21. Januar 2015


Machen Sie doch mal eine Feuerübung mit Ihrem Geld

Wie jetzt, soll ich mein Geld verbrennen?
Nein, Sie sollen sich ein paar Krisenszenarien ausdenken und dann Excel anwerfen und das Desaster in Heller und Pfennig ausrechnen. Entwerfen Sie einen Stresstest für Ihr Depot.

Warum machen Schiffsbesatzungen, Flug-Crews und Feuerwehrleute regelmäßige Trockenübungen? Weil sie sonst im Krisenfall wie aufgescheuchte Hühner herumlaufen und nichts auf die Reihe kriegen.

Schauen Sie sich diesen Chart an. Seit dem Crash-Jahr 2009 kennt der Standard & Poor‘s Index nur steigende Kurse. Das kann auf Dauer nicht so weiter gehen. Bevor es jetzt heißt "Der Finanzwesir ist unter die Crash-Propheten gegangen": Ich argumentiere mit der Regression zum Mittelwert. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Der S&P 500-Index wächst im langjährigen Mittel zwischen 5 % und 8 % jährlich. Seit 2009 hat der S&P-Index dieses beeindruckende Wachstum hinter sich.

S&P 500

Jahr Rendite
2014 12,39 %
2013 26,39 %
2012 11,68 %
2011 -1,12 %
2010 12,64 %
2009 20,91 %

Quelle

Damit wir den Durchschnitt von 5 % bis 8 % hinbekommen, sind irgendwann auch mal einige magere Jahre nötig. Das ist ganz normal und kein Grund zur Sorge. Ein erfahrener Kapitän bringt sein Schiff auch durch schwere See.

Um noch mal auf die oben angesprochenen aufgescheuchten Hühner zurückzukommen:

Der Anlageerfolg hängt von zwei Dingen ab:

  1. Man verfolgt einen vernünftigen Plan.
  2. Man hat den Mut, an diesem Plan auch unter allen Umständen festzuhalten.

Dieser Mut wird in Fachkreisen "Risikotoleranz" genannt und gehört zu den am meisten überschätzten menschlichen Fähigkeiten. Theoretisch sind wir alle so risikotolerant wie diese Herren.

Risikotoleranz

Cool und immer einen flotten Spruch auf den Lippen, auch wenn die die Stopp-Loss-Marken unter den Prankenhieben der Bären zerbröseln und der Depotwert dahinschmilzt wie ein Schneemann in der Sauna.

Wer dann noch sagt:

"Die Börse ist wie ein Paternoster. Die Fahrt durch den Keller ist ungefährlich, man muss nur ruhig stehen bleiben."

kann jetzt aufhören zu lesen.

Alle anderen sollten sich jetzt zur Feuerübung melden, damit sie im Falle einer Stuka-Börse nicht einem Kamikaze-Impuls nachgeben.

Wie groß soll ich die Krise machen?

Ich habe hier einige historische Zahlen zusammengetragen, an denen Sie sich orientieren können.

1929 – 1932: Die dunklen Jahre. Verringern Sie den Wert Ihres Depots vier Mal hintereinander wie folgt

Jahr Index Verlust
1929 S&P 500 -14 %
1930 S&P 500 -28 %
1931 S&P 500 -49 %
1932 S&P 500 -15 %

1939 – 1941: Zweiter Weltkrieg. Verringern Sie den Wert Ihres Depots drei Mal hintereinander wie folgt

Jahr Index Verlust
1939 S&P 500 -5 %
1940 S&P 500 -17 %
1931 S&P 500 -17 %

1974: Ölkrise. Gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie nicht 4.000 € ein, sondern verringern Sie den Wert Ihres Depots um 30 %.

2000 – 2002: Dotcom-Krise. Auch dieses Mal "war nicht alles anders". Mein Börsendebut. Seitdem betrachte ich mich als Veteran. Bitte drei Verlustjahre wie folgt in die Excel-Simulation eingeben:

Jahr Index Verlust
2000 S&P 500 -10 %
2001 S&P 500 -11 %
2002 S&P 500 -24 %
2000 DAX -8 %
2001 DAX -21 %
2002 DAX -45 %

2008: Subprime-Krise. Ein Jahr im Sturzflug, kürzen Sie Ihr Depot um 39 % (S&P 500), 40 % (DAX) oder 43 % (Nikkei).

