Muffe saust) hat viel größere Auswirkungen auf dein Endkapital im Jahr 2040, als nun die Entscheidung ob du heute im Jahr 2020 dich für den MSCI World von Lyxor oder den von HSBC entschieden hättest. :-)


Möchtegern sagt am 14. Februar 2020

Zunächst vielen Dank für Eure Antworten. Sehr gerne weiter so.

Warum sieht dein Depot heute so aus, wie es aussieht?

Ich möchte einerseits World und andererseits beigemischt ACWI & EM. Ganz wie (nicht nur) vom Finanzwesir empfohlen. Teilweise ausschüttend sowie mehrheitlich thesaurierend. Alles jeweils in einer bestimmten Verteilung, von der ich glaube, dass sie meiner Chancen-Risiken-Neigung entsprechen könnte. Dabei möchte ich nicht allein auf einen Fond oder Anbieter setzen.

Warum durch die Brust ins Auge diese Aufteilung

Fairer Punkt. Ich empfinde es als Vorteil eine meinetwegen auch nur gefühlte "Trennung" der Indizes zu haben. Übersehe ich einen nennenswerten Nachteil? Oder ist es dadurch "nur" etwas umständlicher? Das Maß an zusätzlicher Komplexität fände ich ansonsten ok.

warum dann nicht vollständig auf Auschschütter gehen?

Ich glaube, dafür braucht es viel nüchterne Disziplin. Wenn das Cash erstmal auf dem Konto ist, sind plötzlich eine ganze Latte Konsumwünsche furchtbar dringend.

Aber die beiden positionen willst du ja eh eliminieren.

Die zwei also verkaufen. Jemand was einzuwenden? Bitte jetzt Hand hoch oder für immer schweigen.

Noch eine Meinung zu HSBC World vs. Lyxor? Davon muss auch einer weg.

Warum solltest du das tun? ... Jahresausgaben liquide ... Und ... dann ... mit Blick auf die Aktienentwicklung von Zeit zu Zeit aufstocken

Genau das ist die Antwort. Ich erwarte, dass ich nicht alles auf einmal liquide brauche. Wie mache ich dieses aufstocken der flüssigen Mittel also? Gibt es Konzepte oder Faustregeln? Meine, was gelesen zu haben wie Aktienanteil = 100% - Lebensalter. So in die Richtung?

Es scheint als würdest du dich verrennen.

Hoffentlich nicht, passt gefälligst auf mich auf ;)

Warum reduzierst du deine ETFs nicht von 7 auf 1

Siehe oben, 2 ETF sollten es sein und ich bilde mir halt 2+1 ein. Dazu glaube ich einen kleineren Ausschütter-Anteil zu brauchen, macht leider 4. Andererseits scheint mir ein Depot mit 4 Positionen wirklich nicht aufgebläht.


ChrisS sagt am 15. Februar 2020

@ Möchtegern

Ich möchte einerseits World und andererseits beigemischt ACWI & EM. Ganz wie (nicht nur) vom Finanzwesir empfohlen.

Sich (a) ACWI und dazu auch noch (b) World+EM gleichzeitig ins Depot zu legen, das wird eher ein Missverständnis sein, wenn man das so als "Empfehlung" aufgefasst hat. Würde eher weniger Sinn machen, da nochmal zur Sicherheit, der ACWI als gesamtglobaler Oberindex aus nichts anderem als dem World (aktuell ugf 90%) und EM (10%) unter der Haube besteht. Hat auch der Finanzwesir in mittlerweile einigen Artikeln dazu schon öfters erklärt, weswegen ich ziemlich stark davon ausgehen kann, dass diese so verstandene "Empfehlung" nicht von ihm stammt, sondern eher eigene Interpretation ist.

Artikelempfehlungen vom Blog
https://www.finanzwesir.com/blog/msci-acwi-imi-fm
https://www.finanzwesir.com/blog/investment-universum

"Alles jeweils in einer bestimmten Verteilung, von der ich glaube, dass sie meiner Chancen-Risiken-Neigung entsprechen könnte."

Dein Chance-Risiko-Verhältnis wird nicht primär davon bestimmt, wie deine exakte Regionenverteilung innerhalb des Aktienanteils selbst (zB. World vs. EM) nun gestaltet ist, sondern viel grundlegender schon dadurch, wie dein persönliches Mischungsverhältnis von risikoreichen Anlagen (zB. Aktien allgemein) und risikoärmeren Anlagen (zB. TG etc.) auf Gesamtvermögensebene gestaltet ist.

Konkret gesagt, die Entscheidung, ob du nun 10% mehr oder weniger in den World oder den EM steckst, hat für dein allgemeines Chance-Risiko-Verhältnis langfristig viel geringere Auswirkungen als die viel grundlegendere und wichtigere Entscheidung, ob du nun 10% mehr oder weniger von deinem Kapital überhaupt in Aktien-ETFs oder doch stattdessen eher ins Tagesgeld etc. steckst. An dieser Stelle sind die größten Stellschrauben für das Anpassen des persönlichen Chance-Risiko-Verhältnisses gegeben, deswegen sollte man sich auch darüber zuerst Gedanken machen und klar werden, und nicht mehr so sehr um die Aktien-ETF-Verteilung danach im speziellen, das hat dann nur noch eine weit untergeordnete Bedeutung.

Warum ist das so? Weil sich die einzelnen Aktien/Regionen-ETFs von der Qualität ihrer Größenordnungen bei den Rendite/Risiko-Kennzahlen im Grunde viel ähnlicher sind (als man vielleicht am Anfang glaubt und dies deswegen noch überbewertet), und die wahren signifikanten Unterschiede erst ggü. den "Sicherheitsanlagen" auftreten.

Kleines Rechenbeispiel zur Illustration hilfreich? Unterstellen wir mal, der MSCI World hat eine langfristige Rendite von 7% pa (unser "Chance"-Maß) und den Maximum Drawdown (unser "Risiko"-Maß) setzen wir mal mit -50% an. Dem MSCI EM geben wir 8% pa Rendite und -60% MDD. Die Werte sind zur Vereinfachung der Rechnung etwas simplifiziert, aber in ungefähr solchen Größenordnungen spielt sich das ganze ab.

