30. Juli 2021


Alpha-Fonds: Am Ziel vorbei?

Leser L. hat mir eine lange Mail mit drei sehr interessanten Fragen gestellt. Da die Fragen recht unterschiedliche Alpha-Aspekte betreffen, antworte ich in drei Artikeln.

| Verfolgen Alpha-Fonds das richtige Ziel? | ETF + Alpha in Seitwärtsphasen | "Truly-Democratic-Alpha"-Fonds selbst bauen |

Verfolgen Alpha-Fonds das richtige Ziel?

Mein Verständnis von deiner Strategie ist folgendes: Alpha-Fonds sollen zur Volatilitätsreduktion in divergenten Märkten dienen. Während konvergenten Phasen ist es absolut hinnehmbar, wenn der Fonds mit +/- 0 rentiert; tatsächlich wäre sogar ein Inflationsausgleich schon optimal. Immerhin wollen wir ja das TG/FG ersetzen und kein tatsächliches Alpha (im Sinne einer Überrendite) machen. So weit so gut?

Der Finanzwesir antwortet

Grundsätzlich ja. Details kommen dann weiter unten.

Leser L.

Die in deinem Artikel "Den richtigen Alpha-Fonds finden" ausgewählten Fonds zielen jedoch laut Morningstar alle auf

"mittel-bis langfristigen Wertzuwachs, […] insbesondere in Marktphasen mit hoher Volatilität"

ab.
Wirtschaften sie damit nicht "am Ziel vorbei"? Intuitiv klingt das so, als würde man sich hier in Hausse-Zeiten (wenn der ETF das Geld macht) mehr Volatilität einkaufen als nötig? Anders herum gefragt: Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchte man idealerweise ein Trendfolgeprodukt haben, dass nur "triggert" wenn sich ein negativer Trend in der Breite (beispielsweise auf einem Index) einstellt. Ließe sich so ein Produkt nicht mit wesentlich weniger Volatilität realisieren? Gibt es so ein Produkt vielleicht schon am Markt?

Das ist der Weg

Alpha-Fonds sind erst einmal unabhängig von konvergent oder divergent.

  • Trendfolger folgen einem Trend. Je stärker der Trend, desto besser.
  • Long-Volatility-Fonds reagieren auf erhöhte Volatilität. Je höher die Volatilität, desto besser.

Ob die Kurse steigen oder fallen ist dem Fonds egal.

Volatilität und Trend sind nicht symmetrisch verteilt. In konvergenten Zeiten sind die Trends weniger stark ausgeprägt und auch die Volatilität ist niedriger. Es ist eben alles ruhig - und Volatilität ist ein Signal für Unsicherheit.
Wenn dann in der Divergenz die Unsicherheit um sich greift steigt die Volatilität und die Trendherde beginnt sich zu formieren.

Warum bildet sich eine Trendherde?

In konvergenten Zeiten hat jeder sein eigenes Research. In divergenten Zeiten hat keiner den Durchblick. Glaubt aber, dass die anderen mehr wissen - also orientiert man sich an dem, was der Nebenmann macht.

Diese durch die Trendherde verursachte Asymmetrie verleitet zu dem Schluss: Das sind Krisenprodukte. Dabei ist es so, dass die Alphas in guten Zeiten einfach zu wenig Futter finden. Deshalb dümpeln sie da so vor sich hin.
In einer manischen Euphorie, in der die Kurse bei wilder Volatilität stark nach oben trenden, würden sich die Alphas ebenfalls wohlfühlen.
Nur leider gibt es dieses Szenario nicht so oft. Manisch geht eher zusammen mit Panik. Deshalb: Krisen-Alpha.

"Wenn ich dich richtig verstanden habe, möchte man idealerweise ein Trendfolgeprodukt haben, dass nur "triggert" wenn sich ein negativer Trend in der Breite einstellt."

Nein, ich möchte Produkte, die genau das tun, was sie versprechen, nämlich entweder einem Trend folgen oder auf steigende Volatilität reagieren. Und das verlässlich ohne Styledrift.
Alpha-Fonds brauchen souveräne Besitzer, die dem Fonds die Treue halten, auch wenn er nicht performt. Wenn zu viel genörgelt wird, sieht sich das Management gezwungen die Kriterien aufzuweichen um die Kunden zu halten.

Der Wunsch nach "nur triggern, wenn sich ein negativer Trend einstellt" ist zu kurz gedacht. Der Fonds soll "triggern, wenn sich ein Trend einstellt".

L. fragt

"Ließe sich so ein Produkt nicht mit wesentlich weniger Volatilität realisieren?"

Diese Fonds brauchen die Volatilität. In Zeiten, in denen die Zentralbanken jegliche Volatilität sofort unterdrücken geht es den Long-Vola-Fonds schlecht. Für "wenig Volatilität" sind die ETFs zuständig. Die Alphas brauchen "Leben in der Bude".

(awa)

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