Quelle aller Zahlen: S&P 500, DAX, Nikkei

Wenn man das liest, wundert man sich, wo der S&P 500 eine langjährige durchschnittliche Jahresperformance von 5 % bis 8 % hernimmt. Aber auch hier greift die Regression zum Mittelwert. Was unten liegt, kommt auch wieder hoch.

Wie simuliere ich?

Teilen Sie Ihr Geld in einen risikoarmen Teil (RK1) und einen risikobehafteten Teil (RK3).
RK1 sind Zinsprodukte wie Festgeld und Anleihen bester Bonität. RK3 sind Aktien.
RK1 bringt keine Rendite, sondern Stabilität. RK3 schwankt und entschädigt Sie dafür mit einer ordentlichen Rendite.

Ein Beispiel

Sie haben 50.000 Euro und sind bereit, temporär eine zehnprozentige Wertminderung zu akzeptieren. Das bedeutet: Sie bekommen keinen Herzkasper, wenn sich 5.000 Euro vom Acker machen. 45.000 Euro sind ja auch noch eine Menge Geld und die 5.000 Euro werden wiederkommen.

Unsere Simulationshypothese: Die Kurse geben um 40 % nach.

Die Frage: Wie groß darf der RK3-Anteil sein?

Wenn 5.000 Euro einem 40%igen Verlust entsprechen, dann müssen Sie vor dem Kursrückgang 12.500 Euro investiert haben.
Das RK1/RK3-Verhältnis beträgt 75:25 %.

Wenn Sie davon ausgehen, dass sich die Kurse auch halbieren können, ist Ihr RK1/RK3-Mix 80:20 %.

Wenn Sie davon ausgehen, dass sich die Kurse halbieren können und Sie nur Verluste von 5 % (umgerechnet 2.500 Euro) ertragen, ist Ihr RK1/RK3-Mix 90:10 %.

Ein Beispiel zum Thema "Die eigene Risikotoleranz überschätzen". Junge Leute sollen eine ordentliche Aktienquote fahren, da sie die Zeit auf ihrer Seite haben und Verluste aussitzen können. Oft wird ein RK3:RK1-Verhältnis von 70:30 vorgeschlagen. Sehen wir uns mal an, was das in der Praxis bedeutet:

  • Startkapital: 50.000 €
  • RK1-Anteil: 15.000 € (30 %)
  • RK3-Anteil: 35.000 € (70 %)
  • Crash: Aktien -40 %
  • Verlust RK3-Anteil: 14.000 €
  • RK3-Anteil nach Crash: 21.000 €
  • Endkapital: 36.000 €
  • Verlust bezogen auf Gesamt-Depot: 28 %

Theoretisch alles kein Problem. Die Flughöhe stimmt, es sind noch 25 Jahre bis zur Rente und das Geld wird nicht gebraucht. Also, was soll‘s.
Die Frage ist nur: Haben Sie die Kraft, jetzt nicht hinzusehen, sondern sich mit dem unergründlichen Lächeln und der Gelassenheit eines Dalai Lama an die Seitenlinie zu stellen und nichts zu tun?
Nichtstun ist für einen nach westlichen Maßstäben erzogenen Menschen eh‘ schon schwierig und dann noch die Hände in Schoß legen in Zeiten der Krise. Geht! gar! nicht!
Vielleicht hilft Ihnen hier das Gleichnis vom verlorenen Sohn aus der Bibel. Die Euros sind nicht verloren, nur abwesend und werden spätestens nach zehn bis fünfzehn Jahren den Weg nach Hause finden. (siehe auch das DAX-Renditedreieck). Nüchtern ausgedrückt: Nach 10 Jahren ist fast jeder Aktienanleger im Plus.

Was bringt das?

Wir hatten die letzten fünf Jahre eine Schönwetterbörse. Die Zeiten werden rauer werden, da ist es gut, sich mental darauf vorzubereiten. Denn

"Unwissenheit ist die Mutter der Angst."
Andrzej Szczypiorski, polnischer Schriftsteller

Wer Angst hat, steht unter dem Einfluss des Reptilienhirns und macht dumme Dinge.
Auch wenn es "nur" eine Simulation ist, Sie haben sich schon einmal damit befasst, was die kühne Aussage "30 % Kursverluste machen mich nicht verrückt." konkret in Euro bedeutet.
30 % Kursverlust – das ist eine abstrakte Zahl, die macht mich auch nicht verrückt. Aber wenn es auf einmal um 14.000 Euro geht, dann kriege ich einen Panik-Puls. Deshalb: Weg von den Prozenten, hin zu absoluten Zahlen.