Nun könnten wir ganz lange und intensiv darüber herumgrübeln, wie wir das ganze mischen, weil wir das vielleicht noch für eine superwichtige Entscheidung halten, aber nur mal beispielhaft zwei Varianten an den jeweils unterschiedlichen Enden zuendegerechnet.

75 % World / 25 % EM = Rendite von 7,25 % und MDD von -52,5 % 25 % World / 75 % EM = Rendite von 7,75 % und MDD von -57,5 %

Am Ende bringt also eine so scheinbar ach so große Allokationsentscheidung wie das Hin-und-Her Schichten von ganzen 50% zwischen World und EM in der konkreten Rendite eigentlich nur 0,5 % Unterschied und 5% im Maximum Drawdown. Das sind, gerade für den Einsteiger/Anfänger nur theoretisch-abstrakte Unterschiede, die man im laufenden Betrieb eigentlich nicht merkt, von daher find ich es als Außenstehender immer etwas putzig wenn man sich aber trotzdem noch gerade darauf am meisten konzentriert.

(und ja, das sind natürlich erstmal "nur" mehr oder weniger unterstellte Zahlen, weils erstmal nur darum geht das allgemeine Prinzip der ganzen Sache einfach zu demonstrieren. Wenn du meinst, dass das mit den "echten" Kursdaten großartig anders wäre, mach die Übung selbst und hol dir von MSCI.com die nötigen Excellisten).

Vergleichen wir nun mal mit dem, was die eigentliche wirklich wichtige Entscheidung ist, die dein allgemeines Chance-Risiko-Verhältnis bestimmt, die Grundfrage wieviel von deinem Gesamtkapital überhaupt in Aktien/ETFs gesteckt wird und wieviel zB. ins Tagesgeld geht. Dem unterstellen wir zur Einfachheit halber mal ne Rendite von 0 % (macht ja auch heutzutage keinen Sinn noch großartig mit den "echten" Minibeträgen rumrechnen zu wollen) und nen MDD von 0 %. Als Aktienwerte nehmen wir mal die vom World (7% pa, -50% MDD), da sich wie gesehen die Größenordnungen auch nicht mehr qualitativ signifikant verändern egal wie viel/wenig wir noch vom EM mit dazumischen. Gleiche Beispiel-Verhältnisse:

75 % World / 25 % TG = 5,25 % Rendite, -37,5 % MDD 25 % World / 75 % TG = 1,75 % Rendite, -12,5 % MDD

Das sind nun endlich mal signifikante Unterschiede. Hier über diese Stellschraube stellst du dein individuelles Chance-Risiko-Verhältnis im wesentlichen schon ein, nicht erst bei den ganzen relativ unwichtigen Verschiebespielchen innerhalb des Aktienanteils selbst. Viel "Chance" (hoher Partizipationsgrad an der Aktienrendite) gewünscht? Dementsprechend einen hohen Aktienanteil am Gesamtvermögen auswählen und dafür auch bereit sein, die im Gegenzug unvermeidlich damit verbunden auftretenden Aktienschwankungen aushalten zu können. Oder auf der anderen Seite eher mehr Sicherheitsbedürfnis, weniger Risiko gewünscht, weil man die ganzen Aktienschwankungen doch nicht so in dieser vollen Größenordnung aushalten kann/will? Dann das Aktienengagement dementsprechend reduzieren, mehr vom Gesamtkapital in ruhigere Anlagen stecken, eben soviel bis das Risiko wieder in persönliche Toleranzgrenzen passt.

Wenn du schon etwas öfter/länger hier mitliest, sollte dir das ja nichts total unbekannt neues sein, sondern das ganze Prinzip dahinter wird als "-50% Crashtest" o.ä. schon immer wieder wiederholt empfohlen. Die Rechnung dazu ist so einfach, dass sie massentauglich für Laien ist weil sie jeder im Kopf ausführen kann. Was ist dein gewünschtes/aushaltbares Verlustlevel? (also Prozentbetrag des Maximum Drawdown). Verdoppele diesen und du erhälst daraus deine dazu passende Aktienquote "empfohlen". Auch das ist natürlich alles nicht in Stein gemeißelt, sondern soll nur eine erste Orientierung für total unschlüssige sein. Wer meint, aus Gründen die er individuell für überzeugender hält, davon abweichen zu können, soll das gerne machen, wir alle sind ja letztendlich nur für uns selbst verantwortlich.

Artikelempfehlung https://www.finanzwesir.com/blog/maximaler-verlust-drawdown-depot https://www.finanzwesir.com/blog/etf-rendite-inflation

"Dabei möchte ich nicht allein auf einen Fond oder Anbieter setzen."

Was spricht denn dagegen, auf einen Fonds oder Anbieter zu setzen? Nur mal ganz sokratisch gefragt, um zu sehen welche Gründe und Vorstellungen dahinterstehen, und wie realistisch die sind.

Aber gut, am Ende ist das auch wieder nur eine Sache, die jeder mit sich selbst und seinem individuellen Paranoia-Level ausmachen muss. Für mich persönlich wäre das nichts, mir alle ETFs nochmal in doppelter und dreifacher Ausführung ins Depot zu legen, weil ich darin keinen Zusatznutzen habe, oder andersrum auch nicht besonders viel Schlaf darüber verliere, mir Sorgen zu machen was passiert wenn mein Anbieter mal "pleite geht" oder was auch immer. Das mag bei dir anders sein, von daher wenn du das so brauchst um wenigstens überhaupt zu investieren, will ich an der Stelle auch nicht mehr als nötig von unserer gemeinsamen Zeit darauf verschwenden, dich von irgendwas überzeugen zu wollen.

"Ich empfinde es als Vorteil eine meinetwegen auch nur gefühlte Trennung der Indizes zu haben."

Welche Vorteil(e) fallen dir denn rational ein, die dafür sprechen? Nur um mal von der emotionalen Ebene wegzukommen, die eh subjektiv und nicht diskutierbar ist.

"Ich glaube, dafür braucht es viel nüchterne Disziplin. Wenn das Cash erstmal auf dem Konto ist, sind plötzlich eine ganze Latte Konsumwünsche furchtbar dringend."

Ist das so? Naja, individuelle Typsache eben. Richte dir für Konsumwünsche eben ein entsprechendes getrenntes TG-Extrakonto ein, von dem (und nur dem) solcherlei Ausgaben eben finanziert werden, so dass man gedanklich Abstand davon gewinnt, die Ausschüttungen gleich verknuspern zu wollen statt sie zu reinvestieren.

"Die zwei also verkaufen. Jemand was einzuwenden? Bitte jetzt Hand hoch oder für immer schweigen. Noch eine Meinung zu HSBC World vs. Lyxor? Davon muss auch einer weg."

Artikelempfehlung https://www.finanzwesir.com/blog/etf-laufende-kosten

Ich versuchs mal andersrum, vielleicht ist das zielführender.

Anstatt das wir dir von hinten erklären, was du nun verkaufen sollst, damit dein Depot dann so aussieht wie wir es gerne hätten, sag uns du doch einfach mal von vorne her, wie du dein Depot jetzt heute, mit deinem aktuellen Wissen/Ansprüchen/Bedürfnissen/Überzeugungen neu aufbauen würdest? Stell dir vor, es wäre erstmal komplett weg, tabula rasa, weißes Blatt Papier und du müsstest/könntest nochmal wieder ganz von vorn anfangen. Wie sähe das Depot was du dir dann aufbaust aus, und warum?

In der Beschäftigung mit dieser Frage kommst du vielleicht zu den Antworten, die du hier noch von uns haben willst, vielleicht ganz allein schon ?

"Ich erwarte, dass ich nicht alles auf einmal liquide brauche. Wie mache ich dieses aufstocken der flüssigen Mittel also? Gibt es Konzepte oder Faustregeln? Meine, was gelesen zu haben wie Aktienanteil = 100% - Lebensalter. So in die Richtung?"

Die 100-Lebensalter Faustregel ist erstmal eigentlich nur eine Illustration des Prinzips "in frühen Jahren viel in Aktien anlegen (man kann das Risiko ja aushalten, weil man noch lange nicht auf das Kapital angewiesen ist und somit möglichst viel zur Renditebringung eingesetzt werden kann) und in späteren Jahren sich schrittweise aus Aktien rausziehen (weil man als Rentner ja weniger Risiko aushalten kann, mehr Planungssicherheit für die Entnahme braucht)". Mit dieser Regel kann man jemandem auch erklären, dass der "Übergang" von rendite/risiko-reichen zu sicheren Anlagen (sofern dieser Übergang überhaupt gebraucht/gewollt wird) ja kein einmalig-schlagartiger sein muss (ala kurz vorm Renteneintritt alle Aktien verkaufen), sondern ein längerfristiger übergehender Prozess sein kann. Das Problem mit dieser Regel allgemein ist aber wichtigererweise, dass sie nicht dem jeweils individuellen Rendite/Risikobedürfnis verschiedener Anleger Rechnung trägt, sondern alle gleichen Alters so behandelt als hätten sie auch die gleichen Ansprüche/Bedürfnisse (und deswegen würde die gleiche Aktien/Sicherheits-Allokation zu ihnen passen). Das ist dann doch zu grob gehobelt, da unterscheiden sich die Leute dann doch zu sehr (manch einer hat kein Problem damit, auch im hohen Alter noch einen hohen Aktienanteil zu halten, dem würde man also so unnötig die Rendite schmälern, und manch ein Junger kann/will auch nicht so eine hohe Quote fahren wie von der Regel vielleicht "vorgegeben", dem würde man also unnötig mehr Risiko als vertragbar aufhalsen und damit das Potential für schädliche Fehlhandlungen erhöhen). Für die Frage nach dem Aktienanteil würde ich, wenn man überhaupt noch eine Daumenregel zur Orientierung benötigt, lieber mit der oben beschriebenen "-50%" Methode klären. Dazu ist eben auch vorteilhaft, dass man ja das gewünschte Risikolevel auch im Altersverlauf anpassen kann. Wenn man 25 ist, kann/will man vielleicht noch -50 % Drawdowns aushalten, und kann damit eben eine 100% Aktienquote fahren. Wenn sich das mit 45, oder 65 Jahren ändert, kann man eben über ne einfache Neuberechnung dementsprechend anpassen auf das jetzt gewünschte Level (wer zB. mit 65 nur noch -20% Drawdowns ertragen kann/will, der soll eben seine Aktienquote dann auf 40% reduzieren).

Artikelempfehlung https://www.finanzwesir.com/blog/altersvorsorge-depot-entsparen


Joerg sagt am 04. August 2020

zu Schritt-2 "Klären, wie mutig bin ich - ist dein RK1-Anteil schon klein genug?"

Die Regierungen haben übernommen (Kontrolle über die Geldmengensteuerung).

Hier im verlinkten Artikel versteckt, ein möglicher Grund, weshalb konzertiert COVID19 von Regierungsseite überbewertet? wird (pers. sträube ich mich immer die Mär von der Einfalt der Politiker anzunehmen, da konstruiere ich lieber ein Verschwörungsgrund ;-)) : https://themarket.ch/interview/die-zentralbanken-sind-irrelevant-geworden-ld.2327

Es geht um die Einleitung/Verstärkung einer konzertierten, finanziellen Repression (Zeit höherer Inflation/negativer Realzinsen, um hohe Staatsschulden mittelfristig zu bändigen/abzuschmelzen), als einzig möglicher?/bequemer Weg aus der Schuldenkrise: Nur wenn es einen starken Anlass gibt: "Rettung von Menschenleben", ist es in einem formidablen Theaterstück mit Maskerade, Verschleierung, Übertreibung, Kaspern, Krokodilen und Peterchens möglich, durchzusetzen, was sonst auf grössere Widerstände beim Wahlvolk stoßen dürfte: Gewollt und durchgesetzt, mehr als 3-4% Inflation, Enteignung der meisten dtsch Sparer/Rentner, über längere Zeit zur Prolongierung des EURO-Schnürchens (D bräuchte keine Finanz. Repression, aber I, FR, ES, PT ...)!