Fazit

Wenn es um Finanzdinge geht, gehöre ich ganz klar zur gefühllosen Fraktion. "Lasst Excel sprechen" ist meine Devise.

Einzige Ausnahme: Die RK1/RK3-Verteilung.

Hier sollten Sie unbedingt auf Ihren Bauch hören. Wenn Sie sich mit einer 90/10-Verteilung wohlfühlen und jede Krise durchstehen, verdienen Sie langfristig Geld.
Wenn Sie bei einer 30/70-Verteilung im Schlachtgetümmel der Mut verlässt und Sie zum Tiefpunkt verkaufen, verlieren Sie. Dann ist es besser, Sie gestehen sich ein, dass dieser Ritt für Sie zu wild ist.
Immer investiert bleiben ist das Erfolgsgeheimnis. Siehe auch das Schaubild "Psychofalle Börse".

(awa)

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Kommentare

Phil sagt am 22. Januar 2015

Hi Finanzwesir,

Wieder mal ein toller Beitrag, vielen Dank dafür! :)

Genau diese Entwicklung der Börsen macht mir gerade ein wenig Kopfzerbrechen. Es geht weniger darum, dass ich einen Einbruch nicht verkraften könnte, sondern darum ob ein derzeitiger Einstieg sinnvoll ist. Auch wenn mir klar ist, dass man nach 10/15 Jahren ziemlich sicher im Plus ist, ist dieses Plus trotzdem geringer, wenn man zu einem Höchststand kauft.

Angenommen folgender Fall:

Man hat mit einem Schlag eine etwas größere Geldsumme (durch Schenkung, Erbe, ...) die man in Aktien anlegen will (in Form von ETFs) - der RK1-Teil ist schon angelegt, also ich spreche jetzt nur vom RK3-Teil.

Einerseits ist einem klar, dass die Börsenkurse wohl nicht ewig so weiter wachsen werden und es früher oder später zu einer Korrektur/einem Einbruch kommen muss. Andererseits weiß man aber, dass Market-Timing grundsätzlich nicht funktioniert und man sich nicht von solchen Gedanken leiten lassen sollte, den idealen Einstiegszeitpunkt zu finden. Eine kleine Stimme im Hinterkopf sagt einem aber trotzdem: Warte lieber noch bis der Einbruch eintritt und kaufe erst dann.

Was soll man in so einem Fall also machen?

  • Das Geld in kleineren Tranchen alle 1/2/3/6 Monate anlegen bis alles Geld angelegt ist (um ein wenig den Cost Average Effekt auszunutzen)

  • Gleich alles auf einmal anlegen (geringere Orderkosten würden dafür sprechen, fallen aber meines Erachtens nicht so stark ins Gewicht)

  • Oder erstmal alles am Tagesgeldkonto zwischenparken und warten bis der Einbruch stattgefunden hat und dann ordentlich zukaufen wenn die Kurse wieder niedrig stehen. Hier weiß man natürlich nicht wann das stattfinden wird - in 1 Jahr/2 Jahren/5 Jahren...? Und dann weiß man natürlich auch nicht wann der Tiefststand erreicht wurde.

Ich wäre dir über einen (klarerweise unverbindlichen) Ratschlag sehr dankbar. :)


marcel sagt am 22. Januar 2015

Und als ob das weiterhin investiert bleiben in solch einem Umfeld nicht schon schwer genug wäre, gilt es noch sich zu überwinden, weiterhin Geld zu investieren. Ich bin bisher nur in der Schönwetterphase dabei gewesen, daher bin ich für die Inspiration sehr dankbar. Das ein oder andere Mal musste ich schon schlucken, als ich die Auswirkungen in absoluten Zahlen gesehen habe. Gutes Training!


Gerhard sagt am 22. Januar 2015

Ja, den Stresstest sollte man unbedingt einmal durchspielen und zwar an absoluten Zahlen. Gerne auch in anschaulichen Gegen Werten, wie ein 1-er BMW, der sich binnen eines Monats einfach in "Luft" aufgelöst hat.