Beginnend mit einem deflationären Schock (Lock-Down), wird durch die staatliche Urhebername von Garantien für Kredite in der Wirtschaft ("Kontrolle über das Geschäftsbankensystem") endlich viel Geld in den Wirtschaftszyklus gepumpt (etwas, was Zentralbanken nicht unmittelbar schaffen können). Ausgang? Ungewiss. "... weiß ich, dass diese Politik langfristig ein Desaster sein wird, aber in den Augen eines Politikers ist dies der magische Geldbaum"
Kapitalverkehrskontrollen? Womöglich voraus.
Aktien? bei moderater Inflation noch OK.
Gold? Ja, bitte.
RK1/Renten/Geldwerte (priv.RV,KV,Ruerup,Riester, bAV)? Pfui-Baeh! (wer unbedingt Geld halten muss: Euro Inflation Linked Bond-ETFs?)

LG und viel Erfolg beim (baldigen?) Abbau von RK1?!
Joerg


Max Alpha sagt am 06. August 2020

@Joerg

Mach Dir keine allzu großen Sorgen. Bei den Auswirkungen sehe ich die Situation ähnlich wie Du.
Etwas Inflation wäre vermutlich sehr willkommen. Den Lockdown fand ich nach den Bildern aus Norditalien schon begründet und nachvollziehbar. Klar gab es dann danach auch einiges, was schwer bzw. nicht nachvollziehbar war. Wie dem auch sei. Recht hast Du jedenfalls, man muss über RK1 nachdenken. „Sicher“ kann man vieles in diesem Bereich nicht mehr nennen. Dass man sich mittlerweile schon Sorgen machen muss, ob ein Riester-Anbieter zukünftig überhaupt noch existent ist, stellt den politisch Handelnden ein Armutszeugnis aus, und zwar allen Parteien, die bei oder seit der Einführung von Riester regiert haben. Genau so schlimm ist, dass der Bericht der Rentenkommission im März dieses Jahres wegen Corona nicht diskutiert werden musste. Das Ding ist doch mehr oder weniger unter den Tisch gefallen.

Aber man sollte auch nicht in Panik verfallen. Wenn man je nach politischer Großwetterlage seine Kröten umschichten will, kommt nicht viel dabei raus. Da kannst Du Dir jede Woche eine neue Asset Allocation überlegen. Und wenn es bei den von Dir vermuteten 4% bleibt, das klingt nach den 70ern. Die waren ok, mehr als ok.. Mit Ausnahme der Hosen.

Gruß
Max Alpha


Matthias K sagt am 07. August 2020

@ Joerg:

Mach dich nicht verrückt. Die Einteilung RK1/RK2 ist rein willkürlich und basiert auf dummen Vorstellungen von der Messbarkeit von Risiko. Es gibt weder risikofreie Anlagen noch Risikoarme Anlagen. Warum beispielsweise bezeichnet man Euro-Tagesgeld als risikoarm, wohlwissend, das Währungen eine durchschnittliche Lebensdauer von nur 27 Jahren haben und deren Ende meist plötzlich und ohne Exit-Möglichkeit kommt? (In Deutschland z.b. das Ende der Papiermark 1923, die Reichsmark 1945 oder das Ende der Ostmark 1990) Alle Vorstellungen von Risikomessung basieren IMMER auf historischen Daten. Märkte (und die meisten exogenen Ereignisse, die auf die Märkte Einfluss nehmen, wie z.B. Kriege, Pandemien, die Erfindung des Internets, Anti-Baby-Pille) sind aber nicht-ergodisch, sie sind jedes Mal anders.

Wenn die Märkte jedesmal anders sind, lässt aus den historischen Daten nicht in die Zukunft extrapolieren und sich auch keine optimale Portfolioallokation bestimmen. (Ausser vielleicht alle Teile gleich zu gewichten)
Insofern ist alles, was bleibt, die maximale Diversifikation über alle Anlageklassen. Davon werden dann im Lauf der nächsten Jahrzehnte einige (oft extrem plötzlich und überraschend) wertlos sein, aber das restliche Vermögen überdauert mit viel höherer Wahrscheinlichkeit.

Übrigens: extreme Ereignisse (wozu ich auch das von Dir erwähnte zählen würde) sind nicht zwangsläufig schlecht. Wenn Du die negativen Auswirkungen auf Dich abgesichert hast, kannst Du von extremen Ereignissen umso mehr profitieren, je heftiger sie sind. (Stichwort Taleb´s Antifragilität) So gibt es in Manhattan beispielsweise Immobilien 45% unter dem Wert von vor 1 Jahr...

Und lies weniger Nachrichten. Inflationsraten von nächstem Jahr kann niemand vorhersagen. Was Du tun kannst, ist grundsätzlich deine Fragilität gegenüber Inflation reduzieren. Was passiert denn mit deinem Portfolio bei 4% oder 32%?
Du kannst die Inflationsrate von 2022 nicht vorhersagen. Aber du kannst beeinflussen, was mit deinem Vermögen passiert, wenn Inflation x herrscht.


Marius sagt am 08. August 2020

@MatthiasK

Wann wurden denn Währungen von jetzt auf gleich wertlos? Deine Beispiele überzeugen jedenfalls nicht.

Die Papiermark wurde nicht 1923 wertlos, sondern wertstabil. Vom 1. Weltkrieg bis November 1923 herrschte extreme Inflation, also kein plötzliches Ereignis.

Mit der Einführung der Parallelwährung Rentenmark im November 1923 wurde die Hyperinflation beendet (das Wunder der Rentenmark). Die Papiermark war weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel. Eine Billion Papiermark waren eine Rentenmarkt.Wenn du googelst findest du Fotos von 100 Billion-Papiermark-Banknoten die 1924 gedruckt wurden.