Trotzdem, es bleibt halt immer nur eine Simulation. Das tatsächliche Verhalten ist dann doch wieder etwas ganz anderes und erst die Gefühle dabei ...! Wenn das Umfeld (Kollegen, Freundeskreis, Medien, ...) Dir deutlich zu verstehen gibt, dass so was ja schief gehen musste und dass man ja schon immer gewarnt habe ...

Hier ist es hilfreich, wenn zumindest der Lebenspartner nun nicht auch noch einen Familienkrieg anzettelt. Deshalb mein Rat: Vorher abklären, ob auch der Partner die gleiche Risikotoleranz hat, wie man selbst. Sonst wird aus einem finanziellen Crash auch noch ein familiärer! Und ob dieser sich durch "Aussitzen" wieder heilen lässt?

Ich wollte mit meinem Beitrag nur darauf hinweisen, dass die meisten in einer Partnerschaft leben und sich dadurch die hier besprochene Thematik noch komplizierter gestalten dürfte.


Lucius sagt am 22. Januar 2015

Moin,

sehr schöner Artikel. Eine Frage an den Wesir: Welche Anlageklassen währen den RK2 und hast du diese ebenfalls im Depot?

MFG


mastererni sagt am 22. Januar 2015

@ Phil: Ich hatte nach Auflösung konservativer Anlagen Anfang des Jahres auch einen - für mich - größeren Geldbetrag, den ich nicht auf einmal anlegen wollte. Ich habe beschlossen, dies auf 3 Tranchen zu verteilen, die erste hab ich Anfang des Jahres angelegt, die nächste kommt dann Anfang April und die letzte Anfang Juli. Mir ist nach der EZB-Meldung heute auch ein wenig zittrig zumute, was da alles in naher Zukunft noch kommen mag, aber ich halte mal an der Strategie fest ... :-)


Dummerchen sagt am 22. Januar 2015

@Phil: Einfach mal ins Finanzwesir-Archiv schauen: http://www.finanzwesir.com/blog/markttiming-zeitlich-diversifizieren

Gruß Dummerchen


Finanzwesir sagt am 23. Januar 2015

Hallo Phil, Dummerchen hat eigentlich schon alles gesagt ;-)
Markttiming klappt nicht.
Wenn Du mit steigenden Kursen rechnest, musst Du schnellstmöglich alles investieren. Wenn Du mit fallenden Kursen rechnest, teilst Du Dein Geld in Tranchen auf kaufst billiger nach.

Aber das ist alles Kaffeesatzleserei. Meine Vermutung: Die meisten Menschen werden sich mit einem zeitlich gestreckten Investment wohler fühlen.
Schau Dir mal ganz oben den Chart an. So Mitte 2011 geht es da heftig nach unten. In der Gesamtsicht erkennt man: Da hat der S&P500 nur mal Luft geholt um dann richtig abzurocken.
Das hätte aber genau so gut der Anfang vom Ende sein können mit einem Rücksturz auf das 2008/09-er Niveau.
Wer weiß das schon.

Sir John Templeton sagt dazu:

"Die beste Zeit für die Geldanlage ist dann, wenn man Geld hat. Die Geschichte deutet nämlich darauf hin, dass nicht der Zeitpunkt zählt, sondern die Zeit."

@Lucius: Ich habe nur RK1 oder RK3. Mir war diese Dreiteilung zu komplex. Ist jetzt ein Highyield-ETF wie der iShares Euro High Yield Corporate Bond (WKN A1C3NE)

  • RK1: Weil Anleihe
  • RK2: Weil Firmen-Anleihe

Oder vielleicht doch sogar RK3, weil wir in wilden Zeiten leben. Was ist mit Tagesgeld: Bis 100.000 Euro = RK1, alles darüber RK3, weil nicht mehr von der Einlagensicherung geschützt?

Ich teile nur noch in risikoarm und riskobehaftet auf. Das Wort risikolos habe ich in Bezug auf meine Geldanlage gestrichten.

@Gerhard: Die Umrechnung in konkrete Werte "Das war ein Kleinwagen, das die Reise nach Bali..." ist sehr gut. Das mache ich auch.

Gruß
Finanzwesir


Beobachter sagt am 23. Januar 2015

@Phil: Wer sagt, daß es zu einem Börseneinbruch kommen muß? Möglich ist auch eine Seitwärtsbewegung, siehe z.B. die Entwicklung des MSCI World Index in den 1980er und 1990er Jahren.

Von heute aus gesehen wäre z.B. eine weitere überdurchschnittliche Aufwärtsbewegung mit anschließender Seitwärtsbewegung möglich. Im Nachhinein betrachtet, wäre es in dem Szenario "falsch" gewesen, nicht heute investiert zu haben. Natürlich ist auch ein Börseneinbruch in naher Zukunft möglich. Dann wäre es "richtig", heute nicht zu investieren. Da keiner von uns eine Glaskugel hat, ist die Zukunft rein spekulativ und Markt-Timing somit sinnlos. Sonst wäre es für die Manager aktiver (Misch-)Fonds relativ einfach, ihre Benchmark zu schlagen.


Phil sagt am 24. Januar 2015

@ Finanzwesir, mastererni, Dummerchen, Beobachter: Vielen Dank für das Input. Hat mir sehr geholfen! :)


Barbaz sagt am 24. Januar 2015

@Phil noch ein kleiner Nachgedanke: Nicht-kaufen und verkaufen sind im Prinzip dieselbe Sache. Wenn du dich nicht schlecht fühlen würdest, Aktien die du schon länger hast weiter zu halten, dann sollte kaufen eigentlich auch OK sein.


Lucius sagt am 25. Januar 2015

@Finanzwesir:

Ja, die Einteilung in RK1 <--> RK2 ist fließend. Daher war meine Überlegung bisher auch diese Kategorie komplett aufzugeben und einfach nur in RK1 und RK3 einzuteilen.

Schön, dass du das ähnlich siehst. Dann kann mein Gedankengang ja nicht so falsch sein ;-)


Morpheus sagt am 02. April 2015

"Immer investiert bleiben ist das Erfolgsgeheimnis."
Ihr beweist das hier sehr schön mit Zahlen und Tabellen. Ich habe 2000 viel Geld in 3 Fonds gesteckt, die den Eurostoxx 50 nachgebildet haben. Hab dann über 3 Jahre hinweg -50% an Wert verloren. Die Fonds waren 2014 noch immer mit mehr als 20% im Minus. Seither denke ich mir schon: Ein Stop Loss bei -10% hätte mir viel Geld gespart.
Aber ich bin Anfänger, und werde mir hier mal alle Artikel zum Thema durchlesen.


Finanzwesir sagt am 02. April 2015

Hallo Morpheus, wie sieht es mit dem gesamten Depot aus? Drei Fonds auf einen Index ist ein heftiges Klumpenrisiko. Darf ich fragen, warum Du Dich für drei Fonds, die alle das gleiche machen entschieden hast? Warum nicht einen Fonds auf den Stoxx50, einen auf den MSCI World und einen auf den MSCI Emerghing Markets? Nur als Beispiel.
Dann wäre der Stoxx natürlich immer noch im roten Bereich, aber die anderen Teile des Protfolios hätten womöglich den Verlust ausgleichen oder abmildern können.

Gruß
Finanzwesir


Morpheus sagt am 03. April 2015

Damals (ca. 2000) hat das österr. Magazin NEWS eine Aufstellung rausgebracht "Die best performenden europ. Fonds österr. Banken" oder so ähnlich. Hab die 3 Gewinner gekauft, von Klumpenrisiko hatte ich keine Ahnung und der Berater der Bank hat nichts gesagt. Von dieser Erfahrung her steckt mir die Angst vor langen Abschwüngen in den Knochen. Ist halt so: wenn man in 3 Jahren 50% verliert und dann die folgenden 3 Jahre 50% gewinnt ist man erst bei 75%. Der Weg zurück ins Plus ist steinig ...

Daher meine Frage: Soll man wirklich eisern investiert bleiben oder wäre es nicht besser, einen Stop Loss bei 10% zu setzen? Damit kümmern mich die täglichen Schwankungen eines ETF MSCI World nicht, lange Abwärtstrends mach ich aber nicht mit. Gibt es nicht Signale für Kauf und Verkauf, mit denen man Trends erkennen kann (200 Tage Linie, ...)?