Ende 1924 wurde dann die Reichsmark eingeführt, im Wert einer Rentenmark. Die Rentenmark war zusätzlich als Parallelwährung bis 1948 gültig. Es wurden noch in den 1930er Jahren Rentenmarkbanknoten gedruckt.

Die Reichsmark und die Rentenmark wurde 1948 von der D-Markt abgelöst nachdem sie kriegsbedingt über einen längeren Zeitraum stark an Kaufkraft verloren hatten. Das war auch kein wirklich plötzliches Ereignis, sondern wurde von der Bevölkerung erwartet (Waren wurden zurückgehalten und erst nach der DM-Einführung angeboten).

Das Ende der Ostmark war ähnlich. Aufgrund der bevorstehenden Währungsunion stieg der Wechselkurs der Ostmark zur D-Mark stark an. Von 1:10 oder sogar 1:15 Anfang des Jahres 1990 bis auf rund 1:3 Ende Juni 1990.


Presskoppweck sagt am 12. August 2020

"daher hätte ich ETC-Gold präferiert (niedriger Spread, niedrige Kosten), aber da entfällt jetzt ja die Steuerbefreiung."

So wie ich es momentan sehe, sollte noch folgende Vorgehensweise steuerfrei funktionieren: ETC-Gold kaufen und solange halten wie gewünscht, dann anstatt die Depotposition zu verkaufen die physische Auslieferung beauftragen und das Gold selbst versilbern.
Da die Auslieferung von XETRA-Gold eine hibbelige Sache sein soll, bleibt eigentlich nur EUWAX2 als Mittel zum Zweck. Das hat zwar einen höheren Spread, kostet aber keine Lagergebühren und die Auslieferung ist ab 100g kostenfrei (sofern die Depotbank da keine weiteren Gebühren verlangt). Das führt im Endeffekt trotzdem zu höheren Kosten als ein physischer Kauf, man brauch sich aber nicht um die lästige Verwahrung der Barren zu kümmern.


Timo sagt am 13. August 2020

Muss ich denn das ausgelieferte Gold auch erstmal ein Jahr lang halten, bevor die Spekulationsfrist greift, oder gilt da weiterhin das Kaufdatum des ETC?

Selbst wenn, opfert man dann natürlich Liquidität (die Auslieferung und der Verkauf des Goldes kostet Zeit) um eine bessere Rendite (oder höhere Sicherheit) zu haben. Das magische Dreieck ist tatsächlich hartnäckig.

Kein leichtes Thema.
Gut das ich nicht beabsichtige demnächst in Gold zu investieren. :-)


Joerg sagt am 13. August 2020

@MatthiasK @Timo @Max Alpha

eigentlich hatte ich gehofft, den verlinkten Artikel auf Plausibilität diskutiert zu bekommen (also die Argumente von Russel Napier) ... und nebenbei Geldwert-Halter zu verunsichern ... ;-)

Aber egal, inzwischen wurde er ja hier besprochen:

LG
Joerg


Max Alpha sagt am 15. August 2020

@Joerg

Stelter gehört auch zu meiner täglichen Lektüre.
Das dürfte auch interessanter sein als mein Beitrag.
Aber welche Handlungskonzepte für den Normalo will man daraus ableiten?
Ich bleibe bei meinen ETF, Betongold ist in Form eines Eigenheims vorhanden. Und dann sind da halt noch so toxische Dinge wie Riester und Rürup. Ich warte jetzt einfach ab wie es kommt. Irgendwie wird es schon laufen. In die Schlangen vor Degussa werde ich mich nicht einreihen. Wobei: Vielleicht könnte man dort ein Lesertreffen vereinbaren. Erst nett plaudern und danach etwas Tafelgeschäft.
Gruß
Max Alpha


Timo sagt am 18. August 2020

Aber welche Handlungskonzepte für den Normalo will man daraus ableiten?

tja, das ist irgendwie immer das Problem bei solchen Diskussionen. Diejenigen, die einem konkrete Handlungsempfehlungen geben, sind meist auch diejenigen, die genau an dieser Umsetzung dann auch verdienen.

Ich werde bei meiner Strategie bleiben. Weltweite Aktien, garniert mit ein paar IL und globalen Anleihen und Cash um im Bärenmarkt verstärkt kaufen zu können. Rebalancing durch Sparraten solange möglich. Im Alter dann ein Anleihe-Zelt bauen für den Renteneintritt und eine Absenkung der Aktienquote für die Rentenphase.

Sollte ich unterwegs unerwartet reich werden, dann werde ich [Gerd Kommers] (https://www.gerd-kommer-invest.de/unterschied-zwischen-reich-werden-und-reich-bleiben/) rat befolgen und durch eine Anpassung der Assetallokation versuchen reich zu bleiben. Hier schwebt mir dann eine Adaption des All-Weather Portfolios von Ray Dalio vor. Die wesentlichen Bestandteile meines Portfolios (Aktien, IL Bonds, Gov Bonds) bleiben bestehen (Aufteilung dann 35% Aktien, je 17,5% Bonds) und werden Ergänzt um Gold, langlaufende Unternehmensanleihen und Utilities (als Ersatz für Rohstoffe, Überlegung dazu hier (https://www.theoptimizingblog.com/leveraged-all-weather-portfolio/) ) mit jeweils 10% Anteil.


Philipp sagt am 15. Februar 2021

Hallo, kurz und bündig, sehr schön:

Ich frage mich gerade Folgendes: Sagen wir ich baue mir ein Weltportfolio auf, so wie du es beschreibst, mit einem Welt-ETF und einem Schwellenländer-ETF.
Ich kaufe das Ganze zum Preis x. Dann steigt das alles schön über vier Jahre mit jährlich 5% Rendite, mein Vermögen wird größer durch den Zinseszins.
Dann Crash und das Welt-Portfolio fällt unter meinen Einstiegspreis x. Dann würde einer, der JETZT einsteigen würde, das gleiche Welt-Portfolio günstiger bekommen als ich damals, obwohl er erst vier Jahre später einsteigt, also umgekehrt: obwohl ich schon vier Jahre länger spare als der andere!?
Warum heißt es dann immer, dass früh einsteigen so wichtig ist? Wenn doch eigentlich der, der später einsteigt, hier das Rennen macht? Wo liegt hier der Denkfehler? Oder ist das ein sinnloses Beispiel?
Vielen Dank für eure Antworten!


Timo sagt am 23. Februar 2021

@Philipp
im langfristigen Mittel steigen die Aktienmärkte "immer". Je früher du anfängst, desto länger profitierst du von den nominal 7-8% p.a.

Soweit die Statistik. Wie werden diese erhoben? In dem man sich jede Menge historische Anlegerpfade anguckt und daraus dann Mittelwerte bildet. Du, ich, wir können uns aber keinen historischen Pfad aussuchen, sondern sind an den einen gebunden, der vor uns liegt.
Das blöde ist aber, dass wir diesen Pfad nicht kennen. Wir wissen also nicht, ws besser sein wird.
Wir können nur aus der Vergangenheit mutmaßen, was probabilistisch die beste Entscheidung ist. Wenn du natürlich weißt (nicht hoffst, vermutest, glaubst oder befürchtest), dass in X Jahren die Kurse unter das heutige Niveau fallen, dann kann ich dir nur raten zu warten...


Herbert sagt am 25. Februar 2021

@philipp: Ganz einfach: Es ist nicht (kaum/sehr sehr schwer) abzusehen, ob in den kommenden vier/X Jahren ein Crash kommt. Also lieber jetzt investieren, als das Geld einen Zeitraum X auf dem Konto/Tagesgeld ungenutzt liegen lassen.
Das Weltportfolio bezeichnet ja auch nur den risikoreichen Teil der Anlage. Wenn du nicht all in gehen möchtest (weil Angst vor Totalverlust), dann ist es sinnvoll einen Teil X deines Gesamtportfolios in Tagesgeld/Anleihen als risikoarmen Teil beiseite zu legen. Also Schritt 2 des Artikels unbedingt vorher klären.


Carsten sagt am 23. Februar 2021

Hallo Philipp,
die erste Frage ist ja, kaufst du einen ausschüttenden oder reinvestierenden ETF. Beim ersten bekommst du, wenn du schon 4 Jahre investiert bist, 4 Jahre Ausschüttungen, die derjenige, der nach 4 Jahren kauft nicht bekommt.
Beim zweiten bekommst du jedes Jahr anstelle von Ausschüttungen mehr Anteile an dem Fond. D.h. für das gleiche Geld hast du jetzt, weil 4 Jahre investiert, mehr Anteile erhalten und bei gleichem Kurs dann auch einen höheren Depotwert. Hinzukommt dann noch die Problematik des richtigen Ein- und Ausstiegspunktes.
Diese wird es nicht geben, da man ja nicht wissen kann ob es noch mal runter oder rauf geht. Bezogen auf dein Beispiel, was ist, wenn du zum tiefsten Wert eingekauft hast, den es je gab wirst Du nie wieder so günstig Anteile kaufen können.

Viele Grüße


ChrisS sagt am 24. Februar 2021

@ Philipp

"Warum heißt es dann immer, dass früh einsteigen so wichtig ist? Wenn doch eigentlich der, der später einsteigt, hier das Rennen macht? Wo liegt hier der Denkfehler? Oder ist das ein sinnloses Beispiel?"

Naja, Denkfehler oder sinnloses Beispiel ist das zwar nicht direkt, denn klar - natürlich lassen sich auch beliebig Beispiele konstruieren (bzw. historisch finden), in denen "später einsteigen / abwarten" mal zu einer höheren Rendite geführt hätte.
Z.b. ist es relativ trivial offensichtlich, dass jemand der am Hochpunkt des dotcom-Booms 2000 all-in gegangen ist, eine niedrigere langfristige Rendite hat als jemand der erst nach dem Crash so 2003 rum am Tiefpunkt, also ca für die Hälfte billiger, eingestiegen ist.
Oder jemand der 2007 mit dem investieren angefangen hat, etwas schlechter dasteht gegenüber jemandem der erst 2009 mit dem investieren angefangen hat. Oder noch aktueller, gibt es halt einen Unterschied zwischen dem der im Januar 2020 angefangen hat und dem der erst im April loslegte.

Jetzt muss man dabei aber auch beachten - und da kommen wir wieder auf den Punkt "Denkfehler", bzw. welchen "Sinn" solche Aufzählungen überhaupt noch machen können - das sind halt fürs Jetzt und die Zukunft erstmal auch nur wohlfällig bequeme Rückspiegel-Betrachtungen.
Auf gut deutsch gesagt, wir wissen ja nicht im Voraus, wann wieder ein Crash kommt - also der beste "Zeitpunkt zum einsteigen" wäre.
Man weiß auch nicht, wie lange man darauf warten müsste - und wieviel Prozent an zwischenzeitlicher Rendite man ja auch als Opportunitätskosten beim Ausharren an der Seitenlinie dabei verpasst.
Die meisten Leute könnten dabei ja auch noch nichtmal genau quantitativ-regelbasiert definieren, auf "was genau" sie eigentlich warten (also zB. so das typische Rumphilosophieren von wegen "warten auf den Crash", ja dann macht mal wenigstens erst konkret, ab wieviel % Verlust vom letzten Benchmarkindex-Allzeithoch für euch der Crash dann auch "da ist", ab dem ihr wieder mit einsteigen wollt - und auf der anderen Seite auch ganz wichtig, was immer gern vergessen wird: wenn der Crash nämlich eben nicht wie erwartet bald mal kommt, sondern die Indizes weiter steigen, ab wieviel % verpasstem Gewinn an der Seitenlinie (ist ja auch das gleiche, ein relativer Verlust) man sich eingesteht dass man sich in seiner kurz/mittelfristigen Marktprognose doch geirrt hat und auch wieder mitmacht.).
Ich wiederhole dazu auch immer wieder gern das treffende Zitat, welches Peter Lynch zugeschrieben wird: “Far more money has been lost by investors preparing for corrections, or trying to anticipate corrections, than has been lost in corrections themselves."