Chemstudent sagt am 04. April 2015

@Morhpheus:

Was du meinst sind Trendfolger. Das funktioniert aber nicht so, dass man dabei ein besseres Chance / Risikoprofil hat. Das wäre nur der Fall, wenn die Signale wirklich funktionieren würden.
Stattdessen reduziert ein Trendfolgesystem das Risiko bei langen Abschwüngen, dafür aber auch den Ertrag bei Aufschwüngen, weil man schlichtweg zu spät einsteigt.
In Summe heißt das: Ein solches System hat keine bessere risikoadjustierte Renditeerwartung. Oder auf deutsch: Für's Risiko gibt's nicht mehr Geld. Da jede Aktion aber Geld kostet, ist die Rendite pro Risikoeinheit sogar schlechter.

Besser: Den Anteil an riskanten Anlagen soweit reduzieren, wie es die eigene Risikotragfähigkeit erlaubt. Das geht nämlich für null Euro Kosten. ;)

Zur Illustration von GD200 etc.: hier, hier und hier


Finanzwesir sagt am 04. April 2015

Hallo Morpheus,
das kann ich verstehen und Du hast absolut recht, was den steinigen Aufstieg ins Plus angeht. Ich unterstütze deshalb den Vorschlag von @Chemstudent, siehe auch hier: http://www.finanzwesir.com/blog/passive-anlagestrategie

Schritt 2 ist der Entscheidende: Kläre wie mutig Du bist und nimm nur soviel Aktien/ETFs ins Depot, wie Du erträgst. Und dann rechne mal aus - wie in diesem Artikel beschrieben - welche Gesamtverluste für Dich akzeptabel sind. Hier gibt es kein "Richtig" oder "Falsch", sondern Du alleine bist der Maßstab.

Gruß
Finanzwesir


Bankenretter sagt am 20. August 2015

Ist schon interessant die Kommentare in der Phase der aktuellen Korrektur (beginnenden Crashs?) zu lesen.

Im Rückspiegel betrachtet, war es nicht sinnvoll den Betrag in die drei Tranchen Januar, April und Juli aufzuteilen. Man war zur besten Zeit nicht investiert und nimmt jetzt voll investiert den ganzen Weg nach unten mit. Aber hinterher ist man immer schlauer und jetzt kommt für viele Neu-ETFler der erste ernsthafte Test, ob die Theorie sich dann auch so gut in der Praxis anfühlt.

Ruhig bleiben, Nerven behalten, Kurs halten, nachkaufen. Wenn es sein muss auch weggucken.

Viele Grüße
Bankenretter (Crash-tested since 1997:-))


Dividendenhamster sagt am 13. Februar 2016

| Hi Finanzwesir,

schönes Szenario. Für erfahrene Anleger kann man sogar noch einen Schritt weiter gehen. Ich nennen das mal den ADLERBLICK einnehmen. Also der Blick von oben. Verfolgt man beispielsweise 3 Tradings- oder Investmentstrategien ergeben sich auch hier unterschiedliche Risiko-Profile, zumindest aus meiner Erfahrung.

Bei einem Dividenden-Depot gibt es ja kaum Stops oder Absicherungsmechanismen, wie bei aktiven Trading- oder Investmentstrategien. Hier wird meist nach Buy- und Hold gehandelt. (es gibt aber auch einige Ausnahmen, die meist Geld kosten)

Hat beispielsweise noch eine Tradingstrategie in Long- oder Short Modus taucht man meist nur kurzfristig in den Markt ein und wieder aus. So lange die Positionsgröße, die Trefferquote und noch einige anderen Stellschrauben stimmen, ist man hier ja nicht generell voll investiert.

Ähnlich verhält es sich bei einer Trendfolge-Strategie, die man ebenfalls nutzen kann. Bei einer Trendfolge begleitet man meistens Aktien über Jahre. Dabei werden in den meisten Strategien die Stops nachgezogen und über diesen Weg die Gewinne abgesichert und ggf. wird man ausgestoppt. Heisst in diesem Fall muss man nicht die Börsen-Achterbahnfahrt mitmachen.

Fazit: Ich würde an der Börse zwischen dem Generieren von Dividendeneinnahmen und dem aktiven Traden- und Trendfolge-Investieren unterscheiden, also dem Generieren von Kursgewinnen. Das allerdings nur für die wirklichen Fans der Börse mit Leidenschaft. Über diesen Weg bekommt man nämlich schon innerhalb der einzelnen Börsen-Strategie eine weitere Risikostreuung hin.

Als letztes betrachte unter dem Gesichtspunkt alle Aspekte eines GESAMTVERMÖGENS. Immobilien, Aktien, Festgelder, Tagesgeld und natürlich auch andere (passive) Einkommensquellen. Ich denke mal unter diesem Aspekt kann man dann sagen...