Also, wenn wir eben nicht - wie noch in bequemer Rückspiegelbetrachtung oder in natürlich möglichen konstruierten Beispielen - schon jetzt im Voraus wissen können, wann denn für die Zukunft die "besten" Investitionszeitpunkte (heute? morgen? nächste Woche? in drei Jahren?) sein werden - was im Grunde auch nur eine verkappte Frage danach ist, wie sich denn so die Kurse in näherer Zukunft entwickeln werden (denn nur die Kurse entscheiden ja hinterher, ob ein Investitionszeitpunkt "gut" oder "schlecht" war), woran können wir uns also als Orientierung halten bei so Gretchenfragen wie "Wann soll ich denn nun investieren?"
Oder wie du sagst, warum heißt es immer, dass früh einsteigen so wichtig ist?
Diese "Empfehlung" speist sich halt aus dem Verständnis darüber, das der allgemeine Weltaktienmarkt einen langfristigen Aufwärtstrend hat - natürlich, trotz aller kleineren und größeren Schüttler und Kurven phasenweise, die es darunter auch immer mal wieder gibt und weiter geben wird.
Oder sagen wir mal andersrum, wer nicht davon überzeugt ist, dass der Weltaktienmarkt langfristig, also zB. nach zwei, drei und mehr Jahrzehnten signifikant höher stehen wird als heute (bzw. höher rentiert haben wird als vergleichbare bedeutende Anlageklassen wie zB. Anleihen, Bankeinlagen, oder in was man sonst noch sein Geld stattdessen hätte stecken können), für den wäre die rein passive B&H-Anlagemethode ja eh schon nix.
Etwas empirisch-stochastische Unterstützung für diese Haltung, damit sie eben nicht nur eine reine "Glaubenssache" bleiben sein muss sondern auch etwas mit gewissen Wahrscheinlichkeitserwartungen unterfüttert werden kann, kann man sich dazu auch aus der Historie holen.
Also der Frage nachgehen, welche Vorgehensweise (zB. "einfach immer investiert sein" vs alle möglichen irgendwie gearteten "Abwarten/Später Einsteigen - Strategien") sich nach bestimmten Zeiträumen als die "vorteilhaftere" (ie. größerer Endkapitalwert) erwiesen hatte.
Man könnte das zB. anhand deines relativ einfachen Beispiels machen. Wir nehmen nen Benchmarkindex wie zB. den MSCI-World, da gibt es Kursdaten seit 1970.
Dann machen wir folgende Untersuchung, wir vergleichen zwei Anleger. Einmal A, der wie du sagst jeweils 4 Jahre lang stur den MSCI World anspart, also jedes Jahr ne bestimmte Summe reininvestiert, und dann schauen wir was der am Ende im Jahr 5 für einen finalen Depotwertstand (und damit Rendite) hat.
Und das machen wir nicht nur für einen Zeitraum, sondern für alle möglichen fortlaufend rollierend. Das heißt, zB von 1970 angefangen bis 1975, dann von 1971 bis 1976, usw. Prinzip klar?
Den vergleichen wir nun mit Anleger B, welcher im Gegensatz dazu 4 Jahre lang erstmal "nichts" macht, das Geld also stattdessen beiseite (zB. als Bankeinlage etc.) legt und erst im letzten Jahr das ganze Geld dann auf einmal investiert, und dann wird geschaut welche Rendite er damit nach Jahr 5 erwirtschaftet.
Auch das rolliert man dann wieder fortlaufend über alle 5J-Zeiträume, von 1970 bis 2021. Am Ende haben wir also fast 50 mögliche verschiedene Endanlageergebnisse, jeweils für Anleger A und Anleger B - und dann brauchen wir nur noch die aggregierte Summe vergleichen. In wieviel Prozent aller Fälle war die Endrendite von Anleger A höher als die von Anleger B?
Solche Untersuchungen hat man natürlich schon alle zuhauf gemacht, für verschiedenste Betrachtungszeiträume und Strategien, die dem einfachen B&H gegenübergestellt werden.
Und es kommt dabei eben immer wieder das gleiche raus: für die
überwiegende Mehrheit aller Fälle war die (sofortige, also von Beginn an) Einmalanlage (und das sture Durchhalten derer danach) die "bessere" (rentierlichere) Vorgehensweise, gegenüber allen anderen möglichen Abwarten/Taktieren/Später Einsteigen - Strategien.
Die genauen Verteilungszahlen, wann was wieviel besser war, schwanken natürlich immer etwas, aber sagen wir mal beispielsweise, für so eine simple Strategie wie die oben vorgestellte wäre in 70 % aller Fälle die Einmalanlage die bessere Methode gewesen, nur in 30 % aller Fälle hätte man mit dem "abwarten" eine höhere Rendite erreicht.
Das wären dann so Situationen wie oben eingangs erwähnt, kurz vor/nach größeren Crashes etc. Nur sind die halt langfristig/allgemein eher die Ausnahme als die Regel, zumal man eben auch nicht wirklich vorher wissen kann wann genau die kommen, wann also der Zeitpunkt wäre, Strategie B statt A anzuwenden.
Und da man das nicht vorher wissen kann, in welcher Marktphase man sich gerade befindet / welche demnächst kommt, ist es eigentlich das rational vernünftigste, sich stattdessen einfach konsequent immer an die Strategie von beiden zu halten, die
über alle Marktphasen hinweg mehrheitlich die wahrscheinlich erfolgreichere war.
Was A ist, das möglichst frühe Einsteigen und dann auch immer dranbleiben. Wie gesagt, wir reden hier zwar nur von "Wahrscheinlichkeiten", wer also
Garantien* sucht, der wird sich was anderes überlegen müssen, aber meist wurde man eben für das Eingehen dieses "Risikos" auch entsprechend belohnt.