"Es läuft immer was..."

Ein erholsames Wochenende - Gruß Dividendenhamster "Henry"

Auf dem Blog von Dividendenhamster gibt es hierzu diesen Artikel: Dividendenstrategien im Börsencrash


Sascha sagt am 01. August 2016

Guter Beitrag. Auch wenn ein PLUS in 10 bis 15 Jahren steht, was passiert, wenn man die Kohle z.b. bei der Rente benötigt und dann gerade ein Tief ist. Da kann man keine 10 Jahre mehr warten. Dann kannst das Geld vererben ;) ...


Lars sagt am 23. April 2017

Hallo Finanzwesir,
bin nach vielem Lesen in div. Blogs und besonders in Ihrem gerade dabei zum passiven Anleger zu werden (nach schlechten Boersenerfahrungen in der Technologiefondszeit, seitdem nur in risikoarmen Festgeldern/Tagesgeldern bei Direktbanken unterwegs, aber ruhig schlafend). Ich beabsichtige die 70 (MSCI World) / 30 Emerging Markets "Standard"-Variante mit jeweils einem Fonds zu wählen ( ggf. noch 10 Prozent-Anteil Stoxx Europe 600 zu Lasten des World-Anteils) (Anlagehorizont ca. 20 Jahre, bin 46).
Aktuell möchte ich in Absprache mit meiner besseren Hälfte den Teil für das RK 3 Portfolio bestimmen und habe mir hierzu die Feuerwehrübung angesehen, die ja insb. auf Dax und S&P 500 abstellt.

Somit zu meiner 1. Frage:

Zur ungefähren Risikobestimmung würde ich einen möglichen Crash mit 50 Prozent annehmen wollen, sodass aus meinem RK3-Anteil von 50 TEUR noch 25 TEUR werden könnten.
Erscheint ein Abschlag von 50 Prozent bei der 70/30 Variante einigermaßen realistisch (Glaskugel...ist klar), sprich haben Sie eine historische Feuerwehrübung auch für den MSCI World bzw. den MSCI Emerging Market Index in petto ?

2 Frage:

Neben der Einmalanlage möchte ich künftig 1000 EUR monatlich in gleicher Aufteilung in zwei bzw. drei Sparpläne investieren. Kollege Finanzrocker empfahl da in einem Podcast unterschiedliche ETFs/Anbieter zur Risikostreuung zu nehmen.
Wie ist Ihre Meinung dazu? Es handelt sich ja um Sondervermögen, von daher ist das Ausfallrisiko doch gering. Ich tue mich ehrlich gesagt mit der genauen ETF-Auswahl wegen der div. Möglichkeiten und Varianten etwas schwer und würde, wenn ich mich denn mal entscheiden könnte, eher für Einmalanlage und Sparplan die gleichen ETF's nehmen wollen.
Das würde die Sache auch bei der Wahl der Depotbank wg. der Kosten etwas erleichtern.

Vielen Dank - auch für den tollen und gut verständlichen Blog


ChrisS sagt am 23. April 2017

Hallo Lars

"Erscheint ein Abschlag von 50 Prozent bei der 70/30 Variante einigermaßen realistisch (Glaskugel...ist klar), sprich haben Sie eine historische Feuerwehrübung auch für den MSCI World bzw. den MSCI Emerging Market Index in petto ?"

Kurze Antwort - Ja. Ein 50% Kurssturz ist für weltweite & überregionale Aktienindizes eine einigermaßen passende, grobe Orientierung*, was das Verlustpotential in extremen Krisen angeht. Plus es ist schön leicht einfach im Kopf zu rechnen, und Einfachheit (statt Komplexität) ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Methode und hilft sich besser lange dran halten zu können.

* wenn dich die exakten Vergangenheitswerte der Maximalverluste genauer interessieren, schau einfach bei den Index-Anbietern direkt selbst nach, dort werden diese Werte auf die zweite Nachkommastelle genau geliefert.

Ein googeln nach "MSCI World Index Factsheet" ergibt zum Beispiel ( https://www.msci.com/documents/10199/178e6643-6ae6-47b9-82be-e1fc565ededb )
dass der MSCI World Index (USD) in der Spitze (Finanzkrise 08) um -57,46% nachgegeben hat. Der MSCI Emerging Markets Index hatte in der Vergangenheit einen Maximalverlust von -65,14%.
Die Euro-Werte weichen zwar leicht davon ab, sind aber auch alle relativ in der selben Größenordnung.