Aber nur um nicht falsch verstanden zu werden, natürlich ist das keine Pflicht und jeder soll einfach das machen womit er besser schlafen kann.
Wenn dich die ganze Theorie dahinter so nicht überzeugt, und du stattdessen eher meinst, doch die "Zeitpunkte, wann es besser ist zu investieren und wann besser nicht" selber prognostizieren zu können (ist das übrigens nur ein Bauchgefühl, oder hast du dazu eine systematische Handelsstrategie, deren Wirkung auch schon nachgeprüft wurde?), dann mach halt lieber das - wenn es wirklich "funktioniert", hättest du ja am Ende mehr davon ;-)

Wenn du ansonsten noch mehr dazu lesen willst, beispielsweise hier und hier hatte ich schonmal dieselbe Predigt etwas länger auch in anderen Kommentaren bereits gehalten (ist ja so eine relativ typische Grundlagen-Frage, die auch immer wieder mal kommt).

Zum Thema langfristige ETF-Renditen, bzw. in welchem von-bis Spektrum über verschiedene Zeiträume die sich abspielen können, wurde auch schon ab und zu mal in Finanzwesir-Artikeln thematisiert, zB. https://www.finanzwesir.com/blog/etf-rendite-inflation

Hier nochmal eine Illustration des Prinzips, das mit zunehmender Anlagedauer die Wahrscheinlichkeit von (End-)Verlusten geringer wird, bzw. man sich immer weiter dem annähert, was am Ende so lapidar als "langfristige Durchschnittsrendite" des Aktienmarkts angegeben wird.
https://www.finanzwesir.com/blog/msci-world-verlust

Und hier ein Artikel über Theorie und Praxis des Markt-Timings. Denn darauf laufen ja am Ende alle irgendwie vom b&h-"immer investiert sein" Prinzip abweichenden Vorgehensweisen irgendwie hinaus, egal wie und warum man nun genau noch abwartet und zögert.
https://www.finanzwesir.com/blog/markttiming-zeitlich-diversifizieren

Ansonsten noch ein paar externe Artikel, die sich auch alle irgendwie um den ganzen Themenkomplex drehen, und nach deren Lektüre dir vielleicht auch ein bischen mehr zum Verständnis geholfen wird?


Andreas sagt am 03. März 2021

Ich kann den Äußerungen von ChrisS nur beipflichten. Ich höre auch sehr häufig das Argument, dass die Preise jetzt so hoch seien und man lieber auf den nächsten Crash wartet. In meinem Fall habe ich das jüngst gehört von jemandem, der seit dem "Corona-Crash" im Frühjahr 2020 Cash hortet.

Unter der Annahme, dass der Aktienmarkt sich langfristig nach oben bewegt, und diese Aufwärtsbewegung gelegentlich von Crashes unterbrochen wird, zeigen die Kursverläufe aber unweigerlich ein Muster, in dem die Preise meistens oder sogar fast immer "zu hoch" sind, außer unmittelbar nach dem Crash.

Wie ChrisS sagt, schafft es aber kaum jemand, diesen Crash regelbasiert zu definieren, also zu sagen: "Einen Tag, nachdem die Kurse um 20% abgesackt sind, steige ich voll ein." Und selbst wenn er das tut, muss er psychologisch auch so klar sein, dass er die gerade vorhandene Unsicherheit am Markt ignoriert. Niemand weiß, ob die 20% schon alles waren, oder ob eine Woche später die nächsten 20% folgen.

Rückschaufehler sind schlecht für eine Rendite, die in der Zukunft erst noch entstehen soll. Ich frage mich gerade, ob ein Verhaltensökonom schon einmal seinen Probanden animierte Kursverläufe entlang der Zeitachse gezeigt hat mit der Aufgabe, den "richtigen" Zeitpunkt für den Einstieg zu finden, um dann anschließend zu sehen, was daraus geworden wäre.


Sparbuchbesitzer sagt am 25. März 2021

Warum investierst Du nicht in ETF auf Indizes von Wachstumswerten wie den Nasdaq 100 sowie Unternehmen aus der zweiten Reihe wie MDAX und TECDAX? Diese sind bei dem von Dir verfolgten Kaufen-und-Halten-Grundsatz glücklicher, weil die vorgenannten Indizes stets deutlich über temporäre Krisentiefs hinausgewachsen sind. Das sieht man beispielsweise an den wenigen roten Minusrenditen Renditedreieck dieser Indizes bzw. den hohen Langfristrenditen speziell beim Nasdaq 100 - Index. Das Aktienmarktrisiko "lohnt" sich hier besser infolge der höheren Renditen.


Fool sagt am 25. März 2021

Im Jahr 2000 war es nach der langjährigen Hausse zuvor so daß der Aktienmarkt in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 14 Prozent erzielt hatte (bei sicheren Zinsen von Staatsanleihen um 6%):

https://www.finanzen.net/eurams/bericht/finanzwebsite-humor-kosten-ratgeber-anlegerpsychologie-anlagestrategie-so-legen-nur-narren-an-1320551

Ähnlich muß man die heute aus den Durchschnitsrenditen der Vergangenheit errechneten 7% bis 9% Aktienmarktrendite sehen die üblicherweise bedenkenlos in die Zukunft fortgeschrieben wird. Beispielsweise hat der norwegische Pensionsfonds bisher mit 70% Aktienquote jährlich ca 7% Rendite erzielt, nach dem schlechten Aktienjahr 2018 lag die durchschnittliche Rendite um 4%.

Da sich nach 20 Jahren die durchschnittliche Aktienmarktrendite halbiert hat (von 14% auf 7%) kann es durchaus möglich sein daß sich diese in den nächsten 20 Jahren nochmals halbiert.


Jule sagt am 27. Dezember 2021

Hallo Finanzwesir,
dein Beitrag ist ja inzwischen schon einige Jahre alt - ist die deine Empfehlung trotzdem weiterhin aktuell? Danke dir!


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