Nicht vergessen, wir reden hier ja immer nur von Vergangenheits- und Ungefähr-Werten. Die sollen erstmal nur das allgemeine Prinzip des "Risikobegrenzung in der Assetallokation durch Worstcase-Szenario" demonstrieren, und nicht die dritte Nachkommastelle noch exakt ausloten. Die Vergangenheit ( ;-) zeigt jedenfalls, dass ein Verlustpotential von -40% bis etwas über -60% für die Weltregionen (klar, wenn man noch weiter in die Nische geht, zB spezielle Länder- oder Branchenfonds, kommen da noch andere Werte mit raus) ein einigermaßen realistisches Verlustpotential darstellt (oder andersrum gesagt, wer vorhat für Jahrzehnte zu investieren, sollte sich auch zumindest gedanklich schonmal darauf einstellen, auch einen der zukünftigen Crashs in etwa dieser Größenordnung miterleben zu werden).
Ich persönlich empfehle den Leuten die einfache Überschlagrechnung mit -50%, weil so jeder selbst in der Lage ist, die nötige "gewünschtes Verlustlevel mal zwei = empfohlene Aktienquote, Rest sicher anlegen" Berechnung im Kopf durchzuführen, und nicht auf kompliziertere (aber im Endeffekt auch nicht bessere) "Expertenmodelle" angewiesen ist.

" Kollege Finanzrocker empfahl da in einem Podcast unterschiedliche ETFs/Anbieter zur Risikostreuung zu nehmen. Wie ist Ihre Meinung dazu?"

Das ist eine ziemlich individuelle Sache, da jeder ein anderes "Sicherheitsbedürfnis" (bzw. "Paranoia-Level") hat. Zuallererst muss man ja noch dazu sagen, dass "mein ETF-Anbieter geht pleite und alle meine Anteile sind futsch" bis jetzt nur ein ziemlich theoretisches "Risiko" ist, da es konkret&nennenswert noch überhaupt nicht vorgefallen ist (wir also ja eigentlich garnicht wissen was dann passiert, und da schwanken halt typgemäß die Fantasien von apokalyptischen "oh Gott mein ganzes Geld wird sich in Luft aufgelösen" bis relativ entspannten "kein Problem, der Fondsinhalt selbst ist ja Sondervermögen und wird entweder verwertet&ausbezahlt oder eine neue Fondsgesellschaft kommt und übernimmt den Fonds").
Du musst selbst sehen wo du dich da einordnest (am besten, nachdem du etwas mehr seriöse! Quellen zu dem Thema liest) und dann eine informierte Entscheidung treffen kannst, ob zusätzliche "Anbieter-Diversifikation" wirklich sinnvoll für dich ist oder nur eine unnötige&übervorsichtige Verkomplizierung (du merkst, ich selbst halte nicht viel davon, mir jetzt unbedingt den MSCI World ETF von iShares, UND noch einen MSCI World ETF von Comstage, UND noch einen MSCI World von db-x, ... und und und ins Depot legen zu müssen - aber wie gesagt, soll sich auch niemand von mir abhalten lassen wenn er das halt für sein Wohlbefinden so braucht).

Viel relevanter als diese doch recht "abstrakten" Risikoüberlegungen sollten für dich erstmal die praktischen Risikoüberlegungen sein - wenn einfach mal wieder "ganz normale Börsenkrise" ist, und die ETFs "ganz normal" (da sie auch hier nur ihre Aufgabe erfüllen, stur den Indizes zu folgen) mit in den Keller rauschen, du über deine Anlageverteilung die Verluste in deinem vorher festgelegten Rahmen halten kannst. Also das was wir anfangs besprochen hatten.

Über den ganzen Themenkomplex "wie finde ich als Einsteiger eigentlich aus den hunderten angebotenen ETFs überhaupt die passendsten für mich?" wurden auch hier schon einige gute Artikel geschrieben (einfach "finanzwesir etf" googeln), zB diese Serie (d.h. auch die folgenden Teile lesen) https://www.finanzwesir.com/blog/perfekter-etf-replizierer-swapper


Lars sagt am 23. April 2017

Hallo CrisS,
vielen Dank für Deine schnelle ausführliche Einschätzung.


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